- Lexikon
- Geschichte
- 9 Aufstieg und Untergang des preußisch-deutschen Kaiserreichs
- 9.1 Preußens Ringen um die Vorherrschaft
- 9.1.2 Krieg "Politik mit anderen Mitteln"
- Politische und wirtschaftliche Bedingungen eines Nationalstaates
Mit der weiteren Herausbildung
wuchs der innerdeutsche Markt in bisher nie gekanntem Ausmaß an. Die politische und ökonomische Notwendigkeit ihn zu sichern und weiterzuentwickeln erforderte die Schaffung eines Nationalstaates.
Während sich der Produktionsprozess bei der vorkapitalistischen Produktionsweise
vollzog und sich im gleichen Umfang und auf gleicher Grundlage wiederholte, brachte die kapitalistische Produktionsweise
mit sich. Im Gegensatz zur alten Produktionsform erforderten die kapitalistischen Unternehmen einen Markt, der über das enge lokale Gebiet der deutschen Kleinstaaten hinausging. Mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktion und dem Anwachsen der Warenmenge wurde die Förderung der Eisenbahn, die neben der Schifffahrt das billigste und leistungsfähigste Transportmittel war, unerlässlich. So wie die Eisenbahn und die wachsende Industrie die Kohleförderung als lohnende Profitquelle angeregt hatten, verlangte umgekehrt die wachsende Menge benötigter Kohlen den Ausbau des Eisenbahnnetzes. Von 1850 bis 1870 verdreifachte sich die Länge des deutschen Eisenbahnnetzes (innerhalb des Deutschen Bundes ohne Österreich). Es wuchs von 5822 km auf 18560 km an. Die Eisenbahnlinien liefen über die Grenzen der Kleinstaaten hinaus und brachten die Provinzen einander näher. Ein zeitgenössischer Dichter sprach von den Eisenbahnlinien als den Hochzeitsbändern der deutschen Einheit.
In den 50er und 60er-Jahren des 19. Jahrhunderts bildete sich mit der kapitalistischen Produktionsweise in Industrie und Landwirtschaft endgültig ein gemeinsames Wirtschaftsleben innerhalb des deutschen Zollvereingebietes heraus. Mit der
entwickelte und festigte sich die deutsche Nation. Außerdem hatte die Revolution von 1848/49 im Vergleich zum Befreiungskampf von 1813 das nationale Bewusstsein im deutschen Volk stark verbreitet und vertieft.
Aber gerade weil sich die Gemeinschaft des Wirtschaftslebens weitgehend entwickelt hatte, empfanden die Menschen alle Hemmnisse und Plackereien, die mit den feudalbürokratischen Überbleibseln und mit der Kleinstaaterei verbunden waren als besonders unerträglich.
waren feudale Schranken, die die deutsche Bourgeoisie dazu zwangen,
Sozial und wirtschaftlich waren auffallend:
Eine deutsche Einheit wurde auch deshalb dringend notwendig, weil das Fehlen eines starken deutschen Staates, dessen Botschaften und Konsulate dem deutschen Kaufmann im Ausland Schutz und Hilfe gewähren konnten, die deutsche Bourgeoisie in ihrem Konkurrenzkampf auf dem Weltmarkt behinderte.
Immer stärker verlangte die Nation den einheitlichen, selbständigen Nationalstaat, auch zur Sicherung vor fremder Einmischung.
Die deutsche Bourgeoisie hat das historische Verdienst, den ökonomischen Fortschritt vorangetrieben zu haben; sie hat jedoch zugleich die historische Verantwortung, dass die nationale Einigung undemokratisch verlief und erfolgte.
Aus der ökonomischen und politischen Entwicklung in Deutschland vor 1871 ergaben sich zwei grundsätzlich verschiedene Wege zur nationalen Einigung - allerdings mit ungleichen Chancen - möglich war:
Die Orientierung an den Grenzen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (unter Einschluss Österreichs) kollidierte jedoch auch mit den Nationalbewegungen in Italien, Tschechien und Polen. Österreich sollte keine Berücksichtigung in diesem deutschen Nationalstaat finden. Der erste Weg entsprach den objektiven Interessen der Intellektuellen, dem Kleinbürgertum, den Klein- und Mittelbauern und dem Proletariat. Der zweite Weg entsprach den Kompromisswünschen der deutschen Bourgeoisie mit dem Adel.
Dieser Weg wurde beschritten und mit der Einigung von oben fand der lange Weg zum deutschen Nationalstaat seinen Abschluss.
In drei „Einigungskriegen“
wurde Deutschland „von oben“ geeint.
Der preußische Reichskanzler OTTO VON BISMARCK bevorzugte die kleindeutsche Lösung unter Ausschluss Österreichs.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
Ein Angebot von