Die Menschwerdung dauerte viele Millionen Jahre und wird daher in entsprechende Etappen der Menschwerdung eingeteilt.
(Paläogen und Neogen)
Zu Beginn des Tertiärs (wird heute wissenschaftlich unterteilt in Paläogen und Neogen) vor ca. 70 bis 65 Millionen Jahren veränderten sich in vielen Gebieten der Erde die ökologischen Bedingungen, die wiederum durch Veränderungen des Klimas, insbesondere der Temperatur und des Niederschlags, bedingt waren. Es entstanden riesige Laubwälder, die die bis zu jener Zeit vorherrschenden Nadelwälder verdrängten. In den Laubwäldern entwickelten sich unzählige Insekten, die sich vom Blütenstaub sowie von Blättern und Früchten ernährten.
Zu jener Zeit entwickelten sich auch die ersten Primaten, die sich von der Tiergruppe der Insektenfresser abspalteten. Die ersten Primaten waren winzige Halbaffen von der Größe eines Mausmaki, die in den Baumkronen der Laubwälder reichlich Nahrung und Schutz vor Feinden fanden. Sie ernährten sich zunächst von Insekten.
Im Verlaufe des Tertiärs traten bei ihnen folgende Veränderungen auf: Sie nahmen an Körpergröße ständig zu und mussten bald andere Nahrungsquellen nutzen. Als solche boten sich Blätter, die Rinde junger Zweige und besonders die Früchte an. In Anpassung an die Astwelt des Baumbiotops veränderte sich die Stellung der Augen am Kopf. Die zunächst seitlich liegenden Augen verlagerten sich im Verlaufe von Jahrmillionen nach vorn. Das ermöglichte eine Raumtiefenwahrnehmung und eine Gestaltwahrnehmung sowie ein Abschätzen von Entfernungen durch die Überschneidung der Gesichtsfelder beider Augen.
Bei der Fortbewegung auf den Ästen, die als schmale Laufstege dienten, hatten jene Formen einen Auslesevorteil, die zunächst den Daumen abspreizen und später die Äste umgreifen konnten. So entstand bei diesen Primaten auf einem sehr frühen Stadium ihrer Entwicklung die Greifhand. Bei der Nahrungsaufnahme nahmen die Affen häufig eine Sitzhaltung ein. Dabei waren die vorderen Extremitäten frei für andere Tätigkeiten. So konnten sie z. B. mit den Händen die Nahrung zum Munde führen. Im Verlaufe der weiteren Entwicklung veränderte sich die Gebissstruktur und es entwickelte sich ein Kehlkopf mit Stimmbändern.
Fossilfunde aus dem mittleren Tertiär (Miozän) deuten auf die Entwicklung der Vorfahren von Menschenaffen und Menschen hin.
Landschaft im Paläogen und Neogen (Tertiär)
Aus einer ägyptischen Fundstelle nahe der Oase El Fayum stammt ein fossiler Schädel, der bereits Ähnlichkeiten mit derzeitigen Menschenaffen aufweist. Er trägt die wissenschaftliche Bezeichnung Aegyptopithecus (Vormensch).
Hypothetischer Stammbaum des Menschen
Wissenschaftler vermuten, dass Affen dieser Art Baumbewohner waren, die im Oligozän vor etwa 30 Millionen Jahren lebten. Die geschlossene Augenkapsel weist darauf hin, dass es sich um einen Affenschädel handelt. Das Gebiss hat gewisse Ähnlichkeit mit dem rezenter Menschenaffen. Das Körpergewicht dürfte etwa 5 kg betragen haben. Aus Ostafrika stammen mehrere Funde einer Primatengruppe, die im frühen Miozän vor etwa 20 Millionen Jahren lebte.
Sie erhielt die wissenschaftliche Bezeichnung Proconsul. Der Name leitet sich von einem Schimpansen des Londoner Zoos ab, der als Liebling der Besucher galt und den Namen Consul trug. Man glaubte nämlich, die Fossilfunde könnten Vorfahren der Schimpansen sein.
Das Gebiss vom Proconsul ähnelt weitgehend dem des Schimpansen. Da außer dem Schädel noch weitere Knochen, darunter ein fast vollständiges Skelett, gefunden wurden, lassen sich auch Schlüsse auf die Lebensweise dieser 10 bis 12 kg schweren Affen ziehen. Sie lebten auf Bäumen im tropischen Regenwald und ernährten sich von Früchten, von Blättern und von der Rinde dünner Zweige. Über die Verwandtschaft der Proconsul-Funde mit den derzeitigen afrikanischen Menschenaffen gibt es keine Zweifel. Als deren Vorfahren kommen sie jedoch nicht in Betracht, obwohl sie als die ältesten afrikanischen Menschenaffen gelten.
Geologisch jünger als die Proconsul-Affen ist eine Gruppe von fossilen Menschenaffen, die Dryopithecinen. Sie stehen den Proconsul-Formen nahe. Sie bewegten sich in Bäumen hangelnd fort, auf dem Boden gingen sie auf allen vieren.
Weitere Fossilfunde aus Indien und Pakistan, einige auch aus Kenia (Ostafrika) erhielten den Namen Ramapithecus. Diese Funde dürften zwischen 14 und 10 Millionen Jahre alt sein (mittleres bis spätes Miozän). Aufgrund einiger anatomischer Besonderheiten, wie kurzer Kiefer, kleine Eckzähne, glaubten einige Forscher in den 1960er-Jahren, die anfangs als fossile Menschenaffen gedeuteten Funde in die Vorfahrenreihe des Menschen stellen zu können.
Neue Funde aus dieser Formengruppe und exaktere Vergleiche führten dazu, die Ramapithecinen in die zum Orang-Utan führende Vorfahrenreihe zu stellen. Als Vorfahren des Menschen kommen die Funde von Ramapithecus nicht in Betracht. Aegyptopithecus, Proconsul, Dryopithecus und Ramapithecus gelten als fossile Menschenaffen.
In den zurückliegenden zwei Jahrzehnten gelang es den Wissenschaftlern, dem Bild von der Abstammung des Menschen eine Fülle neuer Details hinzuzufügen. Besonders in Ostafrika entdeckten sie Hunderte von Fossilien, die mit Sicherheit von Hominiden (von Menschenartigen) stammen, die vor 4 bis 1,5 Millionen Jahren lebten. Diese Wesen bezeichnen die Forscher als Australopithecinen. Übersetzt bedeutet das so viel wie Südaffen.
Die Australopithecinen lebten nicht im Urwald wie die Vorfahren der Menschenaffen, sondern in einem Gebiet, das einer Baumsteppe oder Savanne gleicht. Sie gingen aufrecht. Im Vergleich mit den heute lebenden Menschen waren sie relativ klein, aber im Bau des Skeletts gibt es große Ähnlichkeiten. Ihr Schädel mit der stark fliehenden Stirn hatte ein Hirnvolumen von 400 bis 700 Kubikzentimeter und einen sehr großen Kiefer mit breiten Backenzahnkronen. Man nimmt an, dass sie pflanzliche Nahrung aßen.
Die Australopithecinen vermitteln uns eine Modellvorstellung von Formen, die als Vorfahren des Menschen infrage kommen könnten.
Es werden zurzeit verschiedene Arten der Gattung Australopithecus unterschieden, unter anderem:
In keinem anderen Gebiet der Erde wurden bisher Fossilien von Hominiden eines so hohen Alters und in einer derartigen Vielzahl gefunden wie in Ostafrika. Das berechtigt zu der Annahme, in Ostafrika die Wiege der Menschheit zu sehen. Ungeklärt ist zur Zeit, ob die Australopithecinen bereits Geräte hergestellt haben. Deshalb gelten sie zurzeit noch nicht als „echte Menschen“, obgleich ihr Körperbau und ihr aufrechter Gang diese Einschätzung zulassen würden. Ihre geistige Leistungsfähigkeit dürfte keinesfalls geringer gewesen sein als die der heutigen Schimpansen.
Der erste Schädelrest eines Homo habilis (Affenmenschen) wurde 1960 in Olduvai (Ostafrika) entdeckt. Damals zählte man ihn noch zu den Australopithecinen. Das erfolgte auch mit weiteren ähnlichen Funden, zumal das Hirnschädelvolumen nicht wesentlich größer war.
Erst in den 1980er-Jahren und nachdem mit den fossilen Knochenresten auch einfache Steingeräte, sogenannte Geröllgeräte, entdeckt wurden, wird Homo habilis als die älteste Art der Gattung Homo allgemein anerkannt.
Urwald im Miozän mit Proconsul-Affen
Vielfach wird die Herstellung von Knochen- und Steingeräten mit der Menschwerdung in eine Kausalbeziehung gebracht, denn es konnte bisher nicht beobachtet werden, dass andere Lebewesen in der freien Natur Gegenstände dazu benutzen, um zielgerichtet andere Naturgegenstände zu bearbeiten bzw. zu verändern. Selbst die Schimpansen nehmen solche Veränderungen immer nur mit körpereigenen Mitteln vor, also mit den Händen, den Fingernägeln oder den Zähnen.
Eine gleich große Rolle dürften die Beziehungen im sozialen Bereich gespielt haben. Einige Forscher schätzen diese sogar höher ein als die Benutzung von Naturgegenständen als Geräte. Die Menschen lebten in Horden und waren Jäger und Sammler. Das Alter der zurzeit vorliegenden Funde liegt zwischen 1,9 und 1,6 Millionen Jahren. Sie alle stammen aus Ostafrika (Tansania, Kenia und Südäthiopien).
Über die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den Australopithecinen und dem Homo habilis gibt es mehrere Hypothesen, aber es liegen noch keine eindeutigen Erkenntnisse vor. Auch Homo habilis lebte wie die Australopithecinen in der Savanne. Er ernährte sich von pflanzlicher und tierischer Nahrung. Noch ungeklärt ist dabei, ob er schon größere Tiere jagte oder den Raubtieren die Beute streitig machte oder ob er das verzehrte, was die Raubtiere von ihrer Beute zurückließen (Aasfresser-Theorie). Das Hirnschädelvolumen des Homo habilis war mit 510 bis 750 Kubikzentimeter etwas größer als das der Australopithecinen, das Gebiss etwas kleiner. Das Rumpf- und Gliedmaßenskelett gleicht – abgesehen von der geringeren Größe – weitgehend dem des rezenten Menschen.
Die nächste Formengruppe von Menschen, die zeitlich auf den Homo habilis folgt, ist der Homo erectus. Er leitete die weitere Entwicklung zum Menschen der Gegenwart ein. Seine deutsche Bezeichnung wechselte mehrfach, doch zumeist lautet sie heute Urmensch oder Frühmensch. Sind Fossilien von Australopithecinen und vom Homo habilis nur auf dem afrikanischen Kontinent und zumeist südlich des Äquators gefunden worden, so haben Forscher die Reste vom Homo erectus außer in Amerika und Australien auf allen Kontinenten geborgen.
Lebensbild von Frühmenschen (Homo erectus), Bilzingsleben im Thüringer Becken
Die ältesten Funde vom Homo erectus stammen aus Afrika und haben ein Alter von 1,5 Millionen Jahren. Nur wenig jünger sind fossile Schädel und Skelettteile aus China und Indonesien. Zu den ältesten mitteleuropäischen Funden zählen der Unterkiefer von Mauer sowie die Schädelreste von Petralona (Griechenland), Vertesszöllös (Ungarn) sowie Bilzingsleben bei Halle. Zahlreiche Reste von Schädeln wurden in den 1930er-Jahren in der Nähe von Peking (China) ausgegraben, die ca. 350 000 Jahre alt sein dürften.
Der Schädel des Homo erectus hatte noch eine niedrige, aber im Vergleich zum Homo habilis doch schon stärker gewölbte Stirn und ein durchgehendes Knochendach über den Augenhöhlen. Das Hirnschädelvolumen betrug zwischen 775 und 1250 Kubikzentimeter. Der Gesichtsschädel war groß und der Kiefer kräftig entwickelt. Die Veränderung des Schädels dieser Formengruppe im Verlaufe von 500 000 Jahren lässt sich deutlich erkennen. Der Hirnschädel wurde größer und runder. Die Knochenvorsprünge („Muskelmarken“) bildeten sich zurück. Der Gesichtsschädel mit dem Kiefer wurde kleiner.
Die Geräte des Homo erectus waren vielgestaltig. An der Form einiger Steingeräte lässt sich die mögliche Anwendungsweise erkennen. Die Ausgrabungen einiger Fundstellen lassen darauf schließen, dass diese Menschen bereits das Feuer genutzt haben. Meterdicke Ascheschichten sind ein Beweis dafür, dass das Feuer Hunderte von Jahren an der gleichen Stelle gebrannt haben muss. Es wird vermutlich
Es förderte den Zusammenhalt der Horden und trug zur weiteren kulturell-technischen Entwicklung bei.
Eine der bedeutendsten Fundstellen des Homo erectus in Europa ist die von Bilzingsleben in der Nähe von Halle. Dort wurde in den 1970er-Jahren ein Rastplatz freigelegt, auf dem die Reste von mehreren ovalen und runden Behausungen entdeckt wurden, außerdem Feuerstellen und Arbeitsplätze. Neben Schädelresten von Homo erectus fanden die Forscher zahlreiche Tierknochen, die von Wisenten und Auerochsen, von Wildpferden und Hirschen, von Bären und Wildschweinen und sogar von Steppennashörnern und Waldelefanten stammen. Viele Röhrenknochen waren zerschlagen worden, um an das Mark zu gelangen. Der Mensch von Bilzingsleben hat nicht nur zielgerichtet Geräte hergestellt und das Feuer genutzt, sondern auch Ritzungen auf Knochen angebracht, Zeichen, die wir heute noch nicht deuten können.
Die Funde des Homo sapiens neanderthalensis (auch Altmensch genannt) werden meist als Neandertaler bezeichnet. Der Name geht auf einen Fund zurück, den der Elberfelder Lehrer FUHLROTT im Jahre 1856 in einer Höhle im Neandertal bei Düsseldorf gemacht hat. Es handelte sich um ein Schädeldach und um Skelettknochen, die er als Reste eines fossilen Menschen beschrieb.
Seine Aussagen wurden damals von vielen Fachgelehrten angezweifelt. Heute gibt es in Europa, Asien und Afrika etwa 150 Fundplätze mit Fossilresten von mehr als 300 Individuen. Eine scharfe Grenze zwischen den späten Homo-erectus-Formen und den frühen Homo-sapiens-Formen gibt es nicht. Aus der Zeit vor 300 000 bis 200 000 Jahren liegen zahlreiche Funde vor, die von einigen Forschern noch zu den Homo-erectus-Formen, von anderen zu den Homo-sapiens-Formen gestellt werden. Nach der Form ihres Schädels kommen einige Funde mehr als Vorfahren der Neandertaler, andere als Vorfahren der eiszeitlichen Jetztmenschen infrage.
Lebensbild von Homo sapiens neanderthalensis
Die Neandertaler bilden keine einheitliche Formengruppe. Es werden heute drei Teilgruppen unterschieden:
Der Schädel des späten Neandertalers war lang und breit, aber relativ niedrig. Sein Hirnschädelvolumen entsprach im Durchschnitt dem des heute lebenden Menschen, also etwa 1 450 Kubikzentimeter. Typisch für ihn sind die großen Augenhöhlen und die starken Überaugenwülste vor der fliehenden Stirn. Der Unterkiefer hat noch keinen Kinnvorsprung.
Als charakteristisches Gerät des Neandertalers galt lange Zeit der Faustkeil. Es liegen inzwischen eine Vielzahl weiterer Geräte vor, u. a. auch Stoßlanzen, deren Spitzen im Feuer gehärtet wurden.
Diese Menschengruppe lebte vor 130 000 bis 35 000 Jahren. Der Neandertaler hatte eine gedrungene Gestalt mit breitem Gesicht. Er war Jäger von großen Tieren wie Wisent, Mammut, Pferd. Da zu seiner Zeit eine Kaltzeit in Europa herrschte, nimmt man an, dass er in Höhlen und hüttenartigen Behausungen sowie unter Felsdächern lebte. Er konnte schon Feuer erzeugen. Die Neandertaler lebten in Horden. Diese Gemeinschaften waren relativ fest gefügt und sozial geprägt durch Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern.
Bereits viele Jahrtausende vor den späten Neandertalern lebten Menschen, die dem Homo sapiens sapiens zugeschrieben werden. Die Wissenschaftler bezeichnen diese Form auch als den anatomisch modernen Menschen, denn er unterscheidet sich im Körperbau nicht wesentlich vom Menschen der Gegenwart. Es ist der eiszeitliche Jetztmensch.
Es wird angenommen, dass er den Neandertaler aus Mitteleuropa verdrängt hat, denn alle fossilen Funde von Menschen aus dieser Region, die jünger als 30 000 Jahre sind, stammen vom eiszeitlichen Jetztmenschen. Er besiedelte weite Gebiete Afrikas, Europas und Asiens. Er kam auch nach Australien, Ozeanien und Nordamerika. Sein Hirnschädelvolumen beträgt etwa 1 200 bis 1 700 Kubikzentimeter und entspricht damit sowohl dem des Neandertalers als auch dem des lebenden (rezenten) Menschen. Der Schädel ist dünnwandiger als beim Neandertaler, wie insgesamt das Skelett graziler wirkt. Es fehlen die Überaugenwülste. Der kleine Gesichtsschädel wirkt wie ein Anhang an der großen und hohen Schädelkapsel. Am Unterkiefer ist ein Kinnvorsprung vorhanden.
Lebensbild der eiszeitlichen Jetztmenschen
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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