August von Kotzebue

Lebensgeschichte

Geboren wurde KOTZEBUE am 03.05.1761 in Weimar als Sohn eines Legationsrates. Er besuchte das Gymnasium seines Onkels, des berühmten Märchensammlers MUSÄUS, und studierte dann Jura in Duisburg und Jena. Schon 1781 trat er als Sekretär in den russischen Staatsdienst in St. Petersburg ein. 1785 wurde er in den Adelsstand erhoben und hatte einen hohen Beamtenposten in Estland inne, wo er mit einer estnischen Adligen verheiratet war. 1790 hielt er sich in Paris und Mainz auf, ab 1795 auf seinem Gut in Reval.

Theaterdichter

Von 1797 bis 1799 lebte er in Wien als Theaterdichter, weilte in Weimar und kehrte 1800 nach Russland zurück. Schon an der Grenze wurde er nach einer Denunziation verhaftet und nach Sibirien in die Verbannung geschickt. Doch bereits vier Monate später korrigierte Zar PAUL das Missverständnis und begnadigte KOTZEBUE, nicht zuletzt, weil er von dessen Drama „Der alte Leibkutscher Peters III“ gerührt war, und ließ ihn mit allen Ehren nach St. Petersburg zurückholen. Dort wurde KOTZEBUE zum Direktor des Deutschen Theaters ernannt, nahm jedoch bald seinen Abschied. Beschrieben hat er jene Erlebnisse in dem autobiografischen Buch „Das merkwürdigste Jahr meines Lebens“ (1801).
Von 1802 bis 1804 hielt sich KOTZEBUE in Weimar und Berlin auf. Er mischte sich kräftig mit zahlreichen Aufsätzen in verschiedenen Zeitschriften ins geistige Leben ein. Er attackierte aufs Heftigste sowohl den Kreis der Weimarer Klassiker als auch die junge Bewegung der Romantiker um die Brüder SCHLEGEL und antwortete auf deren Schmähungen mit erneuten Schmähschriften. Mit GARLIEB MERKEL zusammen gab er in Berlin „Der Freimüthige. Berlinische Zeitung für gebildete, unbefangene Leser“ heraus, die publizistische Plattform dieser Feindseligkeiten, und schuf sich mit seinen gehässigen Ausfällen immer mehr Gegner unter den angesehenen Literaten und Publizisten seiner Zeit. Insbesondere die Brüder Schlegel mit ihren geistvollen Erhabenheiten, für die sie kein Publikum fanden, wurden Zielscheibe seines Gespötts. 1799 hatte er sie in seinem Pamphlet „Der hyperboreische Esel oder Die heutige Bildung. Ein drastisches Drama, und philosophisches Lustspiel für Jünglinge, in Einem Akt“ aufs Korn genommen, worauf sie nicht minder scharf zurückschossen.

Flucht vor NAPOLEON

Nachdem KOTZEBUE auf der Flucht vor NAPOLEON nach Russland zurückgekehrt war, gab er wiederum zwei streitbare Zeitschriften heraus, die sich vor allem gegen die napoleonische Eroberungspolitik richteten. („Die Biene“, 1808–1810, und „Die Grille“ 1811–1812). Seine diplomatische Laufbahn setzte sich erfolgreich fort und er wurde 1813 zum russischen Generalkonsul in Königsberg und 1816 zum Staatsrat für Auswärtige Angelegenheiten in St. Petersburg ernannt.
Als persönlicher Berichterstatter des Zaren ALEXANDER I. kehrte er 1817 nach Deutschland zurück und hielt sich in Berlin, Weimar, München und Mannheim auf. In seiner Zeitschrift „Literarisches Wochenblatt“ verspottete er die patriotischen Burschenschaften und Turnervereine und erwarb sich damit deren Hass, der ihn letztlich das Leben kosten sollte. So spektakulär wie sein Leben verlaufen war, so endete es auch. Am 23. 3. 1819 wurde er von dem vaterländisch gesinnten, fanatischen Theologiestudenten und Jenaer Burschenschaftler CARL LUDWIG SAND ermordet. Dieser hatte in ihm einen Vaterlandsverräter und russischen Spion gesehen, war in seine Mannheimer Wohnung eingedrungen und hatte ihn erstochen.

Kurfürst WILHELM von Kurhessen beauftragte daraufhin seinen Polizeidirektor, die Professoren und Studenten der Marburger Universität zu beobachten (siehe PDF "Befehl des Kurfürsten an den Polizeidirektor").
Das Attentat auf KOTZEBUE war der Anlass für die „Karlsbader Beschlüsse", die während einer Konferenz des Deutschen Bundes 1819 in Karlsbad gefasst und von einer „Zentraluntersuchungskommission“ in Mainz durchgeführt wurden. Die darauf einsetzende „Demagogenverfolgung" betraf u. a. patriotisch und freiheitlich gesinnte Universitätsprofessoren und Burschenschaftler wie ERNST MORITZ ARNDT, ERNST LUDWIG JAHN und FRITZ REUTER, die Zensur, Verbot ihrer Schriften, Verfolgung und Festungshaft erleiden mussten.

Literarisches Werk

KOTZEBUE schrieb ungefähr zweihundert äußerst populäre Theaterstücke, sie waren in der damaligen Zeit das, was man heute Seifenopern nennen würde. 1789 hatte er mit „Menschenhass und Reue" einen ersten großen Erfolg gefeiert und fortan das erprobte Muster seiner technisch perfekten, rührseligen oder frivolen Stücke nur noch abgewandelt. Ein ähnlich großer Erfolg wurde die Satire „Die deutschen Kleinstädter" (1803, siehe PDF "August von Kotzebue - Die deutschen Kleinstädter"), in dem er den biederen Durchschnittsdeutschen karikierte und wiederum Seitenhiebe gegen die Brüder SCHLEGEL austeilte.
KOTZEBUE war mit Abstand der meist gespielte Bühnendichter der Goethezeit, noch vor dem ebenfalls sehr populären AUGUST WILHELM IFFLAND. Beide zusammen beherrschten mehr als ein Drittel des Repertoires der deutschen Bühnen. Selbst in Mannheim und Weimar, den Städten mit dem aufgeschlossensten Theaterpublikum, kam man an KOTZEBUE nicht vorbei. Der Geheimrat GOETHE, der von 1791 bis 1817 das Weimarer Hoftheater leitete, musste KOTZEBUE-Stücke auf die Bühne bringen, weil das Publikum es verlangte. Am Berliner Nationaltheater wurden von 1809–1813 nur zwei Werke von GOETHE und eines von SCHILLER aufgeführt, von KOTZEBUE hingegen vierunddreißig. In Mannheim kamen auf ein Stück von SCHILLER zehn von KOTZEBUE .

Literarisches Konzept

KOTZEBUE verteidigte mit seinen Angriffen auf die führenden Autoren der Epoche immer wieder sein literarisches Konzept und plädierte dafür, auch die unterhaltende Literatur als legitim anzuerkennen. Er wollte erklärtermaßen nicht wie GOETHE und SCHILLER die Menschen mittels der Kunst erziehen und geistig zu sich emporheben, im Gegenteil, er unterwarf sich den trivialen Bedürfnissen des Massengeschmacks und schnitt seine gefälligen Dramen darauf zu. Er wollte ohne Anstrengung unterhalten und der Einbildungskraft Vergnügen bieten, deshalb waren seine Stücke auf bühnenwirksame Effekte ausgerichtet. Man nannte ihn auch den „Thränenschleusen-Director“. Während die Klassiker und Romantiker hohes Ansehen genossen, aber nur ein relativ kleines Publikum bereit war, ihnen zu folgen, verkörperte KOTZEBUE den Typus des Unterhaltungsschriftstellers, der leicht konsumierbare Tagesliteratur für ein anspruchsloses Massenpublikum schuf und damit einen ungeheuren kommerziellen Erfolg erzielte. Freilich ist die Zeit über KOTZEBUE hinweggegangen, im literarischen Bildungskanon findet er allenfalls am Rande Erwähnung. Zugute halten muss man ihm jedoch, dass seine Stücke bei aller Trivialität Alltagsrealität und menschliche Verhaltensweisen und Schwächen auf die Bühne stellten, ohne sie zu klassischer Erhabenheit hoch zu stilisieren. GOETHE urteilte über den Zeitgenossen:

„Kotzebue hatte bei seinem ausgezeichneten Talent in seinem Wesen eine gewisse Nullität, die niemand überwindet, die ihn quälte und nötigte, das Treffliche herunterzusetzen, damit er selber trefflich scheinen möchte. So war er immer Revolutionär und Sklav', die Menge aufregend, sie beherrschend, ihr dienend…“
(zitiert nach: SchmitzRainer (Hrsg.): Die ästhetische Prügeley. Göttingen: Wallstein Verlag, 1998, S. 298)

Werke (Auswahl)

  • „Menschenhass und Reue“ (Drama), 1789
  • „Doctor Bahrdt mit der eisernen Stirn, oder die deutsche Union gegen Zimmermann“ (Schmähschrift),1790
  • „Das Kind der Liebe“, 1790
  • „Der hyperboreeische Esel oder die heutige Bildung“ (Ein drastisches Drama und philosophisches Lustspiel für Jünglinge In einem Aufzuge),1799 (siehe PDF "August von Kotzebue - Der hyperboräische Esel")
  • „Das merkwürdigste Jahr meines Lebens“ (2 Bände) 1801
  • „Die deutschen Kleinstädter“ (Lustspiel), 1801 (siehe PDF "August von Kotzebue - Die deutschen Kleinstädter")
  • „Die beiden Klingsberg“, 1803
  • „Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804“,
  • „Geschichte des Deutschen Reiches von dessen Ursprunge bis zu dessen Untergang“, 1814/1815

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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