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Politische Musik

Unter politischer Musik wird die Musik verstanden, die unmittelbar in ein Verhältnis zum Bereich des Politischen tritt – sei es durch die Texte, mit denen sie sich verbindet, sei es durch die Haltung, die sie in ihrem Klangmaterial zum Ausdruck bringt. Musik kann agitierend, propagierend, mobilisierend, solidarisierend oder reflektierend in die sozialen und politischen Verhältnisse und Auseinandersetzungen eingreifen. Sie kann Gemeinsamkeit und Kollektivität verkörpern, eine Weltsicht zum Ausdruck bringen oder mittels der analytischen Schärfe politischer Poesie Aufruf zu Aktionen, Form des politischen Widerstandes, Mittel der Solidarisierung und Gemeinschaftsbildung, Anklage oder Manifest sein. Sie kann Privates auf seine politische Dimension hin transparent machen oder Politisches in private Zusammenhänge vermitteln.

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Auffassungen zum Politischen in der Musik

Die Auffassungen zum Politischen in der Musik gehen weit auseinander. Am geläufigsten ist die Vorstellung, dass Musik grundsätzlich unpolitisch ist, weil sie besonders „abstrakt“ und realitätsfern sei. Die am anderen Pol stehende Auffassung geht davon aus, dass auch die Musik stets eine politische Dimension habe, weil „alles irgendwie politisch“ ist. Dazwischen steht die politische Instrumentalisierung von Musik, das heißt, die Nutzung von Musik, die selbst keinen politischen Zweck verfolgte bzw. keinen direkten Bezug zu den politische Inhalten aufweist, für die sie in Anspruch genommen wird. Das ist z.B. belegt durch den WAGNER-Kult der Nazis in Deutschland oder durch den Einsatz der sinfonische Dichtung „Les Préludes“ von FRANZ LISZT als Eröffnungsfanfare für die Berichte des Oberkommandos der Wehrmacht.

Davon zu unterscheiden ist der Begriff der politischen Musik im engeren Sinn. Darunter ist Musik zu verstehen, die in ein unmittelbares Verhältnis zur Politik und zum Politischen tritt und beim Hörer politisch motivierte Wirkungen, wie Solidarisierung, Mobilisierung, Aufklärung und Überzeugung, hervorrufen will.

Begriff „politische Musik“

Es zeigt sich, dass aber auch politische Musik im engeren Sinn auffallend mehrdeutig gebraucht wird:

  1. Als politische Musik gilt zum einen Musik, die „gesellschaftskritisch“ und „links“ ist. Das geht schon aus der frühesten Verwendung des Begriffs 1851 durch den konservativen Volkskundler WILHELM HEINRICH RIEHL (1823-1897) hervor, steht aber auch im Kontext der internationalen Studenten- und Protestbewegung um 1968 und deren Nachwirkungen bis in die Gegenwart.
     
  2. Als politische Musik gilt zum anderen aber auch jede Art von Musik, die mit der Sphäre des Politischen und Staatlichen verbunden ist. Das sind z.B. Nationalhymnen oder Militärmusik. Inhalt und Charakter des Politischen prägen dabei die Musik, die dienstbar gemacht wird.
     
  3. Politische Musik erscheint zudem als „politisch engagierte Musik“ und damit als Abweichung von vermeintlich „unpolitischer“ Musik.

Abgesehen von diesen verschiedenen Verwendungsweisen des Begriffs „politische Musik“, hat Musik wie jede Form der sozialen und kulturellen Kommunikation tatsächlich eine potenzielle politische Dimension. Musik ist direkt oder indirekt immer mit der Gesellschaft und den sie prägenden Konflikten und Auseinandersetzungen verbunden. Das wird aber nur deutlich und gesellschaftlich relevant, wenn Musik bewusst in den Bereich der Politik hineingestellt ist, wenn sie direkt und unmittelbar in die sozialen und politische Auseinandersetzungen eingreift, wenn sie zur öffentlichen Artikulation kollektiver Interessen wird. Soziale, nationale, religiöse und ethnische Konflikte stellten z.B. immer wieder direkte Bezugs- und Artikulationsgegenstände für Musik dar.

Funktion und Wirkung

Eine politisch instrumentalisierte Musik durch ihre Einbeziehung in die Politik ist noch keine politische Musik. So sind etwa Jazz oder die Zwölftontechnik nicht „an sich“ politisch. Jazz und Zwölftontechnik wurden aber zum Politikum, als sie im Hitler-Regime als „entartet“, „jüdisch“, „kulturbolschewistisch“ verfemt wurden und sie von den Komponisten in der Musik des antifaschistischen Widerstands verwendet wurde.

Bewusstheit eine entscheidende Voraussetzung politischer Musik, und zwar sowohl vonseiten der Produzenten wie vonseiten der Rezipienten. Wenn mit Musik Politisches bewirkt werden soll – im Sinne von Aufklärung, Gesellschaftskritik, Unterstützung im Kampf um Macht, aber auch im Sinne von Gegenaufklärung, Manipulation, Verdeckung von Ausbeutung und Repression – ist eine bewusste Positionierung in den politischen Auseinandersetzungen unerlässlich. Das hängt damit zusammen, dass sich die politische Dimension von Musik immer nur in einem realen gesellschaftlichen Kraftfeld widerstreitender Interessen entfalten kann.

Das Politische ist keine immanente Eigenschaft der Musik. Es ist auch nicht auf die äußerliche Seite der Musik, auf die Textbotschaften zu reduzieren, die vertont werden. Texte können zwar die politische Funktion von Musik konkretisieren, aber Musik ist kein neutrales Transportmittel für politische Textbotschaften.

Das Politische in der Musik ist vielmehr ein Aspekt ihrer Wirkung, die Rückkopplung ihrer Wirkung auf die klangliche Gestalt. Ob die Wirkung von Musik mobilisierend ist, ob Musik parteiergreifend ist für eine bestimmte Gruppe oder Sache in der Gesellschaft, ob sie die Gemeinsamkeit und Gemeinschaftlichkeit einer sozialen Gruppe als Subjekt gesellschaftlicher Veränderungen zum Ausdruck bringt oder vermittelt, all das hängt von sehr vielen Faktoren und der konkreten Situation des Musizierens ab.

Eben deshalb wird z.B. die gemeinschaftsbildende oder mobilisierende Wirkung von Musik in bestimmten Situationen als sehr unmittelbar und damit die politische Kraft der Musik als sehr konkret erfahren. Und doch sind die klanglichen Eigenschaften, die Melodien und Rhythmen, die diese Wirkung vermitteln, außerhalb dieses Kraftfeldes politisch neutrale klangliche Gestaltungsmittel. Darum braucht es das Moment der Bewusstheit, um Musik mit Eigenschaften auszustatten, die unter bestimmten gesellschaftlichen Bedingungen und in konkreten Machtkonstellationen – politische Wirkungen entfalten.

Das Zusammenwirken von politischem Text und politischer Musik wird in den gemeinsamen Werken von BERTOLT BRECHT (1898-1956) und HANNS EISLER (1898-1962) besonders deutlich.

Formen politischer Musik

Politische Musik in diesem Sinn ist schon sehr alt und dürfte bereits in den Stadtstaaten der griechischen und römischen Antike eine bedeutende Rolle gespielt haben, auch wenn hier die Überlieferung fehlt. Seither hat sie sich jedoch in den unterschiedlichsten Zusammenhängen entfaltet. Das widerspiegelt sich in verschiedenen Formen politischer Musik. Dazu gehören das politische Lied, die Arbeiterkampfmusik oder die Musik des antifaschistischen Widerstands.

Eine sehr alte und noch heute lebendige Form politischer Musik ist das politische Lied. Es erfreut sich nicht zuletzt deshalb einer so lang anhaltenden und ungebrochenen Tradition, weil es unter den Bedingungen politischer Unterdrückung eine Waffe derjenigen ist, die ihrer bedürfen und keine andere haben – die Machtlosen, Entrechteten, Ausgebeuteten und Unterdrückten. Ihre stärkste Waffe in den sozialen und politischen Auseinandersetzungen ist die Kollektivität, für die das Lied als ein kulturelles Kommunikationsmedium eine zentrale Rolle spielen kann, um der Gemeinschaftlichkeit in der Gemeinsamkeit des Gesangs einen sinnlichen und hörbaren Ausdruck zu geben. Das politische Lied ist aber auch eine Form politischer Gegenöffentlichkeit.

  • Der Rocksänger BOB DYLAN (* 1941). Viele seiner lyrisch anspruchsvollen und engagierten Songs wurden zu Klassikern.

    picture-alliance/dpa

Auch hier darf aus der Textzentriertheit, die für das Lied charakteristisch ist, nicht auf die Bedeutungslosigkeit seiner klanglichen Gestalt geschlossen werden. Nur wenn die Musik tatsächlich auch die Massen ergreift, für die es bestimmt ist, vermag sich politische Wirkung zu entfalten. Ansonsten bleibt auch der beste politische Text nur gut gemeinte Absicht, der seine Adressaten dann nicht erreicht.

Von den Kreuzzugsliedern im 12. Jh. über die Lieder der Bauernaufstände des 16. Jh. bis in die politischen Emanzipationsbewegungen unserer Tage spielt das Lied als Instrument der politischen Auseinandersetzung eine zentrale Rolle. Liedbewegungen, wie die in den 1960er-Jahren von Chile (La nueva canción chilena) ausgegangene lateinamerikanische Nueva canción, aber auch die studentische Protestsongbewegung in den USA und Westeuropa während der 1960er-Jahre, haben dem politische Lied immer wieder neue Wirkungsräume erschlossen.

Das politische Lied selbst ist in viele Bereiche der Musik vorgedrungen. War es der Natur der Sache nach lange Zeit im Volkslied verwurzelt, obwohl auch Kirchenlieder explizit politischen Charakter bekommen haben, so ist es im Verlauf der 20. Jh. vom südamerikanischen Tangolied über den politischen Blues, die Rockmusik bis hin zu den gerappten politischen Statements der Gegenwart vor allem in die verschiedenen Zweige der populären Musik hinein gewandert.

Arbeiterkampfmusik als eine Form politischer Musik wurde z.B. von HANNS EISLER (1889–1962) in den 1920er- und frühen 1930er-Jahren komponiert. Aber auch die faschistische Gemeinschaftsmusik der Nationalsozialisten, die Musik in den früheren sozialistischen Ländern oder der Politrock der 1960er- und frühen 1970er-Jahre gehören zu dieser Musikform.

Auch im Konzertsaal und auf der Opernbühne ist politische Musik präsent. LUIGI NONO (1924-1990) komponierte z.B. sein „Canto sospeso“ (1956) oder seine Oper „Intolleranza“ (1960) in Verarbeitung von Briefen zum Tode verurteilter Widerstandskämpfer. HANS WERNER HENZE (1926-2012) widmete sein Oratorium „Das Floß der Medusa“ (1968) mit explizit politischer Aussage dem Andenken des kubanischen Revolutionärs CHE GUEVARA.

Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Politische Musik." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/musik/artikel/politische-musik (Abgerufen: 20. May 2025, 11:26 UTC)

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Das Orchesterlied steht als Gattung etwas im Schatten gegenüber bekannteren Gattungen wie Lied, Kantate oder Oratorium. Aber seit seiner Entstehung in den 1830er-Jahren, maßgeblich durch HECTOR BERLIOZ (1803–1869), entstehen immer wieder ausdrucks- und klangfarbenreiche Werke. Einen der Höhepunkte bilden die Orchesterlieder von GUSTAV MAHLER (1860–1911).

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Die konzentrierte kompositorische Arbeit lenkt zugleich die Aufmerksamkeit von Ausführenden wie Publikum auf Feinheiten der Interpretation. Bis heute liefern im Prinzip alle Komponierenden mindestens ein Streichquartett als Gesellen- oder sogar Meisterstück ab.

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