- Lexikon
- Kunst
- 2 Kunstgeschichte
- 2.1 Vor-und Frühzeit, Altertum
- 2.1.2 Kunst des Altertums
- Römische Architektur
Grundzüge römischer Architektur waren Symmetrie, Axialität, Richtungsbezogenheit und ein großzügiges Raumgefühl. Als Bauaufgabe traten neben Tempel und Kultbauten zunehmend Bürger- und Kommunalbauten. Die erhaltenen Tempel stammen vorwiegend aus der Kaiserzeit.
Römische Tempelbauten standen auf einem 1 bis 4 m hohen Unterbau mit einer Freitreppe zwischen Mauerwangen (Podiumstempel). Während bei griechischen Tempeln die Säulen als tragendes Bauglied für die lastenden Teile eine wichtige Rolle spielten, gewann bei den Römern die Wand als Raumschale Vorrang. Die Podiumstempel besaßen nur an der Vorderseite Säulen und damit eine „Schauseite“. An den Längsseiten waren Halbsäulen lediglich vorgeblendet und teilten sich mit der Mauer die Stützfunktion (z.B. Maison Carrée in Nimes, 1. Jh. n.Chr.). Bevorzugt gebaut wurde zunächst mit etruskisch-toskanischen und korinthisch-griechischen Säulen. Später entwickelte man eine eigenständige römische Kompositordnung.
Es waren auch Rundtempel mit einer einfach umlaufenden Säulenhalle (Monopteros) verbreitet. Der größte antike Kuppelbau war das römische Pantheon (118–128 n.Chr.). Mit der Anwendung des Gussmauerwerkes war das möglich geworden. Als Baumaterial wurde meistens Marmor verwendet, nur das Dach und die Treppen wurden aus Granit gebaut. Eine riesige Treppe, die in das Innere des Tempels führt, ist das Merkmal jedes römischen Tempels.
Für große Feldherren und Kaiser wurden Ehrenmonumente meist in Form von Triumphbögen errichtet. Diese Bögen zählen zur Repräsentationsarchitektur. Der Triumphbogen war ein einfacher Torbau mit einem oder drei Durchgängen und häufig mit größeren Skulpturengruppen gekrönt. In der Kaiserzeit wurden die Triumphbögen aufwendiger gestaltet, mit Relieftafeln versehen.
In der Nähe des Kolosseum befindest sich einer der am besten erhaltenen Triumphbögen, der Konstantinsbogen. Zur Verzierung wurden korinthische Säulen verwendet. Er wurde 312 n.Chr. vom römischen Senat zur Erinnerung an den Sieg KONSTANTINs über MAXENTIUS in der Schlacht bei Ponte Milvio errichtet.
Auf dem Forum Romanum befindet sich der Titusbogen, der von DOMITIAN zu Ehren der Kaiser VESPASIAN und TITUS, die im Krieg gegen die Juden siegreich gewesen waren, um 81 n.Chr. errichtet wurde. Bis heute wird der Bogen von keinem Juden passiert.
Auch außerhalb Roms wurde eine Vielzahl von Triumphbögen gebaut, wie der mit 14 Tafeln zu Ehren TRAJANs in Benevento (um 114 n.Chr.) erbaute und der Tiberiusbogen um 25 v.Chr. in Orange.
Neben den Triumphbögen wurden auch Siegessäulen und Altäre errichtet. Die Siegessäulen waren meist in Form von Obelisken mit gewundenen Relieffriesen gestaltet. Die Architekten APOLLODOS und DAMASKUS errichteten um 113 n.Chr. auf dem Trajansforum in Rom die erste und größte Säule dieser Art.
Neben den öffentlichen Bauten wie Tempel, Foren, Thermen, Toranlagen (Porta Nigra in Trier, 2.–4. Jh. n.Chr.), genormten Militärcastellen usw. wurde mit der Verfeinerung der Sitten größerer Wert auf Verschönerung im privaten Bereich gelegt.
Städtische und ländliche Häuser, die um einen zentralen offenen Raum (Atrium) angeordnet oder zusätzlich mit einer Säulenhalle (Peristyl) gebaut waren, Villen und Kaiserpaläste entstanden (Domitianspalast in Rom, 80 n.Chr.). Die Außenmauern verkleidete man seit der frühen Kaiserzeit mit Marmor, Innenwände mit Putz oder Stuck.
Auch die römische Grabarchitektur (Engelsburg/Hadrians-Mausoleum, 139 n.Chr.) und besonders die Rundgräber (Augustus-Mausoleum, 28 v.Chr.), erfüllten als Repräsentationsbauten wichtige architektonische Aufgaben im Stadtbild.
In der Kaiserzeit begann man, die alten Foren umzugestalten (Forum Romanum, Kaiserforen in Rom; seit 42 v.Chr.–ca. 110 n.Chr.). Die Stadtzentren wurden seit AUGUSTUS zu großen geschlossenen Freiraumanlagen mit axialer Ausrichtung auf einen Podiumstempel, mit Basilika und Stoa. Die Bauten bekamen monumentale Schauseiten durch eine ausgebildete Fassadenarchitektur.
Während der späten Römischen Republik setzte die eigentliche Stadtplanung ein. Ältere Städte, wie Rom, bestehen aus einem Netz verwinkelter Straßen, die sich unkontrolliert in die Breite ausdehnen.
Planmäßig angelegte Straßen folgen einem annähernd rechten Grundriss. Als Vorbild diente das römische Militärlager. Die Stadt wurde in quadratische Viertel geteilt und mit einer Stadtmauer umgeben. Das Forum bildete an der Kreuzung der beiden Hauptstraßen den Mittelpunkt. (Forum: Markt- und Versammlungsplatz in den römischen Städten.) Um diesen Platz waren Ladenreihen, öffentliche Gebäude, Tempel und die Basilika gebaut. Bereits Anfang des 2. Jh. v.Chr. wurde auf dem Forum Romanum die erste Basilika gebaut. Die einzige frühe Basilika aus dem Ende des 2. Jh. v.Chr. blieb in Pompeji erhalten.
Der Normaltyp der Basilika (lat. „königliche Halle“) wurde im Innenraum von umlaufenden Säulen- oder Pfeilerreihen in drei oder mehr Schiffe geteilt – einen großen, breiten Mittelraum und schmalere seitliche Umgänge. Das Mittelschiff, meist zweistöckig, sorgte durch hoch angebrachte Fenster für ausreichende Beleuchtung. Ein Podium war möglicherweise für Börsengeschäfte, Versteigerungen und Gerichtsangelegenheiten vorgesehen. Üblich waren flach gedeckte und eingewölbte Basiliken.
Stadthäuser:
Aus einem einfachen Atriumhaus (nach oben offen), wie es bereits die Etrusker kannten, entwickelte sich das römische Stadthaus (Domus). Es hatte einen zentralen Innenhof (Atrium), der in der Mitte ein Auffangbecken für Regenwasser (Impluvium) besaß. In diesen Hof gelangte man von der Straße aus durch ein Vestibül (Vestibulum) und eine Eingangshalle (Fauces). Um die Eingangshalle gruppierten sich der Empfangsraum, der Essraum, die Küche und eine Reihe kleiner Schlafzimmer. Hinter der Empfangshalle befand sich ein Garten. Mit dem Ausgang der Republik wurden die römischen Häuser architektonisch anspruchsvoller – es entstanden Stadtvillen (villa urbana), deren Gärten mit Säulengängen (Peristylium) erweitert wurden. Sogar bis über ein ganzes Straßenquadrat konnten sich die Anwesen ausdehnen, wie das Haus des Faun in Pompeji, das zu Beginn des 2. Jh. v.Chr. erbaut wurde.
Villen und Paläste:
uf dem Lande entwickelte sich der Gebäudetyp des römischen Landhauses (villa rustica), zudem oft ausgedehnte Ländereien und Wirtschaftsräume zählten. Ein noch gut erhaltenes Landhaus ist die Villa des HADRIAN in Tivoli (118 n.Chr. Baubeginn). Es ist eine weiträumige Anlage, in der der verfeinerte Baustil der Kaiserzeit gut zum Ausdruck kommt.
Die Kaiser schufen sich Residenzen. So besaß Kaiser Augustus (27 v.Chr.–14 n.Chr. Regierungszeit) eine Residenz auf dem Palatin in Rom. In der Nähe dieser Residenz ließ Kaiser Domitian einen Palast (domitians domus augustana) errichten, zu dem neben den privaten Räumen große Empfangshallen, öffentliche Essräume, Brunnenanlagen und ein Park gehörten.
Städtische Mietshäuser:
In einfachen, meist mehrgeschossigen Mietshäusern, lebte die ärmere Stadtbevölkerung. Diese Häuser, sogenannte Inseln, waren aus Backstein und Steinmörtel gebaut, standen frei und hatten keinen Garten. In Ostia, dem antiken Hafen von Rom, wurden die am besten erhaltenen Mietshäuser aus dem 2. und 3. Jh. n.Chr. gefunden.
Berühmt geworden sind die Römer vor allem durch ihre ingenieurtechnischen Leistungen in der Baukunst. Mit der Entwicklung der Bogen- und Gewölbetechnik entstanden Aquädukte¹. Ein Beispiel ist die Anlage von Pont-du-Gard bei Nimes, die Ende 1. Jh. v.Chr. errichtet wurde.
Die erste römische Wasserleitung wurde 312 v.Chr. gebaut. Die Leitungen verliefen in Aquädukten über der Erde oder unterirdisch. Es können fünf Konstruktionstypen unterschieden werden: die offene Bauweise, der Tunnel, der Aquädukt, die Leitung auf einer Mauer und die Druckleitung.
¹ Aquädukt, lat. „Wasserleitung“: Monumentaler Brückenbau zur Überführung von Wasserleitungen aus dem Gebirge über Täler in die Städte.
Über den gestampften Boden wurde ein festes Steinfundament aus groben Steinen mit einer abschließenden Querschicht gelegt. Darauf kamen mehrere Schichten aus kleineren Steinen in gröberer und feinerer Schüttung. Vor allem auf den wichtigsten Strecken wurde dieses Fundament mit einer Schicht aus Kopfsteinpflaster oder Pflastersteinen abgeschlossen. Die Straßen waren mit einem gut funktionierenden Entwässerungssystem in Form seitlich angebrachter Regenrinnen ausgestattet.
Straßen wurden zunächst für militärische Zwecke gebaut; sie sollten eine rasche Verlegung der Legionen sichern, kamen aber auch dem Handel zugute. Die älteste noch erhaltene Straße ist die Via appia, benannt nach dem Zensor APPIUS CLAUDIUS CAECUS. Der Bau begann 312 v.Chr.; die Straße erreichte eine Gesamtlänge von 240 km.
Antike Badeanlagen (Thermen) sind seit dem 5. Jh. v.Chr. in Griechenland (Olympia) nachweisbar. Römische Thermen (seit dem 2. Jh. v.Chr.) entwickelten sich zu Stätten der Erholung, Zerstreuung, Unterhaltung und Bildung. Warmbäder (Thermeanlagen) zählten zu den aufwendigsten Baukomplexen römischer Bau- und Ingenieurleistung.
Sie bestanden meist aus mehreren Umkleideräumen und Badezimmern mit heißen, warmen und kalten Wasserbecken. Es gab weitere Einrichtungen, die der Körperpflege, dem sportlichen Training oder der Kontaktpflege dienten. Große Thermen besaßen Bibliotheken und wurden gesellschaftlicher Treffpunkt. Umkleideräume, Warm- und Kaltwasserbad, Abkühlräume, Wandelgänge und manchmal auch ein Schwimmbad stattete man mit kostbaren Wandverkleidungen, Mosaiken und Statuen aus.
Eine noch sehr gut erhaltene Thermenanlage kann in Trier betrachtet werden.
Folgenreich für die Gesamtentwicklung der Architektur wurde die Anwendung des Gussmauerwerkes². Damit waren nicht nur die Errichtung riesiger Kuppeln über weiten Räumen (Pantheon, 118–128 n.Chr.), sondern auch Unterbauten für Terrassen und Amphitheater möglich geworden.
² Gussmauerwerk (Opus caementicum): Gemisch aus kleinen Steinen, Sand, Kalk und Wasser. Zur Herstellung dieses „Betons“ wurde eine Holzverschalung benutzt, in die man die nasse Masse hineingoss und die Schalung nach dem Trocknen entfernte.
Diese Bauwerke konnte man nun unabhängig von Geländeformationen frei in die Ebene bauen. In den Unterbauten der elliptischen Amphitheater waren u.a. auch unterirdische Anlagen für die Tier- und Gladiatorenkämpfe untergebracht. Als größtes Amphitheater der antiken Welt baute man das „Flavische Theater“ in Rom, das sogenannte Kolosseum mit 50 000 Sitzplätzen (72–80 n.Chr.).
Nach der Anerkennung des Christentums durch Kaiser KONSTANTIN im Jahr 313 n.Chr. wurden im ganzen Reich und nach der Teilung in beiden römischen Reichen Kirchen gebaut. Dafür erfolgte die Wahl des Typs der profanen dreischiffigen Basilika. Die frühchristlichen Basiliken besaßen alle einen offenen Säulenhof (Atrium oder Paradies, häufig mit Brunnen) oder eine offene Vorhalle (Narthex), von denen man in den sakralen Kirchenraum gelangte.
Dieser bestand aus einem hohen Mittelschiff mit Fenstern (Obergaden) über dem Dachansatz der niedrigeren Seitenschiffe. In der dem Haupeingang gegenüberliegenden Apsis³ befanden sich der Bischofsstuhl (Cathedra) und die Priesterbank, vor der Apsis meist der Altar (Sant' Apollinare in Classe, Ravenna, um 549 n.Chr.). Im Mittelalter wurde dieser Bautyp zum bestimmenden Element des europäischen Kirchenbaus.
³ Apsis, griech. „Bogen“: Meist im Grundriss halbkreisförmiger, mit einer Halbkuppel überwölbter Raum, der einem Hauptraum (Kirchenschiff, Chor) zugeordnet ist, z.T. mit Mosaikschmuck in der Halbkuppel.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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