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Dieter Senghaas: Zivilisierungsprojekt Frieden

Herstellung von Frieden und gelungene Zivilisierung sind gleichbedeutend. Das gilt innerhalb von Gesellschaften wie auf internationaler Ebene zwischen den Staaten.
Das zivilisatorische Hexagon, das von DIETER SENGHAAS Anfang der 1990er-Jahre entwickelt wurde, lässt sich in Form von vier friedenspolitischen Hauptaufgaben auch auf die internationale Politik übertragen. Die OECD steht dafür als Beispiel.

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Der Friedensforscher DIETER SENGHAAS (geb. 1940) hat ein Friedenskonzept vorgelegt, das Frieden und Zivilisation verbindet. Damit werden der Begriff und das Konzept des Friedens modernisiert und vertieft.
Die zentrale zivilisatorische Aufgabe der Politik in modernen Gesellschaften besteht darin, Formen der Koexistenz (des Zusammenlebens) zu finden, in denen die unvermeidlichen Konflikte ohne Gewalt ausgetragen werden können. Politische Institutionen sind es, die das Zusammenleben der Menschen trotz verschiedener Interessen durch vereinbarte Regeln zivilisieren.

Unter Zivilisation versteht man das Selbstverständnis und das Selbstbewusstsein der modernen bürgerlichen Gesellschaft. Es wird bestimmt:

  • vom verantwortungsvollen Gebrauch der modernen Technik,
     
  • vom Streben nach wissenschaftlicher Erkenntnis und
     
  • von der Achtung der Menschenwürde sowohl im Rechtssystem als auch in den Umgangsformen.

Gelungene Zivilisation und Frieden (Bild 1) als Aufgabe der Politik sind also gleichbedeutend, sind identische Tatbestände. Dies gilt nicht nur für die sozialen Schichten und Gruppen mit verschiedenen Interessen innerhalb einer Gesellschaft (innerer Frieden). Es gilt auch für die unterschiedlichen Gesellschaften und ihre Staaten im internationalen System (äußerer Frieden).

  • Negativer Frieden liegt vor, wenn keine personale direkte Gewalt herrscht.Positiver Frieden liegt vor, wenn keine strukturelle, indirekte Gewalt herrscht.

Struktur des zivilisatorischen Hexagons

SENGHAAS hat sechs grundsätzliche Sachverhalte ermittelt, die in modernen Gesellschaften den inneren Frieden auf zivilisierte Weise garantieren. Da sie das aber nur in Wechselwirkung miteinander tun, hat er sie als Eckpunkte eines Sechsecks (Hexagon, Bild 2) veranschaulicht. Dieses Modell ist auch eine Konsequenz der Erfahrungen aus der Geschichte des letzten Jahrhunderts.
Die wichtigsten Wechselwirkungen im zivilisatorischen Hexagon sind:

  • Die Errichtung eines staatlichen Gewaltmonopols ist wesentlich für jeden Zivilisierungsprozess. Es bedeutet, dass kein Bürger für seine Privatzwecke Gewalt anwenden darf. Gleichzeitig muss das Gewaltmonopol durch Rechtsstaatlichkeit geregelt (= legitim) sein, da sonst die Gefahr einer Diktatur (= Willkürherrschaft) besteht.
     
  • Die Rechtsstaatlichkeit, also Gewaltenteilung, freie Wahlen und das Recht auf demokratische Partizipation, garantiert die gewaltfreie und einvernehmliche Lösung von Konflikten, die Konfliktkultur.
     
  • Wo unterschiedliche Interessen diskutiert werden und Konflikte fair geregelt werden, entsteht in der Gesellschaft die Bereitschaft, Interdependenzen (= gegenseitige Abhängigkeiten) anzuerkennen und Emotionen und Affekte zu kontrollieren.
     
  • Soziale Gerechtigkeit – als Chancengleichheit und Verteilungsgerechtigkeit – ist unerlässlich, damit die Rechtsstaatlichkeit lebensfähig und der innere Frieden gesichert bleiben. Andererseits können soziale Probleme nur in einer entwickelten Konfliktkultur im Sinne von Gerechtigkeit gelöst werden.

Alle sechs zivilisierenden, friedensgarantierenden Faktoren stützen sich gegenseitig und korrigieren sich gegenseitig.

  • Der Zivilisierungsprozess „Frieden“ setzt sich aus sechs Komponenten (Bausteinen) zusammen, die „das zivilisatorische Hexagon“ bilden. Das „zivilisatorische Hexagon“ ist ein historisches Modell, das für Gesellschaften mit ausdifferenzierter Demokratie gil

Zivilisierungsprojekt Frieden

Zivilisierung ist auch ein geschichtlicher Prozess, dessen Ergebnis die modernen Demokratien darstellen. Historisch betrachtet, hat sich zuerst das staatliche Gewaltmonopol seit dem Ende des Mittelalters herausgebildet, als Staat des Absolutismus. Die Kontrolle des Gewaltmonopols durch rechtsstaatliche Institutionen ist eine Errungenschaft der bürgerlichen Revolutionen seit 1789. Die Geschichte der Arbeiterbewegung und ihrer Gewerkschaften sowie der Frauenbewegung ist erfüllt vom Kampf um politische Partizipation und um soziale Gerechtigkeit.
Alle zivilisierenden, friedensgarantierenden Faktoren benötigen zu ihrer Ausgestaltung und Wechselwirkung das demokratische politische Engagement der Staatsbürger (s. a. Bild 3).

  • Der Westfälische Frieden zu Münster und Osnabrück 1648, der den Dreißigjährigen Krieg beendete, war eine positive Friedensstiftung. Seine Regelungen wirkten über 150 Jahre.Der Friedensvertrag von Versailles 1919 zwischen Deutschland und seinen Gegnern im

Weltfrieden als Zivilisierung

DIETER SENGHAAS hat vorgeschlagen, auch die Herstellung internationalen Friedens als Zivilisierungsprojekt anzusehen.
Weltwirtschaft und Verkehr, globale Informations- und Kommunikationsnetzwerke und die internationalen Organisationen haben seit dem 20. Jh. zum Entstehen einer Weltgesellschaft geführt, die einen zivilisierten, friedlichen Umgang aller Staaten mit Interessengegensätzen und mit den globalen Problemen erfordert.
In der internationalen Perspektive sind vier friedenspolitische Hauptaufgaben zu erfüllen, um die Beziehungen zwischen allen Staaten und Völkern ohne Gewalt und nach zivilen Grundsätzen zu gestalten:

  1. Schutz vor Gewalt durch Einrichtung von Sicherheitsgemeinschaften;
     
  2. Schutz der Freiheit und der Menschenrechte durch internationale Garantien und internationale Institutionen mit Kontrollrechten;
     
  3. Schutz vor Not durch eine internationale Wirtschaftspolitik des ökonomischen Ausgleichs und der Entwicklungshilfe („Frieden ist Entwicklung“);
     
  4. Schutz vor ethnischer, kultureller, religiöser und rassistischer Diskriminierung durch Abbau von Feindbildern und Kampf gegen Chauvinismus aller Art.

Diese vier Aufgaben, die auch Leitsätze darstellen, umfassen die Mindeststandards eines zivilisierten, friedenssichernden internationalen Verhaltens.
Zur Norm geworden sind sie bisher unter den modernen demokratischen Industrieländern, die sich 1960 in Paris zur OECD (Organization for Economic Cooperation and Development = Organisation für wirtschaftiche Zusammenarbeit und Entwicklung, zusammengeschlossen haben. Ihre Hauptziele sind

  • die Koordination der Entwicklungshilfe,
  • die Förderung des Welthandels,
  • die Zusammenarbeit auf dem Energiesektor (Erdölversorgung) sowie
  • das Erarbeiten von Leitlinien zur Lösung der wirtschaftlichen und politischen Globalprobleme.

Der OECD gehören

  • alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union an sowie
  • die USA,
  • Australien,
  • Japan,
  • Kanada und
  • Neuseeland.

Die Erweiterung dieser Organisation durch

  • die Türkei,
  • Mexiko und
  • Südkorea sowie durch
  • Tschechien,
  • Ungarn und
  • Polen

ist ein Zeichen dafür, dass immer weitere Staaten zum internationalen Frieden als Zivilisierungs- und Entwicklungsprojekt beitragen wollen.

  • Übersicht über die politischen Organe der OSZE

    © osce 2018

Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Dieter Senghaas: Zivilisierungsprojekt Frieden." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/politikwirtschaft/artikel/dieter-senghaas-zivilisierungsprojekt-frieden (Abgerufen: 20. May 2025, 11:31 UTC)

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Definitionen des Friedens

Der Friedensbegriff kommt aus dem Althochdeutschen und bedeutete ursprünglich Schutz, Sicherheit. Seitdem sind im Laufe der Geschichte verschiedene Friedensauffassungen entwickelt worden, von THOMAS VON AQUIN im 13. Jh., über KANT im 18. Jh. bis zu JOHAN GALTUNG in die Gegenwart.
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