Stadtentwicklung in Mitteleuropa
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts nahmen die meisten Städte in Mitteleuropa an Bevölkerungszahl und Flächengröße kaum zu.
Doch nach 1850 setzte ein rasantes Wachstum ein. Es entwickelte sich die Industrie. Eisenbahnstrecken wurden gebaut, und viele Menschen wanderten auf der Suche nach Arbeit aus den Dörfern in die Städte. Dadurch kam es zu entscheidenden Veränderungen im Stadtbild:
Stadtmauern wurden geschleift, Straßen und Gleisanlagen gebaut und Industriebetriebe entlang von Bahnanlagen, Kanälen, Flüssen oder Straßen errichtet. Wohngebiete mit mehrgeschossigen Häusern schossen neben den Altstädten förmlich aus dem Boden
Nach 1920 wächst die Bevölkerung infolge der anhaltenden Binnenwanderung vom Land weiter stark an. Es entstehen einzelne Stadtviertel mit bestimmten Funktionen, wie Wohnviertel, Industrie- und Gewerbeviertel. Das Stadtzentrum wandelt sich allmählich zur City.
Der Zeitraum nach 1960 ist vom raschen Wachstum der Zahl der Wohngebiete in den Städten geprägt.
Seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts kehrt sich der Trend um. Viele Familien wandern in das Umland der Städte ab. Gegenwärtig versucht man in den Städten diesen Prozess aufzuhalten, indem z. B. innerstädtische Wohngebiete modernisiert oder weitere Gebiete für den Bau preiswerter neuer Wohnungen erschlossen werden.
Stadtentwicklung in Deutschland und Mitteleuropa
Erst nach 1850 setzte ein rasantes Wachstum vieler Städte ein. In den Städten entstanden viele neue Industriebetriebe. Eisenbahnstrecken wurden gebaut und verbanden die Städte miteinander, und viele Menschen strömten auf der Suche nach Arbeit und einem besseren Leben aus den Dörfern in die aufblühenden Städte.
Dadurch kam es bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts zu entscheidenden Veränderungen im Stadtbild:
- Stadtmauern und Festungsanlagen wurden abgetragen (geschleift). Das war oft mit dem Zuschütten der alten Wassergräben verbunden. Man kann heute die Lage der alten Anlagen in manchen Städten noch am Verlauf von Straßen und Eisenbahnlinien oder an der Lage von Grünanlagen erkennen. Auch Namen wie Wall, Rempart, Graben u. ä. verweisen auf sie.
- Gleisanlagen und Bahnhöfe werden ebenso gebaut wie neue breitere und gerade Straßen.
- Entlang von Eisenbahnlinien, Flüssen, Kanälen und Ausfallstraßen werden neue Industriebetriebe errichtet, zunächst noch in der Nähe der Altstadt, später auch außerhalb.
- Große Wohngebieten, sogenannte Mietskasernen, entstehen für die wachsende Zahl von Industriearbeitern. In diesen Wohngebieten gibt es aber auch noch zahlreiche Gewerbebetriebe, z. B. Handwerksbetriebe, vor allem für die Versorgung der Bevölkerung.
- Auch Villenviertel für die Reichen entstehen. Während sich die Mietskasernen jedoch meist in den östlichen Stadtteilen befinden, liegen die Villenviertel meist am Westrand der Stadt. Das hängt mit den vorherrschenden Westwinden in Mitteleuropa zusammen: Die Abgase der Industrie und der Staub der Großstädte ziehen nach Osten, während die westlichen Stadtteile „sauber“ bleiben.
- In den Innenstädten werden Parkanlagen als „grüne Lungen“ gestaltet, und in den Außenbezirken bzw. am Rand der Stadt entwickeln sich Kleingartenkolonien.
- In größeren Städten werden umfangreiche Anlagen für die Wasserversorgung, z. B. Tiefbrunnen, Wasserwerke und Wassertürme, und für die Abwasserbeseitigung, z. B. Kanalisation, Rieselfelder und Klärwerke, gebaut. Dadurch verbessern sich die hygienischen Bedingungen in den Städten erheblich.
Seit den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wuchs die Stadtbevölkerung infolge der anhaltenden Binnenwanderung bzw. Landflucht weiter stark an. Eine Folge war der Ausbau des innerstädtischen Verkehrsnetzes, der Straßenbahn, der U-Bahn und S-Bahn. In den Städten wurde es andererseits immer „enger“. Deshalb wanderten die Industriebetriebe aus den innerstädtischen Räumen in die Randgebiete ab, wo noch genügend Platz für eine Betriebsvergrößerung zu finden war.
Das alles führte zu einer Differenzierung der Stadt in einzelne Stadtviertel mit ganz bestimmten Funktionen. Es entstanden reine Wohnviertel sowie Industrie- und Gewerbeviertel. Das unmittelbare Stadtzentrum wandelt sich allmählich zur City mit Verwaltungen, Banken, Versicherungen, Museen, Theatern und weiteren Einrichtungen des Dienstleistungssektors.
Der Zeitraum nach den 60er Jahren ist durch ein rasches Wachstum der innerstädtischen Wohngebiete geprägt. Durch den sozialen Wohnungsbau mit bezahlbaren Mieten soll der wachsende Wohnungsbedarf der Bevölkerung gedeckt werden. In den in dieser Zeit entstandenen Wohngebieten gibt es keine Mietskasernen mehr. Moderne mehrgeschossige Häuser und Hochhäuser und ein zumeist guter Anschluss an das öffentliche Verkehrsnetz prägen ihren Charakter. Parallel dazu entstehen an den Ausfallstraßen der Außenbezirke neue Industrie- und Gewerbegebiete. Die Städte dehnten sich auch flächenmäßig rasant aus.
Mit Beginn der 70er Jahre kehrt sich jedoch der Wachstumstrend in vielen Städten um:
Ursachen sind die Zunahme der Motorisierung, der Ausbau der Verkehrswege, hohe Mieten und Grundstückspreise sowie die Verringerung der Lebensqualität u. a. durch Lärmbelästigung und Luftverschmutzung. Das führte zu einer verstärkten Abwanderung vieler Familien in das Umland der Städte. Im sogenannten Speckgürtel entstehen ausgedehnte Wohnviertel mit Reihen- und Einzelhäusern. Die Dörfer im Umland verstädtern. Zwischen Städten und Umland entwickeln sich kräftige Pendlerströme von und zu den Wohn- bzw. Arbeitsstätten.
Dieser Prozess, der auch als Suburbanisierung bezeichnet wird, ist auch mit der Verlagerung von Handelseinrichtungen verbunden. An den Rändern der Städte entstehen auf der „grünen Wiese“ viele große Einkaufszentren.
Daraufhin wurde versucht, den Prozess der Suburbanisierung aufzuhalten bzw. rückgängig zu machen (Reurbanisierung), um finanzkräftige Verbraucher und Steuerzahler in der Stadt zu halten. Dafür wurden beispielsweise innerstädtische Wohngebiete modernisiert oder, z. B. auf ehemaligem Industrie- oder Kasernengelände, preiswerte neue Wohnungen angeboten.