Verlauf der Punischen Kriege – HANNIBAL

Verhältnis zwischen Rom und Karthago

Rom stand im 5. und 4. Jh. v. Chr. mit Karthago, der größten und mächtigsten Handels- und Seemacht des Mittelmeerraums, in einem guten Verhältnis, das durch drei Verträge geregelt war. Im ersten Vertrag von 510 v. Chr. einigte man sich auf die gegenseitige Anerkennung der jeweiligen Oberhoheit:
Rom gestand Karthago das Handelsmonopol im westlichen Mittelmeerraum zu; Karthago durfte im Gegenzug die römischen Bundesgenossen nicht schädigen. Zwei weitere Verträge (348 und 306 v. Chr.) bestätigten diese Vereinbarung in ähnlicher Weise. 279 v. Chr. hatten sich noch beide Staaten gegen den König PYRRHOS II. VON EPIROS verbündet, der in Sizilien eine Königsherrschaft einzurichten versuchte. Etwa 15 Jahre später entfachte ein vergleichsweise nichtiges Ereignis dennoch einen Krieg zwischen den Römern und den Karthagern (von den Römern Punier genannt).

1. Punischer Krieg (264–241 v. Chr.)

Nach dem Tod des Tyrannen AGATHOKLES 289 v. Chr. in Sizilien wurden dessen Söldner führungslos und bemächtigten sich der Stadt Messana. Sie wüteten dort auf eine grauenvolle, mörderische Weise und nannten sich nach dem gewalttätigen Kriegsgott Mars „Mamertiner“ (= Söhne des Mars). Als sie über Messana hinausgriffen und von HIERON II. VON SYRAKUS niedergeschlagen wurden, riefen die Mamertiner 264 v. Chr. zunächst Karthago um Hilfe, dann Rom.
Obwohl sich Rom noch nicht von den bisherigen erbitterten Kriegen im eigenen Land erholt hatte, wurde nach langen Debatten im Senat und erfolglosen Verhandlungen mit Karthago das Unternehmen gegen Syrakus beschlossen. Offenbar versprach man sich leichte Kriegsbeute durch einen scheinbar begrenzten militärischen Aufwand. Doch im Verlauf des nun folgenden Krieges zwischen Rom und Karthago (1. Punischer Krieg) ging es bald nicht mehr allein um Sizilien, sondern um die Vorherrschaft im westlichen Mittelmeer.
Die Römer verfügten gegenüber der Seemacht Karthago weder über eine schlagkräftige Flotte noch über genügend Erfahrung bei Seeschlachten. In kürzester Zeit bauten sie jedoch eine Kriegsflotte nach dem Vorbild eines gestrandeten karthagischen Schiffes. Jedes Schiff war nun mit einer drehbaren Enterbrücke versehen, die ausgeworfen werden konnte um sich mit einem Eisenhaken in das feindliche Schiff zu bohren. Diese Taktik erlaubte den Römern, das feindliche Schiff zu betreten und dort auf gewohnte Weise wie zu Lande zu kämpfen, statt es wie bei einer bisher üblichen Seeschlacht zu rammen. Tatsächlich erzielten die Römer 260 v. Chr. bei Mylae den ersten Seesieg ihrer Geschichte. Wegen der folgenden hohen Seeverluste durch Kämpfe und Stürme musste Rom im Verlauf des Krieges jedoch noch zwei weitere Flotten bauen.
Die Römer wagten 256 v. Chr. in Afrika selbst eine Schlacht, die aber mit einer Niederlage und dem Abzug Roms aus Afrika endete. Der karthagische Feldherr HAMILKAR BARKAS konnte die Stellung in Sizilien zunächst noch halten, lenkte aber nach einer verlustreichen Seeschlacht 241 v. Chr. zum Frieden ein.
Darauf diktierte Rom harte Friedensbedingungen: die Zahlung von 3 200 Talenten Silber (das entspricht 80 Tonnen) innerhalb von 10 Jahren und die Räumung der Liparischen Inseln und Siziliens. Wenig später wurde Karthago zudem gezwungen, auch noch Sardinien und Korsika abzutreten und weitere 1 200 Talente Silber zu zahlen. Rom sandte einen Statthalter nach Sizilien mit eigenem Zuständigkeitsbereich (lat.= „provincia“) – und so wurde Sizilien zur ersten Provinz Roms. Die Einwohner einer Provinz hatten kein römisches Bürgerrecht, waren aber zu Steuerzahlungen an Rom verpflichtet.

2. Punischer Krieg (218–201 v. Chr.)

Als Ersatz für die an Rom verlorenen Gebiete eroberte Karthago ab 237 v. Chr. weite Teile Spaniens. Oberbefehlshaber war HAMILKAR BARKAS, der das Land vor allem durch seine Autorität und geschickte diplomatische Verhandlungen gewann. Die iberischen Häuptlinge fühlten sich ihm und seiner Familie persönlich verpflichtet, weshalb der Oberbefehl in den nachfolgenden Jahren in der Familie des HAMILKAR verblieb – so wurde nach seinem Tod sein Schwiegersohn HASDRUBAL oberster Stratege in Spanien (228 v. Chr.).
HASDRUBAL gründete die Stadt Neu-Karthago und eroberte Iberien bis zu dem im Norden gelegenen Fluss Ebro. Mit ihm vereinbarte eine römische Delegation 226 v. Chr. einen Vertrag, nach dem Rom die karthagische Herrschaft bis zum Ebro anerkannte, der Fluss aber die Grenze der gegenseitigen Interessensphären markierte und nicht in kriegerischer Absicht überschritten werden durfte (Ebro-Vertrag).
Nach HASDRUBALS Ermordung (221 v. Chr.) wurde HAMILKARS 25-jähriger Sohn HANNIBAL karthagischer Oberbefehlshaber in Spanien. Er war schon 237 v. Chr. mit seinem Vater nach Spanien gekommen und hatte als Neunjähriger geschworen, niemals ein Freund Roms zu sein. 219 v. Chr. belagerte HANNIBAL die Stadt Saguntum. Sie lag zwar südlich des Ebro (in der Nähe des heutigen Valencia), war jedoch aus der Zeit vor dem Ebro-Vertrag mit Rom verbündet. Trotz der achtmonatigen Belagerung, Einnahme und Zerstörung der Stadt reagierte Rom nicht.
HANNIBAL ging aber noch weiter: Er überschritt 218 v. Chr. den Ebro und begann die Gebiete bis zu den Pyrenäen zu erobern. Nach dieser Vertragsverletzung forderte Rom die Auslieferung HANNIBALS. Als Karthago ablehnte, führte das zur Kriegserklärung durch Rom (2. Punischer Krieg).

Um einem Angriff Roms auf Spanien oder Karthago vorzugreifen, beschloss HANNIBAL, die Auseinandersetzung auf römischen Boden zu verlegen: Er überschritt mit seinem Heer von 50 000 Fußsoldaten, 10 000 Reitern und 37 Kriegselefanten die Pyrenäen, durchquerte Südfrankreich und überschritt dabei die Rhône. Den beschwerlichen Marsch durch die verschneiten Alpen, die Witterung, den Nahrungsmangel und die keltischen Angriffe überlebten nur zwei Drittel seiner Soldaten und auch nur acht der Elefanten. Doch noch im selben Jahr (218 v. Chr.) gelangte HANNIBAL nach Oberitalien.
Im weiteren Zug nach Süden verbündete sich HANNIBAL mit den keltischen Stämmen gegen Rom und besiegte zwei römische Heere am Ticinus und an der Trebia. Vier römische Legionen vernichtete er 217 v. Chr. in der Schlacht am Trasimenischen See. Sein Versuch, die Bundesgenossen Roms zum Abfall zu bewegen, scheiterte.
Nach der Niederlage am Trasimenischen See beschloss 217 n. Chr. der Senat in Rom, QUINTUS FABIUS MAXIMUS VERRUCOSUS zum Diktator zu ernennen. Ihn zeichnete eine besondere Defensivstrategie aus: Er vermied offene Feldschlachten und zermürbte HANNIBALs Heer durch Verzögern und Ausweichen. Diese Taktik erwies sich zunächst auch als erfolgreich und brachte ihm den Beinamen „Cunctator“ (= Zögerer) ein. Der Dichter ENNIUS setzte ihm in einem Hexameter ein Denkmal:

Únus homó nobís cunctándo réstituít rem.“ („Ein einzelner Mann hat uns durch sein Zögern den Staat wiederhergestellt.“)

Trotz des erfolgreichen Vorgehens des Diktators verlangten die Römer nach sechs Monaten eine Entscheidungsschlacht. Die Soldaten mussten einen Eid leisten die Reihen nicht zu verlassen, und 216 v. Chr. kam es zur Schlacht bei Cannae in Unteritalien. HANNIBALS Taktik, die frontal angreifenden Römer mit der Reiterei einzukreisen, hatte Erfolg: Obwohl die Römer zahlenmäßig deutlich überlegen waren, fielen etwa 60 000 römische Soldaten. Cannae wurde zur schwersten Niederlage in der römischen Geschichte und zum Synonym für einen vollständigen Vernichtungskampf, der gleichermaßen von Historikern wie von Feldherren immer wieder studiert wurde.
Nach der Schlacht von Cannae, die auch den Abfall Capuas zur Folge hatte, stand HANNIBAL unmittelbar davor, Rom selbst anzugreifen. Dort bereitete man alles für die Verteidigung vor, selbst die Tiberbrücken wurden eingerissen. Doch aus nicht eindeutig zu klärenden Gründen unterließ HANNIBAL den Angriff auf Rom. So soll ein karthagischer Reiterführer zu HANNIBAL gesagt haben:
„Vincere scis, HANNIBAL, victoria uti nescis.“ („Zu siegen verstehst du, HANNIBAL, den Sieg zu nutzen verstehst du nicht.“)

Durch die Ermattungsstrategie der Römer vergeudete HANNIBAL in den Folgejahren seine Kräfte in zahllosen Märschen und Einzelgefechten. Zunächst sah es zwar noch nach einem Machtzuwachs für Karthago aus, doch langfristig konnte all dies die Erstarkung Roms nicht verhindern: Mit dem makedonischen König PHILIPP V. ging HANNIBAL 215 v. Chr. ein (wenig nutzbringendes) Bündnis ein. Außerdem schloss sich Syrakus im darauffolgenden Jahr Karthago an, nachdem der dortige romtreue König HIERON II. gestorben war und sein Nachfolger sogleich die Seite wechselte. Nach Capua fiel nun auch Tarent 213 v. Chr. an Karthago.
Die Römer hoben jedoch neue Truppen aus, in die sogar Verbrecher und Sklaven aufgenommen wurden. Ihnen gelang es, HANNIBAL, der wenig Unterstützung von Karthago erhielt, immer mehr in die Defensive zu drängen. Rom eroberte 212 v. Chr. nach zweijähriger Belagerung schließlich Syrakus zurück, und sowohl Capua (211 v. Chr.) als auch Tarent (209 v. Chr.) fielen wieder an Rom zurück.
Um Capua zu halten, hatte HANNIBAL einen – zu späten und erfolglosen – Vorstoß auf Rom gewagt. (Der angebliche Ausruf der entsetzten römischen Bevölkerung „HANNIBAL ante portas!“ = „HANNIBAL vor den Toren!“ geht auf diesen Angriff auf Rom zurück. Der Ausspruch wird noch heute für eine unmittelbar drohende Gefahr verwandt.) HANNIBAL zog sich schließlich nach Bruttium zurück und blieb dort bis 203 v. Chr.

In der Zwischenzeit hatten römische Heere erfolgreich in Spanien operiert und somit HANNIBALS Nachschubversorgung aus Spanien zunichtegemacht. Nach zwei Schlachten, in denen die römischen Oberbefehlshaber gefallen waren, hatte PUBLIUS CORNELIUS SCIPIO das Vertrauen der Spanier gewonnen und 209 v. Chr. Neu-Karthago erobert. 206 v. Chr. hatte er ganz Spanien unter römische Gewalt gebracht und die Karthager mussten Spanien räumen.
Zurück in Italien, ließ sich SCIPIO 205 v. Chr. zum Konsul wählen und setzte gegen die Widerstände im Senat seinen Plan durch, Karthago zu Lande anzugreifen. In Afrika verbündete er sich mit dem Numiderfürsten Masinissa und besiegte mit dessen Unterstützung 204 v. Chr. das karthagische Heer. HANNIBAL musste (nach 16 Jahren Kriegführung) Italien aufgeben und dem bedrängten Karthago zu Hilfe kommen. 202 v. Chr. kam es schließlich zur Entscheidungsschlacht bei Zama, die mit einer vernichtenden Niederlage HANNIBALS endete und zum Friedensschluss 201 v. Chr. führte. SCIPIO erhielt nach diesem Sieg den Beinamen „AFRICANUS“.
Aufgrund der von Rom diktierten Friedensbedingungen musste Karthago Spanien räumen, fast alle Kriegsschiffe ausliefern und dazu innerhalb von 50 Jahren insgesamt 10 000 Talente Silber (das sind rund 250 Tonnen) an Rom zahlen. Außerdem durfte es keine Kriege führen, außerhalb Afrikas überhaupt nicht, innerhalb Afrikas nur mit der Genehmigung Roms. Karthago musste Masinissa als Nachbarn anerkennen.

3. Punischer Krieg (149–146 v. Chr.)

Rom hatte nun die unumschränkte Herrschaft über das westliche Mittelmeer; Karthago verlagerte seinen Handel auf das östliche Mittelmeer. Doch bald fühlte sich Rom durch den wirtschaftlichen Aufstieg Karthagos bedroht. So schloss MARCUS PORCIUS CATO der Ältere jede Rede, unabhängig vom jeweiligen Zusammenhang, mit der sprichwörtlich gewordenen Forderung

„Ceterum censeo Carthaginem esse delendam“ („Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss“)

und das solange, bis Karthago tatsächlich völlig zerstört wurde.
Anlass für den 3. Punischen Krieg bot eine Vertragsverletzung Karthagos. Der Numiderkönig MASINISSA hatte Karthago immer wieder angegriffen, das karthagische Gebiet nach und nach an sich gerissen und dem numidischen Großreich einverleibt. Sobald die Karthager sich darüber beschwerten, hatten sich die Römer auf MASINISSAs Seite gestellt. Der ständigen Angriffe müde, stellte sich Karthago einem Verteidigungskrieg gegen die Numider. Rom sah darin die Verletzung des Diktats, Kriege innerhalb Afrikas nur mit Genehmigung Roms zu führen und nutzte die Gelegenheit, um Karthago den Krieg zu erklären.
Die Karthager kapitulierten zwar nach der Landung der Römer und ließen sich entwaffnen, weigerten sich aber, ihre Stadt zu verlassen. Sie verteidigten sich drei Jahre lang, bis Karthago von PUBLIUS CORNELIUS SCIPIO AEMILIANUS endgültig erobert wurde. Gegen dessen Willen wurde die Stadt 146 v. Chr. auf Geheiß des römischen Senats niedergebrannt und völlig zerstört. Die überlebende Bevölkerung wurde als Sklaven verkauft. Zum Zeichen, dass an dieser Stelle nie wieder eine Stadt gebaut werden durfte, wurde der Boden der ausgebrannten Stadt zu einem Feld gepflügt. Das Staatsgebiet wurde römische Provinz.

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