Die Astrologie

Die Astrologie ist eine Lehre, die einen schicksalhaften Einfluss der Gestirne (Planeten, Tierkreiszeichen, Kometen u. a.) auf den Menschen, die menschliche Gesellschaft und die gesamte irdische Natur annimmt. Sie gilt unter den Vertretern der Fachastronomie als Irrglauben.

Historische Wurzeln der Astrologie

Die Einschätzung der Astrologie muss historisch konkret erfolgen. Sie hat ihre Wurzeln in den Gestirnskulten der Steinzeit, die sich weit über 10 000 Jahre zurückverfolgen lassen. In dieser Zeit erscheint die Umwelt im Denken der Menschen als lebendiger Organismus, in dem alle Objekte (Tiere, Pflanzen, Berge, Gewässer, Gestirne) mit Bewusstsein und Willen ausgestattet gedacht werden.
Eine Stütze finden diese Vorstellungen durch Beobachtungen der (ursächlichen bzw. zufälligen) Zusammenhänge zwischen jahreszeitlichen Erscheinungen und dem Sonnenstand sowie dem Aussehen des Sternhimmels. Die steinzeitlichen und besonders bronzezeitlichen Gestirnskulte sind häufig mit Fruchtbarkeits- und Totenkulten verbunden sowie mit Versuchen einer einfachen Kalenderrechnung; sie deuten auf eine tiefe Überzeugung von der Einheit der Welt, der Verbindung des Himmels mit der Erde.
Die klassische Form der Astrologie beruht auf der Physik des ARISTOTELES und wird im 1. Jahrhundert n. Chr. aus babylonischen, ägyptischen und griechischen Ansätzen systematisiert. CLAUDIUS PTOLEMÄUS sucht in dieser Zeit die Astrologie auf rationalen, physikalischen Elementen (z. B. angenommenen Eigenschaften der Planeten, die diese vermitteln sollten) aufzubauen, konnte dieses Programm jedoch nicht verwirklichen. Den Nutzen der Astrologie sieht er darin, dass die Voraussage des Schicksals den Menschen in die Lage versetze, der Zukunft gefasst entgegenzusehen.
Von der Antike bis zum 17. Jahrhundert stellt die Beschäftigung mit der Astrologie neben der Kalenderrechnung und der geografischen Ortsbestimmung eines der wesentlichen gesellschaftlichen Bedürfnisse nach Astronomie dar.

Die Blütezeit der Astrologie

Die Blütezeit der Astrologie datiert vom späten 15. bis zum 17. Jahrhundert. Sie wird zu einem bedeutenden Faktor im Geistesleben des Volkes und bestimmt in starkem Maße das Denken und Handeln der Menschen. Die Astrologie entwickelte ein komplexes System von Zeitherrschern. Das bedeutet, dass jede Stunde, jeder Wochentag, jedes Quartal und jedes Jahr von einem Planeten beherrscht wird. Diese Herrscher sind sorgfältig für alle Tätigkeiten in Haus und Hof, im Beruf, in der Medizin usw. zu beachten.
Die auf der Annahme eines Parallelismus zwischen Himmel und Erde, auf der Einheit des Mikrokosmos (Mensch) mit dem Makrokosmos (Weltall) beruhenden Vorschriften und Deutungen schaffen in der Volksastrologie ein System der Abhängigkeit des Menschen von unbeeinflussbaren kosmischen Lenkungen. Der Mensch wird damit in seinen schöpferischen Kräften stark eingeschränkt, wird zum Spielball dieser Mächte.
Seit dem 16. Jahrhundert wird die Astrologie verstärkt in die christliche Theologie einbezogen. Das vertieft den Einfluss der Astrologie im Volk. Himmelserscheinungen wie Finsternisse und Kometen werden in Anlehnung an die Bibel als Mahnungen Gottes wegen sündigem Lebenswandel oder als Vorboten des Weltuntergangs angesehen; sie werden deshalb mit Furcht und Schrecken betrachtet.
Die Abhängigkeit des Menschen erscheint nun als Folge eines göttlichen Willens, dem durch die Gestirne sichtbarer Ausdruck verliehen werde. Diesen Vorstellungen steht die »gelehrte Sterndeutung« gegenüber, die zwar eine Abhängigkeit des Lebens von den Gestirnen als Ausdruck der Einheit der Welt akzeptiert, eine schicksalhafte Vorausberechenbarkeit jedoch abgelehnt.
Einer der bedeutendsten Vertreter dieser Richtung ist im 17. Jahrhundert JOHANNES KEPLER. Er erklärt die Einwirkung der Gestirne durch eine natürliche Harmonie zwischen Himmel und Erde, welche die Seele ähnlich wie musikalische Harmonien anrege. Den Einfluss der Gestirne vermag der Mensch durch seine schöpferische Aktivität zu modifizieren, wodurch die moralische Verantwortlichkeit eines jeden für sein Tun erhalten bleibe.

Die Astrologie an der Wende zum 18. Jahrhundert

Wirkliche Gegner der Astrologie gibt es bis zum Ende des 17. Jahrhunderts kaum. Diskussionen entfachen sich zumeist an Detailproblemen. Seit der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert verliert jedoch die Astrologie allmählich an Einfluss. Die Ursachen liegen zum einen im Fortschritt der Astronomie (beginnende Einsicht in kosmische Dimensionen, Entdeckung der Gravitation, Erkenntnis der kosmischen Natur der Kometen); zum anderen in der Veränderung gesellschaftlicher Grundstrukturen und damit verbundener ideologischer Ansprüche.
Der Übergang zum heliozentrisches Weltsystem hat dagegen zunächst keinen Einfluss. Vor der in der Aufklärung zur Richterin erhobenen Vernunft kann die Astrologie ihre Berechtigung nicht erweisen.
Die Astrologie hat sich heute in zahlreiche Schulen zersplittert, die den angenommenen Einfluss der Gestirne auf unterschiedliche Weise zu erfassen versuchen. Dabei gab es auch erfolglose Versuche, reale physikalische Wirkungen aufzufinden. Das Vordringen mathematisch-statistischer Methoden in den Gesellschaftswissenschaften begünstigte um 1900 die Ausbildung der statistischen Astrologie. Sie versucht, mithilfe eines z. T. umfangreichen Datenmaterials und exakter Methoden, Grundaussagen der Astrologie zu überprüfen. Ihre Ergebnisse blieben z.T. umstritten, führten jedoch zu der Erkenntnis, dass die klassischen Zuordnungen von Charaktereigenschaften und Veranlagungen nach den Tierkreiszeichen und Planeten nicht haltbar sind.
Auch unter dem Eindruck dieser Resultate entstand die symbolische Astrologie. In ihr fungieren Planeten, Tierkreiszeichen, Häuser, Aspekte u. a. als symbolischer Ausdruck psychischer Verhaltensweisen. Die Gestirne sind danach „weder Dämonen noch kraftausstrahlende Himmelskörper, sondern bloß vom Menschen erdachte Merkzeichen aus denen der Zeichendeuter aufgrund von Analogieschlüssen nur Vermutungen über mögliche Anlagen und Tendenzen vorbringen kann, die sich realisieren können, aber nicht müssen“. Auf eine Objektivierung wird bewusst verzichtet. Stattdessen vollzieht sich ein Zurückgehen ins Subjektive, ins intuitive Schauen.
Ungeachtet dessen hält die Trivialastrologie an den klassischen Prinzipien der Astrologie fest. Sie wird in auflagenstarken Jahrbüchern, Wochenschriften, Tageszeitungen und Büchern propagiert. Zeitschriftenhoroskope haben keinen inhaltlichen Bezug zur Astrologie, sondern treten lediglich der Form nach als Horoskope auf. Sie stellen eine Mischung aus allgemeinen Sprüchen und Verhaltensregeln dar.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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