Der griechische Historiker HERODOT, von CICERO als „Vater der Geschichtsschreibung“ bezeichnet, beschrieb höchst anschaulich und lebendig die Geschichte Griechenlands und des vorderen Orients, beginnend beim Trojanischen Krieg bis hin zum Jahr 479 v. Chr. HERODOTs historische Beschreibungen sind die ältesten völlig erhaltenen Prosaschriften der griechischen Literatur und stellen eines der grundlegendsten Zeugnisse der abendländischen Kultur überhaupt dar.
LebensgeschichteÜberlieferungen zur Lebensgeschichte von HERODOT gibt es kaum. Er wurde um 485 v. Chr. als Sohn einer wohlhabenden Familie geboren. Sein Vater soll LYXES gewesen sein. HERODOT stammte aus Halikarnassos, war jedoch Zeit seines Lebens viel auf Reisen, um den Stoff für seine Geschichtsbeschreibungen zu sammeln. Er bereiste u.a. Ägypten, Nubien, Phönizien, Mesopotamien, Skythien, Persien und Sizilien. 444–443 v. Chr. soll er sich an der Gründung der panhellenischen Kolonie Thurioi in Süditalien beteiligt haben. In Athen hielt er sich zu Zeiten von SOPHOKLES und PERIKLES auf, mit denen er Freundschaft schloss.
HERODOT starb um 425 v. Chr.
HERODOTs (unvollendetes) Werk, das man später in neun nach den Musen 1) benannte Bücher teilte, umfasst die Zeit vom Trojanischen Krieg bis zur Schlacht bei Mykale, die der Perserkönigs XERXES 479 v. Chr. gegen Griechenland führte.
1) Musen sind die griechischen Schutzgöttinnen der Künste, also der Musik und der Poesie, später aller geistigen Tätigkeiten, also der Wissenschaften. Die Musen sind die Töchter des ZEUS und der MNEMOSYNE. Mnemosyne ist das Gedächtnis, das dem Dichter dabei hilft, sich an heilige Gesänge zu erinnern.
Das Material für seine historischen Beschreibungen sammelte HERODOT u.a. bei HEKATAIOS, vor allem jedoch auf seinen ausgedehnten Reisen. Über die Länder, die er bereiste, und die Völker, die er dabei kennenlernte, finden sich ausführliche politische und ethnografische Ausführungen (Ethnografie = griech.-nlat.: Teilbereich der Völkerkunde, der die Merkmale der verschiedenen Völker und Kulturen systematisch beschreibt). HERODOTs Bücher sind damit höchstbedeutende alltags- und kulturgeschichtliche Dokumente; nur durch sie weiß man beispielsweise heute von den Schlachten an den Thermopylen, von Salamis und von Plataiai oder von der Existenz des Fabelschreibers AESOP.
HERODOT beschreibt die historischen Ereignisse als Phasen des Gegensatzes zwischen Europa und Asien. In seine Erzählungen sind viele Novellen, Anekdoten, Mythen und Märchen griechischer und orientalischer Herkunft eingebunden, die sich noch lange Zeit auf die Weltliteratur ausgewirkt haben (u.a. die Geschichte von GYGES, von POLYKRATES, von KRÖSUS, oder von SOLON). Allerdings liegt gerade hier ein Grund dafür, dass HERODOT häufig auch des „Märchenerzählens“ verdächtigt wurde und wird. So finden sich viele Unstimmigkeiten oder Ungenauigkeiten, insbesondere dort, wo HERODOT angibt, nur zu berichten, was er gesehen oder von anderen gehört habe. Insgesamt behauptete HERODOT jedoch, dass seine Beschreibungen methodisch auf persönlicher Inaugenscheinnahme, genauesten Nachforschungen, Zeugenbefragungen und unbestechlicher Urteilsfähigkeit beruhen würden. Die heutige Fachwelt ist sich zumindest einig, dass HERODOTs Werk als ein historisches und nicht etwa nur als ein dichterisches zu lesen ist.
HERODOT schrieb insgesamt im ionischen Dialekt, doch finden sich häufig auch homerische und attische Einflüsse. Der Schreibstil ist je nach der Thematik unterschiedlich, er reicht von einem sehr einfach gehaltenen, volkstümlichen Erzählstil bis hin zu feierlichen Sinn- und Denksprüchen. Häufig lässt HERODOT die zentralen Personen des historischen Geschehens in direkter Rede sprechen.
Ein besonderes Verdienst HERODOTs bestand darin, die klassischen Herrschaftsformen Monarchie, Oligarchie und Demokratie als Begriffe eingeführt zu haben. Den Demokratie-Begriff definierte er über folgende Merkmale:
Auf Grundlage dieser Definition wurde der Begriff der Demokratie nach HERODOT als Gattungsbegriff für Staatsformen benutzt, in denen das Bürgertum und die unteren Klassen an den politischen Entscheidungsprozessen sowie an der Verwaltung beteiligt sind. Damit erhielt der Begriff auch eine staatstheoretische Bedeutung.
Stand: 2010
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