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- 3.2 Epik
- 3.2.3 Die epischen Genres
- Die Entwicklung des amerikanischen Romans
Der englisch-stämmige Forscher und Abenteurer JOHN SMITH wird daher als erster bedeutender Vertreter der amerikanischen Literatur gesehen. Mit der Herausgabe seiner Schrift „Generall Historie of Virginia, New-England, and the Summer Isles“ (1624) schuf er ein lebendiges, religiös ausgerichtetes Werk, wie es für die Literatur dieser Zeit in den Kolonien von Neuengland typisch ist. So gut wie jedes Geschehnis wurde dabei aus einem streng religiösen Blickwinkel dargestellt und interpretiert.
Allerdings waren nicht alle Schriftsteller dieser Zeit derartig streng religiös eingestellt. Gegen den Puritanismus setzten sich z. B. der ebenfalls aus England stammende, hoch engagierte Abenteurer THOMAS MORTON mit seinem Werk „The New English Canaan“ (1637) ein.
Zur Zeit des Aufbaus einer amerikanischen Föderationsregierung im Jahre 1789 verrichteten einige amerikanische Gebildete den einen wesentlichen Beitrag zur Geistesgeschichte ihres Staates.
Weiterhin zählen zu den zentralen Werken dieser Epoche die Schriften amerikanischer Politiker, welche sich während der amerikanischen Revolution für eine Unabhängigkeit des Landes von britischer Vorherrschaft einsetzten; eine äußerst beeindruckende Auswahl dieser Zeugnisse lieferte der Historiker MOSES COIT TYLER 1897 mit seiner „Literary History of the American Revolution“ ab.
Eine andere bedeutsame Sammlung von bedeutenden Reden und Schriften von Politikern der Revolutionszeit, wie JOHN JAY, ALEXANDER HAMILTON und JAMES MADISON, erschien in „The Federalist“, einem bemerkenswerten Fürsprache für die neue Verfassung und die Demokratie.
Im 18. Jahrhundert entwickelte sich die amerikanische Literatur in Bezug auf Form und Inhalt wesentlich weiter. Zur Zeit des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges machte sich der Publizist THOMAS PAINE einen Namen mit seinen Flugschriften „Common Sense“ (1776, dt. Gesunder Menschenverstand), sowie „American Crisis" (dt: Die Amerikanische Krise, 1776–1783). Darin sprach der tolerante Aufklärer seine Unterstützung für den Wunsch der Kolonien nach Unabhängigkeit deutlich aus.
In „The Age of Reason“ (1794–1796, dt. Zeitalter der Vernunft) übte PAINE Kritik am Christentum, genauso aber auch am Atheismus, wobei die Kritik am Christentum heftige Reaktionen vom amerikanischen Publikum auslöste.
Während der Präsidentschaft GEORGE WASHINGTONs gehörte Hartford im Bundesstaat Connecticut zu den bedeutendsten literarischen Zentren der neuen Nation. In Hartford entstand als Zusammenschluss junger Schriftsteller der Kreis der so genannten Hartford Wits.
Wirklich bedeutsam für die nachfolgende Entwicklung der amerikanischen Literatur war der Beginn der Romantradition zu deren frühesten Nachweisen Gattung u. a. das empfindungsvolle Buch „The Power of Sympathy, or the Triumph of Nature Founded in Truth “ (1789) von WILLIAM HILL BROWN und der realistische, sowie satirisch anmutende Schelmen- bzw. Abenteuerroman „Modern Chivalry“ (1792–1815) des auch als Lyriker bekannten Autors HUGH HENRY BRACKENRIDGE gezählt werden.
In New York des 19. Jahrhunderts wirkten die drei ersten Vertreter einer nationalen und doch kosmopolitischen literarischen Bewegung:
Mit seinem Roman „A History of New York, From the Beginning of the World to the End of the Dutch Dynasty, by Diedrich Knickerbocker“ (1809, dt. Geschichte der Stadt New York) erschuf IRVING die Figur des legendären Stadtvaters mit Elementen des komischen Epos, sodass eine politische Satire New Yorks entstanden ist, welcher als erster humoristischer Roman der USA gilt. Weiterhin bereicherte IRVING mit „The Legend of Sleepy Hollow“ (dt. Die Legende von Sleepy Hollow, siehe PDF "Washington Irving - Die Sage von der schläfrigen Schlucht") die amerikanische Legendenwelt.
JAMES FENIMORE COOPER erreichte als erster amerikanischer Autor nach FRANKLIN internationale Bekanntheit mit seinen berühmten Lederstrumpf-Romanen wie
Diese Werke skizzieren ein bemerkenswertes Bild Nordamerikas mit seinen endlos scheinenden Landschaften, sowie Wäldern und Seen, wo die Abenteuer des Protagonisten Natty Bumppo, welcher auf Jäger, Indianer und feindliche Europäer trifft, stattfinden.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die Sklavenfrage in den Vereinigten Staaten zu einem wichtigen Thema, das zur Mitte des Jahrhunderts hin immer mehr an Bedeutung dazu gewann.
Die Werke afroamerikanischer Autoren dieser Zeit beklagten die Sklaverei als unmoralisch und berichteten lebhaft von der entwürdigenden Situation, in welcher sich die Farbigen des Landes befanden. Diese Autoren wendeten den Blick von der romantischen Darstellung eines Sklavenlebens, wie sie in der Zeit vor dem Sezessionskrieg von Südstaatenschriftstellern gepflegt wurde, ab. Als aufschlussreiche Werke zu dem Thema gehören die autobiografischen Schriften des engagierten Schriftstellers FREDERICK DOUGLASS: „Narrative of the Life of Frederick Douglass, an American Slave“ (1845), der bis zum Verfassen dieser Schriften selbst Sklave gewesen ist. Auch „Scarlet Letter“ (1850) lässt keinen Zweifel an der Vielfalt seines literarischen Schaffens aufkommen, das immer wieder kritisch untersucht und neu interpretiert wird.
Nach Ende des Krieges trat im Bereich der erzählenden Prosa eine vollkommen neue Generation von Schriftstellern hervor. Der wohl berühmteste unter ihnen war der äußerst humoristisch, und vor allem volkstümlich angelehnte, SAMUEL LANGHORNE CLEMENS, den man insbesondere unter seinem Pseudonym MARK TWAIN kennt. Seine frühen Werke wie
The Celebrated Jumping Frog of Calaveras County and Other Sketches (1867)
orientierten sich noch stark an der Tradition der mündlichen Erzählung, wohingegen seine späteren Erfolg gekrönten Bücher
literarische und sogar journalistische Elemente enthalten. Weltruhm erlangte TWAIN allerdings erst mit seinen beiden Romanen
Dabei bestand sein Talent vorwiegend darin, dass er seine jugendlichen Protagonisten auf einfühlsame und sehr humorvolle Art und Weise darstellen konnte, wobei die Sprache der Jugendlichen eine zentrale Rolle spielt. Diese Gabe verhalf MARK TWAIN dazu, zwei Meisterwerke der amerikanischen Romangeschichte des 19. Jahrhunderts hervorzubringen.
In diesem Zusammenhang lassen sich MARK TWAINS Romane „Tom Sawyer“ und „Huckleberry Finn“ mit LOUISA MAY ALCOTTs „Little Women“ von 1868/69 vergleichen. Auch in diesem außergewöhnlich beliebten amerikanischen Roman beschäftigt sich die Autorin, genau wie TWAIN, mit den Problemen der Jugendlichen und dem Heranwachsen bzw. dem Erwachsenwerden.
Im 19. Jahrhundert wurden innerhalb der amerikanischen Literatur auch zahlreiche Werke mit didaktischer Ausrichtung verfasst. So entstanden Romane, in denen die zunehmende Macht von Industrie und Wirtschaft sowie die korrupten Praktiken politischer Machthaber angeprangert wurden. Mit Biografien u. a. über HORACE GREELEY (1885) und THOMAS JEFFERSON (1874) etablierte sich JAMES PARTON als Pionier auf dem Gebiet der modernen biografischen Literatur in Nordamerika.
Während sich die Vertreter des Realismus und des Naturalismus damit befassten, inwieweit das Handeln des Menschen von Mächten außerhalb seiner Willenssphäre bestimmt und gelenkt wird, behandelte der Schriftsteller HENRY JAMES in seinen psychologisch-realistischen Werken subjektive Erfahrungen und persönliche Beziehungen, die er stets von Neuem in Konfliktsituationen ausufern ließ. Sein Hauptthema war die Konfrontation amerikanischer Denkweisen und Wertvorstellungen. Die Konfrontation mit den Idealen der europäischen Gesellschaft griff er in zahlreichen Romanen auf, darunter
Subtile Analysen und präzise Schilderungen kennzeichnen JAMES' einzigartig komplizierten und vielschichtigen Erzählstil.
Bedeutende Autoren wie JACK LONDON schlossen sich Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem berühmten und sogar mehrfach verfilmten Abenteuerroman „The Sea Wolf“ (1904, dt. Der Seewolf) an die nunmehr Jahrhunderte lange amerikanische Romantradition an.
Bekanntheit erlangten aber auch die Werke UPTON SINCLAIRs. The Jungle (1906, dt. Der Dschungel), einer seiner Romane, die auch in Deutschland große Beachtung fanden, ist ein sozialkritischer Roman über die Schlachthausbetriebe Chicagos.
Die amerikanische Romangeschichte Anfang des 20. Jahrhunderts zeichnet sich vor allem durch eine Abkehr von der idealisierenden amerikanischen Literatur, wie sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts geläufig war, ab. Ein wesentlicher Grund dafür waren Schrecken und Entsetzen, die der Erste Weltkrieg mit sich brachte. Diese traumatischen Erfahrungen gingen selbstverständlich nicht spurlos an den amerikanischen Schriftstellern vorbei. In Romanen wie „Soldiers' Pay“ (1926, dt. Soldatenlohn) von WILLIAM FAULKNER und „The Sun Also Rises“ (1926, dt. Fiesta) und „A Farewell to Arms“ (1929, dt. In einem andern Land) von ERNEST HEMINGWAY schrieben die Autoren ihre Empfindungen nieder und schilderten die erlebten Geschehnisse.
Das Soldatendasein entwickelte sich darin zum Symbol einer sinnlosen, gar absurden Existenz des Menschen im Allgemeinen, sodass eine neuartige realistisch orientierte Erzählprosa ohne jegliche verschleiernde romantische Elemente, welche die Wirklichkeit vernebeln, entstanden ist, die sich bis in die Gegenwart gehalten hat.
Große Gefühle traten deutlich in den Hintergrund, umso mehr arbeiteten die Schriftsteller nun intensiv an den psychologischen Hintergründen ihrer Themen bzw. Beweggründen der handelnden Protagonisten.
Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Werken des Schriftstellers FRANCIS SCOTT FITZGERALD wider. In seinen Romanen „This Side of Paradise“ (1920, dt. Diesseits vom Paradies) und „The Great Gatsby“ (1925, dt. Der große Gatsby) geht es daher auch um vielschichtige Themen wie Hoffnung und Desillusionierung. „The Great Gatsby“ z. B. porträtiert die gesellschaftliche Oberschicht, die High Society, auf satirische Art und Weise; es geht darin um den amerikanischen Traum, den Aufstieg zu Wohlstand und Macht.
SINCLAIR LEWIS, ein weiterer Vertreter dieser literarischen Epoche, wurde als erster Schriftsteller Amerikas 1930 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Diesen erhielt er u. a. für seine brillanten satirischen Schilderungen einer Geschäftsmentalität, die stets nach Macht und schnellem Reichtum strebt, in seinen Romanen „Main Street“ (1920, dt. Hauptstraße) und „Dodsworth“ (1929).
Mit der Verzweiflung über die Härten des Daseins hat sich auch JOHN STEINBECK in „Of Mice and Men“ (1937, dt. Von Mäusen und Menschen), sowie in „The Grapes of Wrath“ (1939, dt. Früchte des Zorns) beschäftigt. Für sein Schaffen erhielt STEINBECK im Jahre 1962, 32 Jahre nach SINCLAIR LEWIS, ebenfalls einen Nobelpreis für Literatur.
Zur Mitte des 20. Jahrhunderts entstanden unzählbar viele amerikanische Romane, die sich durch vollkommen neue Merkmale kennzeichneten. Der in Russland geborene VLADIMIR NABOKOV brachte es in seinen in englischer Sprache verfassten Erzählwerken zu einer bemerkenswerten Kunstfertigkeit, vor allem durch eine neuartige, betont originelle Stilistik, die kennzeichnend für diese neue Epoche war. Seine Werke „Lolita“ (1955) und „Pale Fire“ (1962, dt. Fahles Feuer) finden beide in Amerika statt, da sie lange nach NABOKOVs Einbürgerung in den Vereinigten Staaten verfasst wurden. Daher gelten sie als bemerkenswerte Beispiele der tragikomischen, amerikanischen Literatur.
Von den seelischen Nöten eines Heranwachsenden handelt auch JEROME DAVID SALINGERs Roman „The Catcher in the Rye“ (dt. Der Fänger im Rioggen) aus dem Jahre 1951, welcher durch HEINRICH BÖLL, der das Werk ins Deutsche übersetzt hat, auch in Deutschland bekannt wurde. Darin geht es um die Probleme des jugendlichen Protagonisten Holden Caulfield.
Weitere herausragende amerikanische Dramatiker der Nachkriegszeit waren außerdem EDWARD FRANKLIN ALBEE und ARTHUR MILLER mit seinem berühmten Drama „Death of a Salesman“ (dt. Tod eines Handlungsreisenden).
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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