Antoine Watteau

Stationen des Begründers der französischen Rokokomalerei

ANTOINE WATTEAU wurde am 10. Oktober 1684 in Valenciennes geboren.

1702 kam er nach Paris und arbeitete dort bis 1708 in der Werkstatt von CLAUDE GILLOT, einem erfolgreichen Dekorationsmaler, der vor allem Bühnendekorationen für Theateraufführungen ausführte. Diese frühe Begegnung mit der Welt des Theaters hatte großen Einfluss auf WATTEAUs malerisches Œuvre. Theaterfiguren wie der „Gilles" und die szenischen Kompositionen der „Fêtes galantes" zeugen davon.

Im Hause des Kunstsammlers PIERRE CROZAT, der ihn seit 1715 förderte, lernte er Meisterwerke der europäischen Kunst und das Leben der eleganten Gesellschaft kennen.

Über WATTEAUs weitere künstlerische Ausbildung ist wenig bekannt. Doch fielen seine Anfänge als Künstler in eine Zeit tief greifenden Wandels im französischen Kulturleben. Nach dem Tod LUDWIGs XIV. und der anschließenden Regentschaft des Herzogs PHILIPP II. VON ORLEANS war die Kunst nicht mehr vorrangig in den Dienst des höfischen Absolutismus gestellt. Eine wohlhabende Schicht von Kennern und Mäzenen schätzte nun statt der zeremoniellen Kunst eine geistreiche, heitere und anmutige Malerei. WATTEAUs Gemälde mit den eleganten, in Theaterkostüme gekleideten Gesellschaften inmitten idyllischer Parklandschaften waren dafür geradezu zum Erfolg bestimmt und ließen ihn neben FRANÇOIS BOUCHER zum bedeutendsten Künstler der französischen Rokokomalerei werden.

Antoine Watteau - Les Bergers

Gegen Ende des Jahres 1719 reiste der an Tuberkulose erkrankte Künstler nach London. Dort malte er für den berühmten, ihn behandelnden Arzt RICHARD MEAD zwei Bilder. 1720 kam er wieder nach Paris. Als sein letztes Bild gilt das „Ladenschild für den Kunsthändler Gersaint" (um 1720).

Im Frühjahr 1721 zog er sich nach Nogent-sur-Marne in der Nähe von Paris zurück und stirbt dort im Sommer desselben Jahres.

Schöpfer der „Fêtes galantes“

WATTEAU gilt als Schöpfer der neuen Bildgattung, der „Fêtes galantes“, der „Galanten Feste". 1717 legte er „Die Pilgerfahrt zur Insel Kythera" (1717 erste Fassung; 1718 zweite Fassung;) vor. Auch unter den Titeln „Aufbruch von Kythera" und „Einschiffung nach Kythera" wurde dieses Gemälde bekannt. Mit diesem Bild gelang WATTEAU ein sinnenfrohes Gesellschaftsstück, aufgrund dessen er von der Pariser Akademie als Mitglied aufgenommen wurde.

Noch zwei Jahrzehnte zuvor wäre dies – an einer Institution, die im 17. Jahrhundert eine streng klassizistische, auf schöne und exakte Linienführung ausgerichtete Doktrin vertrat – nicht möglich gewesen. WATTEAU orientierte sich mit seiner Farbigkeit und seinem feinen Pinselstrich eher an den venezianischen Koloristen als an dem akademischen Vorbild NICOLAS POUSSIN. Doch wusste die französische Gesellschaft nun das verfeinerte Kolorit und das Gefühlvolle, das man der Farbe zusprach, dem kühlen Intellekt der Linie vorzuziehen. Und der mythische Schauplatz Kythera tat ein Übriges für die Beliebtheit der Bilder.

Die griechische Insel Kythera vor dem südöstlichen Kap der Peloponnes war mit dem Kult der Liebesgöttin Aphrodite verbunden und im Frankreich des 18. Jahrhunderts ein allgemein verständliches Sinnbild für die „Freie Liebe". Eine präzise Bestimmung der Bildszene scheitert an der absichtsvollen Uneindeutigkeit. Prunkvoll gekleidete Menschen vergnügen sich in einer parkähnlichen Landschaft. WATTEAU vermittelt eine Stimmung zwischen Heiterkeit und Melancholie, Aufbruch und Abschied. Und der Ort ewigen Liebesglücks bleibt irreal.

Bilder aus der Welt des Theaters

„Die französische Komödie" (um 1716; Berlin, Gemäldegalerie) und „Die italienische Komödie" (nach 1716; ebenda) stellen Theaterszenen in einer nächtlichen Parklandschaft dar. Diese im Frankreich des frühen 18. Jahrhunderts sehr beliebten Theateraufführungen gehen zurück auf die um 1550 in Oberitalien entstandene Commedia dell' Arte, einer Stegreifkomödie in mehr oder weniger festgelegter Szenenfolge, die durch Berufsschauspieler ausgeführt wurde. Der Dialog wurde zum Teil improvisiert. Die Personen waren außer dem Liebespaar (oft „Florindo" und „Isabella" genannt) komische Charaktere in stets gleicher Maske und gleichem Kostüm, die sich rasch als Typen ausbildeten. Da gab es Pantalone, einen alten venezianischen Kaufmann, Dottore, den Gelehrten aus Bologna und die Dienerrollen Brighella oder Pulcinella und Arlecchino. Aus Letztgenanntem entwickelte die Pariser „Comédie italienne" die Figur des Pierrot, die schließlich zu „Gilles“ wurde und ihr eindrucksvolles Porträt in dem 1719 von WATTEAU geschaffenen Gemälde erhielt. Bis heute ist nicht geklärt, ob es sich bei dem Gemälde um das Porträt eines bestimmten Schauspielers oder um das „Reklamebild" einer fahrenden Schauspieltruppe handelt.

WATTEAU verleiht der in leichter Untersicht dargestellten Bühnenfigur eine existentielle Dimension. Eher melancholisch als heiter steht Gilles vor einer Kulisse – den Landschaftshintergrund hat man immer wieder als Theaterprospekt interpretiert und nicht als reale Natur. Er befindet sich in Gesellschaft, drei kostümierte Männer und eine Frau sowie eine Esel – vermutlich auch ein kostümierter Schauspieler – umgeben ihn. Und doch ist er allein, verloren und verletzlich.

WATTEAU – Hauptmeister der Régencemalerei

WATTEAU ist der bedeutendste französische Maler des 18. Jahrhunderts, dessen stilistische Entwicklung in der Malerei er entscheidend mitbestimmte. Seine frühen Bilder lassen flämische und italienische Einflüsse erkennen, doch die Leichtigkeit seiner Figuren und die Leuchtkraft der Farben zeigen bereits eine ausgeprägte Eigenart des Künstlers. WATTEAU gestaltete neben Genre- und Theaterszenen auch Motive aus dem Soldatenleben und schuf hervorragende Porträts.

Leider ging ein großer Teil seiner Gemälde verloren, aber zahlreiche Rötel- und Kreidezeichnungen sowie rund 300 Kupferstiche und Zeichnungen nach seinen Werken, aber auch einige Radierungen von eigener Hand geben eine Vorstellung seines Gesamtwerkes. Sein Werk zeichnet ihn als Hauptmeister der Régencemalerei aus, die maßgeblich die Louis-quinze vorbereitete.

Der Régencestil wandelte die bisher vorherrschende pathetisch-offizielle Hofkunst zur elegant-privaten Adelskunst. Es werden Rundungen und zierliche Formen bevorzugt; häufiges Ornament wurde das Bandelwerk. Neben WATTEAU waren CLAUDE GILLOT und NICOLAS DE LARGILLIERE die Hauptmeister und damit Wegbereiter des Rokoko.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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