Afro Celt Sound System

Celtic Music – von traditional bis River Dance

Celtic Music ist innerhalb der World Music eine Sammelbezeichnung für irische und schottische Musik. Die Bezeichnung bezieht sich historisch auf ein keltisches Erbe und auf keltische Sprachen.
In einem neu erwachten Bewusstsein gilt das inselkeltische Kulturerbe als Symbol der Einheit zwischen den gälisch sprechenden Iren und Schotten, den walisisch bzw. bretonisch Sprechenden im englischen Wales bzw. in der französischen Bretagne.

Die Wiederbelebung der irischen traditionellen Folkmusic erfolgte in den 1970er Jahren durch Gruppen wie PLANXTY, den BOYS OF THE LOUGH und der BOTHY BAND.

Das jährliche inter-keltische Festival in Lorient in der Bretagne feiert diese neue kulturpolitische Solidarität inzwischen seit über 10 Jahren. Neben anderen „keltisch“ orientierten Festivals in Irland, Schottland und Wales, Galicien und Asturien bietet sich bei solchen Ereignissen die Möglichkeit an, sich gegenüber den dominanten Kultureinflüssen Englands, Frankreichs und Spaniens mit den Mitteln einer marginalisierten Kultur symbolisch zu artikulieren.

Fidel, Flöte, Tin oder Penny Whistle, irischer und bretonischer Dudelsack (bombarde und uillean pipe), bretonische Oboe (biniou), Concertina, Akkordeon, Mandoline, amerikanisches Banjo, walisische Harfe (Crwth), griechische Langhalslaute (Bouzouki) und irische Rahmentrommel (Bodhrán) prägen die keltische Folkmusic, Tanz und Gesang sowohl in ihren traditionellen als auch modernisierten Stilen.

Um 1990 setzte die Crossover-Gruppe CLANNAD Synthesizer und Trommel-Programme ein, indem sie eine Art mystische Stimmung herbeiführten, welche die „Celtic Music“ in die Nähe von New Age brachte.

Die Mega-Shows „Riverdance“ und „Lord of the Dance“ transformierten schließlich traditionell irische Elemente in moderne synkretistische Formen.
Riverdance startete 1995 und wurde für ein Zielpublikum auf dem weltweiten Markt und zuleich für den Broadway konzipiert. Choreografie, Balletteinlagen, Chorusline, Lichteffekte, große Soundsysteme und Anleihen an osteuropäische Rhythmen vermischten sich mit traditionellen irischen Stereotypen. Involviert waren 80 Tänzerinnen und Tänzer, davon dreißig irische Stepptänzer und eine große Gruppe traditioneller irischer Folkmusiker. Es wirkten des weiteren mit Mitglieder der Dubliner Gesangsgruppe ANÚNA, das Moskauer FOLK BALLETT, das DELIVERANCE ENSEMBLE von Atlanta, die Flamenco-Tänzerin MARIA PAGE, der Gitarrist RAFAEL RIQUENTI, amerikanische Stepptänzer und der ungarischer Musiker NIKOLA PAROV mit Dudelsack (Gaita) und Flöte (Kaval). Thematisiert wurden traditionelle Symbole (reel- and jig-Melodien), das irische Leben, geprägt von Nationalismus und Emigration irischer Auswanderer.

Andere Musikgruppen integrierten zur irischen Musik Pop und Rock oder wie die irisch-amerikanische Gruppe BLACK 47 Rock, Rap und Jazz. „Celtic Musik“ bezeichnet heute jede denkbare Kombination von „keltischer“ Musik mit unterschiedlichsten Formen der „Weltmusik“, wozu gleichsam als fernste Kombination seit 1996 auch das Afro Celt Sound System gehört.

Afro Celt Sound System

Das Afro Celt Sound System ist eine Fusion von keltischen und afrikanischen Elementen mit moderner Elektronik. Fusioniert werden irisch-gälischer Musik mit afrikanischen Rhythmen und Instrumenten und mit moderner Tanzklubmusik zu Keyboard, Dancefloor Samples und Dubbing.

Zum irisch klingenden Teil der Gruppe (kurz: AFROKELTEN) gehören der meist in Gälisch singende sean nós-Sänger IARLA O’LIONARD und der Bodhrán- und Whistle-Spieler JAMES MCNALLY sowie die Piperin EMER MAYOCK.
Die Afro-Klänge steuern die Gastmusiker MOUSSA SISSIKO aus Guinea (talking drums, djembe) und N’FALY KOYATE aus Nigeria (kora) bei. Diese sind – mit den Worten des von SOMON EMMERSON, dem Erfinders von AFRO CELT SOUND SYSTEMS – „Nomaden, spielen mal hier, mal dort“.
SOMON EMMERSON selber ist nicht nur Erfinder, sondern auch Produzent der Gruppe und spielt zudem Gitarre und Keyboard. JOHNNY KHALSI scheint mit seinem Turban und Vollbart ein Pandschabi zu sein, ist aber in Kenia aufgewachsen, lebt inzwischen in London und spielt die indischen Dhol-Drums.

Im Unterschied zu der belgischen Ethnopop-Gruppe DEEP FOREST verwenden die Afrokelten beim Disco-Sound keine Samples, die sie vorher nicht selber eingespielt haben. Schlagzeug, Bass und Keyboard werden nicht live vorgetragen, sondern kommen wie die meisten Klänge aus dem DAT-Recorder.

Afro-irische Ethno-Elemente, Live-Instrumentalspiel, Musik-Samples und Surround Mixes synthetisieren sich zu einer exquisiten und zugleich kommerziellen Mischung aus New Age, Postrock und Global Dancefloor. Nach EMMERSON gibt es für AfroKelten keine Regeln und man arbeitet auch nicht mit einem ausschließlichen Genre. Wenn es so etwas gäbe, wäre es im wesentlichen die eklektische Sache von World Fusion mit einem acht Minuten dauernden ambient-dubbing und der Magie des musikalischen Morphing, wo man sich innerhalb einer Minute in einem folk club wähnt und in der nächsten bereits in einem techno rave.

Transmigranten der Weltmusik

Die Projekte der AfroKelten sind europäisch mit irischen Musikern, von einem britischen Produzenten organisiert, in London beim Virgin Real World Label für einen Weltmarkt herausgegeben und mit afrikanischen Künstlern als überseeische Gäste (oder vielleicht doch „Gastarbeiter“ ?) inhaltlich bereichert worden. Künstler gehören in der „world music“ und insbesondere auf ihren Welttourneen zu den modernen Transmigranten des Jetsets. Sie sind hier und dort, Botschafter von Marketing-Projekten einerseits und das Ergebnis von Kulturdialogen andererseits, sie sind jene Grenzgänger, die die Dynamik des globalen Flusses über die Grenzen hinweg aufrechterhalten und zugleich das Widerständig-Regionale als differenzierendes Merkmal in das Patchwork eines weltweit agierenden Netzwerkes von Tourneen, Verkaufscharts und Vertriebssystemen einfließen lassen.

Die universale Botschaft der AfroKelten lautet: Ob Ire oder Afrikaner, als Menschen sind wird alle gleich, als Künstler und Kulturschaffende jedoch sind wir verschieden in unserer regionalen Verortung. Im Kulturdialog der Transmigranten ließe sich für die Zukunft etwa erahnen, dass weder der Universalismus („wir sind alle gleich“) noch der Relativismus („wir sind alle anders“) eine schlüssige Antwort sein kann, sondern vielmehr das dialogische Dazwischen, im hörbaren Erkunden des Gemeinsamen in der Differenz von Individualität und Solidarität.

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