Rückresorption und Säure-Base-Haushalt
Mit der Rückresorption (auch Reresorption) von Hydrogenkarbonat-Ionen und Natrium-Ionen ins Blut wird der pH-Wert und damit das Säure-Base-Gleichgewicht im Körper konstant gehalten. Als Rückresorption bezeichnet man allgemein die passive oder aktive Wiederaufnahme (Resorption) von gelösten Stoffen und physiologisch wichtigen Substanzen aus den Tubuli der Niere und nierenartiger Organe in das Blutgefäßsystem. Aktive Membranprozesse, Ionenaustausch und Diffusion ermöglichen in Wechselwirkung den Transport von Ionen zwischen den Zellen des Tubulus und dem Blut bzw. der Tubulusflüssigkeit. Durch Druckfiltration gelangen zunächst die Salze Natriumhydrogenkarbonat, Natriumchlorid (Kochsalz) und Natriumhydrogenphosphat in den Tubulus der Henle-Schleife (Niere). Hier erfolgt die Rückresorption von Natrium-Ionen und Hydrogenkarbonat-Ionen. Ausgeschieden mit dem Endharn werden Natriumhydrogenphosphat und Ammoniumchlorid. Das notwendige Ammoniak entsteht durch Zerfall von Glutamin. Diese komplizierten Prozesse ermöglichen die Rückresorption lebenswichtiger Natrium-Ionen und den Erhalt des Säure-Base-Gleichgewichts.
Man sollte annehmen, dass nach dem Trinken von Zitronensaft oder Fruchtsäften die dieser Säuren ein Ansäuern des Blutes und anderer Körperflüssigkeiten bewirken. Der pH-Wert müsste sinken. Weil eine solche Versäurerung lebensgefährlich wäre, hat der Körper Sicherungssysteme eingebaut.
Obwohl ständig Wasserstoff- und Hydroxid-Ionen in unterschiedlichen Mengen mit der Nahrung aufgenommen werden, besteht im Blut und in anderen Körperflüssigkeiten immer ein Säure-Base-Gleichgewicht. Es handelt sich dabei um ein nach dem Massenwirkungsgesetz bestimmtes Gleichgewicht von das durch den pH-Wert angegeben werden kann. Er beträgt 7,35-7,45 und bleibt in diesem Bereich konstant.
Das Blut stellt eine Pufferlösung dar. Pufferlösungen sind Lösungen, in denen sich der pH-Wert auch bei Zugabe von Säuren oder Laugen nur geringfügig verändert. Wichtige Pufferlösungen des menschlichen Körpers sind der Kohlensäure-Hydrogencarbonat-Ionen-Puffer, Dihydrogenphosphat-Hydrogenphosphat-Ionen-Puffer sowie Proteine, die sowohl saure als auch basische Gruppen enthalten (Hämoglobin). Ausschlaggebend für die gute Pufferleistung des Kohlensäure-Puffers ist der leichte Übergang der Kohlensäure in Kohlenstoffdioxid, der in den roten Blutkörperchen stattfindet.
Das Säure-Base-Gleichgewicht wird in der Lunge und in den Nieren geregelt. Einer Übersäuerung wirken Puffer wie und Ammoniak entgegen, d.h. die Ionen, die zur Übersäuerung führen, werden von diesen abgefangen. Wichtigste Puffer sind die Hydrogenkarbonat-Ionen des Kohlensäure-Puffers, die der Übersäuerung oder dem vermehrten Anfall von Basen durch Ausscheidung oder Resorption von
ins Blut entgegenwirken. An dieser Regelung sind Vorgänge beteiligt, die zwischen Blutkapillaren, dem Tubus der henleschen Schleife (Einrichtung der Harnkonzentrierung bei Vögeln und Säugern) und den Zellen des Tubulus ablaufen.
Bei der Bildung von Primärharn im Nierenkörperchen durch Druckfiltration werden mit dem Blutplasma auch viele Salzionen aufgenommen:
Ein großer Teil dieser Ionen muss nun durch Rückresorption zurück ins Blut gelangen, um zu den Organen transportiert werden zu können.
Die Natrium-Ionen gelangen durch aktiven Transport unter Energieverbrauch zurück. Hydrogenkarbonat-Ionen gelangen ebenfalls zurück ins Blut und regeln dabei zusammen mit Ammoniak und den (Hydrogenphosphat-Ionen) das Säure-Base-Gleichgewicht.
Bei der Rückresorption laufen vier grundsätzliche Vorgänge ab.
1. Aus dem Blut werden im Nephron (Bauelement der Niere bestehend aus Malpighi-Körperchen (Nierenkörperchen; Bowmansche Kapsel und Glomerulus), proximalem Tubulus, henlescher Schleife und distalem Tubulus) vermehrt Hydrogencarbonat-Ionen ausgeschieden. Durch aktiven Transport gelangen mit ihnen ins Blut. Aus der Tubuluszelle gelangen in die Tubulusflüssigkeit, die mit angereichert ist. Beide reagieren zu Kohlensäure:
Diese zerfällt in Kohlenstoffdioxid und Wasser
Beide Produkte diffundieren in die Tubuluszelle und werden durch ein Enzym wieder zu Kohlensäure:
Kohlensäure zerfällt in Wasserstoffionen und Hydrogenkarbonat-Ionen:
Das wandert mit dem ins Blut zurück. Wasserstoff-Ionen diffundieren in die Flüssigkeit zurück, um weitere zu binden und ins Blut zu bringen.
2. Fallen zu viel Wasserstoffionen an, besteht die Gefahr der Übersäuerung des Blutes. Deshalb müssen sie über die Nieren ausgeschieden werden. Die überschüssigen werden von Hydrogenphosphat-Ionen aufgenommen:
Diese bilden mit Natriumdihydrogenphosphat, das mit dem Urin ausgeschieden wird:
Um die Bildung der Kohlensäure einzuschränken, wird ein Teil des ins Blut aufgenommen. Gleichzeitig werden und ins Blut rückresorbiert.
3. Überschüssige Wasserstoff-Ionen können auch direkt ausgeschieden werden.
4. Wenn zu wenig Hydrogenkarbonat-Ionen oder Phosphat-Ionen vorhanden sind, wird vermehrt Ammoniak aus Glutamin gebildet. Der Ammoniak fängt die Wasserstoff-Ionen ab und bildet Ammoniumionen:
Die Ammoniumionen werden mit den Chlorid-Ionen aus Natriumchlorid (Kochsalz, NaCl) als Ammoniumchlorid mit dem Urin ausgeschieden:
Durch diese vier Vorgänge werden die aus der Druckfiltration stammenden Salze (Natriumhydrogenkarbonat, Natriumhydrogenphosphat und Natriumchlorid) teilweise wieder rückresorbiert (Natrium-Ionen und Hydrogen-Ionen). Das gebildete Natriumdihydrogenphosphat und Ammoniumchlorid werden ausgeschieden.