William Golding
* 19.09.1911 in Saint Columb Minor (Cornwall)
† 19.06.1993 in Perranarworthal bei Falmouth (Cornwall)
WILLIAM GOLDING erhielt 1983 für sein Werk den Literatur-Nobelpreis. Er ist der Verfasser des Romans Lord of the Flies (1954, dt. Herr der Fliegen), das mit zu den erfolgreichsten Werken der englischen Literatur zählt. Er handelt von einer Gruppe Jugendlicher, die auf einer einsamen Insel landen und um ihr Überleben kämpfen müssen. GOLDING schildert keinen glorreichen Erfolgszug der Jungen, sondern ihren Rückfall in die Barbarei. Deutlich erscheint hier GOLDINGs pessimistisches Menschenbild. Dieser arbeitete noch bis zum Alter von 50 Jahren als Lehrer.
Lebensgeschichte
WILLIAM GOLDING studierte zuerst Naturwissenschaften, später dann Anglistik in Oxford. Die meiste Zeit seines Lebens arbeitete er als Lehrer in Salisbury, war aber zugleich künstlerisch tätig. So wirkte er in einer Theatergruppe mit und veröffentlichte 1934 seine ersten Gedichte. Während des Zweiten Weltkriegs wurde GOLDING zur Marine eingezogen. Nach der Militärzeit nahm er seinen Lehrberuf in Salisbury wieder auf. 1952 schickte er seinen ersten Roman Strangers from Within an verschiedene Verlage. Das Buch wurde zwei Jahre darauf unter dem Titel Lord of the Flies (1954, dt. Herr der Fliegen) veröffentlicht und machte GOLDING international bekannt. An diesen Erfolg schlossen sich zahlreiche weitere Romane an, sodass GOLDING seinen Lehrberuf aufgeben konnte, um ab 1962 als freier Autor zu leben. Er veröffentlichte Romane, Theaterstücke, arbeitete für das Radio und schrieb für Zeitschriften. 1983 erhielt WILLIAM GOLDING für sein Werk den Nobelpreis für Literatur.
Literarisches Schaffen
WILLIAM GOLDINGs Romane folgen einem strengen Aufbau und zeichnen sich durch sprachliche Dichte aus. Sie spiegeln GOLDINGs pessimistisches Menschenbild wider: Der Mensch wird trotz zivilisatorischer Errungenschaften immer wieder von seiner archaischen Natur - den menschlichen Instinkten und Trieben - in die Knie gezwungen.
GOLDINGs erster großer Erfolg Lord of the Flies erzählt von einer gestrandeten Schar Jugendlicher und deren Rückfall in die Barbarei. Nach einem Flugzeugunglück überlebt nur eine Gruppe
englischer Schuljungen, die sich auf eine unbewohnte Insel retten konnte. Zunächst überwiegen das Gefühl von Freiheit und das Bestreben, ein geordnetes Zusammenleben aufzubauen. Demokratisch wählen die Jugendlichen einen Anführer. Doch schon bald entbrennt ein Machtkampf, der die Gruppe sprengt und alle zivilisatorischen Werte außer Kraft setzt. Götzenkult und archaische Rituale leben wieder auf, bis der Konflikt schließlich eskaliert und zwei Jungen ermordet werden. Als die Jugendlichen schließlich gerettet werden, sind sie völlig verwildert. GOLDING beschreibt hier eine Anti-Robinsonade: Während DEFOE in seinem Robinson Crusoe die Entwicklung der Menschheit zur Zivilisation hin darstellt, kehrt GOLDING diese Entwicklung ins Negative um.
Anhand dieser Extremsituation will GOLDING zeigen, dass unterhalb der anerzogenen Wertvorstellungen und Verhaltensweisen die entfesselte, barbarische Natur des Menschen fortwirkt, und dass der Zustand der Gesellschaft weit mehr von der moralischen Gesinnung des Einzelnen als von der politischen Ordnung abhängt.
Eine Insel ist auch der Ort der Handlung des Romans Pincher Martin (1956, dt. Der Felsen des zweiten Todes). Dort ist der Marinelieutnant und ehemalige Schauspieler Chris gestrandet. Gegen Ende des Romans wird jedoch deutlich, dass diese Insel nur in der Vorstellung des Protagonisten existiert, der mit seiner Identität ringt.
In dem Roman The Inheritors (1955, dt. Die Erben) schildert GOLDING die Ausrottung der friedlichen Neandertaler durch den Homo sapiens. Er entwirft eine grausame Entstehungsgeschichte des Menschen.
Auch der nach einer zehnjährigen Schaffenspause entstandenen Roman Darkness Visible (1979, dt. Das Feuer der Finsternis) erkundet die Frage nach dem Ursprung des Bösen.
Indem GOLDING seine Charaktere extremen Situationen aussetzt, will er dem Leser menschliche Grundprobleme wie den Ursprung des Schuldgefühls, die Rolle des Bösen und die Grenzen der Vernunft nahebringen. Der Handlungsablauf führt häufig von anfänglicher Selbstgewissheit zu schlagartiger Desillusionierung.
Werke
(Auszug)
Gedichte
Poems (1934)
Romane
Free Fall (1959, dt. Freier Fall)
The Spire (1964, dt. Der Turm der Kathedrale)
The Pyramid (1967, dt. Oliver)
Envoy Extraordinary (1971, dt. Der Sonderbotschafter)
The Scorpion God (1971)
Clonk Clonk (1971)
Rites of Passage (1980, dt. Äquatortaufe)
The Paper Men (1984, dt. Papier-Männer)
Close Quarters (1987, dt. Die Eingepferchten)
Fire Down Below (1989)
The Double Tongue (1993)
Drama
The Brass Butterfly (1958)
Essays
The Hot Gates (1967)
The Moving Target (1982)
Reisebericht
An Egyptian Journal (1985, dt. Ein ägyptisches Tagebuch)