Mucoviscidose

Der Begriff Mukoviszidose

Die Mukoviszidose ist die häufigste menschliche Erbkrankheit mit rezessivem Gendefekt im europäischen Raum. Rezessiv bedeutet, dass die Erkrankung nur dann eintritt, wenn zwei schadhafte Allele zusammentreffen, da das gesunde Gen dominant, also bestimmend für das Merkmal ist.

In Deutschland ist etwa ein Kind von 2 500 Neugeborenen davon betroffen. In anderen Ländern Europas kann die Häufigkeit sogar bis zu 1 : 2 000 betragen. Die Ursachen dafür, dass die Mucoviscidose in nicht europäischen Ländern viel seltener (etwa mit einer Häufigkeit von 1 : 100 000) vorkommt, sind wissenschaftlich noch nicht genau geklärt. Die Bezeichnung stammt aus dem Lateinischen und leitet sich davon ab, dass bei der Erkrankung sehr zähe Körperschleime auftreten (mucos = schleimig; viscos = leimähnlich, zähflüssig). Als analoger Begriff wird für die Mukoviszidose auch „Cystische Fibrose“, abgekürzt CF verwendet.

Ursachen und Krankheitszeichen

Obwohl die Krankheit schon sehr lange bekannt ist, gelang es erst im Jahre 1989 ihre Ursache zu erforschen.

Verantwortlich ist in 70 % der Fälle ein mutiertes Gen auf dem Chromosom 7. Die restlichen 30 % setzen sich aus einer Kombination von mindestens 50 weiteren Allelen zusammen. Das gesunde Gen verschlüsselt (codiert) die Information für einen Wirkstoff (Enzym), welcher für den Transport von Chlorid-Ionen durch Membranen verantwortlich ist. Ist das entsprechende Gen defekt, so kann das Enzym nicht hergestellt werden.

Die Chlorid-Ionen werden von den Drüsen unseres Körpers zur Schleimproduktion benötigt, da sie Wassermoleküle an sich binden. Stehen ungenügend Chlorid-Ionen zur Verfügung, so ist der von den Drüsenzellen gebildete Schleim nicht dünnflüssig, sondern sehr zäh. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Drüsenfehlfunktion. Schleimdrüsen befinden sich im menschlichen Körper vor allem im Atmungs- und Verdauungstrakt.

Im Atmungssystem dient der Schleim zum Anfeuchten der Luft, zum Binden von mitgeführten Schmutzteilchen und ist die Grundlage der ständig stattfindenden Säuberung der Luftwege. Zu dickflüssiger Schleim setzt sich leicht in den feinen Röhrchen und Lungenbläschen fest und verstopft diese. Dadurch wird nicht nur das Atmen behindert, da sich die Austauschfläche verringert, sondern dieses festsitzende Sekret ist auch ein guter Nährboden für eingeatmete Keime.

Im Verdauungssystem dient der unspezifische Schleim vor allem dazu, die Nahrung gleitfähig zu machen, damit sie leicht transportiert werden kann.

Die Folgen, welche sich aus dem defekten Gen ergeben, sind vielfältig. Zum einen haben die Erkrankten ihr ganzes Leben lang Atemprobleme. Der Gasaustausch und damit die Sauerstoffzufuhr zum Körper sind behindert, was Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit und Sauerstoffmangel für wichtige Organe mit sich bringt. Zum anderen ist die Anfälligkeit für verschiedene Atemwegserkrankungen erhöht. Auch bei der Verdauung der Nahrung, vor allem bei den Vorgängen in Dünn- und Dickdarm, treten Schwierigkeiten auf.

Erbgang und Lebenserwartung

Da es sich beim Mukoviszidose-Gen um ein rezessives, also unterlegenes Allel handelt, tritt die Krankheit erst dann auf, wenn zwei solche Allele zusammentreffen. Beide Eltern sind äußerlich (phänotypisch) gesund, tragen aber das kranke Gen, oft ohne davon zu wissen, versteckt in sich. Wenn durch zufällige Kombination bei der Befruchtung die beiden defekten Gene zusammenkommen, hat das Kind Mukoviszidose. Die Wahrscheinlichkeit dafür beträgt 25 %.

Ob diese Eltern tatsächlich ein an Mukoviszidose erkranktes Kind bekommen werden, hängt vom Zufall ab. Es können auch Kinder zur Welt kommen, die zwar das kranke Allel in sich tragen, aber gesund sind. Aus diesem Grund kann ein defektes Gen von Generation zu Generation weitergegeben werden, ohne dass die Krankheit auftritt. Erst wenn sich zufällig zwei Eltern finden, die beide ein defektes Allel besitzen, kann es in 25 % der Fälle zum Auftreten von Mukoviszidose kommen. Noch 1960 betrug die Lebenserwartung eines erkrankten Kinds nur etwa 5 Jahre. In den folgenden Jahrzehnten gelang es mit immer besseren Therapien und medizinischen Möglichkeiten, die Lebenserwartung um ein Vielfaches zu steigern.

Möglichkeiten der modernen Medizin

Heute können Mukcoviszidosekranke 20 bis 25 Jahre alt werden. Die Erkrankten können auch selbst Kinder bekommen. Ist der Partner reinerbig gesund, so werden die Kinder des Paars alle Überträger, aber nicht selbst erkrankt sein. Die Krankheit ist nach dem heutigen Stand der Wissenschaft nicht heilbar. Dazu müsste man das defekte Gen in allen betroffenen Zellen ersetzen oder reparieren können.

Mit den Mitteln der modernen Medizin kann man lediglich die Krankheitszeichen (Symptome) behandeln oder lindern. Für das Atmungssystem gibt es schleimlösende Medikamente. Mehrmals am Tag müssen die Betroffenen eine Inhalationstherapie durchführen. Mit aufwendigen Abklopftechniken wird der zähe Schleim gelöst und kann dann abgehustet werden. Zusätzlich lernen die Kinder eine besondere Atemtechnik, um dem Körper genügend Sauerstoff zuzuführen. Weil der Chlorid-Ionen-Haushalt des Körpers gestört ist, müssen sie außerdem eine bestimmte Diät, welche den Salzstoffwechsel positiv beeinflusst, einhalten.

Möglichkeiten der modernen Gentechnik

Die moderne Gentechnik forscht zurzeit an einer Behandlungsmöglichkeit, bei welcher mit einem Spray das gesunde Gen in die Atemwege gesprüht wird. Man erhofft sich dabei, dass die Zellen das Gen in ihre Erbinformation einbauen und dann das entsprechende Enzym für den Chlorid-Ionentransport herstellen können. Dabei handelt es sich um eine sogenannte somatische Gentherapie, weil die Reparatur nur in einzelnen Zellen erfolgt, nicht in das Erbgut des gesamten Körpers eingeht und damit auch nicht an eventuelle Nachkommen weitergegeben werden. Da Zellen der Schleimhaut sehr kurzlebig sind, geht mit ihrem Absterben auch die Information für das gesunde Gen verloren. Der Kranke müsste also die Therapie in regelmäßigen Abständen zeitlebens wiederholen. Nach dem derzeitigen Stand wird eine Wirkung des Sprays auf 5 % der Schleimhautzellen erreicht, welche etwa 1-2 Tage anhält.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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