Aristoteles

Aristoteles

Biografie


ARISTOTELES wurde 384 v.Chr. im makedonischen Stagira geboren, wo sein Vater NIKOMACHOS Leibarzt des makedonischen Königs war. 367 v. Chr. kam ARISTOTELES nach Athen und wurde dort Schüler PLATONS und Mitglied in dessen Akademie. Nach dem Tod PLATONS im Jahr 347 v. Chr. begannen für ARISTOTELES - aufgrund antimakedonischer Umtriebe in Athen - die so genannten „Wanderjahre“. Er zog unter anderem nach Assos, nach Mytilene auf Lesbos und war für drei Jahre - zwischen 343 und 340 v. Chr. - der Erzieher des jungen ALEXANDER (DES GROSSEN) am Hof PHILIPPS II. von Makedonien. In dieser Zeit begann sich ARISTOTELES von den Lehren PLATONS und seiner Schüler abzugrenzen. Als er im Jahr 335 v. Chr. nach Athen zurückkehrte, gründete er seine eigene Philosophenschule, die nach ihrem Tagungsort, der Wandelhalle des Lykeions, „peripatetische“ Schule genannt wurde. 323 v. Chr. musste ARISTOTELES erneut - angeblich wegen seiner makedonischen Abstammung - aus Athen fliehen. Er starb nur wenig später, 322 v. Chr., im Haus seiner Mutter in Chalkis auf Euböa.

Sein Werk
ARISTOTELES ist neben SOKRATES und PLATON der prominenteste und einflussreichste Philosoph der Antike. Er gilt als Begründer der Wissenschaftstradition des Abendlandes. Vom breiten Gesamtwerk des ARISTOTELES ist im Wesentlichen nur das philosophische Werk erhalten geblieben. Nach traditioneller Unterteilung umfasst es die

  1. logischen
  2. naturwissenschaftlichen
  3. ethisch-politischen
  4. ästhetischen Schriften sowie
  5. die Metaphysik.

Das philosophische System des ARISTOTELES entstand in kritischer Auseinandersetzung mit der platonischen Lehre und übte bis weit in die Neuzeit hinein außerordentlichen Einfluss auf die Geschichte des abendländischen Denkens aus.

Die ästhetischen Schriften umfassen Rhetorik und Poetik. Von der Poetik sind nur der Teil, der sich mit der Tragödiendichtung befasst, und größere Passagen seiner Theorie des Epos erhalten. Nicht überliefert sind hingegen die Abschnitte, in denen ARISTOTELES Jambendichtung und Komödie behandelt. Zwar handelt es sich nur um eine kleine uns erhaltene Schrift, doch sie beeinflusste die neuzeitliche Literatur- und besonders Dramentheorie nachhaltig.

Ausgangspunkt der aristotelischen Dichtungstheorie ist der Gedanke der Mimesis, das heißt der wirklichkeitsnachahmenden Darstellung. Anders als PLATON bewertet ARISTOTELES die im Menschen angelegte Nachahmungslust positiv:

„Allgemein scheinen zwei Ursachen die Dichtkunst hervorgebracht zu haben, und zwar naturgegebene Ursachen. Denn sowohl das Nachahmen ist dem Menschen angeboren, es zeigt sich von Kindheit an, und der Mensch unterscheidet sich dadurch von den übrigen Lebewesen (...), als auch die Freude, die jedermann an Nachahmung hat. Als Beweis hierfür kann eine Erfahrungstatsache dienen. Denn von Dingen, die wir in der Wirklichkeit nur ungern erblicken, sehen wir mit Freude möglichst getreue Abbildungen, z.B. Darstellung von möglichst unansehnlichen Tieren und von Leichen.“
(Aristoteles, Poetik)

Der mimetische Charakter der Dichtung bestand für ARISTOTELES nicht in einer Nachahmung von faktischen Gegebenheiten, sondern wurde hauptsächlich an allgemeinen oder idealtypischen Gegenständen festgemacht:

„Aufgabe des Dichters ist es nicht, das wirklich Geschehene mitzuteilen, sondern vielmehr dasjenige, was geschehen könnte, also dasjenige, was gemäß der wahrscheinlichen oder notwendigen Verknüpfung (von Ereignissen) möglich ist.“
(Zitat aus SD Literatur, S. 250, „Mimesis“)

ARISTOTELES' Festlegung der Dichtung auf etwas, das wahrscheinlich sein muss, also irgendwie geschehen könnte,

  • belegt den fiktionalen Charakter der Dichtung und
  • gestattet der Kunst die Freiheit künstlerischer Formung.

Der Zwang der Wahrscheinlichkeit bedeutet aber auch Unfreiheit. Der Dichtung aristotelischen Zuschnitts fehlt die Möglichkeit zur Utopie, zur Subversion, zur gedanklichen Umwälzung von gesellschaftlichen Gegebenheiten.

Die Struktur des aristotelischen Dramas


Große Bedeutung für die abendländische Dramentheorie hatte der Zentralbegriff der aristotelischen Rezeptionsästhetik: der Begriff der Katharsis (griech. „Reinigung“, „Läuterung“). Nach Auffassung des ARISTOTELES bewirkt die Tragödie, indem sie „éleos“ und „phóbos“ (griech. „Jammer“ und „Schauder“) auslöst, eine Läuterung des Zuschauers. Neuere Interpretationen gehen davon aus, dass ARISTOTELES den Begriff Katharsis im medizinischen Sinn verstanden habe, also als Abreaktion eines Affektstaus.

Die dramatische Handlung umfasst demnach einen Spannungsbogen, der ausgehend von der Exposition des Konflikts über dessen vielfältige Steigerung und Verwicklung bis hin zu seiner Auflösung führt. Der Wendepunkt („turning point“), das Umschlagen von Furcht in Läuterung, wird als Peripetie bezeichnet. Dieser Wendepunkt muss ein klar erkennbarer Punkt im Handlungsverlauf sein und zudem eine für den Zuschauer nachvollziehbare Motivation haben, die ARISTOTELES in einem Fehler (hamartia) des tragischen Helden verankert. Wir sprechen auch von „tragischer Schuld“. Die Tragik der Handlung darf dabei nicht dem Zufall entspringen. Das letzte Strukturelement im aristotelischen Drama bildet das Gegengewicht zur Peripetie, die Anagnorisis. Anagnorisis ist das plötzliche Durchschauen eines verborgenen Zusammenhanges, durch den der dramatische Prozess seine tragische Wendung erhält.

Das aristotelische Drama hat eine bestimmte Struktur, die in folgendem Dramenmodell dargestellt werden kann:

Bild

Drei Einheiten
Während ARISTOTELES nur die Einheit der Handlung zugrunde legte - und zwar nicht allein für das Trauerspiel - beriefen sich klassischen französischen Dramatiker auf ihn, um die Geschlossenheit folgender „drei Einheiten“ verbindlich zu machen:

  • Geschlossene Handlung, also die Durchführung eines Grundmotivs ohne ablenkende Episoden und Nebenhandlungen.
  • Einheit der Zeit: Die Handlung soll in einem begrenzten zeitlichen Rahmen stattfinden und im Idealfall innerhalb von 24 Stunden ablaufen.
  • Einheit des Ortes: Die Handlung soll ohne Wechsel des Schauplatzes stattfinden.

Die Einheit der Zeit wird von ARISTOTELES nur knapp bedacht, die Einheit des Ortes in seiner Poetik gar nicht angeführt. Dies zeigt, das die Geschichte der ARISTOTELES-Auslegung auch im Bereich der ästhetischen Theorie von Missverständnissen, Umdeutungen oder erweiternden Interpretationen nicht frei ist.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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