Galanter Stil und Empfindsamer Stil

Das 18. Jh. war das Zeitalter der Aufklärung und markierte gleichzeitig den beginnenden Umbruch von einer feudal geprägten in eine bürgerliche Gesellschaft. Das Bürgertum suchte nach einem eigenen musikalischen Ausdruck, der sich ganz bewusst gegen barocken Pathos, höfisches Repräsentationsbedürfnis und Künstlichkeit richtete.
In diesem Umfeld entstand etwa um 1720 der galante Stil, der eine Schreibart bezeichnete, welche im Gegensatz zur strengen kontrapunktischen Schreibweise des 17. Jh. leicht verständlich und ungezwungen sein sollte. Dem aufkeimenden bürgerlichen Bewusstsein gemäß wandte sich der galante Stil vorrangig an den Geschmack des gebildeten Liebhabers, weniger an das Urteil eines gelehrten Kenners.

Parallel zum galanten Stil entwickelte sich um 1740 der empfindsame Stil, welcher gefühlsbetonte Elemente hervorhob und als Intensivierung des galanten Stils gilt. Beide Stile nahmen das Credo der Klassik nach stilistischer Einfachheit, Verständlichkeit und Natürlichkeit vorweg und werden daher häufig mit Begriffen der „Früh- oder Vorklassik“ in Verbindung gebracht.

Zu den wichtigsten Komponisten des galanten und des empfindsamen Stils gehörten:

  • PIETRO ALESSANDRO SCARLATTI (1660–1725)
  • JOHANN CHRISTOPHER PEPUSCH (1667–1752)
  • FRANÇOIS COUPERIN (SIEUR DE CROUILLY, 1668–1733)
  • GIUSEPPE DOMENICO SCARLATTI (1685–1757)
  • CARL PHILIPP EMANUEL BACH (1714–1788)
  • CHRISTOPH WILLIBALD RITTER VON GLUCK (1714–1787)

Wichtige Komponisten des galanten und empfindsamen Stils

PIETRO ALESSANDRO SCARLATTI
* 02.05.1660 Palermo
† 22.10.1725 Neapel

  • PIETRO ALESSANDRO SCARLATTI (der Vater von GIUSEPPE DOMENICO SCARLATTI, s.u.) war ein italienischer Komponist, der mit 12 Jahren nach Rom zog und dort seine musikalische Erziehung genoss. 1684 verließ er Rom zugunsten einer Anstellung als Hofkapellmeister am Teatro S. Bartolomeo in Neapel. Diese füllte er bis 1703 aus. Nachdem SCARLATTI 1715 zum Ritter geschlagen wurde und 1716 von Papst CLEMENS XI. den Adelstitel „Cavaliere“ erhalten hatte, pendelte er ohne befriedigendes Engagement zwischen Rom und Neapel, bis er mit der Uraufführung seiner Opera buffa „Il trionfo dell’onore“ (1718) einen durchschlagenden Erfolg erlebte. 1722–1725 lebte er zurückgezogen in Neapel.
  • Mit seinen über 100 Opern und mehr als 800 italienischen Kantaten gilt er als dominierende Persönlichkeit des ausgehenden 18. Jh.; der musikalisch wirksame Ausdrucksstil seiner Opern beeinflusste die nachfolgenden Komponisten der Neapolitanischen Schule nachhaltig.

JOHANN CHRISTOPHER PEPUSCH
* 1667 Berlin
† 20.07.1752 London

  • JOHANN CHRISTOPHER PEPUSCH war ein englischer Komponist deutscher Herkunft. Etwa um 1700 ging PEPUSCH nach London. 1710 war er Mitbegründer der Academy of Ancient Music, die sich für die Pflege alter Musik einsetzte, und 1741 der Madrigal Society. 1713 erhielt er seinen Doctor of Music an der Universität von Oxford.
  • Die Bettleroper („The beggar’s opera“) ist sein populärstes Werk, welches er nach der literarischen Vorlage von JONATHAN SWIFT (1667–1745) und mit einem Text des englischen Dichters JOHN GAY (1685–1732) komponierte. Die insgesamt 69 Textnummern der Oper unterlegte PEPUSCH größtenteils mit volkstümlichen Liedern, adaptierte aber auch zeitgenössische Werke (beispielsweise von GEORG FRIEDRICH HÄNDEL, 1685–1759). „The Beggar’s Opera“ gehört zu den meistgespielten Opern und erfuhr zahlreiche Nachdichtungen. Die berühmteste ist die „Dreigroschenoper“ von BERTOLT BRECHT (1898–1956) und KURT WEILL (1900–1950).

FRANÇOIS COUPERIN (SIEUR DE CROUILLY)
* 10.11.1668 Paris
† 11.09.1733 Paris

  • FRANÇOIS COUPERIN (SIEUR DE CROUILLY) war ein französischer Komponist, der auch COUPERIN LE GRAND genannt wurde. COUPERIN verbrachte, abgesehen von Reisen, sein ganzes Leben in Paris und bekleidete dort mehrere Stellungen als Organist und Lehrer. 1723 zog er sich aus gesundheitlichen Gründen aus dem Pariser Musikleben zurück.
  • COUPERINs vielseitiges Schaffen umfasste sowohl weltliche und geistliche Vokalmusik als auch instrumentale Kammermusik. Im Zentrum stehen seine über 240 Cembalostücke, die 1713–1730 in vier Büchern publiziert wurden und mit ihrer tänzerischen Gestik und ihren reichhaltigen Verzierungen den galanten Stil begründet haben.

GIUSEPPE DOMENICO SCARLATTI
* 26.10.1685 Neapel
† 23.07.1757 Madrid

  • GIUSEPPE DOMENICO SCARLATTI war ein italienischer Komponist und der Sohn von PIETRO ALESSANDRO SCARLATTI (s. o.). Als Zwanzigjähriger lernte er GEORG FRIEDRICH HÄNDEL (1685–1759), FRANCESCO GASPARINI (1668–1727) und ANTONIO VIVAlDI (1678–1741) in Venedig kennen. Über Rom und Portugal gelangte er 1733 an den spanischen Hof in Madrid und blieb dort bis zu seinem Tod.
  • Obwohl er ähnlich wie sein Vater zunächst Opern komponierte, konzentrierte sich das Interesse SCARLATTIs in Spanien nahezu ausschließlich auf die Komposition von Cembalosonaten. Über 550 fast ausschließlich einsätzige Sonaten für das Tasteninstrument sind erhalten, in denen SCARLATTI wesentlich zur Entwicklung der Gattung der Sonate beitrug.

CARL PHILIPP EMANUEL BACH
* 08.03.1714 Weimar
† 14.12.1788 Hamburg

  • CARL PHILIPP EMANUEL BACH wird auch der „Berliner“ oder „Hamburger“ BACH genannt. Er war das fünfte Kind von JOHANN SEBASTIAN BACH (1685–1750), der ihn musikalisch ausbildete. Nach einem Jurastudium erhielt BACH 1734 seine erste Anstellungen als Instrumentalist, Musiklehrer und Komponist.
  • 1740 kam er nach Potsdam an den Berliner Hof FRIEDRICHS II., der ihm 1741 den Titel eines Kammercembalisten verlieh. 1768 wurde er Musikdirektor von fünf Kirchen in Hamburg und gestaltete mit öffentlichen Konzerten maßgeblich die Hamburger Musikkultur.
  • Vor allem in der Entwicklung der Klaviermusik (BACH galt zu seiner Zeit als der größte Klavierkomponist und der beste Klavierspieler), in der er Empfindung und Empfindsamkeit als Schlüsselbegriffe der Aufklärung zum Ausdruck brachte, gilt er als wegweisend. Insgesamt komponierte er über 350 Sinfonien, Klavierkonzerte und Sonaten und verfasste das Lehrwerk „Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen“.

CHRISTOPH WILLIBALD RITTER VON GLUCK
* 02.07.1714 Erasbach bei Neumarkt (Oberpfalz)
† 15.11.1787 Wien

  • CHRISTOPH WILLIBALD RITTER VON GLUCK war ein deutscher Opernkomponist der Vorklassik. Nach einem Studium in Prag (um 1731) können Anstellungen als Kapellmeister oder Hofkompositeur in mehreren europäischen Zentren nachgewiesen werden (Wien, London, Hamburg, Mailand und Kopenhagen).
  • In die Musikgeschichte eingegangen ist GLUCK durch seine Opernreform, welche mit den Forderungen nach dramatischer Einheitlichkeit und Vereinfachung die Musik in den Dienst der Handlung stellen sollte. Damit kritisierte er die französische Grand opéra und die italienische Opera seria gleichermaßen. Als erste Reformoper gilt „Orfeo ed Euridice“ („Orpheus und Eurydike“), die am 05.10.1762 in Wien uraufgeführt wurde. Insgesamt schuf GLUCK über 100 Opernwerke, von denen aber nur etwa die Hälfte erhalten geblieben sind.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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