ANNA SEGHERS (eigentlich NETTY REILING) wurde am 19. November 1900 als Tochter des jüdischen Antiquitäten- und Kunsthändlers ISIDOR REILING in Mainz geboren. Die gut situierte Familie konnte ANNAs Besuch des Lyzeums finanzieren. 1920 legte sie ihr Abitur ab und begann an der Universität Heidelberg Geschichte, Kunstgeschichte, Philologie und Sinologie zu studieren. 1924 promovierte sie mit der Dissertation „Jude und Judentum im Werke Rembrandts“. Als erste schriftstellerische Arbeit erschien im selben Jahr in der „Frankfurter Zeitung und Handelsblatt“ „Die Toten von der Insel Djal – Eine Sage aus dem Holländischen. Nacherzählt von ANTJE SEGHERS“.
In Heidelberg lernte SEGHERS politische Emigranten aus Osteuropa, darunter den ungarischen Kommunisten LÁSZLO RADVANYI kennen, den sie 1925 heiratete. LÁSZLO RADVANYI war ein Wirtschaftswissenschaftler, der aktiv in der Bildungsarbeit der KPD mitarbeitete.
In den 1920er-Jahren wurden SEGHERS' erste Erzählungen „Grubetsch“ (1927) und „Aufstand der Fischer von St. Barbara“ (1928) – unter dem Pseudonym „Seghers“ veröffentlicht (bei späteren Werken kam noch „Anna“ hinzu). Für diese beiden Werke erhielt sie 1928 den Kleist-Preis.
1928 trat sie in die kommunistische Partei ein und war seit 1929 Mitglied des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller. Ende der Zwanzigerjahre wurden die beiden Kinder PETER und RUTH geboren.
1933 musste sie nach Vernehmungen durch die Gestapo über die Schweiz nach Frankreich emigrieren. Im französischen Exil arbeitete sie zusammen mit WIELAND HERZFELDE, OSKAR MARIA GRAF und JAN PETERSEN in der Redaktion der antifaschistischen Exilzeitschrift „Neue Deutsche Blätter“, die von 1933 bis 1935 in Prag erschien. Während ihres Exils engagierte sich SEGHERS weiter politisch und publizistisch für den Kampf gegen den Nationalsozialismus in Deutschland. So unternahm sie 1934 eine Reise nach Österreich, mit dem Ziel, den Prozess gegen die Arbeiter, die am Februaraufstand teilgenommen hatten, zu beobachten. Literarisch wandte sie sich mit dem Roman „Der Kopflohn. Roman aus einem deutschen Dorf im Spätsommer 1932“ (1933) nationalen Themen zu. 1937 nahm sie am II. Internationalen Schriftstellerkongress in Madrid teil.
Nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde SEGHERS' Mann durch die französische Regierung in Südfrankreich interniert. ANNA SEGHERS lebte mit ihren Kindern mehrere Monate illegal in Paris, bevor sie mithilfe von JEANNE STERN ins unbesetzte Südfrankreich fliehen konnte. 1941 setzte sie ihre Flucht nach Mexiko fort. In den Vierzigerjahren erschienen u. a. die Romane „Das siebte Kreuz. Roman aus Hitlerdeutschland" (1942) und „Transit“ (1944) sowie die Erzählungen „Der Ausflug der toten Mädchen und andere Erzählungen“ (1946). „Das siebte Kreuz“ begründete ihren Weltruhm.
Erst 1947, zwei Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges, konnte SEGHERS nach Deutschland zurückkehren. Sie nahm in diesem Jahr am I. Deutschen Schriftstellerkongress teil und sprach dort über künstlerische Freiheit. 1949 nahm sie am Weltfriedenskongress in Warschau und Stockholm teil und wurde Mitglied des Weltfriedensrates.
1952 kehrte SEGHERS' Mann aus der Emigration zurück und erhielt eine Stelle an der Humboldt-Universität zu Berlin auf dem Gebiet der politischen Ökonomie.
SEGHERS engagierte sich in der Weltfriedensbewegung, war lange Jahre, von 1952 bis 1978, Vorsitzende des Schriftstellerverbandes und wurde zu einer wichtigen Repräsentantin der DDR, der sie bis zu ihrem Tod politisch treu blieb.
Mit zunehmendem Alter und aus gesundheitlichen Gründen zog sich SEGHERS immer mehr zurück, besonders nach dem Tod ihres Mannes 1978.
Am 1. Juni 1983 starb sie in Ost-Berlin.
Weltberühmt wurde ANNA SEGHERS durch ihren Roman „Das siebte Kreuz. Roman aus Hitlerdeutschland“ (1942 in Mexiko erschienen), der zu den bedeutendsten Werken der Exilliteratur gehört und ein Porträt Deutschlands während der Zeit des Nationalsozialismus darstellt. Sie schildert darin die spektakuläre Flucht von sieben KZ-Häftlingen, die, bis auf einen, zu Tode gejagt oder wieder gefangen genommen und an vom Lagerkommandanten aufgestellte Baumkreuze gefesselt werden. Das leer bleibende siebte Kreuz verwandelt sich in ein Symbol des Widerstandes und der Hoffnung. 1944 wurde der Roman unter Regie von FRED ZINNEMANN erfolgreich verfilmt.
Ein weiteres wichtiges Werk der Exilliteratur ist der Roman „Transit“ (1944). In diesem Exilroman – einem wichtigen Zeitdokument – verarbeitete SEGHERS ihre Erfahrungen aus der Zeit in der Emigration, die existenziellen Konflikte der Emigranten in einer ihnen fremden Kultur mit fremder Vergangenheit und Sprache, das Trauma des Verlustes der Heimat. Der Titel zeigt an, dass sich die Romanfiguren ständig in einem Durchgangsstadium befinden.
Für ihr literarisches Werk und ihr politisches Engagement wurden ANNA SEGHERS viele Preise verliehen, so
Sie wurde Ehrenbürgerin der Stadt Berlin und Ehrendoktor der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz.
Stand: 2010
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