Die industrielle Revolution

Als industrielle Revolution wird der Prozess der Einführung der Massenproduktion in Fabriken und die damit einhergehende Ablösung der Agrarwirtschaft bezeichnet.
Die erste industrielle Revolution begann in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Sie war durch viele bedeutende und zukunftsweisende Erfindungen und Innovationen gekennzeichnet.

1764: JAMES HARGREAVES baut den traditionellen Spinnstuhl zur Spinnmaschine („Spinning Jenny“) um.

1769: RICHARD ARKWRIGHT fertigt einen mit Wasserdampf betriebenen Spinnstuhl an.

1769: JAMES WATT erfindet die Dampfmaschine.

1785: EDMUND CARTWRIGHT baut den ersten mechanischen Webstuhl.

1814: GEORGE STEPHENSON gelingt die Erfindung der Dampflokomotive.

1829: Zwischen Liverpool und Manchester wird die erste Eisenbahnlinie gebaut.

Die Neuerungen in der Produktion ermöglichten die Mechanisierung ganzer Fertigungsabschnitte als ersten Schritt des Übergangs von der Manufaktur zur fabrikmäßigen Produktion von Gütern. Im weiteren Verlauf der Industrialisierung wurde mit dem Einsatz von Dampfmaschinen die Muskelkraft des Menschen als Antriebsquelle ersetzt.
Der immer breitere Einsatz neuer Maschinen und Anlagen in den Fabriken führte zu einer bedeutenden Steigerung der Produktion und zur Erhöhung der Qualität ihrer Erzeugnisse.

Mutterland Großbritannien

Als Ursprungsland der industriellen Revolution gilt Großbritannien.

Das Land war im 18. Jahrhundert der weltweit bedeutendste Hersteller von Textilien. Den Grundstoff Wolle lieferten große Schafherden, die auf den ausgedehnten Weideflächen der Britischen Inseln gehalten wurden. Die Baumwolle für die Herstellung von Tuchen kam aus den Kolonien, denn England verfügte in dieser Zeit noch über einen riesigen Kolonialbesitz.

Die meisten Erfindungen und technologischen Neuerungen kamen deshalb auch in der englischen Textilindustrie zum Einsatz und führten dort zu einem gewaltigen Produktivitätszuwachs.
Die Vielzahl kleiner Manufakturen, in denen noch an handbetriebenen Spinn- und Webstühlen produziert wurde, musste immer mehr großen, mit neuen Maschinen ausgerüsteten Fabriken Platz machen. In ihnen ließen sich in arbeitsteiliger Groß- und Massenfertigung bedeutend mehr Textilien viel schneller und viel billiger herstellen.

Dort, wo die Unternehmen die günstigsten Standortbedingungen vorfanden, entstanden große Industriestädte. So entwickelten sich z. B. die englischen Ortschaften Leeds und Manchester zu bedeutenden Zentren der Textilindustrie. Viele Menschen, die in den ländlichen Gebieten in großer Armut lebten, wanderten in die Städte ab, was zu ihrem weiteren raschen Wachstum führte.
Während die Städte einerseits Arbeit und Brot boten, verschärften sich in ihnen die sozialen Gegensätze bzw. Klassenunterschiede zwischen der großen Zahl besitzloser Arbeiter und den wenigen, meist reichen Besitzern der kapitalistischen Betriebe: Brutale Ausbeutung und soziale Missstände, wie niedrigste Löhne, Arbeitszeiten von bis zu 17 Stunden, Kinderarbeit und menschenunwürdige Wohnverhältnisse, die heute als Manchester-Kapitalismus bezeichnet werden, führten zum wachsenden Widerstand der Proletarier und zur Gründung von Gewerkschaften. Diese erkämpften in der Folgezeit bedeutende Verbesserungen der Arbeits- und Lebensbedingungen.

Der Aufschwung der Textilindustrie und die Revolutionierung des Verkehrswesens führten auch zu Entwicklungen im Bergbau und in der Eisen- und Stahlindustrie:
Die wachsende Nachfrage nach Maschinen sowie der Brücken-, Schienen- und Eisenbahnbau forderten zum einen die rasche Steigerung der Kohle- und Eisenerzförderung, zum anderen die rasche Entwicklung der Hütten- und Stahlindustrie. Grundlage dieser Entwicklungen waren die reichen Kohle- und Eisenerzlagerstätten in Mittelengland. Hier wurden auch
die ersten Hochöfen des Landes errichtet. Das war wiederum die Grundlage für die Ansiedlung von Betrieben der metallverarbeitenden Industrie und des Maschinenbaus.
Auf diese Weise entwickelten sich beispielsweise die Städte Birmingham und Sheffield zu den damals weltweit bedeutendsten Industriestandorten.

Ausdehnung auf Deutschland

Die technischen und technologischen Neuerungen der industriellen Revolution in Großbritannien wirkten sich zunehmend auf den europäischen Raum einschließlich Deutschland aus. Zunächst profitierte die Industrie in West- und Mitteleuropa vom Import britischer Industrieprodukte. Hier wurde auch relativ schnell die industrielle Fertigung nach britischem Vorbild eingeführt.

Im damaligen Deutschen Bund erfolgte jedoch die Industrialisierung mit etwa 100 Jahren Verspätung, weil technische Neuerungen lange Zeit aus den verschiedensten Gründe gescheitert waren. Beispielsweise fehlte durch die staatliche Zersplitterung Deutschlands ein einheitlicher aufnahme- und nachfragekräftiger Markt. Aber auch der Mangel eines leistungsfähigen Verkehrsnetzes, die weit verbreitete Technologiefeindlichkeit in Adelskreisen und vor allem das Fehlen des erforderlichen Kapitals für große Investitionen blockierten in Deutschland zunächst den technischen Fortschritt. Erst in den Jahren nach 1830 begannen sich hier technische Neuerungen durchzusetzen.

Im Vergleich zu Großbritannien ging die industrielle Entwicklung in Deutschland allerdings rascher vonstatten, denn die grundlegenden Erfindungen waren bereits erfolgt. So konnten technisches und technologisches Wissen sowie Maschinen und Anlagen importiert oder nachgebaut werden:
Der Bau von Eisenbahnen war eine wichtige Voraussetzung für das Wachstum der Eisen- und Stahlindustrie, denn die Nachfrage nach Stahl, Kohle und Lokomotiven wuchs sprunghaft an. Große Bedeutung erlangte die Eisenbahn als Transportmittel. Da im Vergleich zu Großbritannien die deutschen Staaten kein leistungsfähiges Transportnetz hatten, kam dem Eisenbahnbau die Mittlerrolle für die flächenhafte Industrialisierung zu. Doch erst ab 1860 konnte schließlich die zunehmende Vernetzung erfolgen, nachdem zuvor kleinstaatliche Konflikte die Verbindung einzelner Strecken erschwert hatten.

Neue Fabriken und Industriestandorte wurden schwerpunktmäßig in Gebieten mit Kohle- und Erzlagerstätten angesiedelt, z. B. im Ruhrgebiet im Saarland und in Oberschlesien, das heute in Polen liegt. Damit war die Industrialisierung von großer Bedeutung für die Herausbildung industrieller Ballungsräume.

Der Entwicklungsrückstand gegenüber Großbritannien wurde ab Mitte des 19. Jahrhunderts aufgeholt. Insbesondere nach der Gründung des Deutschen Reiches im Jahr 1871 kam es zu einer Vielzahl von Erfindungen, vor allem in den Bereichen Elektrotechnik und Chemie. Zugleich entwickelte sich Großbritannien zum wichtigsten Exportmarkt für die deutsche Industrie.

Weitere „industrielle Revolutionen“

Etwa ab dem Jahr 1920 wurde weltweit die zweite industrielle Revolution eingeleitet. Der Grad der Arbeitsteilung und Rationalisierung von Fertigungsprozessen nahm durch die Halb- und Vollautomatisierung immer weiter zu. Ermöglicht wurde das u. a. durch die Erfindungen des Berliners WERNER VON SIEMENS. Er hatte 1865 das dynamoelektrische Prinzip entdeckt und baute im Jahr 1866 die erste Dynamomaschine, aus welcher man später leistungsfähige Elektromotoren entwickelte.

In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts setzte die dritte industrielle Revolution ein, getrieben von den Entwicklungen in der Mikroelektronik und Computertechnik. Das führte zu einer hochgradig computergesteuerten, vollautomatischen Produktionsweise in großen Teilen der Industrieproduktion, mit Fertigungsrobotern in der Automobilindustrie. Merkmale sind insbesondere ein hoher Stand der Arbeitsteilung, ein Strukturwandel zugunsten des tertiären Sektors sowie eine zunehmende Internationalisierung der wirtschaftlichen Beziehungen.

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