Steinalt im Eis

Im Jahre 1991 erregte ein Fund in den in Tirol (Österreich) gelegenen Ötztaler Alpen weltweites Aufsehen. Es handelte sich um den Fund einer durch Einschluss im Gletschereis nahezu vollständig erhaltenen Leiche eines Menschen aus der Bronzezeit.
Ötzi“, wie die männliche Gletscherleiche bald bezeichnet wurde, ist vor ca. 5000 Jahren in das Eis geraten. Er gilt deshalb zur Zeit noch als die weltweit älteste, auf natürliche Weise entstandene menschliche Frostmumie.

„Ötzi“ ist an seiner weißlichen Farbe als Frostmumie erkennbar. Die Wissenschaftler sprechen in solchen Fällen von sogenannten Fettwachsleichen, weil

  • durch den Eiseinschluss das Fettgewebe des Körpers zu Wachs geworden ist,
  • alle Körperflüssigkeit entzogen wurde und
  • alle Zellstrukturen zerstört worden sind.

Wie aber die Mumifizierung selbst erfolgte, das konnte wissenschaftlich bisher noch nicht hinreichend geklärt werden. Man vermutet jedoch eine natürliche Austrocknung des Toten durch den Einfluss des Föhns, eines warmen Fallwinds in den Alpen, als der Tote noch wochenlang an der Oberfläche des Gletschers lag. Erst danach, so nimmt man an, ist er von Schnee bedeckt und ins Eis eingeschlossen worden.

Blick in die Bronzezeit

Die Bedeutung des Fundes von „Ötzi“ besteht vor allem darin, dass Kleidung und Ausrüstung viele Aufschlüsse darüber geben, wie bronzezeitliche Menschen dieser Region gelebt haben.
Dazu wurden die Kleidungsreste in die Restaurierungswerkstätten des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz gegeben und dort nahezu vollständig rekonstruiert. Nach der Restaurierung wurde klar, welche Bekleidung ein männlicher Mensch im Alltag der Bronzezeit wahrscheinlich trug:

  • einen Gürtel, der am nackten Leib getragen wurde,
  • einen Lendenschurz, durch den der Gürtel gezogen und der dadurch befestigt wurde,
  • zwei Beinröhren, die ebenfalls am Gürtel befestigt wurden,
  • sandalenähnliche Schuhe mit Ledersohle und Haarfüllung, die mit Grasgeflecht am Fuß befestigt wurden,
  • ein Oberkleid aus senkrecht zusammengenähten braunen und weißen Fellstreifen,
  • einen Gürtel mit Bauchtasche, der das Oberkleid fest zusammenhalten sollte,
  • eine Mütze und einen Umhang aus Gras.

Ebenso erstaunlich zweckmäßig wie die Kleidung war auch schon die Ausrüstung der Menschen:
Der Mann trug nur den Bogen in der Hand. Das Beil führte er in einer Rückentrage bei sich. Alle anderen Gerätschaften, beispielsweise Pfeile, kleinere Geräte aus Feuerstein und Knochen, waren in einem Köcher oder in der am Gürtel befestigten Tasche verstaut.

„Sprechende“ Werkzeuge

„Ötzis“ Ausrüstung „erzählte“ den Forschern aber noch mehr. Insbesondere der Feuerstein der Messerklinge war sehr aufschlussreich:
Feuerstein, in der Jura- und Kreidezeit des Erdmittelalters am Meeresgrund aus tierischen Ablagerungen entstanden, besitzt je nach Entstehungsort eine bestimmte chemische Zusammensetzung. Kennt man diese, dann kann man auch die Fundstätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit lokalisieren.

Im Falle der von „Ötzi“ mitgeführten Messerklinge handelt es sich um Feuerstein, dessen Zusammensetzung mit dem Feuerstein identisch ist, der bei Verona in Norditalien am südlichen Fuß der Alpen vorkommt.
Insofern konnten die Wissenschaftler zweifelsfrei nachweisen, dass es bereits vor 5000 Jahren zu Lebzeiten von „Ötzi“ Handel mit Feuerstein und anderen Erzeugnisse über die Alpen hinweg gab.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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