„Generationen deutscher Leser galt und gilt er als Verkörperung des Dichterischen, sein klangvoll-rhythmischer Name wurde zum Inbegriff des Poetischen.“
(MARCEL REICH-RANICKI. In: Die schönsten Gedichte von Rainer Maria Rilke. Zürich: Diogenes Verlag, 2006)
RAINER MARIA RILKE (eigentlich KARL WILHELM JOHANN JOSEF MARIA RILKE) wurde am 4. Dezember 1875 als Sohn des Eisenbahninspektors JOSEF RILKE und dessen Frau PHIA, geb. ENTZ, in Prag geboren. Von 1882 bis 1884 besuchte er die von Piaristen geleitete Volksschule in Prag und ab 1886 bis 1890 die Kadettenschule in St. Pölten. Nach dem Besuch der Militär-Oberrealschule in Mährisch-Weißkirchen 1890 bis 1891 ging er zur Handelsakademie in Linz. 1892 bis 1895 bereitete er sich auf das Maturum in Prag vor.
Seine erste literarische Arbeit wurde 1894 veröffentlicht: „Leben und Lieder“, ein Gedichtbuch. 1895 legte er in Prag das Abitur ab, Prädikat „Auszeichnung“.
1895 begann er an der Universität in Prag, Kunstgeschichte, Literaturgeschichte und Philosophie zu studieren. Zwei Semester studierte er in München Kunstgeschichte, Ästhetik und Darwinsche Theorie.
In München lernte er die 14 Jahre ältere Schriftstellerin LOU ANDREAS-SALOMÉ kennen und lieben, die allerdings verheiratet war. Er folgte ihr 1897 nach Berlin.
Mit dem Abbruch des in Prag und München nur halbherzig betriebenen Studiums entschied sich RILKE für den Dichterberuf. 1897 wurde der Gedichtband „Traumgekrönt“ veröffentlicht und sein Drama „Im Frühfrost“ in Prag uraufgeführt.
Seine Freundin, die Schriftstellerin, riet ihm, sich RAINER MARIA RILKE zu nennen (siehe PDF "LOU ANDREAS-SALOMÉ - Lebensrückblick"). Der Prosaband „Am Leben hin“ und das Drama „Ohne Gegenwart“ wurden 1898 veröffentlicht, der Prosaband „Zwei Prager Geschichten“, der Gedichtband „Mir zur Feier“ und das Drama „Die weiße Fürstin“ 1899.
RILKE führte generell ein sehr unstetes Leben, es hat ihn nie länger als einige Jahre an einem Ort gehalten. Zur Jahrhundertwende lernte RILKE in der Malerkolonie Worpswede die Bildhauerin CLARA WESTHOFF kennen und heiratete sie 1901. Fortan lebte er mit ihr in Westerwede bei Bremen. Im selben Jahr im Dezember wurde die Tochter RUTH geboren. Nur neun Monate nach der Geburt der Tochter trennte sich das Ehepaar.
1902 erschienen der Prosaband „Die Letzten“, das Drama „Das tägliche Leben“ und der Gedichtband „Das Buch der Bilder“. Mittellosigkeit zwangen RILKE 1902 zur Auflösung seines Hausstandes und zur Übernahme von Auftragsarbeiten.
Nach der Trennung von seiner Frau lebte RILKE in Paris und begann sich intensiv mit dem bildhauerischen Werk des Franzosen AUGUSTE RODIN auseinanderzusetzen, für den er auch kurze Zeit als Sekretär arbeitete. 1903 begann eine Zeit des Reisens, 1903 nach Italien, 1904 nach Schweden und Rom, 1905 nach Berlin, Kassel und Marburg und 1906 nach Frankreich und Belgien.
1905 machte RILKE die Bekanntschaft des Verlegers ANTON KIPPENBERG und begann, mit dem „Insel-Verlag“ zusammenzuarbeiten. Im selben Jahr erschien der Gedichtband „Das Stunden-Buch“ in diesem Verlag. Am „Stunden-Buch“ hatte RILKE schon lange Jahre gearbeitet; der erste Teil entstand im Jahr 1899, der zweite 1901 und der dritte 1903.
1905 nahm er außerdem ein Philosophiestudium in Berlin bei GEORG SIMMEL auf.
Zwischenzeitlich wohnte er bei RODIN in Frankreich und unternahm zahlreiche Reisen nach Deutschland, hielt Vorträge in Prag, Leipzig und Köln.
Wegen des großen Erfolgs erschien 1906 bereits die zweite Auflage des „Buches der Bilder“. Außerdem wurde nach mehrmaliger Überarbeitung der Prosaband „Die Weise von Liebe und Tod des Cornetts Christoph Rilke“ veröffentlicht. 1907 und 1908 erschienen die Gedichtbände „Neue Gedichte“ und „Der neuen Gedichte anderer Teil“. RILKE fand hier zu einer neuen literarischen Form, den Dinggedichten. Die lyrische Sprache war nicht mehr vom Gefühl geprägt, sondern von der Präzision der Beschreibung.
Wieder war RILKE rastlos und zahlreiche Reisen führten ihn durch ganz Europa. 1910 entstand RILKEs bekannter Großstadtroman „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“, ein früher Roman der Moderne, mit dem RILKE praktisch Literaten wie JAMES JOYCE, MARCEL PROUST oder FRANZ KAFKA vorgriff, und der ihm zusammen mit den „Neuen Gedichten“ zum literarischen Durchbruch verhalf.
RILKE wohnte oft zur Miete, doch er war auch häufig Gast bei adligen und großbürgerlichen Gönnern. So lebte er 1911/12 für einige Zeit als Gast der FÜRSTIN MARIE VON THURN UND TAXIS auf Schloss Duino an der Adria.
1915 wurde RILKE zum Militärdienst einberufen und während des Ersten Weltkrieges in Böhmen eingesetzt. Im selben Jahr entstand der Gedichtband „Fünf Gesänge“. Für ein halbes Jahr arbeitete RILKE im Kriegsarchiv in Wien.
1919 führte ihn eine Vortragsreise von Juni bis Dezember durch die Schweiz. Auf dieser Reise begegnete er den Brüdern REINHART, eine Freundschaft entstand. Als er im Jahre 1921 das Chateau de Muzot bei Sierre sah, kehrte er nicht wieder nach Deutschland zurück. Ab 1921 lebte er auf diesem Schloss im Schweizer Wallis, das die Brüder REINHART für ihn gekauft hatten. Endlich hatte er, nach Jahren rastlosen Reisens, eine Heimat gefunden.
In seinen letzten Lebensjahren schrieb er gelassen-entspannte Gedichtzyklen in französischer Sprache und auch Lyrik. 1922 beendete RILKE die „Duineser Elegien“ und schrieb die gesamten „Sonette an Orpheus“ (siehe PDF "Rainer Maria Rilke - Sonette an Orpheus") , die heute zu den wichtigsten Werken der Literaturgeschichte gezählt werden. Sie erschienen im Jahre 1923. In diesem Jahr musste er sich für einige Zeit in verschiedenen Sanatorien aufhalten. Aber erst im Jahre 1926 wurde endgültig erkannt, woran er litt: Leukämie.
Am 13. Dezember schrieb er einen Abschiedsbrief an die Liebe seines Lebens, die Schriftstellerin LOU ANDREAS-SALOMÉ, der mit dem Abschiedsgruß endete: „Leb wohl, meine Liebe“. Zwei Wochen später, am 29. Dezember 1926, starb RILKE im Sanatorium in Val-Mont. Testamentarisch hatte er die folgenden Verse zu seinem Grabspruch bestimmt:
„Rose, oh reiner Widerspruch, Lust,/Niemandes Schlaf zu sein unter soviel/Liedern.“
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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