Anakoluth
Das Anakoluth (griech.: an-akólouthon = nicht folgerichtig) ist eine rhetorische Figur.
Beim Anakoluth wird eine begonnene Satzkonstruktion nicht richtig fortgesetzt, weil die Gedanken mitten im Satz eine andere Richtung nehmen. Man nennt dies auch Satzbruch.
De facto stellt er einen grammatikalischen Fehler dar. Er soll den Hörer/Leser überraschen.
In der Umgangssprache zeugt das Anakoluth von Zerstreutheit oder Vergesslichkeit des Redners. In der schreibenden Kunst kann es die voran gegangene Aussage verstärken helfen.
Es gibt drei Formen des Anakoluths:
- Ausstieg: Abbruch des Gedankens
- Retraktion: Umbau eines Satzes
- Umstieg: Wechseln der syntakischen Konstruktion
Ein ungewollter Meister des Anakoluths ist der CSU-Politiker und ehemalige bayrische Ministerpräsident EDMUND STOIBER. So äußerte er am am 22.01.07:
„Ich habe in den letzten Tagen mit all den Gesprächsteilnehmern vereinbart, dass wir alle pausenlos gut übereinander reden, weil wir nur gemeinsam Erfolg haben können.“ (entnommen der Website: http://www.werbeblogger.de/2006/06/13/stoiber-stilbluten/)
In diesem Beispiel findet eine Retraktion auf ein anderes Thema statt. Das folgende Beispiel weist eine falsche Wortwahl auf:
„Ich habe mir angewöhnt, dass ich jeden Tag in der Früh in den Garten schau und vielleicht eine Blume hinrichte. Ja. Und ansonsten sag ich meiner Frau, was ich alles tun würde. Und dann macht sie es. Beziehungsweise mit dem Gärtner zusammen.“ (entnommen aus: http://www.morgenpost.de/content/2007/01/07/biz/875480.html)
Außerdem stimmen die logischen Anschlusswerte nicht.
Einen Umstieg auf eine andere syntaktische Konstruktion wagte Herr STOIBER in folgender berühmt gewordener Sentenz:
„Wenn Sie vom Flug... vom... Hauptbahnhof starten – Sie steigen in den Hauptbahnhof in München ein, Sie fahren mit dem Transrapid in zehn Minuten an den Flughafen in... an den Flughafen Franz Josef Strauss.“ (entnommen aus: http://www.morgenpost.de/content/2007/01/07/biz/875480.html)
Einen gewollten Abbruch des Gedankens vor der eigentlichen Aussage nennt man Aposiopesen. Dabei kann der zuvor gesagte Satz grammatikalisch völlig intakt sein. Ein Aposiopesen (vom griech. aposiopao = abbrechen, verstummen) liegt z. B. in einer wenn-dann-Konstruktion vor, wenn der Satz nach dem dann abgebrochen wird:
„Wenn du nicht den Ball holst, dann ...“
Die Folge der Aufforderung wird nicht genannt.
GOETHE lässt seinen Werther sagen:
„Ich riss mich von ihr weg und – Gott! du siehst mein Elend, und wirst enden.“
Beispiele für Anakoluthe:
Doch sie – die Löwin hätte ihn gehört,
Die hungrige, die wild nach Raub umher,
Auf öden Schneegefilden heulend treibt;
Sie schlägt, die Rüstung ihm vom Leibe reißend,
Den Zahn schlägt sie in seine weiße Brust,
Sie und die Hunde, die wetteifernden,
Oxus und Sphinx den Zahn in seine rechte,
In seine linke sie; als ich erschien,
Troff Blut von Mund und Händen ihr herab. ...
(HEINRICH VON KLEIST: Penthesilea)
„Dann Varenus, derjenige, der von den Leuten des Ancharius getötet worden ist – darauf, Richter, ich bitte: achtet sorgfältig!“ (CICERO: Rede für Varenus)