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- 3 Literaturgattungen
- 3.2 Epik
- 3.2.3 Die epischen Genres
- Kurzgeschichte
Die Kurzgeschichte ist ein relativ junges Genre der Erzählliteratur, das in der amerikanischen Literatur entstanden ist. Der Begriff ist aus dem amerikanischen „short story“ rückübersetzt. In der Tat haben amerikanische Autoren wie
das Genre zur Meisterschaft geführt.
Die Kurzgeschichte lässt sich durch typische Merkmale charakterisieren:
„Es hörte auf zu regnen, als Nick in den Weg einbog, der durch den Obstgarten hinaufführte.“
(ERNEST HEMINGWAY, „Drei Tage Sturm“)„Wanka Shukow, ein neunjähriger Junge, den man vor drei Monaten zu dem Schuster Aljachin in die Lehre gegeben hatte, legte sich in der Weihnachtsnacht nicht schlafen.“
(ANTON TSCHECHOW, 1860–1904, „Wanka“)
Die Vorläufer der Kurzgeschichte sind bereits in der Novellistik des 19. Jahrhunderts auszumachen. Es ragen als frühe Meister:
Als Wegbereiter der deutschen Kurzgeschichte werden
Das Aufleben der Kurzgeschichte ist eng an die Blüte des Zeitschriftenwesens im 18. und 19. Jahrhundert gebunden. Zeitschriften waren das adäquate Medium für die Verbreitung dieser epischen Kleinform.
In der deutschen Erzählliteratur erlebte die Kurzgeschichte einen Höhepunkt nach dem Zweiten Weltkrieg. Die epische Breite des Romans erschien vor allem jungen Autoren als eine unangemessene Form, den bitteren Erfahrungen der Kriegsjahre Gestalt zu geben. Zudem waren eigentlich erst nach dem Krieg HEMINGWAYs Short Stories der Rezeption in Deutschland zugänglich und konnten ihre Wirkung entfalten.
Die Genres der Deutschen waren von jeher Novelle und Roman. Kurzgeschichten mit ihrer distanzierten Sachlichkeit wurden nie ganz die adäquate Ausdrucksform deutscher Autoren. So sind beispielsweise die Geschichten von WOLFGANG BORCHERT (1921–1947), der als wichtigster Kurzgeschichtenautor der Nachkriegsgeneration gilt („Die Hundeblume“, 1947), stark mit emphatischen, expressionistischen Sprachbildern durchsetzt.
Autoren wie ELISABETH LANGGÄSSER, HEINRICH BÖLL, SIEGFRIED LENZ, WOLF DIETRICH SCHNURRE, MARIE LUISE KASCHNITZ, MARTIN WALSER und WOLFGANG HILDESHEIMER versuchten sich die Kurzgeschichte zu eigen zu machen, in dem sie mehr oder weniger von dem amerikanischen Muster und dessen kargem Realismus abrückten und das Erzählschema in satirischen, parabolischen, legendenhaften epischen Kurztexten übernahmen:
Zu Bedeutung scheint die Kurzgeschichte wieder in den 1990er-Jahren gekommen zu sein. Der junge Dresdener Autor INGO SCHULZE nennt seine „Simple Storys“ zwar einen „Roman aus der ostdeutschen Provinz“ (1998), aber nicht nur der Titel, sondern auch die disparaten, in 29 Kapiteln dargebotenen Geschichten über ostdeutsche Menschenschicksale nach der deutschen Wiedervereinigung, qualifizieren ihn ebenso als Sammlung von Kurzgeschichten. Debütiert hat INGO SCHULZE 1994 mit ebensolchen episodischen Momentaufnahmen in „33 Augenblicke des Glücks“.
Alltagsgeschichten aus Berlin mit einem scharfen Blick für die skurrilen und komischen Details der politischen Veränderungen im deutschen Osten im kleinen Ausschnitt seines Kiezes hat der Russe WLADIMIR KAMINER mit dem Band „Schönhauser Allee“ (2001) vorgelegt.
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