Rom erringt die Vorherrschaft in Italien

Als in Rom das Königtum abgeschafft und die Republik eingerichtet wurde, war der Staat noch klein. Im Verlauf der folgenden Jahrhunderte erweiterte Rom sein Herrschaftsgebiet in zahlreichen Kriegen gegen die Nachbarn und konnte bis etwa 270 v. Chr. seine Vorherrschaft über Mittel- und Unteritalien (von der Po-Ebene bis zur Südküste) sichern.

Überblick (Jahreszahlen v. Chr.)

  • 498–493: Krieg gegen die Latiner
  • 406–396: Krieg gegen die etruskische Stadt Veji
  • 387: „Gallier-Katastrophe“
  • 343–341: 1. Krieg gegen die Samniten
  • 340–338: Krieg gegen die Latiner
  • 329: Sieg über die Volsker
  • 326–304: 2. Krieg gegen die Samniten
  • 298–290: 3. Krieg gegen die Samniten
  • 285–282: Krieg gegen die Kelten
  • 282–272: Krieg gegen die Stadt Tarent

Bei einem Blick auf die Jahreszahlen der kriegerischen Aktionen Roms fällt auf, dass das junge Imperium etwa seit der Mitte des 5. Jh. bis 272 v. Chr. fast ununterbrochen im Kriegszustand lebte.

Krieg gegen die Latiner, die Bergstämme und die Etruskerstadt Veji

Rom führte 498–493 v. Chr. gegen die Latiner einen Krieg, der damit endete, dass Rom die Autonomie der Latinerstädte anerkannte. 493 v. Chr. schlossen sie ein Bündnis, das sogenannte „foedus Cassianum“. Den Latinern wurde damit gleichberechtigter Handelsverkehr zugesichert und das Recht, mit einer Römerin eine legitime Ehe zu schließen. (Das „foedus Cassianum“ wird in manchen historischen Darstellungen für das Jahr 370 v. Chr. angenommen und als Schutzmaßnahme gegen die Bedrohung durch die Kelten gedeutet.) Durch das Bündnis mit den latinischen Städten konnte Rom die Stämme der Äquer, Volsker und Aurunker zurückdrängen, die aus den Bergen im nord- und südöstlichen Hinterland vorgedrungen waren.
406 v. Chr. entbrannte ein zehnjähriger Krieg gegen die im Norden gelegene, mächtige Etruskerstadt Veji. Er endete 396 v. Chr. mit der Eroberung und der Zerstörung der Stadt und mit ihrer Eingliederung in das römische Territorium. Nun hatte Rom bereits die regionale Vormacht erlangt; sein Herrschaftsgebiet hatte sich von 800 auf 1 500 km² erweitert.

„Gallier-Katastrophe“: Einfall und Sieg der Kelten

Mit der Einnahme Vejis war Rom ein Vordringen nach Norden möglich. Doch die römische Eroberungspolitik erlitt durch die sogenannte Gallier-Katastrophe 387 v. Chr. einen schweren Rückschlag.
Die Kelten (Gallier) stammten aus dem Gebiet an Oberrhein und Oberdonau. Ihre Stämme standen unter der Führung eines kriegerischen Adels. Besonders starken Einfluss hatten ihre Priester (Druiden), da ihnen die Entscheidung in allen Rechtsfragen zukam. Gleichzeitig war das keltische Heer durch seine Waffen aus Eisen besonders schlagkräftig. Durch strenge Führung und gute Bewaffnung errangen sie schnell die Vormacht und drangen nach Frankreich, Spanien, England und bis nach Italien (Po-Ebene) vor.
Unter dem Häuptling BRENNUS trafen die Kelten am 18. Juli 387 v. Chr. an dem kleinen Fluss Allia auf das römische Heer. Die Kelten schlugen es vernichtend und drangen bis nach Rom vor. Die Einwohner hatten die Stadt schon geräumt und die Kelten konnten Rom kampflos einnehmen und niederbrennen. Das Kapitol, der religiöse und politische Mittelpunkt Roms, geriet zwar nicht in die Gewalt der Angreifer, wurde jedoch völlig von der Außenwelt abgeschnitten. Dieser Tag ging als „dies ater“ (= „Schwarzer Tag“) in die römische Geschichte ein.
Die Römer konnten den Abzug der Kelten nur durch Zahlung eines hohen Lösegelds erkaufen. Beim Abwiegen der Summe soll BRENNUS ein falsches Gewicht benutzt haben. Als die Römer sich darüber beschwerten, soll BRENNUS sein Schwert in die Waagschale geworfen und „Vae victis!“ (= „Wehe den Besiegten!“) ausgerufen haben.
Als Folge der römischen Niederlage durch den Kelteneinfall griffen umliegende Städte an; die Römer verloren noch mehr an Macht. In den folgenden Jahren bauten sie ihre Stadt wieder auf und errichten 380 v. Chr. einen später als Servianische Mauer“ bezeichneten Mauerring um die sieben Hügel Roms.

1. Krieg gegen die Samniten

Der erste Krieg gegen den Volksstamm der Samniten aus dem Süden Italiens (343–341 v. Chr.) soll mit einem Kompromiss geendet haben. Doch ob dieser Krieg tatsächlich stattgefunden hat, ist umstritten.

Krieg gegen die Latiner und die Volsker

Im Jahr 340 v. Chr. erhoben sich die Latinerstädte gegen Rom. Diese Aufstände mündeten in einen Krieg zwischen Latium auf der einen Seite und Rom mit den verbündeten Samniten auf der anderen. Die latinischen Städte verloren ihre Autonomie und wurden in das römische Territorium eingegliedert. Nach der Seeschlacht 338 v. Chr. führten die Römer Schiffsschnäbel als Kriegsbeute nach Rom und befestigten sie an der Rednertribüne auf dem Forum Romanum, die seitdem „rostra“ (= Schiffsschnäbel) heißt.
Auch der Volksstamm der Volsker musste sich 329 v. Chr. Rom endgültig unterwerfen.

2. Krieg gegen die Samniten

In die fruchtbaren Ebenen drangen samnitische Bergstämme des Hochapennin vor und bedrohten die Küstenstädte. Da die Römer in den Samniten langfristig auch für sich eine Gefahr sahen, folgten sie einem Hilferuf Neapels und griffen 326 v. Chr. ein.
Die erste Kriegsphase endete in einer Katastrophe, denn die langen und starren Schlachtreihen der Römer erwiesen sich als ungeeignet für die Kämpfe in den Bergregionen. 321 v. Chr. wurde das römische Heer von den Samniten in den Caudinischen Pässen eingeschlossen. Es musste den Gegnern freien Abzug gewähren, aber noch schmachvoller war, dass jeder einzelne Soldat durch ein aus drei Speeren gebildetes Joch hindurchgehen musste („Caudinisches Joch“).
Der Krieg wurde nach einem weiteren Hilferuf der Apuler 316 v. Chr. wieder aufgenommen. Inzwischen hatten die Römer das Heer reformiert und sowohl Strategie als auch Bewaffnung den Erfordernissen der Bergkämpfe angepasst: Die unbeweglichen Schlachtreihen wurden durch kleinere Truppenverbände (Manipel) ersetzt, die nun nicht mehr mit Lanzen, sondern mit handlichen Spießen bewaffnet waren.

Außerdem baute der Zensor APPIUS CLAUDIUS CAESUS 312 v. Chr. eine Straße nach Südosten bis nach Capua und über die Caudinischen Pässe. Diese nach ihm benannte Via Appia sicherte den schnellen Aufmarsch der Truppen. Zudem hatte Rom Wehrsiedlungen (Kolonien) an den gegnerischen Grenzen gegründet, mit denen die Samniten eingekreist werden konnten. Der zweite Samnitenkrieg führte 304 v. Chr. zu einem Friedensvertrag, der die Samniten zwar nicht unterwarf, deren Vordringen aber verhinderte.

3. Krieg gegen die Samniten und ihre Verbündeten

298 v. Chr. brach der dritte Krieg gegen die Samniten aus, die diesmal im Verbund mit den alten Feinden Roms, den Etruskern, Kelten, Sabinern und anderen Volksstämmen kämpften. Rom konnte nach erbitterten Kämpfen einige Siege erringen, schloss 295 v. Chr. aber Frieden mit den Etruskern und unterwarf 290 v. Chr. schließlich auch die Samniten. Sie wurden römische Bundesgenossen und mussten Heeresfolge leisten.
Die Samniten, unter denen sich auch sehr wilde Unterstämme befanden, erwiesen sich als die härtesten und ausdauerndsten Gegner Roms. Ihre Unbeugsamkeit führte dazu, dass die Römer sie später ganz ausrotteten.

Krieg gegen die Kelten

Schwere Kämpfe gegen die Kelten zogen sich von 285 bis 282 v. Chr. hin. Sie endeten mit der Eroberung des Gebietes, das keltische Senonen bewohnten. Mit diesem Sieg hatte Rom die Vorherrschaft über Mittelitalien erlangt.

Krieg gegen den Molosserkönig PYRRHOS

Trotz gegenteiliger Vereinbarung hatte eine römische Flotte den Hafen des süditalienischen Handelszentrums Tarent angelaufen. Als die römischen Schiffe daraufhin überfallen wurden, kam es 282 v. Chr. zum offenen Konflikt, der in einen zehn Jahre andauernden Krieg mündete. Tarent rief nun den Molosserkönig PYRRHOS II. aus dem griechischen Epirus zu Hilfe.
Der ehrgeizige Staatsmann und Feldherr PYRRHOS verstand sich als Nachfolger ALEXANDERS DES GROSSEN, der dem sich auflösenden Alexander-Reich wieder Macht verschaffen wollte. In dem Hilferuf der Tarentiner sah er eine Chance, ein griechisches Königreich im Westen zu errichten und rückte mit einem großen Heer und 26 Kriegselefanten nach Tarent.

PYRRHOS gewann mehrere Schlachten, darunter 280 v. Chr. bei Herakleia und 279 v. Chr. bei Ausculum (Asculi) in Apulien. Doch besonders der Sieg in Ausculum war auch für Pyrrhos so verlustreich, dass er ausgerufen haben soll: „Noch einen solchen Sieg, und wir sind verloren!“ (Daher spricht man heute noch von einem „Pyrrhossieg“ als einem Sieg, der zu teuer erkauft wurde.).
Als zwischenzeitlich die griechischen Städte auf Sizilien in Streit mit Karthago kamen, riefen sie PYRRHOS um Hilfe. Doch auch dort kamen PYRRHOS' anfängliche Erfolge ins Stocken, und die nun gegen ihn aufgebrachten Griechenstädte einigten sich insgeheim mit Karthago. PYRRHOS musste nach großen Verlusten 276 v. Chr. wieder aus Sizilien abziehen.
In Tarent wurde PYRRHOS' Hilfe schon erwartet, da Rom sich inzwischen mit neuen Kriegstaktiken vertraut gemacht hatte. Die Schlacht 275 v. Chr. bei Malventum endete unentschieden. Rom machte daraus später einen Sieg und nannte die Stadt um in „Beneventum“ (Benevento). PYRRHOS wurde von etlichen Verbündeten im Stich gelassen, zudem mangelte es ihm an Nachschub. So sah er sich noch im selben Jahr dazu gezwungen, nach Epirus zurückzukehren.
Rom siegte 272 v. Chr. endgültig. Tarent musste Gebiete abtreten und wurde zusammen mit anderen süditalienischen Städten in die römische Bundesgenossenschaft eingegliedert. Damit hatte Rom seinen Einflussbereich auch auf Unteritalien ausgedehnt.

Sicherung der Vormachtstellung

In mehr als 200 Jahren hatte die kleine Stadt Rom ihre Vorherrschaft auf ein Staatsgebiet von etwa 130 000 km² ausgeweitet. Die militärischen Erfolge mussten politisch gestützt werden, um die Herrschaft auf Dauer zu sichern. Dazu hatte Rom ein abgestuftes Bundesgenossensystem mit unterschiedlichen Einzelverträgen entwickelt, das sich den politischen Erfordernissen in den einzelnen Städten und Gebieten anpassen konnte.

Die römische Wehrgemeinschaft bestand nun aus:

  1. dem römischen Kerngebiet („Ager Romanus“), zu dem einige einverleibte Städte wie Tusculum und Aricia gehörten. Die Einwohner besaßen volles römisches Bürgerrecht.
  2. Kolonien, das waren mit römischen Bürgern besiedelte Städte des ehemaligen Feindeslandes. Ihre Einwohner hatten teils volles, teils begrenztes römisches Bürgerrecht, d. h. ohne Wahlrecht. Die Kolonien wurden in den späteren Eroberungen zum eigentlichen Herrschaftsinstrument der Römer.
  3. Bundesgenossen („socii“), im Innern selbstständige Gebiete mit eigenem Bürgerrecht. Sie durften keine Außenpolitik betreiben, mussten die Oberhoheit Roms anerkennen und Heeresfolge leisten. Deren Einwohner hatten keine Bürgerrechte in Rom, d. h. kein Wahlrecht, kein Recht, Ämter zu besetzen, und kein Recht, eine römische Bürgerin zu heiraten.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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