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  6. Die Neutralitätspolitik Preußens Mitte des 19. Jh. in Europa

Die Neutralitätspolitik Preußens Mitte des 19. Jh. in Europa

Mit der Olmützer Punktation von 1850 waren die Pläne Preußens für eine deutsche Union unter Ausschluss Österreichs gescheitert. Auch wegen der Erfahrung aus dieser Demütigung verfolgte die preußische Regierung in den 50er Jahren des 19. Jh. keine eigene aktive Außenpolitik. Sie versuchte, u. a. im Krimkrieg, der zur Neuordnung der Beziehungen zwischen den europäischen Mächten führte, eine strikte Neutralitätspolitik einzuhalten. Selbst BISMARCK, dessen grundlegende Überzeugung es eigentlich war, dass Preußen eine eigenständige Außenpolitik betreiben sollte, orientierte sein politisches Handeln als Bundestagsgesandter an dieser Politik. Dabei war es aber auch immer sein Ziel, die Position Preußens im Deutschen Bund gegenüber Österreich zu stärken und die deutsche Frage zugunsten Preußens zu entscheiden.

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Der Krimkrieg 1853–1856 als Zäsur in Europa

Nach dem Ende der Revolutionsära in der Mitte des 19. Jahrhunderts wandten sich die bis dahin mehr auf die Innenpolitik konzentrierten Energien der europäischen Mächte wieder der Außenpolitik zu.
Der Krimkrieg war der erste Ausbruch dieser dynamischen Kräfte im nachrevolutionären Europa. Er führte zugleich die Brüchigkeit der Beziehungen zwischen den europäischen Mächten vor Augen:
Der Krieg war zun ächst als lokaler Konflikt zwischen Russland und der Türkei entflammt. Durch ihn wollte das Zarenreich die direkte Kontrolle über die Meerenge am Bosporus und damit den ungehinderten Zugang vom Schwarzen Meer zum Mittelmeer erreichen. Durch das Eingreifen Frankreichs und Englands wurde der Krieg jedoch bald zu einem europäischen Mächtekonflikt.
Das Kriegsziel der beiden alliierten Mächte bestand in erster Linie darin, Russland von den Meerengen im Schwarzen Meer und vom Einfluss auf dem Balkan und im Mittelmeerraum fern zu halten. Preußen und Österreich, den beiden mächtigsten Staaten im Deutschen Bund, ging es gegenüber den am Krimkrieg beteiligten Mächten zun ächst um die Neuorientierung ihrer Außenpolitik:

Österreich
Nach außen hin war Österreich zwar formell neutral, stand aber in diesem Konflikt politisch auf Seiten Englands und Frankreichs. Davon versprach man sich Einflussgewinn auf dem Balkan. Im Sommer 1854 forderte Österreich Russland auf, die damaligen Donaufürstentümer (heute Teile Rumäniens) zu räumen, und schloss einen Vertrag mit dem Kriegsgegner Russlands, der Türkei. Der Vertrag gestattete u. a. österreichischen Truppen, anstelle der abgerückten Russen die Donaufürstentümer zu besetzen. Dies geschah ungef ähr zur gleichen Zeit, als alliierte Streitkräfte auf der Krim landeten und Sewastopol zu belagern begannen. Im Dezember des gleichen Jahres schloss Österreich noch ein sogenanntes Schutz- und Trutzbündnis mit England und Frankreich.
Durch diese zwiespältige Außenpolitik Österreichs zerbrach die ehedem zur Absicherung der Ergebnisse des Wiener Kongresses 1815 geschlossene Heilige Allianz mit dem Zarenreich. Der offen sichtbare Riss zwischen den beiden ehemaligen Bundesgenossen in der Balkanfrage war kaum noch zu kitten und sollte sich in den folgenden Jahren und Jahrzehnten sogar noch weiter verschärfen.

Preußen
Im Unterschied zu Österreich blieb Preußen nicht nur formell neutral, sondern verfolgte auch eine strikte Neutralitätspolitik. Dies lag nicht zuletzt daran, dass es innerhalb der preußischen Regierung verschiedene politische Gruppierungen gab, die sehr unterschiedliche Vorstellungen von der einzuschlagenden Richtung der preußischen Außenpolitik hatten. Diese Vorstellungen reichten von der Unterstützung Russlands aus alter konservativer Verbundenheit heraus bis hin zu einem bedingungslosen Anschluss an England und Frankreich.

Der Aufstieg BISMARCKS

Zu jener Zeit begann auch der Aufstieg OTTO VON BISMARCKs in der preußischen Politik:
Seit 1851 war BISMARCK preußischer Bundestagsgesandter in Frankfurt. Sein Hauptaugenmerk war darauf gerichtet, bei allen Deutschland bzw. die deutsche Frage berührenden Problemen die Vormachtstellung Preußens gegenüber Österreich zu sichern. Er verstand es außerdem meisterhaft, durch Vermittlung zwischen den gegensätzlichen außenpolitischen Vorstellungen die preußische Außenpolitik so auszurichten, dass man sich nicht eindeutig festlegen musste. So wurden auf sein Betreiben hin die Kräfte, die für eine offene Unterstützung Englands und Frankreichs eintraten, aus der Regierung entlassen.
Nun konnte es sich Preußen sogar leisten, dem österreichischen Drängen nachzugeben und ein gemeinsames Schutz- und Trutzbündnis abzuschließen. Dieses machte den Eintritt einer Macht in den Krieg von der Zustimmung der anderen Macht abhängig. Dem weiteren Drängen Österreichs, auch dem Schutz- und Trutzbündnis mit den Westmächten beizutreten, gab Preußen allerdings nicht mehr nach.
Im Januar 1855 stellte Österreich auf dem Bundestag in Frankfurt dann einen Antrag auf Mobilmachung, d. h. auf Herstellung der Kriegsbereitschaft, der Hälfte der Streitkräfte des Deutschen Bundes gegen eine mögliche Bedrohung durch Russland. Der Bundestag stimmte diesem Antrag zwar zu. BISMARCK hatte es aber zwischenzeitlich verstanden, den Sinn des Antrags zu verändern. Ihm war es gelungen, die Vertreter der deutschen Klein- und Mittelstaaten im Bundestag dazu zu bewegen, noch eine Klausel hinzuzufügen. Diese regelte, dass die Kriegsbereitschaft der Abwehr jeglicher Bedrohung dienen sollte, unabhängig aus welcher Richtung, Ost oder West, sie kam. Damit hatte BISMARCK die Absicht Österreichs zum Scheitern gebracht, den Deutschen Bund allein als Speerspitze gegen den Osten auszurichten.
Der Beschluss des Bundestages bedeutete seinem Sinn nach nun bewaffnete Neutralität und war ein voller Erfolg der preußischen Außenpolitik. BISMARCK hatte sein diplomatisches Meisterstück abgeliefert, sich dafür aber in Paris und Wien unbeliebt gemacht.

Der Pariser Frieden und die Isolation Österreichs

Der Krimkrieg selbst fand nach dem Fall von Sewastopol am 11. September 1855 mit dem Sieg der Alliierten ein baldiges Ende. Auf der Pariser Friedenskonferenz von 1856 hielt Frankreich die diplomatischen und politischen Fäden in der Hand. Österreich hatte sich durch seine einseitig orientierte Politik selbst ins Abseits manövriert. Preußen wurde vor allem auf Betreiben Englands nicht zur Konferenz eingeladen und spielte dadurch nur eine untergeordnete Rolle. Dies kam aber den Absichten BISMARCKS durchaus gelegen; befürchtete er doch, dass Preußen auf der Konferenz dazu gezwungen sein würde, seine neutrale Haltung im Kräftespiel zwischen den europäischen Mächten aufzugeben.
Der Pariser Frieden führte zu einer grundlegenden Veränderung der Machtpositionen und der Kräftekonstellationen zwischen den europäischen Staaten. Das war auch für die deutsche Politik von größter Bedeutung: Die Niederlage Russlands im Krimkrieg und der damit verbundene Verlust an Macht und Einfluss verminderte auch den Druck Russlands auf Europa, der sich seit 1849 immer mehr gesteigert hatte. Von nun an orientierte Russland seine Machtpolitik nach Osten.
Bei der gleichzeitigen Fortdauer der guten preußisch-russischen Beziehungen im Ergebnis der preußischen Neutralit ätspolitik gewann Preußen einen größeren Spielraum gegenüber Österreich im Hinblick auf die Lösung der deutschen Frage. Die gleichzeitige Zerrüttung des Verhältnisses zwischen Österreich und dem Zarenreich führte zur zunehmenden Isolierung Österreichs in der Auseinandersetzung mit Preußen um die Vormachtstellung im Deutschen Bund.

Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Die Neutralitätspolitik Preußens Mitte des 19. Jh. in Europa." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/geschichte/artikel/die-neutralitaetspolitik-preussens-mitte-des-19-jh-europa (Abgerufen: 25. May 2025, 00:39 UTC)

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Bismarcks Weg der nationalen Einigung Deutschlands „von oben“

Seit der Zeit des preußischen Verfassungskonfliktes betrieb BISMARCK eine Politik der Einigung Deutschlands „von oben.“ Er wollte damit auch einen Großteil seiner inneren Feinde aus den Reihen der Liberalen auf seine Seite ziehen. Nach den preußischen Siegen im Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 und im Deutschen Krieg von 1866 über Österreich war ihm der Erfolg seiner politischen Strategie gewiss. Sein Ansehen in der öffentlichen Meinung, auch bei den Liberalen, stieg enorm. Eine Folge der Politik BISMARCKS war die Spaltung des politischen Liberalismus. Die Liberalen, die BISMARCK folgten und die Einheit vor die Freiheit stellten, sammelten sich nun in der Nationalliberalen Partei, die die Politik von BISMARCK unterstützte. Die Proklamation des preußischen Königs zum Deutschen Kaiser in Versailles durch die Fürsten war eine von BISMARCK einstudierte Geste, die eines ganz klarmachte: Das Deutsche Reich war ein Geschenk der Fürsten an das Volk, und dieses Geschenk konnte von den Fürsten auch wieder zurückgenommen werden.

Deutsche Einigungskriege

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Der Norddeutsche Bund – Zwischenstufe zur nationalen Einheit Deutschlands

Der Norddeutsche Bund entstand nach der Niederlage Österreichs gegen Preußen im Deutschen Krieg von 1866 um die Vorherrschaft im Deutschen Bund. Im Frieden von Prag wurde der Deutsche Bund nach dem Ausscheiden Österreichs aufgelöst und an seiner Stelle der Norddeutsche Bund gegründet. Er umfasste als Bundesstaat die 22 nördlich der Mainlinie liegenden deutschen Mittel- und Kleinstaaten sowie drei Freie Reichsstädte. Der Bund stand unter der Hegemonie Preußens, das nicht nur die größte Fläche besaß, sondern auch den Präsidenten und Kanzler stellte.
Mit der Gründung des Norddeutschen Bundes wurde die Einheit Deutschlands nördlich der Mainlinie vollzogen. Insofern konnte der Bund auch nur eine Zwischenstufe auf dem Weg zur Einigung Gesamtdeutschlands sein. Bismarck als Bundeskanzler schuf dafür gegen die Interessen Frankreichs durch Bündnisse mit den süddeutschen Staaten die entsprechenden wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen.

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Nach dem Sieg über Österreich im Deutschen Krieg 1866 beherrschte Preußen den Norden Deutschlands. Mit dem Norddeutschen Bund wurde ein Bundesstaat geschaffen, in dem Preußen schon allein aufgrund seiner Größe und seiner militärischen Stärke die Vorherrschaft hatte. Die übrigen Einzelstaaten auf dem Gebiet des Norddeutschen Bundes mussten diese Vormachtstellung Preußens anerkennen, konnten aber ihre Eigenständigkeit behalten. Dies war auch in der Einschätzung der politischen Lage durch BISMARCK begründet. Er wollte die preußische Monarchie durch die Annexion der Einzelstaaten, die sich gegen die Interessen anderer europäischer Mächte, vor allem Frankreich, gerichtet hätte, nicht aufs Spiel setzen. Deshalb ging er den Weg über den Bundesstaat. Auch in den einzelnen politischen Institutionen des Bundes sicherte Preußen seine Vormachtstellung ab. Von besonderer Wichtigkeit war hier der Bundesrat, in dem sich Preußen ein Vetorecht sicherte. Geschaffen in Anlehnung an den Bundesrat des ehemaligen Deutschen Bundes, war er das wichtigste politische Organ. Von besonderer Bedeutung war die Position des Bundeskanzlers, zu dem BISMARCK vom preußischen König ernannt wurde. Auf militärischem Gebiet sicherte sich Preußen seine Vormachtstellung dadurch, dass laut Bundesverfassung der preußische König in Friedens- und Kriegszeiten oberster Feldherr der Bundestruppen war.

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