Das Konstanzer Konzil und Jan Hus

Das Konstanzer Konzil (1414 bis 1418)

Am 5. November 1414 begann in Konstanz am Bodensee das Konstanzer Konzil. Die Initiatoren des Konzils, das rund 4 Jahre dauern sollte, waren ein Papst und der deutsche König Sigismund. Das Konzil, an dem insgesamt etwa 70 000 Teilnehmer, kirchliche Würdenträger, Theologen, aber auch weltliche Herrscher, aus ganz Europa teilnahmen, war die größte „internationale Konferenz“ des Mittelalters. Die Anliegen des Konzils bestanden u. a. in der Beseitigung der Kirchenspaltung und in der Überwindung von Irrlehren.

Um die Einheit der Kirche ...

Die Überwindung der Kirchenspaltung gelang dem Konzil mit der Wahl eines neuen gesamtkirchlichen Papstes durch die versammelten kirchlichen Würdenträger und weltlichen Herrscher.
Damit wurde eine Zeit beendet, in der zwei bzw. drei untereinander konkurrierende Päpste die Anerkennung als Oberhäupter der Kirche beanspruchten. Jeder der Päpste erhob eigene Steuern, beanspruchte Erlöse aus dem Ablasshandel und versuchte, sich eine „Hausmacht“ für die Ausdehnung seines Einflusses zu schaffen. Die Folge war, dass Ämterhandel und „Vetternwirtschaft“ blühten, was die Missstände in der Kirche noch deutlicher hervortreten ließ.
Mit der Wahl eines neuen Papstes ging das Konzil deshalb nicht nur einen wichtigen Schritt zur Überwindung der Kirchenspaltung und zur Einheit der Kirche, sondern auch zur Bekämpfung von kirchlichen Missständen.

... gegen ketzerische Irrlehren
Die Auseinandersetzungen mit Irrlehren bzw. mit strittigen Glaubensfragen konzentrierte sich in nicht geringem Maße auf die Auseinandersetzung mit den Forderungen des Kirchenreformators JAN HUS aus Böhmen (Bild 1).

JAN HUS

Er war Prediger, Universitätslehrer und fast zwei Jahre lang sogar Rektor der Prager Universität.
HUS, der als Prediger an der Betlehemkapelle in Prag einen immer größer werdenden Zuhörerkreis erreichte, schloss sich den Forderungen des englischen Theologen JOHN WYCLIF nach Reformierung der Kirche an.
So predigte er gegen den Reichtum und das Finanzgebaren der mittelalterlichen Kirche, gegen den Ämterkauf, den Ablasshandel und den liederlichen Lebenswandel der kirchlichen Würdenträger.
Damit traf er die Grundpfeiler der mittelalterlichen Kirche, die ihn, wie viele seiner Vorgänger, energisch bekämpfte: Er erhielt vom Prager Erzbischof zunächst Predigtverbot und wurde exkommuniziert. Als auch das nicht half und weil seine Anhängerschaft in Böhmen immer größer wurde, belegte ihn der Papst sogar mit dem Kirchenbann. HUS setzte aber auch danach, gestützt auf das Volk und den böhmischen König WENZEL IV., seine reformatorische Tätigkeit fort und verbreitete weiter seine „Irrlehren“.
Nicht zuletzt deshalb wurde er 1414 auf das Konzil in Konstanz vorgeladen. Nachdem ihm der deutsche König SIGISMUND in einem Brief freies Geleit zugesichert hatte, reiste JAN HUS trotz einiger Bedenken nach Konstanz. Dort wurde er streng verhört und aufgefordert, 30 in seinem Buch „De ecclesia“ zur Reform der Kirche als ketzerisch erklärte Sätze zu widerrufen.
Als HUS sich, auch auf den Geleitbrief des Königs vertrauend, standhaft weigerte, dieser Forderung nachzukommen, wurde er der Ketzerei beschuldigt und zum Tod durch Verbrennen verurteilt. Am 6. Juli 1415 wurde er in Konstanz öffentlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Die Hussitenbewegung

Der Märtyrertod des Reformators löste unter seiner Anhängerschaft heftige Proteste aus. So sandte der böhmische Adel geschlossen einen Protestbrief nach Konstanz.
In Böhmen formierte sich darüber hinaus eine Bewegung, die weite Teile der tschechischen Bevölkerung erfasste und weite Teile des Landes ergriff – die Hussitenbewegung.
Die Hussiten waren keine einheitliche Bewegung. Die in ihren Forderungen gemäßigtere Richtung wurde vom Adel und dem reichen Stadtbürgertum gebildet, die andere wurde mehr vom einfachen tschechischen Volk getragen. Beide Bewegungen vertraten z. T. gemeinsame Forderungen, beispielsweise die nach Verzicht des Klerus (kirchliche Würden- und Amtsträger) auf Reichtum und politische Macht.
Die Bewegung des Volkes, die Taboriten (nach dem Berg Tabor, an dessen Fuße sich eines ihrer Lager befand), war radikaler und forderte noch zusätzlich u. a. die Aufrichtung des Reiches Gottes auf Erden durch Waffengewalt.

In der vor allem von Tschechen getragenenHussitenbewegung verknüpfte sich religiöser und politischer Protest vor allem gegen den mehrheitlich aus Deutschen bestehenden hohen Klerus in Böhmen und gegen den deutschen König SIGISMUND, der auch die böhmische Krone geerbt hatte.
Sigismund organisierte deshalb fünf Kreuzzüge, denen die Hussiten aber erfolgreich widerstanden. Die Hussiten, im Wesentlichen aber die Taboriten, unternahmen auch selbst Feldzüge in die Nachbarländer.
Die sogenannten Hussitenkriege führten ihre gefürchteten Heere auch nach Deutschland und hier weit nach Sachsen und Brandenburg hinein.
Erst 1433 kam es zum Ausgleich zwischen den streitenden Parteien in Deutschland und Böhmen:
Die gemäßigten Hussiten schloss einen Friedensvertrag mit der Kirche, der allerdings von den Taboriten abgelehnt wurde. Die darauf folgende Auseinandersetzung zwischen den beiden Flügeln der Hussiten wurde mit Waffen ausgetragen. Sie endete mit der vernichtenden Niederlage der Taboriten gegen das Heer aus kaiserlich-katholischen Truppen und Truppen der gemäßigten Hussiten.
Im Ergebnis der Kriege wurden eine Reihe Forderungen der Hussiten erfüllt und Kompromisse erreicht. So wurde ein Hussit in Prag als Erzbischof eingesetzt, und in den Kirchen durfte in tschechischer Sprache gepredigt werden. Andererseits musste SIGISMUND als böhmischer König anerkannt werden.
Unabhängig von ihren zwiespältigen Ergebnissen war die Hussitenbewegung jedoch für die Herausbildung des tschechischen Nationalbewusstseins von herausragender Bedeutung.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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