Hugo von Hofmannsthal

Lebensgeschichte und literarisches Schaffen

HUGO VON HOFMANNSTHAL (eigentlich HUGO HOFMANN EDLER V. HOFMANNSTHAL) wurde am 1. Februar 1874 als Sohn des Bankdirektors HUGO VON HOFMANNSTHAL und seiner Frau ANNA MARIA, geb. FOHLEUTNER, in Wien geboren.
Zum ersten Mal wurde seine außergewöhnliche schriftstellerische Begabung 1891 wahrgenommen, als er, erst siebzehnjährig, unter dem Pseudonym „Theophil Morren“ sein erstes Werk, das Drama „Gestern“ veröffentlichte. Damals galt er als Wunderkind. Mehrere Gedichte veröffentlichte er unter dem Pseudonym „Loris“ in STEFAN GEORGEs „Blätter für die Kunst“. Trotz dieser Begabung begann HOFMANNSTHAL 1892, an der Universität in Wien Jura zu studieren.

In den ersten beiden Studienjahren entstanden Werke wie das lyrische Drama „Der Tod des Tizian“ (1892), der Einakter „Der Thor und der Tod“ (1893) und der Prolog für das von ARTHUR SCHNITZLER verfasste Drama „Anatol“.

1894, nach der ersten juristischen Staatsprüfung, wurde HOFMANNSTHAL zum Militärdienst einberufen. Als Freiwilliger leistete er seinen Militärdienst beim Dragoner-Regiment in Göding.
1895 begann er französische Philologie zu studieren und veröffentlichte erste Werke im „PAN“, einer bekannten Zeitschrift des sogenannten Jugendstils, einer internationalen Stilrichtung v.a. der bildenden Kunst, die um die Jahrhundertwende als Gegenbewegung zu den historischen Stilen des 19. Jahrhunderts entstand und nach neuen Formen suchte, die alle Bereiche des Lebens und der Kunst durchdringen sollten. 1898 promovierte er zum Doktor der Philosophie. Das erstes Drama, „Frau im Fenster“, wird von ihm in Berlin im Theater gezeigt, und 1899 entstand ein weiteres Drama, „Das Bergwerk zu Falun“. Um die Jahrhundertwende machte HOFMANNSTHAL die Bekanntschaft mit dem Komponisten RICHARD STRAUSS, die später so weit geht, dass STRAUSS seine Operntexte vertonte.

1901 gab HOFMANNSTHAL seinen Plan, einen Lehrstuhl für romanische Philologie zu erlangen, auf und verzichtete auf die Habilitation. Damit entschied er sich für ein Leben als freier Schriftsteller und gegen die Ausübung eines bürgerlichen Berufes. Im gleichen Jahr vollzog er die Ehe mit GERTRUD SCHLESINGER. In dieser Ehe wurden drei Kinder geboren.

1902 entstand „Ein Brief“. Dieser sogenannte „Lord-Chandos-Brief“ (siehe dort) ist der fiktive Brief von Lord Chandos an seinen Freund Francis Bacon, einen Naturwissenschaftler und Philosophen. Inhalt dieses Briefes ist die Sprache als ästhetisches und soziales Problem in ihrer Unfähigkeit, Gesehenes und Gedachtes angemessen wiederzugeben. Dieses Thema, erstmalig in der modernen Literatur erwähnt, findet sich auch in den späteren Komödien HOFMANNSTHALs wieder. HOFMANNSTHAL gehörte zu den Vertretern der europäischen Bewegung des „Ästhetizismus“ im 19. Jahrhundert, einer Geisteshaltung, die dem ästhetischen Erleben absoluten Vorrang vor anderen Werten, z. B. in Religion, Ethik, Politik, einräumte. Mit dem Chandos-Brief kam es zu einem Einschnitt – HOFMANNSTHAL ergänzte diesen Ästhetizismus von nun an durch eine ethische und gesellschaftskritische Komponente, z. B. in seinen kulturpolitischen Reden und Aufsätzen zu Beginn der Zwanzigerjahre des 20. Jahrhunderts.

Unter dem Einfluss FRIEDRICH NIETZSCHEs und der Psychoanalyse SIGMUND FREUDs wandte sich HOFMANNSTHAL mehr und mehr antiken und christlich-abendländischen Themen zu, so entstanden Werke wie „Elektra“ (1909), „Jedermann“ (1911) und „Der Schwierige“ (1921).
1911 wurde in Dresden die Komödie „Der Rosenkavalier“, 1912 in Stuttgart die Oper „Ariadne auf Naxos“ uraufgeführt.

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges im Jahre 1914 erfüllte HOFMANNSTHAL kulturpolitische Aufgaben im Kriegsfürsorgeamt. 1917 gründete er zusammen mit dem Komponisten RICHARD STRAUSS, dem Regisseur und Theaterleiter MAX REINHARDT und FRANZ SCHALK die auch heute noch stattfindenden Salzburger Festspiele. Der „Jedermann“ (siehe PDF "Hugo von Hofmannsthal - Jedermann") wird seit dem Jahre 1920 jedes Jahr bei den Salzburger Festspielen aufgeführt.

In seinem letzten Lebensjahrzehnt begann HOFMANNSTHAL mit der Arbeit an seiner zentralen Theaterschöpfung, dem Trauerspiel „Der Turm“. Nachdem von 1923 bis 1928 drei Druckfassungen dieses Werkes entstanden, erfolgte die Uraufführung 1928 in München. „Der Turm“ gehört in die Reihe der sogenannten Ideendramen, einer Dramenform, bei der sich die Handlung, die Figuren, der Stoff und die Sprache auf eine übergeordnete, allgemeingültige Leitidee oder Weltanschauung beziehen.

Das Leben von HOFMANNSTHAL endete äußerst tragisch. Am 13. Juli 1929 nahm sich sein ältester Sohn das Leben. Nur zwei Tage später, während des Aufbruchs zur Beerdigung, verstarb HUGO VON HOFMANNSTHAL unverhofft am 15. Juli 1929 an den Folgen eines Gehirnschlages in Rodaun bei Wien.
Vier Jahre nach seinem Tode wurde das letzte gemeinsame Werk mit STRAUSS, die Oper „Arabella“, uraufgeführt.

Literarische Einordnung

Das Frühwerk von HOFMANNSTHAL umfasst vor allem Gedichte und lyrische Dramen, die durch tiefe Empfindsamkeit, Musikalität und Todesmystik gekennzeichnet sind (z. B. „Der Tod des Tizian“, 1892). Aus dieser Zeit stammen die Kontakte von HOFMANNSTHAL mit Autoren der Wiener Moderne, wie beispielsweise ARTHUR SCHNITZLER und seine zeitweilige Freundschaft mit STEFAN GEORGE.
Nach 1890 schloss sich HOFMANNSTHAL dem sogenannten George-Kreis an, einem Kreis von Schriftstellern, bildenden Künstlern und Literaturwissenschaftlern, der sich um den Autor STEFAN GEORGE (1868–1933) sammelte und mit der Zeit Kultcharakter annahm. Entsprechend der symbolistischen Kunstauffassung GEORGEs wurde von den Mitgliedern des Kreises, die sich selbst als elitär und exklusiv ansahen, ein formstrenger Sprachstil bevorzugt und die Bedeutung des Einzelnen für die Kunst und die Gesellschaft propagiert. So sind die Gedichte von HOFMANNSTHAL dem Symbolismus zuzuordnen, einer literarischen Stilrichtung – insbesondere in der Lyrik – in der die Elemente der realen Welt in Symbole (Bildzeichen) zerlegt werden und so eine eigenständige Welt der Schönheit erzeugt wird. Der Zusammenhang zwischen den Dingen lässt sich nur noch erahnen. Die Welt wird nicht naturgetreu wiedergegeben oder analytisch zerlegt, sondern symbolhaft dargestellt.

Werke (Auswahl)

  • Gestern (1891, Drama)
  • Der Tod des Tizian (1892, Drama)
  • Der Thor und der Tod (1893, Drama, siehe PDF "Hugo von Hofmannsthal - Der Tor und der Tod")
  • Der Kaiser und die Hexe (1897, Drama)
  • Frau im Fenster (1898, Drama)
  • Die Briefe eines Zurückgekehrten (1901, siehe PDF "Hugo von Hofmannsthal - Die Briefe des Zurückgekehrten")
  • in Brief (1902, fiktiver sogenannter „Lord-Chandos-Brief“)
  • Das kleine Welttheater (1903, Drama)
  • Ausgewählte Gedichte (1903, Lyrik)
  • Gesammelte Gedichte (1907, Lyrik)
  • Das Bergwerk zu Falun (1907, Drama)
  • Die prosaischen Schriften (1907–1917, Prosa)
  • Elektra (1909, Oper)
  • Alkestis (1911, Drama)
  • Jedermann. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes (1911, Drama, siehe PDF "Hugo von Hofmannsthal - Jedermann")
  • Der Rosenkavalier (1911, Oper)
  • Ariadne auf Naxos (1912, Oper)
  • Josephslegende (1914, Oper)
  • Die Frau ohne Schatten (1919, Oper)
  • Der Schwierige (1921, Komödie)
  • Reden und Aufsätze (1921, Prosa)
  • Das Salzburger große Welttheater (1922, Drama, siehe PDF "Hugo von Hofmannsthal - Das Salzburger große Welttheater")
  • Arabella (1923, Oper)
  • Der Unbestechliche (1923, Komödie)
  • Briefwechsel mit Richard Strauss (1925, Prosa)
  • Die ägyptische Helena (1928, Oper)
  • Der Turm (1928, Drama)
  • Nachlese der Gedichte (1934, Lyrik, posthum)
  • Die Liebe der Danae (1952, Oper, posthum)
  • König Ödipus (SOPHOKLES-Übersetzung, siehe PDF "Hugo von Hofmannsthal - König Ödipus (Übersetzung)")

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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