Rogier van der Weyden

Das Leben des Künstlers ROGIER VAN DER WEYDEN

ROGIER VAN DER WEYDEN war flämischer Maler und einer der führenden Meister des 15. Jahrhunderts. Er wurde um 1400 als Sohn des Messerschmieders HENRI DE LA PASTURE und AGNES DE QATRELOS in Tournai in Flandern geboren.

Im Jahre 1426 starb sein Vater an der Pest und ROGIER heiratete ELISABETH GOFFAERT aus Brüssel, die Tochter eines Schuhmachers. Mit ihr hatte er zwei Söhne, die ebenfalls Künstler wurden.

Erst im Alter von 27 Jahren, begann ROGIER am 15. März 1427 seine künstlerische Ausbildung in der Werkstatt des Malers ROBERT CAMPIN. Über eine vorherige Ausbildung ist nichts bekannt. Am 1. August 1432 wurde VAN DER WEYDEN als freigesprochener Meister in die Malerzunft in Tournai aufgenommen.

Mit seiner Familie ließ sich ROGIER 1435 in Brüssel nieder, der Heimatstadt seiner Frau. Im Jahre 1436 wurde ihm das Amt des Brüsseler Stadtmalers übertragen. In dieser Stellung malte er die 1695 zerstörten Gerechtigkeitsbilder für das Rathaus und erhielt Zahlungen für die Polychromierung von Reliefs und die Anfertigung von Prozessionsfahnen.

Schon wenige Jahre später genoss er ein hohes Ansehen und verfügte über ein ansehnliches Einkommen. Er erwarb 1443 ein Haus in der Rue de l'Empereur, in der Nähe Herzogspalastes.

ROGIER VAN DER WEYDEN gehörte der einflussreichen Verbindung „Broederschap H. Cruys“ an, zu deren Mitglieder auch Herzog PHILIP DER GUTE VON BURGUND und Angehörige seines Hofes zählten. Nach dem Tod des Hofmalers JAN VAN EYCK im Jahre 1441 stieg ROGIER zum führenden Porträtisten des burgundischen Adels auf. Er stand jedoch nie im Dienst des burgundischen Hofes. Die Auftraggeber seiner Bilder stammten aus ganz verschiedenen Schichten. Neben Arbeiten für die Kirche, fertigte VAN WEYDEN Bilder für den burgundischen Hof sowie für geistige und weltliche Repräsentanten.

Die Werke des Künstlers ROGIER VAN DER WEYDEN

Der flämische Maler war neben JAN VAN EYCK einer der bedeutendsten und berühmtesten Künstler der Altniederländischen Malerei. Seine Figurendarstellungen wirkten stilbildend auf die europäische Kunst des 15. und 16. Jahrhunderts nördlich der Alpen.  Die kunstgeschichtliche Stilkritik schreibt dem Künstler etwa 40 erhaltene Tafelbilder zu, die im Zeitraum zwischen 1432 und 1464 entstanden. Keines der Werke VAN DER WEYDENs ist durch eine Signatur oder eine zeitgenössische Quelle gesichert.

In Auseinandersetzung mit dem Arbeiten von JAN VAN EYCK und ROBERT CAMPIN gelangte der flämische Künstler zu einem monumentalen, vom hohen Gefühlspathos der Spätgotik erfüllten Werk. Als Künstler der Spätgotik war VAN WEYDEN sich seiner eigenen Sündhaftigkeit bewusst, und widmete sich in erster Linie dem Motiven der Passionsgeschehens und Madonnenverehrung. In seinen Werken finden sich zahlreiche Charakteristika der gotischen Formensprache wieder, wie vergoldete Hintergründe, oder die Verwendung von strengen Rahmenarchitekturen, die den Raum einer Szene begrenzen.

An realistischen Darstellungsformen zeigte er wenig Interesse. Seine Bilder sind gekennzeichnet durch Haltung, Farbe und Ausdruck der hervorragend aufeinander abgestimmten Figuren seiner Darstellung. Landschaft und gegenständliche Details treten bei VAN WEYDEN in den Hintergrund. Sein Stil nimmt im Verlaufe der Entwicklung eine zunehmende Idealisierung an. Die farbige Bildeinheit, die seine Maltechnik bewirkt, war in der niederländischen wie auch in der deutschen Kunst der Spätgotik von großer Bedeutung.

Die frühen Arbeiten vor 1430 stellen in erster Linie Szenen aus dem Leben der Jungfrau MARIA dar, wie beispielsweise die „Verkündigung“ aus der Zeit um 1424 (Prado, Madrid). VAN WEYDENS zwischen 1430 und 1450 entstandene Werke deuten hingegen auf verstärktes Interesse des Künstlers an der Passionsgeschichte CHRISTI und zeigen eine Entwicklung hin zu Abstraktion und idealisierter Askese. Es dominieren kühle Farben, eine rhythmische Linienführung und eine elegante Haltung der Figuren.

Vor 1443 fertigte VAN DER WEYDEN im Auftrag der örtlichen Bogenschützengilde für die Liebfrauenkirche in Löwen sein Werk die „Kreuzabnahme Christi“ an. Durch Königin MARIA VON UNGARN gelangte das Werk später nach Spanien, wo es sich bis 1939 im Kloster PHILIPP II. befand. Heute ist der Altar, dessen ursprünglich zugehörigen Flügel verloren gegangen sind, im Prado in Madrid ausgestellt.

Szenisch ist das Werk wie ein plastischer Altar gestaltet. Er thematisiert in der Vielfalt der körperhaft gestalteten Figuren alle Ausdrucksmöglichkeiten der Leiderfahrung. Der Betrachter wird zum Mitleiden aktiviert. Die große Leistung des Künstlers bestand darin, den Leichnam und die trauernden Figuren in einer flächigen Schicht anzuordnen. Dies gelang ihm, indem er die Leiter, auf der ein jüngerer Mann steht, hinter das Kreuz platzierte.

Auf diese Weise wurde der tote Sohn Gottes vollständig schaubar gemacht. Der Leichnam wird gestützt und gehalten von Josef von Arimathia und Nikodemus. Am rechten Bildrand steht die trauernde Maria Magdalena. Links kümmert sich Johannes zusammen mit einer der Begleiterinnen um die ohnmächtig zu Boden gesunkene Maria. Die gesamte Szene spielt sich in einem Schrein mit goldenen Wänden ab.

Rogier van der Weyden - Kreuzabnahme

Eines der berühmtesten Werke des flämischen Künstlers ist das Bild „Der heilige Lukas zeichnet mit dem Silberstift die Madonna“ (ca. 1435–1440, The Museum of Fine Arts, Boston) Bei diesem Werk orientierte sich VAN WEYDEN deutlich an JAN VAN EYCKS „Madonna des Kanzlers Rolin.“

Anlässlich des Heiligen Jahres unternahm VAN DER WEYDEN im Jahre 1450 eine längere Italienreise, deren genaue Reiseroute nicht bekannt ist. Es wird jedoch angenommen, dass sie ihn nach Rom und Florenz führte und er dort die Malerei der italienischen Renaissance kennen lernte. Die Humanisten CYRIAKUS und JOHANNES FACIUS rühmten ihn als „bester Maler im Norden nächst JAN VAN EYCK“.

In dieser Zeit entstand „Die Beweinung Christi“ (Galleria degli Uffizi, Florenz).
Nachdem VAN DER WEYDEN aus Italien zurück gereist war, wurde er von NIKOLAS ROLIN, dem Kanzler Herzog PHILIPPS DES GUTEN VON BURGUND, beauftragt, einen großen Altar mit der Darstellung des Jüngsten Gerichts anzufertigen. Bei diesem Werk bemühte sich der Künstler um eine vollende Ordnung (zwischen 1488 und 1451, Hotel-Dieu, Beaune).

Die Gesamtposition des Altars ist zurückzuführen auf italienische Einflüsse. Dergleichen orientierte sich VAN DER WEYDEN bei der symmetrischen Komposition des „Braque-Altar“ (Louvre, Paris) an Werken aus Italien. Als Halbfiguren malte er Christus zwischen Maria und Johannes dem Evangelist auf der Mitteltafel. Die Gruppe wird flankiert von Maria Magdalena und Johannes dem Täufer auf den Flügeln. Brustbilder dieser Art gab es in Italien seit dem 13. Jahrhundert.

Der „Dreikönigsaltar“ (um 1455, Alte Pinakothek, München) zeigt den gereiften Stil des spätgotischen Malers. In präzise umrissenen Formen und leuchtenden reinen Farben wird der geistige Inhalt des Bildes gefasst und eine neue Form des Realismus geschaffen.

Rogier van der Weyden - Columba-Altar

Feierlichkeit und ein sich in den Farben und Gesten entfaltender Gehalt kennzeichnen dieses Werk VAN DER WEVDENs ebenso wie den einige Jahre früher entstandenen „Middelburger Altar“ (Bladelin-Altar).

Die Mitteltafel zeigt das inhaltliche Zentrum des Werkes, die Geburt Christi. Nahe den heiligen Personen und auf Knien im Gebet versunken befindet sich der Stifter des Bildes PIETER BLADELIN. Die Darstellungen der Verkündigungen auf den Seitenflügeln ergänzen das Programm des Altares.

Um 1455 entstand „Der Johannesaltar“. In ihrer Grunddisposition knüpft die Retabel an den „Miraflores-Altar“ an, der sich heute ebenfalls in der Berliner Gemäldegalerie befindet. In den skulptierten Portalrahmungen der beiden Werke sind perspektivische und tiefenräumliche szenische Gestaltungen neunen Lösungen zugeführt.

Von höchster Qualität sind das Bildnis „Pierre de Beffremont“ (Thyssen-Bornemisza, Lugano) und die Frauenporträts „Isabella von Portugal“ in New York und „Bildnis einer jungen Frau“ in Washington.

Unter den Porträts der Spätzeit sind „Laurent Froiment“ und „Philipp de Croy“ zu nennen, beide als rechte Flügel zu den Madonnenbrustbildnissen (Caen, Brüssel und San Marino, Antwerpen) als Andachtsdiptychon konzipiert.

Am 18. Juni 1464 starb ROGIER VAN DER WEYDEN in Brüssel. Er wurde in der Saint Gudulakirche am Altar der Hl. KATHARINA beigesetzt. Seine Heimatstadt Tournai ehrte ihn mit einer Messe am 19. Oktober 1464.

Ähnlich wie CAMPIN, hatte ROGIER VAN DER WEYDEN viele Schüler und leitete einen umfangreichen Werkstattbetrieb, in dem berühmte Künstler wie VRANCKE VAN DER STOCKT und vermutlich auch HANS MEMLING arbeiteten.

ROGIER VAN DER WEYDEN wirkte entscheidend auf die nordeuropäische, vor allem auf die deutsche Malerei der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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