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Politische und wirtschaftliche Bedingungen eines Nationalstaates

Im Zeitraum ab 1850 entwickelte sich rasch die kapitalistische Produktionsweise. Sie erforderte ein einheitliches Wirtschaftsleben innerhalb eines größeren Wirtschaftsgefüges in Gestalt eines einheitlichen Staates, der jegliche wirtschaftliche Einengung beseitigte. Ferner war ein Nationalstaat erforderlich, um eine ausländische Einmischung in die politischen und ökonomischen Interessen des deutschen Volkes zu verhindern.

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Der Nationalstaat - politische und wirtschaftliche Notwendigkeit

Mit der weiteren Herausbildung

  • der Klasse der industriellen und der landwirtschaftlichen Unternehmer auf der einen Seite und
  • der Klasse der entsprechenden Lohnarbeiter in der Industrie und Landwirtschaft auf der anderen Seite

wuchs der innerdeutsche Markt in bisher nie gekanntem Ausmaß an. Die politische und ökonomische Notwendigkeit ihn zu sichern und weiterzuentwickeln erforderte die Schaffung eines Nationalstaates.
Während sich der Produktionsprozess bei der vorkapitalistischen Produktionsweise

  • in den Werkstätten der Handwerker und
  • in der Landwirtschaft auf den Guts- und Bauernhöfen

vollzog und sich im gleichen Umfang und auf gleicher Grundlage wiederholte, brachte die kapitalistische Produktionsweise

  • eine ständige Änderung ihrer Produktionsmethoden sowie
  • ein ständiges Anwachsen ihres vorherigen Warenvolumens

mit sich. Im Gegensatz zur alten Produktionsform erforderten die kapitalistischen Unternehmen einen Markt, der über das enge lokale Gebiet der deutschen Kleinstaaten hinausging. Mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktion und dem Anwachsen der Warenmenge wurde die Förderung der Eisenbahn, die neben der Schifffahrt das billigste und leistungsfähigste Transportmittel war, unerlässlich. So wie die Eisenbahn und die wachsende Industrie die Kohleförderung als lohnende Profitquelle angeregt hatten, verlangte umgekehrt die wachsende Menge benötigter Kohlen den Ausbau des Eisenbahnnetzes. Von 1850 bis 1870 verdreifachte sich die Länge des deutschen Eisenbahnnetzes (innerhalb des Deutschen Bundes ohne Österreich). Es wuchs von 5822 km auf 18560 km an. Die Eisenbahnlinien liefen über die Grenzen der Kleinstaaten hinaus und brachten die Provinzen einander näher. Ein zeitgenössischer Dichter sprach von den Eisenbahnlinien als den Hochzeitsbändern der deutschen Einheit.

Zwei Wege zur nationalen Einheit

In den 50er und 60er-Jahren des 19. Jahrhunderts bildete sich mit der kapitalistischen Produktionsweise in Industrie und Landwirtschaft endgültig ein gemeinsames Wirtschaftsleben innerhalb des deutschen Zollvereingebietes heraus. Mit der

  • Gemeinsamkeit des Wirtschaftslebens,
  • der gemeinsamen Sprache und
  • des Territoriums sowie
  • einer fortschreitenden Kulturgemeinschaft

entwickelte und festigte sich die deutsche Nation. Außerdem hatte die Revolution von 1848/49 im Vergleich zum Befreiungskampf von 1813 das nationale Bewusstsein im deutschen Volk stark verbreitet und vertieft.
Aber gerade weil sich die Gemeinschaft des Wirtschaftslebens weitgehend entwickelt hatte, empfanden die Menschen alle Hemmnisse und Plackereien, die mit den feudalbürokratischen Überbleibseln und mit der Kleinstaaterei verbunden waren als besonders unerträglich.

  • Staatliche Zersplitterung einerseits und
  • ein immer noch vorhandenes Zunftsystem und Konzessionswesen andererseits

waren feudale Schranken, die die deutsche Bourgeoisie dazu zwangen,

  • für die völlige Durchsetzung kapitalistischer Produktionsverhältnisse und
  • für die Herstellung der nationalen Einheit einzutreten.

Sozial und wirtschaftlich waren auffallend:

  • Verstädterung (durch Industrialisierung),
  • Amerika-Auswanderung (politisch Enttäuschter, wirtschaftlich Benachteiligter),
  • Ost-West-Wanderung (die Industrialisierung war im Westen weiter fortgeschritten).

Eine deutsche Einheit wurde auch deshalb dringend notwendig, weil das Fehlen eines starken deutschen Staates, dessen Botschaften und Konsulate dem deutschen Kaufmann im Ausland Schutz und Hilfe gewähren konnten, die deutsche Bourgeoisie in ihrem Konkurrenzkampf auf dem Weltmarkt behinderte.
Immer stärker verlangte die Nation den einheitlichen, selbständigen Nationalstaat, auch zur Sicherung vor fremder Einmischung.
Die deutsche Bourgeoisie hat das historische Verdienst, den ökonomischen Fortschritt vorangetrieben zu haben; sie hat jedoch zugleich die historische Verantwortung, dass die nationale Einigung undemokratisch verlief und erfolgte.
Aus der ökonomischen und politischen Entwicklung in Deutschland vor 1871 ergaben sich zwei grundsätzlich verschiedene Wege zur nationalen Einigung - allerdings mit ungleichen Chancen - möglich war:

  • die Schaffung eines deutschen Nationalstaates („deutsche Frage“)
  • von unten (großdeutsche Lösung) und zwar eine gesamtdeutsche Republik als Ergebnis einer revolutionären Volksbewegung oder
  • der Weg der Revolution von oben (kleindeutsche Lösung), das bedeutete einen Nationalstaat in der Ausdehnung des Zollvereinsgebietes unter Vorherrschaft des preußischen Staates bei grundsätzlicher Erhaltung der meisten deutschen Fürstentümer.
  • Eine dritte Möglichkeit war das Auseinanderbrechen Deutschlands an der Mainlinie und die Schaffung eines Nordstaates unter preußischer Führung und eines österreichisch dominierten Südstaates.

Die Orientierung an den Grenzen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (unter Einschluss Österreichs) kollidierte jedoch auch mit den Nationalbewegungen in Italien, Tschechien und Polen. Österreich sollte keine Berücksichtigung in diesem deutschen Nationalstaat finden. Der erste Weg entsprach den objektiven Interessen der Intellektuellen, dem Kleinbürgertum, den Klein- und Mittelbauern und dem Proletariat. Der zweite Weg entsprach den Kompromisswünschen der deutschen Bourgeoisie mit dem Adel.
Dieser Weg wurde beschritten und mit der Einigung von oben fand der lange Weg zum deutschen Nationalstaat seinen Abschluss.

In drei „Einigungskriegen“

  • 1864 gegen Dänemark (Dänemark scheidet aus dem Deutschen Bund aus),
  • 1866 gegen Österreich (Sieg bei Königgrätz=Auflösung des Deutschen Bundes, der Norddeutsche Bund unter Preußens Führung dominiert das Reich),
  • 1870/71 gegen Frankreich (Schaffung des Deutschen Reiches unter Ausschluss Österreichs)

wurde Deutschland „von oben“ geeint.
Der preußische Reichskanzler OTTO VON BISMARCK bevorzugte die kleindeutsche Lösung unter Ausschluss Österreichs.

Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Politische und wirtschaftliche Bedingungen eines Nationalstaates." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/geschichte/artikel/politische-und-wirtschaftliche-bedingungen-eines-nationalstaates (Abgerufen: 20. May 2025, 06:14 UTC)

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Der Charakter der Reichsverfassung

Die Reichsverfassung von 1871 war keine konstitutionelle Monarchie im eigentlichen Sinne. Weder der Kaiser noch sein Reichskanzler unterlagen einer parlamentarischen Kontrolle. Das politisch wichtigste Amt, das des Reichskanzlers, war ganz auf die Person BISMARCKs zugeschnitten. Allerdings nur dadurch, dass er gleichzeitig auch preußischer Ministerpräsident und Außenminister war, konnte BISMARCK die politische Kontrolle behalten.
Die Verfassung hatte einen starken bundesstaatlichen Charakter. Der Bundesrat, die Vertretung der 25 Einzelstaaten, war verfassungsrechtlich das höchste Organ im Reich. Der Reichstag wurde zwar in allgemeinen und geheimen Wahlen direkt durch das Volk gewählt, besaß aber keine Gesetzesinitiative.

Deutsche Einigungskriege

Seit seiner Gründung im Jahre 1815 existierten im Deutschen Bund Rivalitäten zwischen den beiden großen Mächten Deutschland und Österreich um die Vorherrschaft im Bund und damit in Deutschland.
BISMARCK wollte Deutschland unter preußischer Führung einigen. Diese Einigung konnte jedoch nach seiner Überzeugung nur „von oben“ durch gemeinsamen Beschluss aller Landesfürsten zustande kommen. Dabei stand ihm aber Österreich im Wege.
Die Auseinandersetzungen zwischen den beiden Mächten führten schließlich 1866 zum sogenannten Deutschen Krieg, der in der Schlacht bei Königgrätz zugunsten Preußens entschieden wurde.
Im Frieden von Prag musste Österreich die Auflösung des Deutschen Bundes anerkennen und damit auch auf die Teilnahme an der Neugestaltung Deutschlands verzichten.

Der Norddeutsche Bund – Zwischenstufe zur nationalen Einheit Deutschlands

Der Norddeutsche Bund entstand nach der Niederlage Österreichs gegen Preußen im Deutschen Krieg von 1866 um die Vorherrschaft im Deutschen Bund. Im Frieden von Prag wurde der Deutsche Bund nach dem Ausscheiden Österreichs aufgelöst und an seiner Stelle der Norddeutsche Bund gegründet. Er umfasste als Bundesstaat die 22 nördlich der Mainlinie liegenden deutschen Mittel- und Kleinstaaten sowie drei Freie Reichsstädte. Der Bund stand unter der Hegemonie Preußens, das nicht nur die größte Fläche besaß, sondern auch den Präsidenten und Kanzler stellte.
Mit der Gründung des Norddeutschen Bundes wurde die Einheit Deutschlands nördlich der Mainlinie vollzogen. Insofern konnte der Bund auch nur eine Zwischenstufe auf dem Weg zur Einigung Gesamtdeutschlands sein. Bismarck als Bundeskanzler schuf dafür gegen die Interessen Frankreichs durch Bündnisse mit den süddeutschen Staaten die entsprechenden wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen.

Preußens Vormachtstellung im Norddeutschen Bund

Nach dem Sieg über Österreich im Deutschen Krieg 1866 beherrschte Preußen den Norden Deutschlands. Mit dem Norddeutschen Bund wurde ein Bundesstaat geschaffen, in dem Preußen schon allein aufgrund seiner Größe und seiner militärischen Stärke die Vorherrschaft hatte. Die übrigen Einzelstaaten auf dem Gebiet des Norddeutschen Bundes mussten diese Vormachtstellung Preußens anerkennen, konnten aber ihre Eigenständigkeit behalten. Dies war auch in der Einschätzung der politischen Lage durch BISMARCK begründet. Er wollte die preußische Monarchie durch die Annexion der Einzelstaaten, die sich gegen die Interessen anderer europäischer Mächte, vor allem Frankreich, gerichtet hätte, nicht aufs Spiel setzen. Deshalb ging er den Weg über den Bundesstaat. Auch in den einzelnen politischen Institutionen des Bundes sicherte Preußen seine Vormachtstellung ab. Von besonderer Wichtigkeit war hier der Bundesrat, in dem sich Preußen ein Vetorecht sicherte. Geschaffen in Anlehnung an den Bundesrat des ehemaligen Deutschen Bundes, war er das wichtigste politische Organ. Von besonderer Bedeutung war die Position des Bundeskanzlers, zu dem BISMARCK vom preußischen König ernannt wurde. Auf militärischem Gebiet sicherte sich Preußen seine Vormachtstellung dadurch, dass laut Bundesverfassung der preußische König in Friedens- und Kriegszeiten oberster Feldherr der Bundestruppen war.

Bismarcks Weg der nationalen Einigung Deutschlands „von oben“

Seit der Zeit des preußischen Verfassungskonfliktes betrieb BISMARCK eine Politik der Einigung Deutschlands „von oben.“ Er wollte damit auch einen Großteil seiner inneren Feinde aus den Reihen der Liberalen auf seine Seite ziehen. Nach den preußischen Siegen im Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 und im Deutschen Krieg von 1866 über Österreich war ihm der Erfolg seiner politischen Strategie gewiss. Sein Ansehen in der öffentlichen Meinung, auch bei den Liberalen, stieg enorm. Eine Folge der Politik BISMARCKS war die Spaltung des politischen Liberalismus. Die Liberalen, die BISMARCK folgten und die Einheit vor die Freiheit stellten, sammelten sich nun in der Nationalliberalen Partei, die die Politik von BISMARCK unterstützte. Die Proklamation des preußischen Königs zum Deutschen Kaiser in Versailles durch die Fürsten war eine von BISMARCK einstudierte Geste, die eines ganz klarmachte: Das Deutsche Reich war ein Geschenk der Fürsten an das Volk, und dieses Geschenk konnte von den Fürsten auch wieder zurückgenommen werden.

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