- Lexikon
- Mathematik
- 7 Planimetrie
- 7.5 Zentrische Streckung, Ähnlichkeit und Strahlensätze
- 7.5.3 Strahlensätze
- Goldener Schnitt in der Kunst
In der Antike herrschte die Auffassung, dass der menschliche Körper und seine Teile eine gewisse symmetrische Harmonie, die sich auch mathematisch beschreiben ließe, besitzen müsse um vollkommen zu sein. Sein goldener Punkt sei der Nabel, der darüber liegende Teil sollte dem Minor und der darunter liegende dem Major der Körpergröße entsprechen. Einer zweiten Auffassung nach versuchte man den Menschen in einfachste geometrische Formen wie Dreiecke, Kreise oder Quadrate zu passen.
Dieses Streben der Künstler, Kunst und Wissenschaft zu verbinden führte dazu, den Maßverhältnissen des Menschen gesteigerte Aufmerksamkeit zu schenken. Das Auffinden einer Handschrift des Römers VITRUVIUS im Jahre 1416 förderte dieses Streben. Das Motto der Renaissancekünstler war: „Allein die Ausgewogenheit der Verhältnisse macht die Schönheit“ (GHIBERTI, 1444).
Übersetzung des Begleittextes zur Skizze Vitruv-Mann: Der Baumeister VITRUVIUS behauptet in seinem Werk über die Baukunst, dass die Maße des Menschen von der Natur so geordnet seien, dass vier Finger eine Handbreite, vier Handbreiten eine Fuß, sechs Handbreiten eine Elle, vier Ellen die Größe des Menschen, sowie einen Schritt, und vierundzwanzig Handbreiten die Größe des Menschen ausmachen. Und diese Maße in seinen Bauten enthalten. Wenn du die Beine so weit spreizt, dass du um ein Vierzehntel deiner Größe abnimmst, und wenn du dann deine Arme ausbreitest und hebst bis du die Scheitellinie des Kopfes mit deinen Mittelfingern berührst, so musst du wissen, dass der Mittelpunkt des Kreises, der durch die Enden der gestreckten Gliedmaße gebildet wird, der Nabel ist und dass der Zwischenraum zwischen den Beinen ein gleichseitiges Dreieck bildet.
Die Spanne der ausgebreiteten Arme des Menschen ist gleich seiner Höhe (Größe).
Der Abstand von Haaransatz bis zum Rand des Unterkinns ist ein Zehntel der Größe des Menschen, der vom unteren Rand des Kinns bis zum Scheitel des Kopfes ist ein Achtel der Größe des Menschen, der vom oberen Rand der Brust bis zum Scheitel des Kopfes ein Sechstel des Menschen, ... (nach UHLMANN).
Bereits in vielen Kunstwerken der Antike und später dann der Renaissance kann man diese Auffassung wiederfinden und auch den Goldenen Schnitt entdecken. So ist die „göttliche Proportion zur Vollkommenheit“ in der Statue der „Venus von Milo“, im Skizzenbuch „Livre de portraiture“ des VILLARD DE HONNECOURT (um 1230) wie in Gemälden von RAFFAEL (um 1511), LEONARDO DA VINCI (1452 bis 1519) und ALBRECHT DÜRER (1471 bis 1528) zu finden, manchmal aber erst mit ein wenig Übung. DA VINCI kamen während seiner Studien aber bald Zweifel, ob eine derartige Mathematisierung die Lösung des Schönheitsproblems bringen würde und rückte die natürliche Verschiedenheit in seinen Studienmittelpunkt:
„Wer diese Verschiedenheit nicht berücksichtigt, der macht seine Gestalten immer nach der Schablone, als ob sie alle Geschwister seien, und das verdient strengen Tadel.“ (nach Uhlmann)
Ob bewusst oder intuitiv nahmen (und nehmen) viele Künstler den Goldenen Schnitt als Voraussetzung für die harmonischen Gestaltung von Kunstwerken, egal ob es die Maße des Bildes oder die Proportionen der Komposition betraf.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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