Kommunikation im Tierreich

„Ihr Hund pinkelt gegen meinen Gartenzaun!“ Das hört man oft, dass sich jemand beschwert, wenn männliche Hunde, also Rüden, irgendwo ihr Bein heben und ihren Urin an, für uns unverständlichen Stellen hinterlassen. Warum machen sie das?

Der Hund setzt mit seinem Urin eine sogenannte Marke, eine Duftmarke, ab. Er markiert sein Revier und macht damit deutlich, dass dieser Zaunpfosten, diese Ecke oder ähnliches zu seinem Revier gehört.
Ein Hund, der den Urin eines anderen Hundes riecht, entnimmt ihm zahlreiche Informationen über seinen „Setzer“. Da Hunde einen sehr ausgeprägten Geruchssinn haben, kann er daraus nicht nur Geschlecht und Alter, sondern auch den Gesundheitszustand des hier „Wohnenden“ ablesen.

Dieser Austausch von Informationen ist ein Beispiel für Kommunikation. Kommunikation kommt aus dem Lateinischen und setzt sich aus „cum“ = mit und „munire“ = binden oder bauen zusammen. Es bezeichnet die Übertragung von Informationen von mindestens einem Sender (z. B. markierender Hund) und mindestens einem Empfänger (an der Duftmarke riechender Hund). Dabei müssen Sender und Empfänger in der Lage sein, die Signale eindeutig zu kodieren bzw. zu entschlüsseln.
Kommunikation ist meist auch verknüpft mit Interaktion. Sie ist eine Verhaltensweise, bei der Absichten und Stimmungen mitgeteilt werden. Das kann in unterschiedlicher Form geschehen:

  1. optische Signale (Ausdrucksbewegungen, Farbe, Form)
    So dient u. a. das aufgestellte Pfauenrad zum Imponieren des Männchens auf das Weibchen, oder das Zähnefletschen des Wolfes als Drohung gegenüber seinem Mitstreiter.
  2. akustische Signale (Lautäußerungen)
    Hierzu zählt z. B. der Vogelgesang, der eine Form der Revierabgrenzung und des Imponierens ist. Die Ultraschalllaute der Fledermäuse dienen der Orientierung im Gelände und dem Beutefang.
  3. chemische Signale (Duftmarken, Pheromone, Drüsensekrete)
    Sowohl die Lockstoffe der Insekten, die sogenannten Pheromone, mit denen die Weibchen die Männchen anlocken als auch die Duftmarken der Hunde zählen dazu.

Schon aus den o. g. kurzen Beispielen wird deutlich, dass Kommunikation ganz unterschiedliche Funktionen haben kann. So wird sie z. B. eingesetzt:

  1. zur Revierabgrenzung / z. B. Territorialverhalten
  2. zur Abwehr von Feinden / z. B. Agressionsverhalten
  3. zum Anlocken von Sexualpartnern / z. B. Sexualverhalten
  4. zur sozialen Bindung / z. B. Sozialverhalten
  5. zur Ortung von Nahrungsquellen / z. B. Nahrungssuche
  6. zum Schutz der Jungen / z. B. Brutpflege

So finden sich im Tierreich von Tier zu Tier sehr verschiedene, überraschend einfache, sehr komplexe aber vor allem sehr effektive Formen der Kommunikation.

Vielfältige Ausprägungen optischer Signale finden wir z. B. bei den Insekten.
Glühwürmchen senden ihre Signale nur in der Nacht, da sie sonst nicht zu sehen wären. An ihrem Hinterleib befinden sich Zellen, die Luciferin enthalten. Dieser Leuchtstoff wird in der Verbindung mit Sauerstoff und ATP über das Enzym Luciferase zum Leuchten gebracht.
Die Männchen senden während des Fluges somit Leuchtsignale, die vom flugunfähigen Weibchen ebenfalls mit einem art- und geschlechtsspezifischen Signal beantwortet werden. Diese besondere Art optischer Signale, Biolumineszenz genannt, dient zum Finden von Sexualpartnern.

Eine andere Art der „Brautwerbung“ wird deutlich, wenn man die Farbenpracht verschiedener Vögel während der Balz sieht. Wer kennt nicht das bemerkenswerte Pfauenrad in seiner Größe und Vielfarbigkeit.
Der Fregattvogel, ein ausgezeichneter Flieger, trägt einen höchst seltsamen Schmuck. Die fleischfarbene nackte Kehlhaut der Männchen färbt sich während der Balz scharlachrot und bläht sich zu einem etwa 25 cm großen Ballon auf. Hinzu kommt ein lautes Rasseln des Schnabels (akustisches Signal), was die Aufmerksamkeit der Weibchen noch mehr erregen soll.
Sogar die sonst so einfarbigen Stare fallen im Frühjahr auf, da ihr Gefieder mit unzähligen leuchtenden Punkten übersät ist.

Biolumineszenz findet man nicht nur bei Insekten, auch Hohltiere, verschiedene Krebse, Tintenfische und Tiefseefische benutzen diese Variante der optischen Signale. Sie imitieren dadurch andere Körperformen bzw. Körperumrisse oder einen Köder, um damit ihre Beute anzulocken.

Optische Signale werden auch genutzt, um einen Feind auf Abstand zu halten. So droht eine Katze mit ihrer gesamten Körperstellung, besonders offensichtlich aber mit den zurückgelegten Ohren. Katzen nutzen diese Ausdrucksform bei innerartlichen Revierstreitigkeiten oder aber auch bei der Verteidigung ihrer Jungen vor nicht gleichartigen Feinden. Bei der Katze wird die Verknüpfung von optischen mit akustischen Signalen sehr deutlich, denn zu der beschriebenen Drohgebärde ist meist auch ein Fauchen zu hören.

Eine ganz besondere Art der Zeichensprache ist der Bienentanz. Der Biologe KARL VON FRISCH (1886–1982) erkannte bereits 1913 diese Art der Bienensprache und deckte den zugrunde liegenden Code auf.
Eine Biene, die eine reichhaltige Futterquelle entdeckt hat, kann auf diese Weise den anderen Bienen ihres Bienenstocks die Entfernung, Richtung und Qualität des Futters deutlich machen.

Akustische Signale sind bereits angedeutet worden. Sie werden oftmals mit optischen Signalen verknüpft, wie beim Balzverhalten verschiedener Vogelarten.
Im Frühling ist bei uns der Wald voll mit Vogelgezwitscher. Rotkehlchen, Stieglitz, Sprosser, Singdrossel und viele andere singen „um die Wette“. Sogar der Mensch ist in der Lage den unterschiedlichen Gesang der einzelnen Vogelarten zu hören und zu unterscheiden. Der Vogelgesang dient aber nicht nur zur Unterscheidung der Art, vielmehr singen Vögel um ihr Revier gegenüber Rivalen abzustecken oder aber ein Weibchen „herbei zu singen“ und ihm zu imponieren.

Akustische Signale können aber auch andere Funktionen haben. Die Klapperschlange gehört zu den sehr giftigen Vipern Amerikas. Sie besitzt an ihrem Schwanzende eine Klapper, die aus hornigen, ineinandersteckenden Platten besteht. Mit dieser Schwanzklapper kann die Schlange rasselnde Geräusche erzeugen. Da die Klapperschlangen, wie alle anderen Schlangen, nicht hören können, ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Klapper zur innerartlichen Kommunikation genutzt wird. Es wird angenommen, dass die Schlange damit die Aufmerksamkeit von Beute oder Feinden auf ihren Schwanz lenkt und damit ihre Möglichkeit des blitzartigen Zubeißens mit den Giftzähnen stark erhöht.

Aber auch Frequenzbereiche, die der Mensch nicht hören kann, werden im Tierreich zur akustischen Kommunikation genutzt. So verständigen sich Ratten nicht nur mit ihrem von uns hörbarem Fiepen. Die Vielzahl ihrer Laute liegt im Ultraschallbereich bei über 20 000 Hz.
Im Ultraschallbereich liegt auch die Echoortung der Fledermäuse. Sie nutzen das Aussenden frequenzmodellierter Laute (Klicklaute) in erster Linie zur Bestimmung der Entfernung. Die Tiere messen die Zeit, die zwischen Aussenden des Lautes und Eintreffen des Echos vergeht. Damit können sie die Entfernung einer Beute oder eines Hindernisses sehr genau bestimmen. Fledermäuse stoßen artspezifisch die Laute mit der Nase oder dem Mund aus und empfangen das zurückkommende Echo mit den Ohren.
Einige Arten sind sogar in der Lage, 0,08 mm dicke Drähte zu orten und somit auch Fangnetzen auszuweichen. Das wird genutzt, um die Behausungen der geschützten Fledermäuse vor ungebetenen Gästen zu sichern. Es werden Netze vor die Ein- und Ausgänge gehängt, die für die Fledermäuse keine Hürde darstellen.

Auch Zahnwale, insbesondere Delfine nutzen für ihre Orientierung in den Weltmeeren die Echoortung. Pottwale sind außerdem in der Lage, ihre Klick-Laute zur Verständigung untereinander einzusetzen. Ihre rhythmischen Laute sind mit den sonstigen Gesängen der Wale nicht zu vergleichen. Auch liegen sie in deutlich niedrigeren Frequenzbereichen als die der Delfine. Der Pottwal ist in der Lage, Töne mit einer Lautstärke von 172 Dezibel zu erzeugen. Damit ist er das lauteste Tier der Welt.

Der Finnwal, ein Vertreter der Bartenwale, erzeugt melodische Laute zwischen 15 und 30 Hertz. Sie liegen im Infraschallbereich und können sich ebenfalls kilometerweit ausbreiten. Diese weitreichenden Gesänge nutzen offensichtlich die Walbullen, um die Weibchen während der Paarungszeit zu finden.

Rufe im Infraschallbereich, also tiefe Töne unter 20 Hz werden auch von Elefanten erzeugt.

Die Sendung von Informationen durch chemische Signale nutzt nicht nur der Hund, um sein Revier zu markieren. Diese Art der Reviermarkierung ist unter den Säugetieren weitverbreitet. Hinzu kommt auch die Markierung durch Drüsensekret. Bekannt ist das Reiben der Bären an Bäumen. Aber ist es auch bekannt, dass der Bär sich damit nicht nur seinen Pelz schubbert, sondern auch ein duftendes Sekret aus seinen Drüsen zur Markierung an den Baum reibt? Hauskatzen z. B. streifen gern um unsere Beine. Für uns unbemerkt und auch nicht unangenehm reiben sie dabei Duftmarken aus ihren Düsen, die hinter den Ohren sitzen, an unsere Beine. Sie machen damit deutlich, dass wir zu ihnen gehören. Ebenso machen es auch ihre Verwandten, die großen Raubkatzen. Die Männchen setzen sowohl Urinmarken als auch Duftstoffe ihrer Drüsen zur Reviermarkierung ab. Oftmals wird auch der Kot an erhöhten, für Rivalen gut zugänglichen Stellen abgesetzt.

Chemische (olfaktorische) Signale werden aber nicht nur zur Abwehr bzw. Abschreckung von Artgenossen eingesetzt. Sie dienen bei vielen Insekten auch der Anlockung von Artgenossen. Als Vertreter der Nachfalter sind beim Kiefernschwärmer die verhältnismäßig großen und stark gefiederten Fühler auffällig. Mit ihren Fühlern sind die Kiefernschwärmer in der Lage, sogenannte Pheromone wahrzunehmen. Diese Lockstoffe werden artspezifisch vom Weibchen abgegeben und dienen zur Anlockung des Sexualpartners. Der Mensch nutzt diesen Mechanismus des Anlockens durch Pheromone auch zur Schädlingsbekämpfung. In Jahren starken Baumbefalls und Schädigung durch Borkenkäfer werden Pheromonfallen aufgestellt. Diese Fallen „riechen“ wie Weibchen. Die Männchen fliegen hinein und sind gefangen. Da diese Lockstoffe artspezifisch sind, wird die Produktion der Nachkommen von nur der jeweilig schädigenden Käferart gestört.

Chemische, akustische und optische Signale werden oft miteinander verknüpft, um die Bedeutung von Informationen zu unterstreichen.

Bei den verschiedenen Affenarten z. B. existiert ein ganz vernetztes System der Kommunikation. Hier wird auch deutlich, dass jede Art der Kommunikation Interaktionen auslöst, sogar Reaktionen bei anderen Tieren einer Gruppe hervorruft. Im Video (Video 2) sieht man ein Kooperationsverhalten bei den Dscheladas. Verwandte Tiere eilen in diesem Streit zu Hilfe, sogar der Haremsführer mischt sich schließlich ein.

Jede Tierart bedient sich anderer Signale, um mit Artgenossen oder Feinden zu kommunizieren. Die Palette der Beispiele ist so gestaltreich wie spannend. Und immer wieder werden neue Mechanismen und Wirkungsweisen entdeckt.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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