Alexis de Tocqueville

„History is a gallery of pictures in which there are few originals and many copies.“ (TOCQUEVILLE)
„Geschichte ist eine Bildergalerie, in der es wenige Originale und viele Kopien gibt“.

Die Familie des Historikers und Politikers ALEXIS DE TOCQUEVILLE (der mit vollem Namen CHARLES ALEXIS MAURICE CLÉREL DE TOCQUEVILLE hieß) gehörte einem alten normannischen Adelsgeschlecht an. Bereits sein Vater hatte unter NAPOLÉON I. eine politische Laufbahn eingeschlagen und war zunächst Bürgermeister eines kleinen Ortes nahe Paris. Nach dem Sturz NAPOLÉONs stieg er zum Präfekten verschiedener französischer Départements auf. ALEXIS erhielt eine solide Ausbildung. Er besuchte zunächst das Gymnasium in Metz und wechselte dann als Student der Rechtswissenschaft an die Pariser Sorbonne. 1826 beendete er seine Studien und erhielt eine Anstellung als Referendar am Versailler Gericht. Als in der Julirevolution 1830 der Bourbonen-König KARL X. gestürzt wurde, beabsichtigte ALEXIS DE TOCQUEVILLE, seinen Posten aus Protest aufzugeben.

TOCQUEVILLEs Reise nach Amerika

Doch bot sich ihm bald darauf eine neue berufliche Perspektive. Er erhielt den Regierungsauftrag zu einer Studienreise in die Vereinigten Staaten, um das dortige Gefängniswesen zu begutachten. Zusammen mit seinem Freund GUSTAVE DE BEAUMONT schiffte er sich am 2. April 1831 in Richtung USA ein. Auftragsgemäß besuchte er eine Reihe amerikanischer Gefängnisse, wobei er besonders vom Modell der Bestrafung durch Arbeit angetan war. Darüber hinaus beschäftigte er sich intensiv mit dem politischen System der USA, nutzte seinen Aufenthalt aber auch für einen abenteuerlichen Abstecher in den damals noch weitgehend unbesiedelten Westen des Landes.

Über die Demokratie in Amerika

Nach Paris zurückgekehrt, quittierte er 1832 den Staatsdienst und ließ sich als Anwalt nieder. Doch wichtiger als seine anwaltliche Tätigkeit war ihm die Niederschrift der während seiner Reise über das amerikanische Staatswesen gewonnenen Erkenntnisse. Aus ihnen entstand das 1835 veröffentlichte Buch „De la Démocratie en Amérique“, das TOCQUEVILLE große Achtung und Bekanntheit einbrachte. 1841 wurde er in die Académie française aufgenommen. TOCQUEVILLEs Analyse der amerikanischen Demokratie erläutert – neben einer ausführlichen Beschreibung der politischen Institutionen – die Chancen und Risiken dieser Regierungsform. Das Hauptproblem politischer Organisation sieht er

  • im Ausgleich von Freiheit und Gleichheit sowie
  • der Gefahr despotischer Herrschaft.

Seine Ansicht nach tendiert das der Demokratie innewohnende Streben nach sozialer Gleichheit zu einer Massengesellschaft, in der die Einzelnen ihren politischen Einfluss zunehmend an die staatliche Zentralgewalt abgeben. Dieser Tendenz will TOCQUEVILLE durch eine Stärkung der lokalen Freiheiten und der freien Assoziation von Bürgern, wie er sie in den USA kennen lernte, entgegenwirken.

TOCQUEVILLE als Politiker

TOCQUEVILLE betätigte sich jedoch nicht nur als Anwalt und Schriftsteller, sondern seit 1839 auch in der französischen Politik. Als gemäßigter Liberaler zog er in diesem Jahr in die Abgeordnetenkammer ein, schloss sich dort aber keiner der politischen Fraktionen an. Nach der Februarrevolution von 1848 gehörte er zu denjenigen Abgeordneten, die gegen den Widerstand der Arbeiter die Schließung der Nationalwerkstätten durchsetzten und die Niederschlagung des darauf folgenden Arbeiteraufstandes unterstützten. Im folgenden Jahr wurde er kurzzeitig französischer Außenminister in der von ODILON BARROT geführten Regierung. In dieser Funktion sorgte er für die Wiedereinrichtung des römischen Kirchenstaates. Seine politische Laufbahn endete 1851 mit dem Staatsstreich LOUIS BONAPARTEs (dem späteren NAPOLÉON III.). Für einige Tage inhaftiert, zog er sich aus Protest gegen die Politik LOUIS BONAPARTEs nach seiner Freilassung ins Privatleben zurück.

Von nun an widmete er sich ausschließlich der Schriftstellerei und verfasste sein zweites historisches Hauptwerk „L'Ancien Régime et la Révolution“, dessen erster Band 1856 erschien. Darin vertritt TOCQUEVILLE die These, dass durch die Französische Revolution von 1789 die Politik des absolutistischen „Ancien Régime“ nicht abgeschafft, sondern vielmehr vollendet wurde. Diese Kontinuität belegt er mit

  • der Entmachtung des Adels,
  • der Zentralisierung der Verwaltung und
  • der Neuaufteilung des Grundbesitzes,

die im Absolutismus in Angriff genommen und während der Revolution abgeschlossen worden seien. Der geplante zweite Band blieb unvollendet. Seit seiner Amerika-Reise litt TOCQUEVILLE an einer Lungenerkrankung, die ihn 1859 zu einem Kuraufenthalt in Cannes zwang, wo er am 16. April verstarb.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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