Symbiose zwischen Seeanemone und Einsiedlerkrebs

Einsiedlerkrebse und Seeanemonen bilden das wahrscheinlich beste Beispiel für Symbiose (Mutualismus) in der Natur. Obwohl allein schon beim Einsiedlerkrebs die Symbioseformen sehr mannigfaltig sind, zeichnen sie sich doch wie alle anderen Symbiosen auch durch charakteristische Merkmale aus.

Symbiosen

Man kann die Symbiosen in fakultative und obligatorische Symbiosen unterteilen. Bei den fakultativen Symbiosen (z. B. bei Einsiedlerkrebs und Seeanemone) können sich, im Gegensatz zu den obligatorischen, beide Symbiosepartner auch wieder voneinander trennen und allein weiterleben. Symbiose dient hier u. a. dem Zweck des Schutzes vor Feinden, einer verbesserten Nahrungsaufnahme bzw. einem verbesserten Nahrungsangebot oder aber erhöhten Fortpflanzungschancen. Bei obligatorischen Symbiosen (z. B. Flechten) sind beide Partner aneinander gebunden und können nicht ohne den anderen Partner existieren.

Einsiedlerkrebse

Meeresbewohner, die in einem leeren Schneckenhaus leben und sich damit im Sand eingraben oder an Riff-Felsen herumkrabbeln, sind der Familie der Einsiedlerkrebse (Paguridae) zuzuordnen. Sie gehören zum Stamm der Gliederfüßer (Arthropoda) und dem Unterstamm der Krebse (Crustacea). Krebstiere gibt es seit ca. 600 Millionen Jahren (Erdaltertum), und heute sind etwa 40 000 Arten bekannt.

Der Einsiedlerkrebs wird, wie auch Hummer, Krabbe, Garnele und Flusskrebs, der Ordnung Zehnfußkrebse (Decapoda) zugeordnet. Die meisten Tiere gehören auch der Unterordnung der Ritterkrebse (Reptantia) an. Alle Gliederfüßer, so auch der Einsiedlerkrebs, sind den wirbellosen Tieren zuzuordnen.

Die Einsiedlerkrebse leben in fast allen Meeren und zeichnen sich durch ein Merkmal aus: sie wohnen in leeren Schneckenhäusern. Trotzdem sind sie sehr mobil und klettern mit ihrer Last sogar auf Riff-Felsen herum, meist auf der Suche nach Nahrung. Hauptsächlich vertilgen sie Plankton und Algen, etwas größere Arten ernähren sich auch von kleineren Lebewesen, z. B. Seepocken, Meeresringelwürmern, kleinen Krebsen und kleinen Schnecken. Um sich vor Fressfeinden, wie dem Tintenfisch, zu schützen, verstecken sie sich unter Steinen, in Felsspalten oder vergraben sich im Sandboden.

Da ihr Hinterleib nicht von einem Panzer geschützt ist, verankern sie ihn zum Schutz vor Feinden mit einer Art „Fuß“, der sich in der Evolution ausgebildet hat, in einem leeren Schneckenhaus. Das Schneckenhaus ist vom Krebs so gewählt, dass er sich bei Gefahr ganz in sein Haus zurückziehen kann.

Die Einsiedlerkrebse durchlaufen eine Reihe planktonischer Larvenstadien. Nach der Metamorphose zum Jungkrebs leben sie auf dem Meeresboden und können nicht mehr schwimmen. Von den über 800 Arten, die bis heute bekannt sind, gibt es sowohl nacht- als auch tagaktive Vertreter. Die größten Arten können 15 cm lang werden.

Der risikoreichste Schritt im Leben eines Einsiedlerkrebses nach seinem Larvenstadium ist der Wechsel seines Schneckenhauses. Dies ist nötig, da der Krebs wächst und sich häutet und so regelmäßig neue, immer etwas größere Unterkünfte braucht. Da der Krebs zu diesen Schritten gezwungen ist, versucht er die schutzlose Zeit ohne Haus so kurz wie möglich zu halten. Das Häuten und der Umzug finden deshalb nur dann statt, wenn der Krebs schon eine neue passende Unterkunft gefunden hat. So kann der Krebs diesen Vorgang auf wenige Sekunden verkürzen.

Der Körper des Einsiedlerkrebses ist segmentiert, jedoch sind die Segmente ungleich. Eindeutig lassen sich Kopf, Brust (Thorax) und Hinterleib (Abdomen) unterscheiden. Die Chitin-Cuticula, die durch Einlagerung von Eiweißen (Proteinen) und Kalksalzen sehr fest ist, bildet das Außenskelett. Dieses fehlt auf dem Hinterleib des Einsiedlerkrebses. Ursprünglich trägt jedes Körpersegment ein Paar gegliederter Gliedmaßen, die aber sehr unterschiedlich sind. So sind z. B. Scheren, Beine, Mundwerkzeuge und Antennen alles Gliedmaßen mit differenziertem Bau und Funktion. Wie alle anderen Krebsarten besitzen Einsiedlerkrebse ein segmental gegliedertes Strickleiternervensystem.

Krebstiere gehen besonders häufig Symbiosen mit den Meerestieren ein, die zu den Nesseltieren zählen (z. B. Seeanemone). Wie auch einige Fische (z. B. Anemonenfisch) müssen die Krebse es schaffen, auch bei direktem Kontakt mit den Anemonen nicht vernesselt zu werden.

Der Vorteil für den Einsiedlerkrebs liegt zweifelsohne primär im Schutz vor Feinden und anderen Räubern.

Seeanemonen

Seeanemonen sind keine Pflanzen sondern Hohltiere. Sie gehören zur Klasse der Korallen (Blumenpolypen,Anthozoa). Zu dieser Klasse gehören auch die Seenelken, die Seerosen und die Purpurrosen (auch Erdbeerrose oder Pferdeaktinie genannt). Man kann sie in fast allen Meeren und Meerestiefen antreffen. Sie können bis zu 20 cm groß werden (z. B. Keulenanemone), kommen jedoch selten in Verbänden vor. Diese Tiere sitzen auf dem Boden oder auf anderen Tieren. Alle Arten der Blumenpolypen („Blumentiere“) (um die 7 500 sind bekannt) ernähren sich von tierischer Nahrung, die sie entweder mit ihren Fangarmen (Tentakeln) fangen oder mithilfe von Wimpern, mit denen sie Plankton in ihren Mund strudeln.

Seeanemonen werden umgangssprachlich oft auch als „Blumentiere“ bezeichnet. Dies ist zwar eine etwas widersprüchliche Bezeichnung, dennoch beschreibt sie das Aussehen dieser Tiere sehr treffend. Die Tentakel (Fangarme) besitzen Nesselzellen, die bei Berührung ein klebriges, lähmendes Gift absondern. Reizt z. B. ein Fisch eine Nesselzelle, so schnellt aus dieser ein Pfeil heraus, der einen Widerhaken besitzt, und bohrt sich in die Haut des Feinds.

Seeanemone

Seeanemone

Seeanemone

Seeanemone

Barsch zwischen Seeanemonen

Barsch zwischen Seeanemonen

Der Körperbau der Seeanemonen ist relativ schlicht. Er ähnelt äußerlich sehr dem des Süßwasserpolypen Hydra. Ein Schlundrohr, das sich mitten zwischen den Fangarmen befindet, stellt die Verbindung zum Magenraum her, der die Verdauungsorgane sowie die Geschlechtsorgane in einem Sack enthält. Dieser Sack liegt auf der Fußscheibe, mit der sich die Anemone auf Steinen oder Schalentieren festhält.

Die Seeanemone kommt am häufigsten in tropischen Gebieten vor und geht besonders dort sehr häufig Symbiosen mit Meerestieren ein. Dies sind aber keineswegs nur die Einsiedlerkrebse. Einige Seerosenarten können mit über 30 Krebs- oder Fischarten eine Symbiose eingehen, was auch vom Lebensraum abhängig ist. Einige Beispiele sind die Symbiosen zwischen Putzergarnele und Riesenanemone, Seeanemone und Anemonenfisch, Keulenanemone und Buckelgarnele oder auch die der Wachsrose mit Gespensterkrabbe oder Partnergarnele.

Besonders vielfältig sind die Symbiosen zwischen Einsiedlerkrebsen und verschiedenen Anemonenarten.

Der Symbiosevorteil für die Anemonen ist nicht nur die erhöhte Beweglichkeit (Mobilität). So können die Anemonen zwar in nährstoffreichere Gewässer gelangen, doch dies ist gar nicht mal unbedingt notwendig, da von der Beute, die der Einsiedlerkrebs fängt, meist so viel übrig bleibt, dass auch die Anemone genug Nahrung davon abbekommt.

Wissenschaftlich relativ neu ist die begründete Annahme, das der von den Krebsen ausgeschiedene Ammoniak für die Entwicklung der Anemone äußerst wichtig ist. Darin liegt ein weiterer Grund für die hohe Häufigkeit dieser Symbiosen im Lebensraum Meer.

Erscheinungsformen der Symbiose

Dass die Symbiose zwischen Seeanemone und Einsiedlerkrebs sehr eng ist, erkennt man leicht daran, dass viele der Krebse „ihre“ Seeanemone auf das neue Schneckenhaus übersiedeln, wenn dem Krebs das alte zu klein geworden ist:

  1. An der englischen Küste klettert die Anemonenart Caliactis parasitica selbst auf das Schneckenhaus, ohne die Hilfe des Einsiedlerkrebses (Eupagurus bernhardus).
  2. Im Mittelmeer kann die gleiche Anemonenart nur mithilfe des Krebses (Pagurus arrosor) auf die Schale des Schneckenhauses gelangen.
  3. Oftmals siedelt die Seeanemone selbstständig mit dem Krebs in ein neues Schneckenhaus um, wenn das alte zu klein geworden ist.
  4. Andere Krebsarten pflanzen sich die Anemonen selbst auf ihr Haus und nehmen diese beim Umzug mit. Mit typischen Verhaltensmustern seiner Scherenbewegung löst der Krebs die Anemone von dem alten Haus und „pflanzt“ sie um.
  5. Sehr ausgetüftelt ist auch das System der Seerosenart Adamsia palliata. Diese erspart dem Krebs häufiges umziehen, da sie das Kalkgehäuse des Schneckenhauses ständig vergrößert. Dieser Kalkaufbau gleicht analog dem von Korallenriffen durch Kalkausscheidung .

Systematische Einordnung der Hohltiere
(nach Erwin Stresemann, „Exkursionsfauna“)
Hohltiere (Coelenterata)
Stamm: Nesseltiere (Cnidaria)
Klasse: Hydrozoa; Vertreter Süßwasserpolyp
Klasse: Scyphozoa; Vertreter Ohrenqualle
Klasse: Anthozoa (Blumenpolypen, Korallen); Vertreter sind Seenelke und Seerose

Bau einer Koralle

Bau einer Koralle

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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