Verteilung von Bildung in der Gesellschaft

Zwei Grundvorstellungen von Chancengleichheit sind im Bereich der Bildung zu unterscheiden:

  • Proporz-Modell: Alle Bevölkerungsschichten (in Bezug auf soziale Schicht, Herkunft, Geschlecht etc.) sollen entsprechend dem Anteil ihrer Gruppe an der Gesamtbevölkerung in weiterführenden Bildungseinrichtungen vertreten sein. Chancengleichheit zielt hier auf ein bestimmtes Ergebnis ab. Aufgrund ungleicher Ausgangsbedingungen (z. B. unterschiedliche Fähigkeiten, soziale Herkunft) kann nicht jeder Mensch seine Leistungsfähigkeit voll entfalten und damit auch sein Recht auf Bildung nicht gleichermaßen wahrnehmen. Deshalb müssen Chancenunterschiede politisch ausgeglichen bzw. sozial Benachteiligte besonders gefördert werden.
  • leistungsbezogenes Modell: Alle Menschen sollen entsprechend ihrer Fähigkeiten und Leistungen die gleichen Möglichkeiten haben, weiterführende Bildungseinrichtungen zu besuchen (Gleichheit der Startchancen). Das Bildungssystem hat die Funktionen der sozialen Platzierung und der Auslese: Bildungsabschlüsse und -zertifikate beeinflussen den Zugang zu sozialen Positionen (Status) und die Möglichkeit von sozialem Auf- und Abstieg. Die Auslese soll sich am Kriterium der Leistung orientieren, während leistungsunabhängige Merkmale – wie Geschlecht oder soziale oder ethnische Herkunft – keine Rolle spielen sollen.

Bildungsexpansion in Deutschland

Im Grundgesetz garantiert der allgemeine Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1) allen Bürgern den gleichen Zugang zu den bestehenden staatlichen Bildungseinrichtungen (gleiches Recht auf Bildung). In den 1950er- und 1960er-Jahren waren die Bildungschancen in der Bundesrepublik Deutschland jedoch ungleich verteilt: Neben der Leistungsauslese fand auch eine soziale Auslese statt, die zu einer ungleichen Bildungsbeteiligung führte: Erheblich geringere Bildungschancen hatten Kinder aus Arbeiterfamilien sowie Mädchen (insbesondere in ländlichen Gebieten). Bildungspolitische Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit und grundlegender Demokratisierung in den 1960er-Jahren führten zu einer umfassenden Reformierung des Bildungssystems, die Chancengleichheit gewährleisten bzw. die bestehenden Ungleichheiten der Bildungschancen abbauen sollte. Folge war die so genannte Bildungsexpansion :

  • Das Bildungswesen wurde enorm ausgebaut, insbesondere der sekundäre Bereich (Real- und Gesamtschulen, Gymnasien) und der tertiäre Bereich (Fach- und Gesamthochschulen, Universitäten).
  • Die Hauptschule („Volksschule“) wurde zur „Restschule“ und zunehmend zum Ort sozial Benachteiligter. 1952 gingen 79 % der Schülerinnen und Schüler (7. Klasse) auf eine Hauptschule, 2004/2005 waren es nur noch knapp ein Viertel.
  • Die Zahl der Gymnasiasten stieg stark an (2004/2005 ein Drittel jedes Jahrgangs), ebenso die Zahl der Jugendlichen mit Abitur (1960: 6 %; 2003: ca. 25 %). Seit Beginn der 1990er-Jahre wurde das Gymnasium zur meist besuchten Schulform: 2002/2003 besuchten 33 % der 13-Jährigen ein Gymnasium.
  • Auch die Zahl der Studienanfänger an Hochschulen stieg stark an: 1960 entschieden sich 6 % eines Jahrgangs für die Universität, 2 % für die Fachhochschule; 2002 waren es 25 % (Universität) und 13 % (Fachhochschule). Der Anteil der Absolventen (Akademiker) eines Jahrgangs lag 2003 bei knapp einem Fünftel (18,4 %).
  • Die Zahl der Jugendlichen ohne Abschluss ist zurückgegangen (1960: 17 %), aber dennoch relativ hoch: Etwa 9 % der Schülerinnen und Schüler verließen 2003 eine allgemein bildende Schule ohne Abschluss. In Deutschland hat etwa jeder Zehnte zwischen 20 und 29 Jahren weder einen Hauptschulabschluss noch eine abgeschlossene Berufsausbildung. Aufgrund von „Bildungsarmut“ bilden sich Risikogruppen für umfassende Deprivation heraus (sehr geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt, Einkommensarmut, höheres Kriminalitätsrisiko, psychische Probleme, gesellschaftliche Ausgrenzung).

Insgesamt hat eine „Umschichtung nach oben“ stattgefunden: Die unteren Bildungsschichten sind geschrumpft, die mittleren und höheren Bildungsschichten haben zugenommen. Dem entspricht eine kontinuierliche Höherqualifizierung der Bevölkerung (mehr mittlere und höhere Bildungsabschlüsse, starkes Anwachsen des Akademikeranteils).

Auch die Qualifikationsanforderungen auf dem Arbeitsmarkt sind ständig angestiegen, höhere Positionen sind immer häufiger an einen Hochschulabschluss gebunden („Akademisierung“ vieler Berufsfelder). Während in den 1950er-Jahren ungelernte Arbeitskräfte noch zwei Drittel der erwerbstätigen Bevölkerung ausmachten, bildeten sie im Jahr 2000 nur noch ein kleines Segment des Arbeitsmarktes (18 % in den alten und 10 % in den neuen Bundesländern), das in Zukunft vermutlich weiter zurückgehen wird. Die typischen Erwerbstätigen sind nun gelernte, z. T. angelernte Fachkräfte (2001 ca. 57 % der Erwerbstätigen im Osten, 56 % im Westen).

Als Folge der Bildungsexpansion haben sich die Bildungschancen für alle sozialen Schichten erheblich erhöht. Auch die Geschlechterungleichheiten wurden erfolgreich abgebaut: Das Bildungsniveau und die Bildungschancen von Mädchen/Frauen haben sich an das der Jungen/Männer angeglichen. Trotz prinzipieller Chancengleichheit im Zugang zur Bildung besteht in Deutschland aber noch wenig Bildungsgerechtigkeit. Die sozialen Ungleichheiten auf dem Gebiet der Bildung zeigen sich vor allem

  • in schichtspezifischen Chancenunterschieden,
  • in der ungleichen Bildungsbeteiligung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund.


Schichtspezifische Chancenunterschiede

Von der enormen Ausweitung der Bildungschancen haben Kinder aller Schichten profitiert, aber in unterschiedlicher Weise. Die Chancenabstände zwischen privilegierten und benachteiligten Gruppen haben sich vergrößert:

  • Von der Expansion an den Gymnasien und Hochschulen profitierten vor allem Kinder aus mittleren Schichten; sie konnten den Abstand zu den sehr guten Bildungschancen der Kinder aus Akademikerfamilien verringern.
  • Die Kinder aus Arbeiterfamilien oder „bildungsfernen“ Schichten erwerben durchschnittlich zwar höhere formale Bildungsabschlüsse als früher (mehr Realschulabschlüsse), stellen aber nach wie vor einen deutlich geringeren Anteil an Studierenden (1959/60 lag ihr Anteil bei 5 %, 1990 bei 7 %, 2003/2004 bei 17 %). Am stärksten benachteiligt sind Kinder von Geringqualifizierten, die in der Regel die Hauptschule besuchen.
  • Familie und soziale Herkunft wirken sich entscheidend auf die individuellen Bildungschancen aus und bestimmen den Verlauf der Berufskarriere. Berufliche Position, Bildungsgrad und Einkommensverhältnisse der Eltern sind zentrale Faktoren für gute bzw. schlechte Bildungschancen der Kinder.

Die schichtspezifisch ungleichen Bildungschancen sind nicht nur auf Leistungsunterschiede zurückzuführen. Vielmehr verbindet sich die Leistungsauslese im Bildungssystem mit einer (leistungsunabhängigen) sozialen Auslese, d. h. der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht, der Sozialisation und der familiären Bildungsorientierung. Kinder aus oberen („bildungsnahen“) Schichten können Bildungsangebote im Allgemeinen besser nutzen als Kinder aus unteren („bildungsfernen“) Schichten, da sie meist ein günstigeres Lernumfeld haben und stärker durch die Eltern gefördert werden.

Ungleiche Bildungsbeteiligung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund

Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund erreichen im deutschen Bildungssystem deutlich schlechtere Ergebnisse als gleichaltrige Kinder von in Deutschland geborenen Eltern. Die ungleiche Bildungsbeteiligung der Migrantenkinder zeigt sich in verschiedenen Faktoren:

  • Die Bildungsabschlüsse haben sich seit den 1980er-Jahren zwar erhöht, zeigen aber nach wie vor einen beträchtlichen Abstand zum (ebenfalls gestiegenen) Bildungsniveau der deutschen Schüler.
  • Migrantenkinder erwerben in der Regel niedriger qualifizierte Abschlüsse; hinzu kommt eine relativ hohe Abbruchquote von Bildungswegen (hohe Rate an Jugendlichen ohne Schulabschluss: 20 % im Vergleich zu 8 % der Deutschen).

Die gravierenden Bildungs- und Ausbildungsdefizite führen zu geringeren persönlichen Lebenschancen und sind ein großes Hindernis für nachhaltige soziale Integration (z. B. schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt, hohes Armuts- und Arbeitslosigkeitsrisiko). Migrantenfamilien können die schulische Entwicklung ihres Kindes häufig nicht genauso effektiv wie deutsche Eltern unterstützen. Schlechte Leistungen sind zudem häufig Folge mangelnder Sprachkompetenzen.

Im deutschen Bildungsystem wird Bildungsarmut bzw. -reichtum faktisch „vererbt“: Die Bildungschancen der Kinder folgen weitgehend dem Bildungsgrad der Eltern. Dieses Ergebnis zeigte auch die internationale Schulleistungsstudie PISA:Ergebnis war, dass das deutsche Bildungssystem soziale Ungleichheiten nicht ausgleichen kann und in Bezug auf die Bildungsergebnisse nicht ausreichend produktiv ist.

PISA-Studie 2000

Die internationale PISA-Studie („Programme for International Student Assessment“) ist ein Projekt der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung), das im Frühsommer 2000 durchgeführt wurde. Weltweit nahmen rund 180 000 Jugendliche aus 28 OECD-Mitgliedstaaten sowie aus Brasilien, Lettland, Liechtenstein und der Russischen Föderation teil. Ziel war ein internationaler Vergleich von Schülerleistungen und Bildungssystemen. Im Zentrum stand die Frage, wie gut die Schüler auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet werden und Basiskompetenzen erwerben, die zur gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Teilhabe notwendig sind (z. B. Anwendungsfähigkeiten, kritisches Beurteilen von Informationen).
Die PISA-Erhebung untersuchte drei Kompetenzbereiche, in denen jeweils fünf Kompetenzstufen unterschieden wurden.

  1. Lesekompetenz („reading literacy“, Schwerpunkt im Jahr 2000),
  2. mathematische Grundbildung („mathematical literarcy“),
  3. naturwissenschaftliche Grundbildung („scientific literarcy“).

Zudem wurden fächerübergreifende Kompetenzen wie, selbstständiges Lernen (z. B. Lernstrategien) untersucht.

Ergebnisse der PISA-Studie 2000 – der "PISA-Schock"

In der Lesekompetenz lag Deutschland unter dem Durchschnittswert der OECD-Staaten (Spitzenposition Finnland). Fast ein Viertel der Jugendlichen konnte nur auf niedrigstem Niveau lesen (18 % OECD-Durchschnitt), aber auch im oberen Leistungsbereich wurden nur durchschnittliche Ergebnisse erzielt.
In den Bereichen mathematische und naturwissenschaftliche Grundbildung erreichte Deutschland im OECD-Vergleich ebenfalls nur das untere Mittelfeld. Rund ein Viertel der Schüler zeigte nur Kompetenzen auf Grundschulniveau. Die höchste Kompetenzstufe wurde sehr selten erreicht (1,3 % in Mathematik; 3 % in den Naturwissenschaften). Das mathematische Standardrepertoire beherrschte weniger als die Hälfte der Schüler, in den Naturwissenschaften war das Leistungsniveau insgesamt niedrig.

In Deutschland ist ein enger Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Schullaufbahn zu erkennen: Die Hälfte der Jugendlichen aus der höchsten Sozialschicht besuchen das Gymnasium, aber nur 10 % der Kinder aus Arbeiterfamilien; dagegen gehen 40 % der Arbeiterkinder auf die Hauptschule und nur 10 % der Oberschichtkinder.
In Deutschland ist die Abhängigkeit der Bildungskompetenzen von der Schichtzugehörigkeit besonders groß. Den stärksten Einfluss auf die Schülerleistungen hat der familiäre Hintergrund. Die PISA-Studie zeigte auch eine schlechte Bildungsbeteiligung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund: Nur 15 % besuchen das Gymnasium, aber 50 % die Hauptschule, während von den Kindern deutscher Eltern 30 % auf das Gymnasium gehen und nur 25 % auf die Hauptschule. Fast 50 % der Migrantenkinder überschritten nicht die Basiskompetenzen, obwohl fast drei Viertel von ihnen ihre gesamte Schullaufbahn in Deutschland absolviert haben. Sprachdefizite und mangelnde Lesekompetenz wirken sich auch negativ auf die Kompetenz in Mathematik und Naturwissenschaften aus. Diese migrationsbedingten Unterschiede sind international verbreitet, aber in Deutschland besonders stark ausgeprägt.

Das deutsche Bildungssystem führt zu guten Qualifikationen für mittlere und höhere Positionen in der modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft (z. B. Facharbeiter, Angestellte), zeigt aber Schwächen im Spitzenbereich und im Abbau von sozialen Benachteiligungen: zum einen bei der Förderung besonders begabter Schüler und bei der Ausbildung zu hochqualifizierten Führungspositionen (z. T. Mangel an qualifizierten Spezialisten auf dem Arbeitsmarkt), zum anderen bei der Qualifizierung von Migranten und sozial Schwachen (hoher Anteil an Risikogruppen).
Deutschland erreichte bei der PISA-Erhebung im Vergleich von 32 Staaten nur ein unterdurchschnittliches Niveau an Schülerleistungen (Rang 21 bei der Lesekompetenz, Rang 20 in Mathematik und Naturwissenschaften) und zeigte zudem einen großen Anteil in der untersten Kompetenzstufe. Vor allem in Japan, Korea, Island und Finnland, aber auch in Kanada und Schweden zeigte sich bei durchschnittlich hohem Leistungsniveau eine geringe Kopplung von sozialer Herkunft und Leistung (geringe soziale Ungleichheiten, befriedigendes Leistungsniveau in unteren Sozialschichten).

Die Ergebnisse der PISA-Studie haben eine öffentliche Debatte entfacht, in der die Mängel des deutschen Bildungssystems und mögliche Lösungen diskutiert werden. Kritisiert wird vor allem die unzureichende Qualität und soziale Auslese des deutschen Bildungssystems (unterdurchschnittliche Schülerleistungen, ungleiche Bildungschancen). Über die Notwendigkeit einer grundlegenden Reformierung herrscht weitgehend Konsens.
Aus den PISA-Ergebnissen können im Vergleich mehrerer Länder folgende Ergebnisse abgeleitet werden:

  • Den größten Einfluss auf die Schülerleistung hat der familiäre Hintergrund der Schüler.
  • Hohe staatliche Bildungsausgaben führen nicht automatisch zu besseren Schülerleistungen.
  • Die institutionellen Rahmenbedingungen (inhaltliche und organisatorische Ausgestaltung des Schulsystems) haben starke Effekte auf Leistungssteigerung. Positive Einflussfaktoren sind z. B. zentrale Prüfungen, mehr Wettbewerb zwischen den Schulen und mehr Schulautonomie (z. B. bei der Beschaffung von Lehrmitteln, der Auswahl und Vergütung der Lehrer).

PISA 2003 und PISA 2006

Das im Jahr 2000 gestartete OECD-Programm sah vor, im Anschluss an die erste PISA-Studie die Leistungen 15-jähriger Schülerinnen und Schüler verschiedener Länder im Abstand von drei Jahren (2003, 2006) erneut zu untersuchen. Die Schülerkompetenzen in den Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften sollten alle drei Jahre ermittelt werden, damit die Bildungsergebnisse einzelner Staaten nicht nur international verglichen, sondern auch in ihrer Entwicklung analysiert werden können. Bei PISA 2003 stand die Mathematik im Zentrum, bei PISA 2006 bildeten die Naturwissenschaften den Schwerpunkt der Testaufgaben.

In der PISA-Studie 2003 lagen die Leistungen der deutschen Schülerinnen und Schüler in allen drei Kompetenzbereichen (Mathematik, Lesen, Naturwissenschaften) im Mittelfeld. Damit konnte sich Deutschland im internationalen Vergleich etwas verbessern. Im Bereich Lesekompetenz konnte eine Stabilisierung erreicht werden, in Teilbereichen der mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenz zeigten sich sogar Verbesserungen. Positiv fiel zudem auf, dass die Schülerinnen und Schüler beim Problemlösen überdurchschnittlich gut abschnitten. Dennoch zeigten sich weiterhin problematische Defizite:

  • Nach wie vor bestand ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Bildungserfolg und der sozialen Herkunft (geringere Bildungschancen von Kindern aus Familien mit niedrigem Einkommen, geringer Bildung, Migrationshintergrund).
  • Die Streuung der Leistungen (obere und untere Kompetenzbereiche) war insgesamt noch relativ hoch. Verbesserungen der Kompetenzen waren außerdem nicht gleichmäßig verteilt: Die größten Fortschritte gab es in den Gymnasien, in den Hauptschulen nahezu keine.
  • Die Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit ungenügenden Kompetenzen war seit 2000 im Wesentlichen gleich geblieben: So reichten die Leistungen von 22 % der Jugendlichen nicht aus, um eine Ausbildung erfolgreich abzuschließen oder einen Beruf auszuüben.

Nach der dritten Erhebungsrunde PISA 2006 zeigten sich für Deutschland folgende wichtige Ergebnisse:

  • In den Naturwissenschaften waren die Kompetenzen zwischen 2000 und 2006 im gesamten Spektrum der Schülerschaft klar angestiegen. Sowohl die leistungsschwächeren wie auch die leistungsstärkeren  Schülerinnen und Schüler konnten ihre Leistungen verbessern.
  • Während die Lesekompetenzen in vielen OECD-Staaten stagnierten oder sich sogar verschlechtert hatten, konnten die deutschen Schülerinnen und Schüler in diesem Bereich aufholen und lagen nun im OECD-Durchschnitt. Wie in allen OECD-Staaten schnitten auch in Deutschland die Mädchen besser ab als die Jungen.
  • Bei den mathematischen Kompetenzen lag Deutschland im OECD-Durchschnitt.
  • In allen drei Kompetenzbereichen gehört Deutschland nach wie vor zu den Staaten mit den größten Unterschieden zwischen schwachen und starken Schülerinnen und Schülern. Es zeigt sich eine große Leistungsheterogenität (Spreizung zwischen hohen und geringen Leistungen).
  • Der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Leistung hatte sich bei den Leseleistungen zwischen 2000 und 2006 zwar kontinuierlich verringert, war im internationalen Vergleich aber immer noch recht hoch. Vor allem Kinder aus den unteren sozialen Schichten konnten ihre Leseleistungen steigern. Diese positive Entwicklung war aber nicht in den Bereichen Mathematik und Naturwissenschaften festzustellen.
  • Beim Besuch des Gymnasiums wurden immer noch erhebliche soziale Unterschiede deutlich: Jugendliche aus Familien der oberen sozialen Schichten haben eine 2,7-mal höhere Chance, ein Gymnasium zu besuchen, als Kinder eines Facharbeiters (2000 waren die Chancen 4,2-mal größer).
  • In allen Bereichen waren große Leistungsunterschiede zwischen den Schulformen festzustellen (starke Verbesserungen im Gymnasium, keine oder nur sehr geringe Fortschritte in der Hauptschule).
  • Deutschland wies im internationalen Vergleich immer noch die stärksten migrationsbedingten Unterschiede auf (vor allem bei Jugendlichen der „zweiten Generation“, die bereits in Deutschland geboren wurden). Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund haben im deutschen Bildungssystem nach wie vor erheblich schlechtere Bildungschancen als Kinder und Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Wichtige Ursachen liegen in sozialen Unterschieden und sprachlichen Defiziten.  

Die Ergebnisse aller drei PISA-Studien haben deutlich gemacht, dass im deutschen Bildungssystem – trotz einiger Verbesserungen in den letzten Jahren – Chancengleichheit und das erwünschte Leistungsniveau noch nicht erreicht ist. Es bleibt deshalb Aufgabe der Politik, die institutionellen Rahmenbedingungen des Bildungssystems weiterhin gezielt zu reformieren.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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