Hauptformen des Musikmarketing

Marketing hat trotz der rein kaufmännischen Logik, die eigentlich dahinter steht, eine immense Bedeutung für die Musik. Die gewählten Verkaufs- und Absatzstrategien umgeben Musik mit Bildern, Symbolen, Botschaften, Emotionen, die – obwohl sie in erster Linie den Absatz des Tonträgers fördern sollen – mit der vermarkteten Musik zusammenwachsen, ob gewollt oder nicht. Das gilt längst für alle Musik, die irgendwo auf Tonträgern erscheint und damit als kommerzielles Produkt gehandelt wird. Der größte Aufwand wird jedoch dort getrieben, wo die eingesetzten absatzpolitischen Instrumente den größten Effekt erwarten lassen, auf dem Gebiet der populären Musik.

Im Musikgeschäft haben sich eine Reihe von spezifischen Marketing-Formen herausgebildet, die mit den Besonderheiten des Musikmarktes in Zusammenhang stehen, auch wenn sie nicht auf diesen begrenzt sind, hier aber eine besondere Bedeutung erlangt haben. Die Hauptformen des Musikmarketing sind

  • Event-Marketing und
  • Cross-Marketing (Sponsoring, Co-Branding).

Sie sind in ihrem Charakter interaktive Marketing-Strategien, weil sie zwischen

  • verschiedenen Produkttypen,
  • verschiedenen Branchen und
  • verschiedenen Herstellern

Synergieeffekte zu erzeugen suchen. Angesichts der weitreichenden Popularität von Musik, ihrer ohnehin vorhandenen Präsenz in jeder Produktwerbung (als Soundtrack im Werbeclip) und ihrer großen Assimilationsfähigkeit (irgendeine Musik passt zu jedem Produkt), aber auch angesichts der enormen Schwierigkeiten, die schwer greifbaren Eigenschaften der Musik handfest zu bewerben, spielen solche interaktiven Marketing-Strategien auf dem Musikmarkt eine immens wichtige Rolle.

Event-Marketing

Event-Marketing ist die älteste Form des Musikmarketing, die bereits intensiv praktiziert wurde, als es den Begriff noch gar nicht gab. Event-Marketing baut auf dem Erlebniswert von Veranstaltungen (Events) auf. Da jede Aufführung von Musik zur Werbung für ein Musik bezogenes Produkt umfunktioniert werden kann, datiert diese Form des Marketing schon auf das 18. Jh. zurück, als die Musikverlage begannen, zur Förderung ihres Absatzes Konzerte zu veranstalten. Gleiches gilt für die Hersteller von Musikinstrumenten.

  • Der New Yorker Piano-Fabrikant Steinway & Sons eröffnete 1866 sogar eine eigene Konzerthalle – die mit 2 000 Sitzen ausgestattete Steinway Hall –, die im New Yorker Musikleben eine wichtige Rolle spielte und Steinway-Klaviere für jedermann zu einem Begriff hat werden lassen.
     
  • Die Pariser Firma Pleyel & Co. veranstaltete in ihrem Salon Pleyel – der Ausstellungs- und Verkaufshalle des Unternehmens – Konzert-Veranstaltungen mit FRYDERYK CHOPIN (1810–1949) und vielen anderen großen Komponisten und Pianisten, die Musikgeschichte gemacht haben.

Im 20. Jh. wurde dieses Prinzip ausgebaut und kulminierte in den bis heute üblichen Promotion-Tourneen, die sich an die Veröffentlichung eines Tonträgers obligatorisch anschließen und zumeist das Album in seiner Ganzheit live zur Aufführung bringen.

Eine andere Form des Event-Marketing besteht in der Verbindung von Musik mit medial basierten Veranstaltungsformen, wie sie das Kino mit dem Musikfilm liefert. Bereits der erste Tonfilm „The Jazz Singer“ (1927) war ein Musikfilm und dieses Filmformat lieferte nicht nur der Gattung „Filmschlager“ in den 1930er-Jahren die Grundlage, sondern es blieb bis zu den zahllosen Elvis-Presley-Filmen der 1950er-und früher 1960er-Jahre eine zentrale Komponente im Marketing-Mix. Auch für die BEATLES ist mit „A Hard Day’s Night“ (Regie: R. LESTER, 1964) und „Help“ (Regie: R. LESTER, 1965) auf dieses Instrument zurückgegriffen worden. Angesichts der Möglichkeiten, die das Musikfernsehen mit dem Musikvideo bereitstellt, ist der Musikfilm inzwischen in den Hintergrund getreten. Das Music Television ist zwar streng genommen keine Veranstaltungsform, folgt aber der gleichen Logik wie das Event-Marketing.

Cross-Marketing

Unter Cross-Marketing versteht man die gemeinsame Vermarktung unterschiedlicher Produkte zumeist auch unterschiedlicher Hersteller durch Nutzung der Synergieeffekte der jeweiligen Marketing-Aktivitäten. Dies spielt seit den 1990er-Jahren eine immens wichtige und noch immer wachsende Rolle auf dem Musikmarkt. Zu unterschieden ist hier zwischen

  • Sponsoring und
  • Co-Branding.

Sponsoring sind Investitionen musikfremder Unternehmen in musikalische Aktivitäten, die sowohl auf den Absatz des eigenen Produkts positive Rückwirkungen haben wie auch (durch Bekanntheit und Image des Sponsors) die unterstützte musikalische Aktivität fördern. Dies hat sich in eine ganze Palette von Maßnahmen ausdifferenziert, ohne die das Musikleben der Gegenwart in allen seinen Sparten und Spielarten gar nicht mehr vorstellbar ist. Beispiele sind die sogenannten

  • Endorsements (Ausrüstungsverträge), die im Gegenzug den Namen des Sponsors auf dem zur Verfügung gestellten Equipment (Instrumente, Ton- und Verstärkeranlagen etc.) ausstellen.
     
  • Präsentationssponsoring lässt den Sponsor zum Präsentator einer Veranstaltung werden – die häufigste Form des Sponsoring im heutigen Konzertleben (wie ein Blick in nahezu jedes Programmheft belegt).
     
  • Das Produktionssponsoring umfasst jede Art der Musikproduktion und wird mit dem Namenszug des Sponsors auf dem gesponserten Produkt (Tonträger, Musikvideos, Filme etc.) entgolten.

Während sich im Sponsoring ein Unternehmen mit einem musikalischen Produkt verbindet, um Synergieeffekte hervorzubringen, von denen beide Seiten profitieren, wird beim Co-Branding ein anderes Produkt mit Musik verbunden, sodass sich die Marketing-Aktivitäten auf beiden Seiten wechselseitig stützen. Vor allem die US-Softdrink-Konzerne haben sich in den 1980er-Jahren mit den damals populärsten Popstars im Portefeuille (MICHAEL JACKSON, * 1958; TINA TURNER, * 1939; u.a.) regelrechte Schlachten geliefert und damit Co-Branding zu dem gemacht, was es heute ist: auf dem Pop-Sektor eine der wichtigsten Marketing-Formen. Alle großen Autofirmen haben in der Vergangenheit Ausschnitte aus ihrer Typenpalette mit Musikstars verbunden, ihren Modellen die Logos der Stars verpasst. Sportartikel-Hersteller spielen eine große Rolle im Hip-Hop-Bereich. Den Kombinationsmöglichkeiten scheinen hier keine Grenzen gesetzt, zumal die werbewirksamen Musikvideos die nahezu beliebige Präsentation eines Produkts (Product Placement) im Umfeld eines Stars und seiner Musik ermöglichen.

Grenzen des Marketing

Obwohl Marketing inzwischen zu einer aufwendigen Angelegenheit geworden ist, im Selbstverständnis der Musikindustrie eine ihrer wichtigsten Aktivitäten darstellt, bleibt der Erfolg letztlich immer abhängig von der künstlerischen Qualität des Produkts. Trotz des Marketing-Aufwandes bei allen großen Tonträgerherstellern steht jedem ihrer Verkaufserfolge eine Vielzahl von kommerziellen Misserfolgen gegenüber, die dann freilich durch die im Musikgeschäft möglichen Gewinne immer noch höchst profitabel ausgeglichen werden. Die Ursache dafür liegt in dem Umstand begründet, dass die Hörer eben keineswegs bloß als passive Konsumenten auf das vorhandene Angebot reagieren, keine inaktive Größe darstellen und lediglich mit geeigneten Methoden beliefert werden müssten, um ein bestimmtes Produkt und nicht ein anderes zu kaufen. Vielmehr ist das Verhältnis zur Musik stets ein aktiver Prozess, der zudem noch wesentlich von sozialen Faktoren bestimmt wird. Das macht es unmöglich, das Kaufverhalten im Vorhinein genau zu kalkulieren. Der soziale Gebrauch der Musik ist niemals voll und ganz der kommerziellen Logik der Musikindustrie und der von ihr eingesetzten Marketing-Maßnahmen zu unterwerfen.

Nicht zu übersehen sind inzwischen auf allen Gebieten der Musik auch die negativen Begleiterscheinungen, die die wachsende Abhängigkeit des Musiklebens von den Marketing-Aktivitäten der Industrie mit sich bringen. Der Satz

„Wo kein Sponsor ist, da ist keine Musik“

beschreibt eine sehr problematische Entwicklung.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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