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  6. Das naturalistische Drama

Das naturalistische Drama

Viele Dramen spielen in den

  • Elendsquartieren,
  • Bordellen, Kneipen,
  • Hinterhöfen und Kellerwelten der Mietskasernen

der Städte. Es sind Orte, an denen – ohne Schleier – die menschliche Psyche und Natur sichtbar werden. Dargestellt wird das Nackte, Kranke, Hässliche, Animalische, Anarchische.

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Handwerker kämpfen vergebens gegen die neue Maschinenwelt. Ihr Leben und ihre Arbeit verlieren ihren Sinn. Die unausweichliche Folge ist Verarmung. Nicht selten werden die Hand-Arbeiter dadurch zu Maschinenstürmern, deren Zorn sich gegen die Maschinen als Zeichen der neuen Welt richtet.

MAXIM GORKIs (1868–1936) „Nachtasyl“ (1902, dt.1903, siehe PDF "Maxim Gorki - Nachtasyl") hatte als Erfolgsstück einen hohen Bekanntheitsgrad. Es ist eines der wichtigsten Dramen des europäischen Naturalismus und gilt als ein „klassischer Text der Medienmoderne“ (PRÜMM). Das Stück spielt deshalb auch in nachfolgenden Kunstexperimenten, vor allem in der Neuen Sachlichkeit, eine große Rolle als Grundmodell (u. a. Inszenierung von ERWIN PISCATOR 1926 sowie 1930, 1936 und 1957 internationale Verfilmungen).
Das Grundmodell ist tragisch und radikal; es beruht auf der absoluten Dominanz des Raumes, im Nachtasyl finden jene eine Unterkunft, die nie eine hatten oder keine mehr haben und auch nie wieder eine haben werden. Das Asyl ist Zufluchtsort, Herberge und Gefängnis zugleich. Es zeigt seinen Bewohnern die Hoffnungslosigkeit und den Zwang, mit den anderen den Raum teilen zu müssen. Wartend erleben sie melancholische Rückblicke und überschwängliches Träumen von der Zukunft. Gewaltausbrüche, Hass, Demütigung und Zerstörung, Tod, Totschlag und Selbstmord bestimmen den Raum. Die allerletzte Station der Ausgestoßenen ist eine

„fensterlose Höhle in der ‚Tiefe‘, ganz unten in der sozialen und urbanen Topographie im Russland der Jahrhundertwende. Hier versammeln sich die Gescheiterten und Gestrandeten, die keine Chance haben, dem Elend zu entkommen. ... Es ist ein Zerrspiegel des Außen. .... Alles ist öffentlich und die verletzenden Eingriffe in die Intimität sind an der Tagesordnung, im Asyl herrscht Asyllosigkeit.“ (PRÜMM)

Die wichtigsten naturalistischen deutschen Dramatiker sind

  • GERHART HAUPTMANN (1862–1946),
  • HERMANN SUDERMANN (1857–1928, siehe PDF "Hermann Sudermann - Die Ehre"),
  • FRANK WEDEKIND (1864–1918, siehe PDF "Frank Wedekind - Tod und Teufel"),
  • GEORG HIRSCHFELD (1873–1942), und
  • FRITZ ERNST AUGUST STAVENHAGEN (1876–1906).
  • BWS-DEU2-0515-03.pdf (424.21 KB)

ARNO HOLZ (1863–1929) machte sich vor allem als Lyriker einen Namen. Das Drama „Die Familie Selicke“ (1890) schrieb er zusammen mit seinem Dichterfreund JOHANNES SCHLAF. THEODOR FONTANE urteilte nach der Aufführung:

„Diese Vorstellung wuchs insoweit über alle vorhergegangenen an Interesse hinaus, als wir hier eigentlichstes Neuland haben. Hier scheiden sich die Wege, hier trennt sich Alt und Neu.“

Sein Drama „Sozialaristokraten“ (siehe PDF "Arno Holz - Sozialaristokraten") entstand 1896. Es ist Teil seines Dramenzyklus „Berlin. Wende einer Zeit in Dramen“, zu dem auch die ebenfalls vollendeten Dramen „Sonnenfinsternis“ (1908) und „Ignorabimus“ (1913) gehören. Die anderen der auf 25 Teile geplanten Reihe blieben ungeschrieben bzw. unvollendet.

  • BWS-DEU2-0515-04.pdf (191.03 KB)

GERHART HAUPTMANN

GERHART HAUPTMANN stammt aus dem ländlichen Schlesien. Er wurde bekannt durch sein erstes Drama „Vor Sonnenaufgang“ (Uraufführung 1889 in der Freien Bühne Berlin). Dieses Stück machte ihn zum umstrittensten, gefeierten und erfolgreichsten Autors des deutschen Naturalismus. Er wurde u. a. zum „unsittlichsten Bühnenschriftsteller des Jahrhunderts“ erklärt. RICHARD DEHMEL schilderte die Premiere:

„Von Akt zu Akt wuchs der Lärm. Schließlich lachte und jubelte, höhnte und trampelte man mitten in die Unterhaltungen der Schauspieler hinein.“

OTTO BRAHM dagegen, Naturalist und Bewunderer HAUPTMANNs schrieb:

„So ergab sich ein Kampf der Lungen und der Hände, der Zischenden und der Klatschenden, der mit einer ganz ungewöhnlichen Heftigkeit geführt wurde und lange unentschieden hin und her wogte, bis eine große Liebesszene im vierten Akt selbst die Widerstrebenden zum Beifall hinriss.“

Ausschnitte aus dem Rückblick von OTTO ERICH HARTLEBEN werden in der PDF-Datei "Otto Erich Hartleben - „Vor Sonnenaufgang“ auf der Freien Volksbühne" wiedergegeben.

Angeregt wurde HAUPTMANN durch L. TOLSTOIs „Macht der Finsternis“ (1890 in Berlin auf der „Freien Bühne“, der Bühne der Naturalisten, erfolgreich und mit großer Resonanz aufgeführt). „Vor Sonnenaufgang“ gilt als das erste naturalistische Drama, als das Drama, das die Vorstellung von einem naturalistischen Drama durchgesetzt und geprägt, geformt hat. Den Titel empfahl ihm übrigens ARNO HOLZ.

  • BWS-DEU2-0515-07.pdf (50.36 KB)

Die Weber

HAUPTMANN schuf eine neue, plastische Form des sozialen Milieudramas, vor allem in „Die Weber“ (1892, Uraufführung am 26. Februar 1893 im Neuen Theater Berlin, erste öffentliche Aufführung am 25. September 1894 im Deutschen Theater Berlin), ist aber mit seinem langen Schaffen nicht allein dieser Richtung bzw. dieser Strömung zuzuordnen. Er nimmt in dieser Phase wichtige Anregungen der naturalistischen Programmatik auf; sie verbinden sich in den Dramen, Komödien und Prosatexten („Bahnwärter Thiel“) mit seinen Vorstellungen von der Schicksalhaftigkeit des Lebens und dem Wirken innerer Mächte, die den Menschen mitleiden lassen und zur Suche nach Erlösung treiben: Den Gesetzen der naturgegebenen Welt stehe der Einzelne ohnmächtig gegenüber. Was ihm bleibe, sei die Welt seiner Fantasie, seine „Seele“.
Seine Werke zeigen die Lebendigkeit der Tradition des Barock und der Mystiker (s. JAKOB BÖHME). Literaturhistoriker sprechen auch von einer geistigen Verwandtschaft mit dem realistischen Skeptizismus von GEORG BÜCHNER.

Auch die Zuordnung der späten Werke in den Dreißiger- und Vierzigerjahren zu einer literarischen Strömung oder Richtung ist schwierig. HAUPTMANN löste sich in seinem Spätwerk von der naturalistischen Wirklichkeitsdarstellung und konzentrierte sich stärker auf symbolische Formen, historische Motive. In dieser Phase zeugen seine Texte auch von dem Interesse an griechischer Mythologie und der Tradition der attischen Tragödie.

In „Die Weber“ (1893), als unretuschierte Mundartfassung „De Wabert“ (1892), verbinden sich naturalistischer Reportagestil mit der Gewissheit der zentralen Figuren, das Heil zu finden. Sie ereilt jedoch ein tragisches Schicksal.

Andere Dramen HAUPTMANNs

Andere Dramen HAUPTMANNs sind das Bauernkriegsdrama „Florian Geyer“ (1896), sowie die Berliner Tragikomödie „Die Ratten“ (1911). Die in Berliner Mundart geschriebene Diebeskomödie „Biberpelz“ (1893) greift den Kampf gegen die Macht der Verwahrlosung auf, den Versuch, mit List, Zähigkeit und Vitalität sozial aufzusteigen. Mutter Wollfen, die ehrbare Diebin, ist eine Volksgestalt voller Mutterwitz und Energie. Eine Fortsetzung erfuhr der „Biberpelz“ mit der Tagikkomödie „Der rote Hahn“ (1901).
Die Novelle „Bahnwärter Thiel“ ist 1887 in Erkner bei Berlin entstanden.

  • BWS-DEU2-0515-08.pdf (71.56 KB)

Ein introvertierter Bahnwärter im märkischen Wald, innerlich noch immer seiner ersten Frau verbunden, verfällt der sinnlichen Ausstrahlung seiner zweiten Frau und fühlt sich deshalb schuldig. Sprachlos lässt er selbst die Züchtigungen seines Sohnes Tobias durch seine zweite Frau geschehen. Er tötet seine zweite Frau und das gemeinsame Kind im Wahnsinn, nachdem diese aufgrund von Fahrlässigkeit den Tod seines Kindes aus erster Ehe verschuldet. Sein Sohn Tobias wurde von einem Schnellzug überfahren.

In dieser Novelle treffen aufregende Reize, die das Leben in Unordnung bringen und die Reinheit der Gefühle aufeinander. Der streng geregelte, ruhige Fluss des Lebens wird – symbolisch – von einem Schnellzug erfasst. Das Milieu ist bestimmend, das Geschehen ist Schicksal. Die Figuren erleben es als Strafe für ihr sündhaftes Leben. Die Geschichte des Bahnwärter Thiel endet in der Irrenanstalt der Charité.
In der Sekundärliteratur beschreibt man diesen Text auch als „psychopathologische Studie eines von Triebkräften und unklaren Bewusstseinszuständen bestimmten Menschen“.

  • BWS-DEU2-0515-09.pdf (229.67 KB)
Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Das naturalistische Drama." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/deutsch-abitur/artikel/das-naturalistische-drama (Abgerufen: 24. May 2025, 02:36 UTC)

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James Joyce

* 02. Februar in 1882 in Rathgar bei Dublin
† 13. Januar 1941 in Zürich

Die Werke des irischen Schriftstellers JAMES JOYCE, allen voran der Roman Ulysses, gehören zu den wichtigsten literarischen Arbeiten des 20. Jahrhunderts. Durch die Weiterentwicklung der Technik des inneren Monologs und sprachliche Experimente erneuerten sie die Erzählweise des Romans.

JOYCE hatte sein Heimatland Irland früh verlassen und lebte lange Zeit in Triest, Zürich und Paris, wo er unter finanziellen und gesundheitlichen Problemen litt. Im Laufe seines Lebens nahm seine Sehkraft ständig ab, bis er schließlich annähernd erblindete.

Auch die Veröffentlichung seiner Romane erwies sich als höchst problematisch, da seine Werke in Konflikt mit der Zensur gerieten. MARGARET ANDERSON und JANE HEAP, die es als erste wagten, Auszüge des „Ulysses“ in ihrer Zeitschrift „The Little Review“ zu veröffentlichen, wurden in New York wegen Verbreitung obszöner Schriften verurteilt. Das Manuskript wurde beschlagnahmt. Während der Roman 1922 in Frankreich erschien, blieb er in Großbritannien und den USA noch lange Zeit verboten.

Heute zählt „Ulysses“ zu den bedeutendsten Werken der Weltliteratur.

Literarische Verhältnisse und Leseverhalten am Ende des 19. Jahrhunderts

Besonders seit 1848 waren viele Neu-Leser hinzugekommen, da sich die Anzahl der Menschen, die lesen konnten, durch Verbesserungen im Volksschulwesen ständig erhöht hatte. Auf der Basis des Volksschulsystems sank die Zahl der Nicht-Leser zwischen 1840 und 1890 von 50% auf 10%.

Eine Folge der Kommerzialisierung und fast 100%igen Technisierung der Buchproduktion waren besondere Aktivitäten im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur, im Kampf um die Neu- bzw. Erstleser und um die Vielleser zu beobachten. Gerade die jungen Leser versuchte man früh an einen bestimmten Typ der Verteilung und der Geschichten zu binden.

Zunehmende Sesshaftigkeit und eine gesicherte soziale Existenz ermöglichten die Ausbildung von kulturellen Gewohnheiten. Zu diesen Gewohnheiten gehörte die Nutzung des breiten Netzes von Leihbibliotheken, das sich neben Wanderbüchereien bis Ende des Jahrhunderts entwickelt hatte. Die Bedeutung dieser Einrichtungen für das literarische Leben des 19. Jahrhunderts war immens hoch: fast 90% des literarischen Publikums versorgte sich gegen Leihgebühren dort mit Lesestoff.

Naturalistische Programmatiken

Naturalismus bedeutet nicht einfach Nachahmung der Natur. Das Zurückgreifen und der häufig wiederholte Hinweis auf die in der Natur verwurzelten Empfindungen als „Quellpunkt der Dichtung“ zeigt, dass die Natur für den Naturalismus nicht nur der pragmatische Gegenstand der Naturwissenschaften, sondern zugleich poetisches Zentralmotiv ist, in dem eine stimmungsreiche Natur erscheint (Stimmungslyrik).
Die Künstler selbst haben reflektiert, dass es nicht nur um Nachahmen der Wirklichkeit geht, sondern um produktive Gestaltung durch poetisches Bewusstsein, dem sie eine Initialkraft zuschrieben. Zwischen diesen beiden Polen bewegen sich die kunstästhetischen Überlegungen. Je nach Akzentsetzung erscheinen die Positionen stärker der Tradition verpflichtet bzw. radikaler in der Bejahung von Neuem.

Johannes Schlaf

* 21.06.1862 in Querfurt
† 02.02.1941 in Querfurt

JOHANNES SCHLAF war, gemeinsam mit seinem Freund ARNO HOLZ, der Verfasser des ersten deutschen naturalistischen Werkes. Mit ihm gemeinsam wurde er zum Wortführer des Naturalismus in Deutschland. Sie wählten sich für den ersten naturalistischen Text „Papa Hamlet“ das Pseudonym „Bjarne P. Holmsen“.

Zwar kehrte SCHLAF 1890 nach Magdeburg zurück, die Gemeinschaftsarbeit mit HOLZ bestand aber noch zwei Jahre weiter. Ihr Drama „Familie Selicke“ wurde 1890 in Magdeburg und Berlin uraufgeführt. Zusammen schrieben sie 1892 auch die Novelle „Neue Gleise“. SCHLAF und HOLZ trennten sich freundschaftlich. Erst 1898 kam es zu einem erbitterten Streit zwischen beiden wegen der Anteile an den gemeinsamen Arbeiten.

SCHLAF hatte öffentlich behauptet, er habe den größeren Anteil an der Arbeit gehabt. HOLZ musste darauf erwidern. Der Streit war irreparabel. HOLZ und SCHLAF wandten sich vom Naturalismus ab und gingen künstlerisch getrennte Wege.

Begriff des Naturalismus

Als Naturalismus bezeichnet man eine Strömung in der Literatur und Kunst etwa ab den Siebzigerjahren bis Mitte der Neunzigerjahre des 19. Jahrhunderts, die an den späten (poetischen) Realismus anschloss und deren programmatische Grundüberzeugungen zu z. T. kontroversen künstlerischen Praxen führte.

Vererbung und Milieu sind zentrale Begriffe, mit denen der Zustand der Menschen und ihrer Realität erklärt wird. Milieuprägung und Vererbung waren die beiden Faktoren, die aus dem Menschen das machen, was er ist. Bildung, Konvention und Moral galten als „Masken“. ÉMILE ZOLA gilt als Biograph, Pionier und Repräsentant des europäischen Naturalismus.

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