Angela Merkel

Dr. ANGELA MERKEL, geborene KASNER, wurde als Tochter eines Pfarrers und einer Lehrerin am 17. Juli 1954 in Hamburg geboren.
Noch im gleichen Jahr übernahm ihr Vater, der sich der Brandenburgischen Kirche verpflichtet fühlte, eine Pfarrei in Quitzow (bis 1957). Mit ihren Eltern und den beiden jüngeren Geschwistern, MARCUS und IRENE, wuchs sie ab 1957 in einem Pfarrhaus in Templin (Brandenburg) auf. Hier verbrachte sie auch den größten Teil ihrer Jugend. Ab 1961 besuchte sie die Polytechnische Oberschule, trat Anfang der 1970er-Jahre in die Freie Deutsche Jugend (FDJ) ein, dem Jugendverband der DDR (Deutsche Demokratische Republik). A. MERKEL sagt über ihre Eltern:

„Meine Mutter hat das Tagesgeschäft gemacht, sie war die emotionale Anlaufstelle. Von ihr habe ich gelernt, das normale Leben zu bewältigen und vor allem zu improvisieren. Mein Vater hat auf die logische Strenge Wert gelegt, auf Klarheit der Argumente.“

Weil ihr Vater Pfarrer war, hatten sie und ihre Geschwister einen natürlichen Bezug zur evangelischen Kirche. Man war christlich, ohne dies besonders zu reflektieren. Schon im Elternhaus fanden viele politische Diskussionen zu den verschiedensten Themen statt, häufig solche, die den Alltag in der DDR betrafen. Ihre Meinung war bereits in jungen Jahren politisch kontrovers zu der ihrer Eltern. Ihr Vater stand dem sozialistischen Staat wohlwollend gegenüber, schloss sich aber in der Wendezeit dem Neuen Forum an. Ihr Bruder ist Mitglied beim Bündnis 90/ DIE GRÜNEN, ihre Mutter engagiert sich in der SPD.

Beruflicher Werdegang

Nach dem Abitur studierte A. MERKEL von 1973 bis 1978 an der Universität Leipzig Physik und schloss mit dem Diplomexamen ab. Dort heirateten 1977 ANGELA KASNER und ULRICH MERKEL noch zu gemeinsamen Uni-Zeiten. Bereits 1981 trennte sich das Paar wieder. Der eigentliche Berufswunsch, Lehrerin für Russisch und Physik, blieb ihr in der DDR wegen ihrer kirchlichen Bindung versagt. 1978 fand sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentralinstitut für Physikalische Chemie an der Akademie der Wissenschaften in Berlin ihren Einstieg ins Berufsleben. Im Vordergrund ihrer Forschung stand das Feld der Quantenchemie. Sie promovierte 1986 mit der Dissertation über „Die Berechnung von Geschwindigkeitskonstanten von Elementarreaktionen am Beispiel einfacher Kohlenwasserstoffe“ zum Dr. rer. nat. Am Institut wirkte sie in der FDJ-Kulturarbeit mit.

Politische Karriere als Beruf

Zur Wende 1989/1990 engagierte sie sich politisch beim „Demokratischen Aufbruch“ (DA), der unter dem Dach der evangelischen Kirche stand. Geleitet wurde der DA von dem Rechtsanwalt WOLFGANG SCHNUR und dem Pfarrer RAINER EPPELMANN. A. MERKEL brachte es bis zur Pressesprecherin des DA. Nach der Volkskammerwahl am 18. März 1990 und der Bildung der letzten DDR-Koalitionsregierung unter Führung von LOTHAR DE MAIZIÈRE übernahm A. MERKEL die Funktion der Stellvertreterin des Regierungssprechers. Die Zeitung „Die Welt“ (03.01.1991) schrieb über ihre Tätigkeiten in den letzten Monaten der DDR:

„Als Regierungssprecherin war sie die beste und hilfreichste offizielle Quelle in Ostberlin, stets ein gegebenes Wort haltend, eher leise, mit Präzision und Blick fürs Wesentlich die Kabinettsitzungen referierend.“

Mit GÜNTHER KRAUSE u. a. gehörte sie zum engeren Kreis des Ministerpräsidenten, tendierte aber mehr und mehr zum Team KRAUSE. Als Verhandlungspartner von Bundesinnenminister WOLFGANG SCHÄUBLE profilierte er sich politisch bei der Erarbeitung des Einigungsvertrages. Die Wahlen des „Demokratischen Aufbruch“ waren wenig erfolgreich. Kurze Zeit später wurde WOLFGANG SCHNUR als Stasi-Mitarbeiter (Staatssicherheit der DDR) enttarnt und der DA brach auseinander. Im August 1990 wechselte A. MERKEL mit einer kleinen Gruppe, die für eine schnelle Einführung der kapitalistischen Marktwirtschaft sind, zur CDU (Christlich-Demokratische Union Ost).
Die Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 beendete ihre Tätigkeit im Ministerrat der DDR.

In seiner Eigenschaft als CDU-Vorsitzender verhalf ihr KRAUSE in Mecklenburg-Vorpommern zur Direktkandidatur. Bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl am 2. Dezember 1990 setzte sie sich in dem von der CDU dominierten Bundestags-Wahlkreis (Stralsund – Rügen – Grimmen) deutlich mit 48,5 % der Erststimmen gegen zwei Bewerber aus dem Westen durch.

Bundesministerin für Frauen und Jugend

Im Dezember wurde A. MERKEL als Direktkandidatin in den Deutschen Bundestag gewählt. Bei der Bildung des 4. Koalitionskabinetts von Bundeskanzler KOHL im Januar 1991 wurde das bisherige Ministerium für Jugend, Familie und Gesundheit in drei Ressorts aufgeteilt. A. MERKEL wurde im Kabinett zur Bundesministerin für Frauen und Jugend ernannt (1991 bis 1994).

Zunächst agierte die Ministerin in ihrem Ministeramt zurückhaltend und vermied weitgehend die Konfrontation mit Bundeskanzler HELMUT KOHL. Während der letzten beiden von KOHL geführten Legislaturen unterstützte er ihre Bewerbung um den Parteivorsitz der CDU Brandenburg. Auf dem Landesparteitag in Kyritz (Brandenburg) im November 1991 unterlag sie entschieden dem Mitbewerber ULF FINK.

Trotzdem wurde sie schon im Folgemonat auf dem CDU-Parteitag in Dresden als Nachfolgerin des glücklosen LOTHAR DE MAIZIÈRE (* 1940) mit der Mehrheit von gültigen Stimmen zur ersten stellvertretenden Parteivorsitzenden der Bundes-CDU gewählt (zuletzt 10/96 mit 86,4 % bestätigt).
Im September 1992 löste sie PETER HINTZE als Vorsitzenden des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) der CDU/CSU ab (bis 9/1993).
Nach dem Rücktritt von GÜNTHER KRAUSE handelte man A. MERKEL in politischen Kreisen immer öfter als Hoffnungsträgerin der CDU. Aufgrund der abgegebenen Stimmen zur Wahl im Juni 1993 übernahm sie die Funktion der Vorsitzenden des CDU-Landesverbandes von Mecklenburg-Vorpommern (zuletzt bestätigt 9/97). Damit erreichte A. MERKEL als Seiteneinsteigerin den vorläufigen Höhepunkt ihrer beispiellosen politischen Karriere in der Bundesrepublik Deutschland.

In der Bundespolitik vermied sie es, einem der Parteiflügel zugeordnet zu werden. Betrachter der politischen Szene attestierten ihr Machtinstinkt und einen individuellen, nüchtern-beharrlichen politischen Stil, den sie mit einer Reihe eigenwilliger Initiativen unterstrich. In der Debatte um den „Abtreibungsparagrafen 218“ setzte sie mit ihrer Devise, „helfen statt strafen“, einen eigenen Akzent. Auf heftigen Widerstand innerhalb der CDU stieß sie während der so genannten Quotendiskussion mit ihrem Entwurf eines so genannten Gleichberechtigungsgesetzes. Sie gehörte zu den erklärten Gegnerinnen einer gemäß Satzung verordneten „Frauenquote“. Mit einer bundesweiten Aufklärungskampagne „Keine Gewalt gegen Kinder“ und 132 Anti-Aggressions-Projekten startete sie im Januar 1992 den Versuch, die Kriminalität mit der höchsten Dunkelziffer einzudämmen. In diesem Zusammenhang mahnte sie eine Selbstkontrolle der TV-Sender an, um Sex und Gewalt im Fernsehen einzuschränken. Auch befürwortete sie ein Sendeverbot für indizierte Filme sowie ein Verbot von Tonträgern mit rechtsradikaler Musik. Ebenfalls sprach sie sich für einen allgemeinen Rechtsanspruch auf Kindergartenplätze aus.

Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Nach der Bundestagswahl vom 16. Oktober 1994, bei der die Regierungskoalition unter HELMUT KOHL (CDU/CSU/FDP) eine knappe Amtsbestätigung erhielt, übernahm A. MERKEL am 17. November von KLAUS TÖPFER, das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. TÖPFER seinerseits wurde Bauminister.
Die Opposition nahm ihre fehlende Erfahrung auf dem Gebiet der Umweltpolitik zum Anlass für eine vernichtende Kritik an der personellen Entscheidung.

Die erste Bewährungsprobe kam mit dem Streit um den Transport von Atommüll in Castor-Behältern von Baden-Württemberg in das Zwischenlager Gorleben (Niedersachsen). Sie hielt an der durchgesetzten Weisung ihres Vorgängers an das Land Niedersachsen fest, und sprach sich, wie erwartet, gegen einen Ausstieg aus der Kernenergie aus. Wenige Wochen später musste sie sich mit Atomkraftgegnern aus Greifswald und Umgebung (Mecklenburg-Vorpommern) auseinandersetzen. Sie wollten den Bau eines Zwischenlagers in ihrer Region stoppen. Nach Meinung von Beobachtern vermied A. MERKEL als Umweltministerin damals ein offensives Vorgehen sowie die Auseinandersetzungen mit mächtigen Interessengruppen. Eher versuchte sie, moderat und vermittelnd, konträre Positionen politisch zusammenzuführen. So setzte sie sich für flexible Sommersmogverordnungen (Gesetzesentwurf 7/95 verabschiedet), gegen ausschließlich ordnungsrechtliche Maßnahmen zur Klimavorsorge und für verschiedene Energieformen unter Einbeziehung der Kernenergie ein. Sie favorisierte eine Ökosteuer auf Benzin und Heizöl. Ebenso plädierte sie für eine nationale Lösung bei der Entsorgung von Atommüll inklusive Endlagerung. Im Zusammenhang mit der Umsetzung des im Herbst 1996 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschaftsgesetzes sollte die Selbstverantwortung und -überwachung der Wirtschaft gestärkt werden.

Während des in Berlin tagenden UNO-Klimagipfels im März und April 1995 wirkte sie entscheidend am Zustandekommen eines verabschiedeten Papiers („Berliner Mandat“) mit. Es beinhaltet die Forderung nach Reduzierung aller Treibhausgase und einem klaren Zeithorizont.
Im August 1996 verabschiedete das Bonner Kabinett nach ergebnislosen Anläufen seit 1987 ein neues Bundesnaturschutzgesetz, welches, so A. MERKELs Einschätzung, den Schutz der Lebensräume wildlebender Tiere und Pflanzen garantiert. Zur Verbesserung des Bodenschutzes wurde nach jahrelangen Diskussionen im September 1996 ein Gesetzentwurf („Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und Sanierung von Altlasten“) auf den parlamentarischen Weg gebracht. Damit wurden u. a. Eigentümern von Grund und Boden allgemeine Vorsorgepflichten auferlegt, um Flächenversiegelungen und Verseuchungen durch Industrie, Straßen- und Wohnungsbau zu vermeiden.
Im April 1997 stellte A. MERKEL dem Kabinett den zweiten nationalen Klimaschutzbericht vor. Das klimaschädigende Treibhausgas Kohlendioxid war 1996 erstmals seit der Wiedervereinigung wieder um zwei Prozent gestiegen. Um die angestrebte Senkung um 25 % bis zum Jahr 2005 erreichen zu können, sind nach Ansicht von A. MERKEL zusätzliche Anstrengungen notwendig. Mit einer Anfang Juli 1997 eingebrachten Vorlage einer Novelle zum Atomgesetz unternahm sie den Versuch, losgelöst von weiteren Verhandlungen mit der SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands) über einen Energiekonsens strittige technische Fragen der Kernkraftwerks-Technologie zu lösen. Dieser Alleingang der Regierung bei der Novellierung des Atomrechts stieß bei der Opposition und den Bundesländern auf starken Widerstand. Begründet durch die beabsichtigte Förderung der Entwicklung und des Exports eines neuen Druckwasserreaktors EPR.

Generalsekretärin der CDU

Nach der verlorenen Bundestagswahl von 1998 musste sie das Amt der Umweltministerin an JÜRGEN TRITTIN von den Grünen abgeben. Am 7. November 1998 wurde sie vom neuen Bundesvorsitzenden WOLFGANG SCHÄUBLE zur Generalsekretärin der CDU gewählt. Zugleich fungierte sie ab 1991 bis 1998 als stellvertretende Parteivorsitzende der CDU.

Während der Parteispendenaffäre um den Altbundeskanzler HELMUT KOHL, wendete sich A. MERKEL erstmals von ihrem Übervater und bisherigen Förderer KOHL ab. In einem Zeitungsartikel der FAZ („Frankfurter Allgemeine Zeitung“) im Dezember 1999 gab sie den Startschuss zur Distanzierung der Partei von KOHL und – weil er allzu lange in Loyalität zu seinem politischen Ziehvater verharrte – auch von ihrem Amtsvorgänger SCHÄUBLE. Verbunden mit dem politischen Rückzug des langjährigen Bundeskanzlers KOHL und der personellen Umstrukturierung, ging gleichzeitig eine Verjüngung der CDU-Führung einher. Gemeinsam mit dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden FRIEDRICH MERZ stieg sie zur neuen Führungsgeneration der CDU auf.

Vorsitzende der CDU

Am 10. April 2000 wurde A. MERKEL durch die Delegation des Essener Parteitags mit 96 % der Stimmen Vorsitzende der CDU, in Nachfolge von WOLFGANG SCHÄUBLE.

Im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 stand eine Kandidatur der CDU-Politikerin zur Diskussion. Ihre Partei verzichtete jedoch auf eine innovative Weichenstellung und die erste ernst zunehmende Kanzlerkandidatin in der Geschichte der Bundesrepublik.
Offenbar auf Druck der CSU setzte sich EDMUND STOIBER als Kanzlerkandidat der Union in der Bundestagswahl von 2002 durch. Während des heißen Wahlkampfes im Sommer 2002 zeichnete sich A. MERKEL durch eine rückhaltlose Unterstützung des Kanzlerkandidaten aus. Unmittelbar nach der Wahlniederlage der Union am 22. September 2002 rückte die CDU-Chefin in Nachfolge des zurückgetretenen FRIEDRICH MERZ zur Fraktionsvorsitzenden der Union im Bundestag auf. Die CDU-Parteivorsitzende und CDU-Fraktionsvorsitzende profilierte sich in der nachfolgenden Legislatur als harte Oppositionsführerin. In der Irak-Frage, die durch den US-amerikanischen und britischen Angriff auf den Golfstaat im März 2003 auf umstrittene Weise gelöst wurde, plädierte A. MERKEL für eine bedingungslose Unterstützung der „Kriegspartei“ um den US-Präsidenten GEORGE W. BUSH und den britischen Premier TONY BLAIR.

Nach dem überwältigenden Wahlsieg EDMUND STOIBERs bei den bayerischen Landtagswahlen vom 21. September 2003 stellte sich erneut die Konkurrenzfrage in der CDU/CSU-Führung. Dennoch wurde A. MERKEL mit großer Mehrheit am 23. September 2003 als Fraktionsvorsitzende wiedergewählt.

Bundeskanzlerin

Nachdem die regierende SPD am 22. Mai 2005 in Nordrhein-Westfalen eine schwere Wahlniederlage hinnehmen musste, kündigte der damalige Bundeskanzler GERHARD SCHRÖDER Neuwahlen für den September 2005 an. Für die CDU setzte sich ANGELA MERKEL diesmal als Spitzenkandidatin durch.

Am 18. September 2005 erreichte die CDU/CSU bei der Bundestagswahl 35,2 Prozent (2002: 38,5), ein Prozentpunkt mehr als die SPD. Für eine Koalition mit der FDP reichten die Stimmen der Wähler jedoch nicht aus, sodass CDU/CSU und SPD sich auf eine große Koalition einigten. Als erste Frau nimmt ANGELA MERKEL seitdem nicht nur die höchsten Ämter in der CDU-Parteiführung, sondern auch die Kanzlerschaft wahr.

Bei der Bundestagswahl im September 2009 mußte die CDU/CSU zwar leichte Verluste hinnehmen (33,8 Prozent), die starken Zugewinne der FDP ermöglichten aber die Bildung einer schwarz-gelben Koalition. Der Koalitionsvertrag mit den Liberalen wurde Ende Oktober 2009 unterzeichnet, womit ANGELA MERKEL ihre zweite Amtszeit als Regierungschefin und Bundeskanzlerin einläutete.

ANGELA MERKEL ist seit Dezember 1998 mit dem Chemiker Professor JOACHIM SAUER in zweiter Ehe verheiratet. Sie lebt und arbeitet in Berlin.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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