Zucker

Zucker sind, chemisch gesehen, wasserlösliche, süß schmeckende Kohlenhydrate, also Verbindungen, die die allgemeine Formel

(CH 2 O) n besitzen. Wenn man für n die Zahl 2 einsetzt, gelangt man zu der Summenformel des einfachsten Zuckers – dem Glykolaldehyd – C 2 H 4 O 2 . Die wichtigsten Zucker, die in der Natur vorkommen, sind die Zucker mit n = 5 und n = 6, die Pentosen und die Hexosen. Zu ihnen gehören die Ribose, die Glucose (der Traubenzucker) und die Fructose (der Fruchtzucker). All diese Zucker bestehen aus nur einem einzigen Zuckermolekül und werden unter dem Begriff Monosaccharide zusammengefasst. In der Natur gibt es daneben aber auch Zuckermoleküle, die sich aus mehreren (meist zwei oder auch seltener drei) miteinander verbundenen Monosacchariden zusammensetzen: die Oligosaccharide. Sie werden je nach der Anzahl der miteinander verknüpften Monosaccharide in Disaccharide (2), Trisaccharide (3) etc. eingeteilt. Zu den wichtigsten Disacchariden gehören die Maltose (der Malzzucker, der sich aus zwei Molekülen Glucose zusammensetzt), die Lactose (der Milchzucker aus Glucose und Galactose) und die Saccharose (der Zucker/Rohrzucker/Rübenzucker aus Glucose und Fructose). Die langkettigen Polysaccharide (Stärke, Glykogen und Zellulose) schließlich gehören nicht mehr zu den Zuckern, da sie weder wasserlöslich sind, noch süß schmecken.

Der Zucker: die Saccharose

Wenn von dem Zucker die Rede ist, dann ist chemisch gesehen die Saccharose gemeint. Es gibt sie in allen möglichen Formen, feinstgemahlen als Puderzucker, grob kristallin als Kandiszucker und in Formen gepresst als Würfelzucker oder als Zuckerhut. Im Lebensmittelhandel gibt es nur noch einen anderen Zucker, mit dem es Verwechslungen geben könnte: den Traubenzucker (Dextropur®) – reine Glucose. Saccharose ist in fast allen Früchten und in vielen Pflanzensäften enthalten, vor allem im Zuckerrohr und in der Zuckerrübe. Diese beiden Pflanzen sind die Hauptlieferanten für den Zucker, der ungefähr zur Hälfte aus Rüben und zur anderen Hälfte aus Zuckerrohr hergestellt wird.

Das Zuckerrohr

Das Zuckerrohr (Saccharum officinarum L.) gehört zur Familie der Poaceae (Süßgräser, echte Gräser), zu der auch unsere Getreidearten gehören. Die ursprüngliche Heimat des Zuckerrohrs ist vermutlich Neuguinea. Das Zuckerrohr ist ein bis zu 7 m hohes mehrjähriges Gras mit einem 2 bis 7 cm dicken Halm, der aus 10 bis 40 Internodien (Zwischenknotenstücken) besteht. Im Inneren des Halms befindet sich das Zucker speichernde Mark. Die 1 bis 2 m langen, schmalen Blätter stehen wechselständig in zwei Zeilen. Das Zuckerrohr ist eine typische Tropenpflanze, die Kälte und Frost nicht verträgt und die nur 1 200 mm Niederschlag im Jahr benötigt.

Auf den Zuckerrohrplantagen werden die Pflanzen durch Stecklinge vermehrt. Nach 10 bis 24 Monaten setzt die Ernte ein. Die Halme werden möglichst tief unten abgeschlagen (dort ist der Zuckergehalt am höchsten, maximal 18 %) und die Blätter entfernt. Die Weiterverarbeitung muss möglichst schnell erfolgen, weil sonst Oxidations- und Gärprozesse den Zuckergehalt schnell vermindern würden. Die Halme werden nun zerkleinert (im Shredder) und zwischen Walzen mehrfach gequetscht und ausgepresst. Der Rückstand – die Bagasse – besteht fast nur aus Zellulose und wird verheizt oder zu Papier, Karton oder Pressholz verarbeitet. Der ausgepresste Rohsaft wird dann genau wie der Rohsaft aus Zuckerrüben weiterverarbeitet.

Die Zuckerrübe

Die Zuckerrübe (Beta vulgaris L. subspecies vulgaris variation altissima) gehört zur Familie der Chenopodiaceae (Gänsefußgewächse). Sie ist das Produkt züchterischen Fleißes. Die Stammform aller Beta-Rüben (neben der Zuckerrübe auch die Runkelrübe, die rote Rübe und der Mangold) ist die an der Küste der Nordsee und des Mittelmeers beheimatete Wilde Runkelrübe (Beta vulgaris L. ssp. maritima). Die Zuckerrübenpflanze ist ein zweijähriges Gewächs. Im ersten Jahr bildet sich aus dem Samen eine Blattrosette und eine kegelförmig geformte, fleischige weiße Rübe, die ganz im Boden steckt (im Gegensatz zur Futterrübe und zur roten Rübe). Wenn die Rübe nicht zur Zuckergewinnung geerntet wird, schießt im zweiten Jahr ein bis zu 2 m hoher Blütenstand empor, mit Knäueln aus kleinen grünen Blüten, die zwei bis vier kleine Nüsse pro Knäuel liefern – das Saatgut.

Die Zuckerrübe liebt warmes trockenes Klima und verträgt keinen Frost. Die Ernte beginnt in Deutschland im Oktober. Die Rüben werden in einem Arbeitsgang maschinell geköpft, gerodet und in Behälter gegeben. Dann müssen sie möglichst schnell zu den Zuckerfabriken gebracht werden, um Oxidation und Gärung zu verhindern. Dort werden die Zuckerrüben gewaschen und mithilfe rotierender Messer klein geschnitten. Die Schnitzel werden mit Wasser versetzt, auf 80 °C erhitzt und danach abgepresst. Bei dieser Prozedur geht die Saccharose in Lösung, der Rohsaft ist fertig. Der Pressrückstand dient als Viehfutter.

Andere Zucker liefernde Pflanzen

Es gibt noch weitere Pflanzen, aus denen Saccharose gewonnen wurde oder noch gewonnen wird, aber nur in kleinem Maßstab. Zu ihnen gehören die Zuckerhirse (Sorghum dochna), der Zuckerahorn (Acer saccharum), die Walddattelpalme (Phoenix sylvestris L.), die Honigpalme (Jubaea chilensis), die Zuckerpalme (Arenga pinnata) und die Palmyrapalme (Borassus flabellifer L.).

Die Geschichte des Zuckers

Zucker war in der Antike unbekannt, in Europa diente Honig zum Süßen von Speisen und Getränken und in den Anbaugebieten des Zuckerrohrs (vor allem Indien) dessen ausgepresster Saft. ALEXANDER DER GROßE (356-323 v. Chr.) traf das Rohr bei seinem Indienfeldzug im Industal an und MARCO POLO (ca.1254-1324) um 1280 in China. Die Kristallisation von reinem Zucker aus dem ausgepressten Saft des Zuckerrohrs wurde wahrscheinlich im 4. Jahrhundert n. Chr. in Indien entdeckt. Die Araber, die auch das Raffinieren des Zuckers erfanden, brachten zwischen 700 und 900 n. Chr. den ersten Zucker und die Pflanze in den Mittelmeerraum (Südspanien).

Die Kreuzzüge führten zu weiteren Kenntnissen über den Zucker. Er war in der damaligen Zeit ein vielfältig eingesetztes Heilmittel, vor allem in der arabischen Medizin.
Kurz nach der Entdeckung Amerikas entstanden dort die ersten Zuckerrohrplantagen, die schon sehr bald, wegen des für das Zuckerrohr günstigeren Klimas, reichere Erträge lieferten als die heimischen Pflanzungen in Spanien.
Die Holländer legten in ihren indonesischen Kolonien ebenfalls Zuckerrohrplantagen an, und schon bald war das Zuckerrohr in den ganzen Tropen verbreitet.
In Augsburg (1573) und in Dresden (1587) entstanden die ersten deutschen Zuckerraffinerien, die importierten amerikanischen Rohrzucker verarbeiteten. Die Nachfrage nach Zucker wuchs und er war nach wie vor ein teurer Luxusartikel.

Im 16. Jahrhundert kamen die Spanier auf die Idee, schwarze afrikanische Sklaven auf ihre Plantagen in Mittelamerika zu holen. Daraus entwickelte sich mit der Zeit ein sehr lukrativer Dreieckshandel, an dem später vor allem englische Seefahrer und Kaufleute beteiligt waren: Die Handelsschiffe fuhren mit Waffen und anderen Gebrauchsgegenständen, Alkohol und Salz beladen nach Westafrika, dort wurden diese Waren verkauft und dafür schwarze Sklaven geladen. Die Sklavenschiffe fuhren dann weiter in die Karibik, löschten dort ihre menschliche Fracht und nahmen dafür Rum, Melasse und einmal raffinierten Zucker an Bord, der in Europa weiterverarbeitet und verkauft wurde.
In Großbritannien stieg der Zuckerverbrauch von 1600 bis 1800 etwa um das 150-Fache. 1801 lag der Zuckerkonsum der Bevölkerung bei etwa 17 Pfund pro Kopf und Jahr. Daraus lässt sich ein Gesamtverbrauch von ca. 70 000 t errechnen. Da um diese Zeit der Wert eines schwarzen Sklaven etwa 2 t Zucker betrug, ergibt sich, dass jährlich rund 35 000 Sklaven bei der Zuckerproduktion auf den karibishen Inseln „verschlissen“ werden konnten, eine furchtbare Schattenseite des zunehmend „süßen Lebens“ in England und dem restlichen Europa.

1747 erkannte der Apotheker ANDREAS SIGISMUND MARGGRAF, dass der Zucker in der leicht süßlich schmeckenden Runkelrübe mit dem Rohrzucker identisch ist. CARL ACHARD begann um 1786 Zucker aus Rüben zu isolieren und zuckerreichere Rüben zu züchten. Mit der Unterstützung des an wirtschaftlicher Unabhängigkeit interessierten preußischen Königs errichtete er die erste Rübenzuckerfabrik bei Cunern in Schlesien. Die Kontinentalsperre NAPOLEONS (ab 1806) ließ bald darauf die Rohrzuckerlieferungen Englands ausfallen, und die Rübenzuckerindustrie in Deutschland und Frankreich florierte. Nach der Aufhebung der Kontinentalsperre drängte der angehäufte billige Rohrzucker nach Europa und die Rübenzuckerindustrie brach fast vollständig zusammen.

Nur in Frankreich gingen die Bemühungen mit ACHARDs Rübensorten weiter, und nach weiteren züchterischen Erfolgen (die Runkelrübe enthält ca. 3 % Zucker, ACHARDs Züchtungen brachten es auf ca. 8 % und moderne Zuckerrüben auf 20 %) konnte sich ab 1830 eine konkurrenzfähige Rübenzuckerindustrie etablieren. Die Zuckerrüben liefern zwar weniger Ertrag als das Zuckerrohr, wachsen aber schneller heran. Zuckerrüben werden inzwischen nicht nur in Europa und Nordamerika angebaut, sondern auch in China, Japan, Uruguay, Chile und in den subtropischen Gebieten, in denen kein Zuckerrohranbau möglich ist, wie beispielsweise in Nordafrika, Israel, Pakistan und Indien.

Zucker als Nahrungsmittel

Zucker gehört heute zu den Grundnahrungsmitteln: In den Industrieländern werden 10 bis 15 % des Nährstoffbedarfs durch Zucker gedeckt. Er dient dabei nicht nur zum Süßen von Kaffee und Tee, sondern ist auch in Bonbons, Gebäck, Glasuren, Konfitüren, Kuchen, Limonaden, Salatsoßen, Sirup, Schokolade und in vielen anderen Dingen enthalten. Der Zucker (Saccharose) wird im Magen-Darm-Trakt in seine Bestandteile – Glucose und Fructose – gespalten und resorbiert. Glucose ist der ideale Energielieferant für die Körperzellen, da sie schnell aufgenommen werden kann und über die Stoffwechselwege der Glykolyse, des Zitratzyklus und der Atmungskette sehr effektiv in Energie umgesetzt wird. Zudem ist Glucose normalerweise der einzige Energielieferant für die Gehirnzellen; wenn die Glucosekonzentration im Blut (der Blutzuckerspiegel) zu weit absinkt, lässt die Leistungsfähigkeit des Gehirns nach.

Der Nährwert eines Gramms Zucker beträgt 16,8 kJ = 4,0 kcal. Geringe Mengen an Glucose kann der Mensch in Form von Glykogen in den Muskeln und in der Leber speichern. Überschüssige Glucose wird in Fett umgewandelt und in dieser Form gespeichert. Fett kann vom menschlichen Organismus allerdings nicht mehr in Glucose zurückverwandelt werden, sodass in Hungerzeiten auch die mit einem Fettpolster ausgestatteten Menschen Glucose zur Versorgung des Gehirns zu sich nehmen müssen.
Zucker spielt allerdings auch eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Zahnkaries. Der in Speisen und Getränken enthaltene Zucker ist hierbei zwar auch von Bedeutung, vielmehr jedoch der Zucker, der in klebrigen Produkten wie etwa Bonbons, Schokolade oder Sirup enthalten ist und längere Zeit am Zahn haften bleibt.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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