Die Bedeutung der Nukleinsäuren als Träger der Erbinformation ist lange Zeit nicht erkannt worden. Das lag vor allem daran, dass die Eiweiße für die Merkmalsausbildung verantwortlich sind. Sie sorgen als Struktur- oder Enzymeiweiße für die Ausbildung der Merkmale eines Organismus.
Als Struktureiweiße sind Eiweiße z. B. am Aufbau von Haaren, Federn, Hörnern, Hufen, Sehnen, Muskelfasern, Blutkörperchen usw. beteiligt. Als Enzymeiweiße steuern Eiweiße zahlreiche Prozesse. Soll beispielsweise das Merkmal blaue Blütenfarbe ausgebildet werden, so muss in den Zellen der Kronblätter ein blauer Farbstoff synthetisiert werden.
Anthocyane sind solche Farbstoffe, die beispielsweise die Blüten der Stiefmütterchen anfärben. Ohne Anthocyane bleiben die Blüten weiß. Die Synthese der Anthocyane wird durch Enzyme gesteuert, die chemisch der Stoffklasse der Eiweiße zugeordnet werden.
Wegen ihrer großen Bedeutung bei der Merkmalsausbildung und ihrer Mannigfaltigkeit wurde lange Zeit angenommen, dass die Eiweiße die Erbsubstanz sein müssten.
WATSON (*1928) charakterisierte die Situation 1968 wie folgt: „Keiner der Biologen schien die Erkenntnis, dass die Gene aus DNA bestehen, ernstzunehmen. Das war ihnen zu chemisch. Zum anderen konnte man sich nicht vorstellen, wie in diesen Molekülen die genetische Information zur Bildung bestimmter Proteine verschlüsselt sein sollte.“
Die Forschungsergebnisse vieler anerkannter Wissenschaftler (u. a. GRIFFITH, AVERY, HERSHEY, CHASE) bewiesen, dass DNA die Erbsubstanz ist. In ihrer chemischen Struktur (Sequenz der Nukleotidbasen) muss also die Information zur Proteinbildung verschlüsselt und gespeichert sein.
Die Eiweiße bestehen aus einer Folge von Aminosäuren (kleinste Bausteine der Eiweiße). Am Aufbau der Eiweiße sind in der Regel nur 20 verschiedene Aminosäuren beteiligt. In den Nukleinsäuren kommen vier unterschiedliche Basen vor. Würde jede Aminosäure durch eine Nukleotidbase verschlüsselt, so könnten nur = 4 Aminosäuren codiert (verschlüsselt) werden.
Würden jeweils zwei Basen für die Verschlüsselung (Codierung) einer Aminosäure verantwortlich sein, so ergäben sich = 16 Kombinationen. Erst die Verbindung von drei Nucleotidbasen für die Codierung einer Aminosäure würde = 64 Möglichkeiten für die Verschlüsselung von 20 verschiedenen Aminosäuren ergeben.
Triplett (schematisch)
Erste erfolgreiche Untersuchungen zur Erforschung dieses genetischen Codes wurden 1961 von MARSHALL NIRENBERG (1927–2010) und HEINRICH MATTHAEI (*1929) durchgeführt. Im Verlauf ihrer Untersuchungen fanden die theoretischen Vorüberlegungen ihre Bestätigung. Die Reihenfolge der Aminosäuren eines Eiweißmoleküls ist durch die Reihenfolge der organischen Basen in den Nukleotiden festgelegt. Jeweils drei aufeinanderfolgende organische Basen des einen DNA-Strangs bestimmen die Eingliederung einer bestimmten Aminosäure ins Eiweiß. Diese drei aufeinanderfolgenden Basen bilden ein Triplett. Für die Bestimmung einer Aminosäure werden 3 Basen benötigt (Codon, Basentriplett).
Da es 64 verschiedene Codierungsmöglichkeiten gibt und nur 20 verschiedene Aminosäuren codiert (verschlüsselt) werden müssen, existieren für ein und dieselbe Aminosäure häufig mehrere Möglichkeiten der Verschlüsselung.
Die verschiedenen Eiweiße bestehen aus unterschiedlich vielen Aminosäuren. Deren Reihenfolge bestimmt wiederum Strukturmerkmale und andere Eigenschaften des fertigen Proteins.
Der genetische Code ist die Verschlüsselung der genetischen Information für die Eiweißsynthese in der DNA und RNA. Er ist die besondere (jeweils spezifische) Aufeinanderfolge von Nukleotiden der DNA, durch die die Aufeinanderfolge der verschiedenen Aminosäuren in dem entsprechenden Eiweißmolekül (Protein) festgelegt (verschlüsselt) ist.
Durch Untersuchungen an verschiedenen Organismen konnte nachgewiesen werden, dass – von ganz seltenen Ausnahmen einmal abgesehen – alle Organismen dieselben Codons für die Verschlüsselung einer Aminosäure benutzen. Der genetische Code ist quasi universell.
Codetabelle
Aus diesem Grund sind in der Genetik Codetabellen aufgestellt worden. Sie ermöglichen es, von einer bestimmten Reihenfolge der Nukleotide auf die Aminosäurenfolge eines Proteins zu schließen.
Eine sehr gebräuchliche Form einer Codetabelle ist die sogenannte „Code-Sonne“.
Die „Code-Sonne“ zeigt die Verschlüsselung der 20 Aminosäuren durch die entsprechenden Nukleotidtripletts der m-RNA. Sie muss von innen nach außen gelesen werden. Ganz außen stehen die Abkürzungen der Aminosäuren, die durch das entsprechende Triplett codiert sind.
Viele der 20 Aminosäuren können über verschiedene Tripletts in gleicher Weise codiert werden. Man sagt: „Der genetische Code ist degeneriert“.
Code-Sonne
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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