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Finanz- und Steuerpolitik in Bund, Ländern und Gemeinden

Steuern sind als Geldleistungen definiert, die ohne Anspruch auf eine direkte Gegenleistung durch öffentlich-rechtliche Gemeinwesen (Bund, Länder, Gemeinden) auf der Basis einer gesetzlich bestimmten Steuerpflicht erhoben werden. Obwohl kein individueller Anspruch auf Gegenleistung besteht, dienen die Steuereinnahmen der Finanzierung gesellschaftlich notwendiger öffentlicher Güter. Durch die Steuerpolitik werden auch wirtschafts-, sozial- und umweltpolitische Zwecke angestrebt. Dabei müssen aber immer Einnahmen – wenigstens im Nebenzweck – erzielt werden. Steuern werden nach Ertragshoheit, Art der Erhebung und Gegenstand der Besteuerung klassifiziert. Der internationale Standortwettbewerb und die Sozialpolitik verstärken den Druck auf das bestehende Steuersystem in Deutschland. Eine Steuerreform ist zwingend geboten. Die Politik muss dabei die Balance zwischen steuerlicher Entlastung und ausreichendem Steueraufkommen stets neu herstellen und so gesellschaftliche Stabilität und Entwicklung sichern.

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Finanz- und Steuerpolitik – mit Steuern steuern

Ob Steuererklärung, Ökosteuer oder Finanzamt, jeder Staatsbürger ist von ihnen „betroffen“ – den Steuern. Sie sind die wichtigste Einnahmequelle des Staates.
Zwischen 80 und 85 Prozent der Einnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden entspringen den Steuern und sind so die entscheidende Finanzierungsgrundlage der jeweiligen Haushalte. Die restlichen Staatseinnahmen stammen aus Beiträgen, eigener Wirtschaftstätigkeit, Gebühren und Zöllen.

„Steuern sind durch die Abgabenordnung als Geldleistungen definiert, die ohne Anspruch auf eine direkte Gegenleistung durch öffentlich-rechtliche Gemeinwesen auf der Basis einer gesetzlich bestimmten Steuerpflicht erhoben werden. Obwohl also kein individueller Anspruch auf Gegenleistung besteht, dienen die Steuereinnahmen der Finanzierung gesellschaftlich als notwendig erachteter öffentlicher Güter.“ („Wie funktioniert das? Wirtschaft heute.“ Mannheim u. a., 1999, S. 198)

Steuern und staatliche Aufgaben

Ein funktionierendes Gemeinwesen braucht eine gut ausgebaute Infrastruktur einschließlich eines leistungsfähigen Bildungs- und Sozialsystems, eine arbeitsfähige allgemeine Verwaltung und Einrichtungen des Rechtsstaates sowie Strukturen für die innere und äußere Sicherheit. Der Staat übernimmt diese Aufgaben, der einzelne Bürger kann oder will sie für sich allein nicht lösen. Für die Kosten, die bei diesen Aufgaben anfallen, braucht der Staat Geld, und dieses Geld nimmt er über die Steuern ein.
Im Laufe der Geschichte sind zu den o. g. staatlichen Kernaufgaben (Prinzip der Kostendeckung) weitere hinzugekommen:

  • soziale Umverteilung durch das Prinzip der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit,
  • Lenkung der Konjunktur,
  • strukturelle Steuerungsfunktionen,
  • ökologische Steuerungsfunktionen.

Erhebung und Verwendung der Steuern

Die Steuern sind die wichtigste Einnahmequelle (ca. 85 %) des Staates und die wichtigste Finanzierungsgrundlage für die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen. In diesem Zusammenhang ist die Gesetzgebungskompetenz des Bundes und der Länder entscheidend und mit dem Wort Steuerhoheit beschrieben. Für das Verständnis dieses Begriffs sind drei Fragen zu beantworten:

  • Wer darf Steuern erheben und deren Höhe festlegen?
  • Wer entscheidet über die Verwendung der Steuereinnahmen?
  • Wer organisiert das Steuerwesen?

Ein erstes Element der Steuerhoheit ist die Steuergesetzgebungshoheit. In der Regel ist sie in der Verfassung jedes Staates festgeschrieben und an das jeweilige Parlament gebunden – in Deutschland also im Grundgesetz festgeschrieben (Artikel 105 GG) und an den Bundestag gebunden. Durch den föderalen Aufbau der Bundesrepublik haben aber auch die Länderparlamente in bestimmten Bereichen das Recht zur Steuergesetzgebung. Im Rahmen der sogenannten Föderalismusreform I ist die Gesetzgebungskompetenz der Länder in Artikel 105 Absatz 2a GG durch die länderbezogene Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer punktuell erweitert worden. Kernstück der sogenannten Föderalismusreform II wird die Neuordnung der Finanzverfassung sein. Mit der Steuergesetzgebung wird festgeschrieben, in welcher Höhe von welchen natürlichen oder juristischen Personen Steuern zu erheben sind.

„Artikel 105 GG
[Gesetzgebungskompetenz]

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.“

Die Steuerertragshoheit ist das zweite Element der Steuerhoheit. Hier wird festgelegt, wer (welche Gebietskörperschaft) das Steueraufkommen einer bestimmten Steuerart zur Verfügung erhält. Auch dies ist im Grundgesetz (Artikel 106 GG) festgeschrieben.

„Artikel 106
[Verteilung des Steueraufkommens]

(1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der folgenden Steuern stehen dem Bund zu:
1. die Zölle,
2. die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2 den Ländern, nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam oder nach Absatz 6 den Gemeinden zustehen,
3. die Straßengüterverkehrsteuer,
4. die Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und die Wechselsteuer,
5. die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführung des Lastenausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben,
6. die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer,
7. Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften.

(2) Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den Ländern zu:
1. die Vermögensteuer,
2. die Erbschaftsteuer,
3. die Kraftfahrzeugsteuer,
4. die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem Bund oder nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam zustehen,
5. die Biersteuer,
6. die Abgabe von Spielbanken.

(3) Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu (Gemeinschaftsteuern), soweit das Aufkommen der Einkommensteuer nicht nach Absatz 5 den Gemeinden zugewiesen wird. ...“

Schließlich ist als drittes Element der Steuerhoheit die Steuerverwaltungshoheit zu nennen. Dahinter verbirgt sich die Zuständigkeit für das Besteuerungsverfahren, die in den Händen der Finanzämter liegt. Die Grafik (Bild 1) zeigt die Struktur der Steuerverwaltungshoheit in der Bundesrepublik.

Die Klassifizierung der Steuern

Steuern können nach drei Aspekten eingeteilt werden:

  • nach der Ertragshoheit,
  • nach der Art der Erhebung,
  • nach dem Gegenstand der Besteuerung.

Die bereits genannten Bundes-, Länder- und Gemeindesteuern klassifizieren Steuern unter dem Aspekt der Ertragshoheit, d. h. diese Einteilung sagt etwas über die Verfügung der Gebietskörperschaften über das Steueraufkommen aus.
Neben dieser Unterscheidung ist die Einteilung in direkte Steuern und indirekte Steuern eine weitere Betrachtungsmöglichkeit. Bei direkten Steuern ist der Steuerpflichtige (Steuerschuldner) mit dem Träger der Steuerlast identisch. Die individuelle Leistungsfähigkeit und die Vermögenslage jedes einzelnen Steuerpflichtigen werden berücksichtigt. Die Steuern müssen in diesem Fall vom Steuerpflichtigen direkt an die zuständige Finanzverwaltung abgeführt werden. Der direkte Charakter dieser Steuern wird auch dadurch deutlich, dass der Steuerpflichtige direkt mit der Höhe sowie der Bemessungsgrundlage konfrontiert ist und deren Berechnung nachvollziehen kann. Er kann direkt ermitteln, was ihm von seinem Bruttoeinkommen zum Verbrauch verbleibt, was er zahlen muss. Gerade das unterscheidet die direkten von den indirekten Steuern.
Bei indirekten Steuern ist der Steuerpflichtige nicht mit dem Träger der Steuerlast identisch. Mit diesen Steuern wird der private und öffentliche Verbrauch (Güter und Dienstleistungen) besteuert. Tatsächlich ist es technisch fast unmöglich, die sich aus dem Verbrauch ergebenden Steuern tatsächlich vom Endverbraucher zu erheben. Deshalb werden diese Steuern den Unternehmen abgezogen, die mit einem bestimmten Umsatz verbundene Geschäfte (Verkauf von Waren/Dienstleistungen) betreiben. Dieser Umsatz – durch die Buchführung der Unternehmen nachprüfbar – wird mit den Steuern auf den Verbrauch belastet. Über den Preis der Güter und Dienstleistungen werden so die Steuern an die Kunden weiter gereicht. Das Unternehmen spielt somit die Rolle eines Mittlers, die Steuern werden auf diesem Weg vom Endverbraucher eingezogen.
Schließlich ist eine Betrachtung nach dem Gegenstand der Besteuerung möglich. Dabei erfolgt eine Unterteilung in

  • Verkehrsteuern und
  • Verbrauchsteuern sowie in
  • Personensteuern und
  • Objektsteuern.

Die Verkehrsteuern (auch als allgemeine Verbrauchsteuern bezeichnet) beziehen sich auf einen bestimmten, mit dem Umsatz verbundenen wirtschaftlichen „Verkehr“ z. B.

  • Mehrwertsteuer,
  • Gesellschaftsteuer oder
  • Versicherungsteuer.

Es existieren aber auch besondere Verbrauchsteuern. Sie beziehen sich auf den Verbrauch ausgewählter Güter z. B. Mineralöl, Tabak, Branntwein. Über deren Besteuerung soll auch Einfluss auf den Verbrauch genommen werden.
Personensteuern gehen von den persönlichen Verhältnissen (Einkommens- und Vermögensverhältnisse) des Steuerpflichtigen aus und sind so direkt an eine natürliche oder juristische Person gebunden. Als Beispiele können u. a. Einkommen- (einschließlich Lohnsteuer), Körperschaft- und Erbschaftsteuer genannt werden. Objektsteuern sind dagegen an ein Objekt oder einen Sachwert gebunden. Dazu gehören beispielsweise

  • Gewerbebetriebe (Gewerbesteuer) und
  • Grundstücke (Grundsteuer).

Steuerpolitische Zielstellungen

Die beiden Ziele der Steuerpolitik sind:

  • volkswirtschaftliches Wachstum durch Stärkung der Unternehmergewinne über Steuerentlastung und Stimulierung der individuellen Leistungsbereitschaft durch Minderung der Steuerlast,
  • steuerliche Entlastung der Verbraucher (besonders der unteren Einkommensgruppen) und damit wachsende private und öffentliche Nachfrage.

Gleichzeitig ist ein ausreichendes Steueraufkommen zu sichern.
Zwischen diesen beiden Seiten der Steuerpolitik besteht ein direkter Zielkonflikt: Eine erhöhte Besteuerung der Unternehmen ist von der Angebotsseite her ebenso negativ für die Konjunktur wie erhöhte Steuern für die Verbraucher von der gesamtgesellschaftlichen Nachfrage her. Dieser Widerspruch zwischen betriebs- und volkswirtschaftlicher Perspektive muss von der Politik unter den jeweiligen konkreten Bedingungen stets neu analysiert und gelöst werden. Ein Beispiel dafür ist die politische Auseinandersetzung um die Anhebung des Mehrwertsteuersatzes per 1. Januar 2007 von 16 auf 19 %. Nach dem Willen der Bundesregierung sollten durch die Mehrwertsteuererhöhung die öffentlichen Haushalte saniert und die Lohnnebenkosten gesenkt werden.

Die Realität des gegenwärtigen Steuersystems der Bundesrepublik ist ebenso ausdifferenziert wie unübersichtlich. Der internationale Standortwettbewerb und die Sozialpolitik verstärken den Druck auf das bestehende Steuersystem in Deutschland. Eine Steuerreform ist zwingend geboten. Ziel dieser Reform ist ein deutlich vereinfachtes Steuersystem, das volkswirtschaftliches Wachstum und langfristig ausgeglichene öffentliche Haushalte und Transparenz für die Steuerzahler ermöglicht.

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Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Finanz- und Steuerpolitik in Bund, Ländern und Gemeinden." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/politikwirtschaft/artikel/finanz-und-steuerpolitik-bund-laendern-und-gemeinden (Abgerufen: 20. May 2025, 15:03 UTC)

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Familienpolitik – Ziele und Rahmenbedingungen

Unter dem Begriff Familie wird das Zusammenleben von Eltern (Ein-Eltern- und Zwei-Eltern-Familie) mit ihren Kindern verstanden. Ehepaare ohne Kinder sowie Alleinlebende (Single) stellen eine spezifische Lebensform dar.
Ein wesentliches Politikfeld ist die Familienpolitik. Familienpolitik bezeichnet die gesamten Maßnahmen, mit denen der Staat Einfluss auf die Gestaltung und Größe der Familie versucht, so z. B. durch Schaffung von familiengerechten Wohnungen, steuerlichen Entlastungen oder Kindergeld. In Entwicklungsländern wird diese Politik meist als Bevölkerungspolitik betrieben.

Die Familie stellt heute vor allem ein Gegengewicht zur nüchternen, oft stark von Entfremdung geprägten Berufswelt dar, indem sie der Raum ist, wo Entspannung, Geborgenheit, Wärme, gefühlsmäßige Wertschätzung herrschen. Deshalb ist die Familienpolitik in Deutschland darauf gerichtet, die wesentlichen Funktionen der Familie zu erhalten und zu stärken. Diese Funktionen sind neben den genannten vor allem die Erziehung der Kinder, die Vermittlung von Normen und Werten, die Aneignung gesellschaftlichen Rollenverhaltens durch die Identifikation der Kinder mit den Eltern.
In der Bundesrepublik Deutschland ist das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zuständig für die Familienpolitik.

Von der Frauenförderung zur Geschlechterpolitik

Frauenförderung und Männerförderung sind Instrumente der Gleichstellungspolitik. Gender-Mainstreaming ist eine Strategie zur Verwirklichung tatsächlicher Gleichstellung (engl.: gender = soziales Geschlecht; mainstream = Hauptstrom, vorherrschende Richtung). Gender Mainstreaming hat seine Wurzeln in der internationalen Frauenbewegung der 1980er-Jahre. In dieser Zeit wurden auch in Deutschland Institutionen zur Durchsetzung der Interessen der Frauen geschaffen. Es ging um die rechtlich-formale Gleichstellung der Frauen, um den Abbau direkter und indirekter Diskriminierung sowie um die Erhöhung der Partizipationschancen von Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen. Wesentliche Instrumente waren Frauenförderungsprogramme und Frauenförderpläne, die Durchsetzung von Gleichstellungsregeln. Am 1. September 1994 wurde Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes um folgenden Satz erweitert:

„Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“

Langsam entwickelt sich im Bereich der Gleichstellungspolitik auch ein öffentliches Engagement von Männern.

Im europäischen Rahmen wurden die Fragen der Gleichstellung im Amsterdamer Vertrag vom 2. Oktober 1997 geregelt. Die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter ist ein wesentlicher Aspekt in den Außenbeziehungen der Europäischen Union und in ihrer Politik der Entwicklungsarbeit.

Verteilung von Bildung in der Gesellschaft

Die Entwicklung zu einer Informations- und Wissensgesellschaft ist mit einem steigenden Bildungsbedarf verknüpft: Die Verfügbarkeit von Bildung entscheidet zunehmend über individuelle Lebenschancen (Einkommen bzw. materieller Wohlstand, Ansehen, Einflussmöglichkeiten). Deshalb ist Chancengleichheit im Bereich der Bildung ein wichtiger Gradmesser für die Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit in einer Gesellschaft.
In Deutschland besteht trotz prinzipieller Chancengleichheit im Bildungszugang noch wenig Bildungsgerechtigkeit. Soziale Ungleichheiten zeigen sich vor allem in schichtspezifischen Unterschieden und einer ungleichen Bildungsbeteiligung von Migranten. Auch die PISA-Studien bestätigten diese Tendenzen und zeigten zudem insgesamt unterdurchschnittliche Leistungen deutscher Schüler im internationalen Vergleich. Umfassende Chancengleichheit in Verbindung mit einem hohen Qualifikationsniveau ist in Deutschland im Bereich der Bildung noch nicht erreicht.

Leitprinzip: Soziale Gerechtigkeit

Soziale Gerechtigkeit ist ein zentraler Grundwert und oberstes Ziel des Rechtsstaates und damit Teil des allgemeinen Gerechtigkeitsbegriffs: Als Ordnungs- und Verteilungsprinzip unterliegt soziale Gerechtigkeit ständigen Wandlungen und muss immer wieder neu bestätigt werden. Sie hat eine philosophische, politische und rechtliche Dimension.

In den vorbürgerlichen Herrschaftsverhältnissen bis zur Aufklärung existierte keine Rechtsgleichheit der Menschen. Gerechtigkeit war Besitzstandsgerechtigkeit. In der modernen bürgerlichen Gesellschaft steht Gerechtigkeit dagegen unter dem Vorzeichen der formellen Gleichheit aller Bürger (und heute auch Bürgerinnen) als Privateigentümer. Jeder Mensch kann für die gleiche Menge Geldes die gleiche Menge der gleichen Waren kaufen.

Der Sozialstaat kann nicht die Aufgabe haben, die soziale Gleichheit der Gesellschaftsmitglieder herzustellen. In der Bundesrepublik spricht man daher auch von „sozialer Gerechtigkeit“ als Leitprinzip sozialstaatlicher Tätigkeit, womit die Chancengleichheit in den Auf- und Abstiegsprozessen gemeint ist. Soziale Gerechtigkeit beeinflusst damit wesentlich das politische Verhalten in einem demokratischen Gemeinwesen.

Ludwig Wilhelm Erhard

* 04.02.1897 Fürth
† 05.05.1977 Bonn

LUDWIG ERHARD prägte vor allem in den 1950er-Jahren und Anfang der 1960er-Jahre das wirtschaftspolitische Leben der Bundesrepublik. Seine Absage an die Planwirtschaft und die Durchsetzung der Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft führten zu einem enormen wirtschaftlichen Aufschwung im Westen Deutschlands. Er gilt als der Vater des so genannten Wirtschaftswunders.

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