Freie Marktwirtschaft – Soziale Marktwirtschaft

Geschichte der Marktwirtschaft

Ende des 18. Jh. begründeten Nationalökonomen die Marktwirtschaft. Sie bezeichneten sie als ein System, das individuellen Egoismus in gesellschaftlichen Nutzen umwandelt. Es wurde das Prinzip des Marktes mit seiner Regelung durch Angebot und Nachfrage erkannt. Im klassischen Modell der Marktwirtschaft erreicht man den höchsten Wohlstand für die Gesellschaft, indem man ökonomisches Verhalten durch Egoismus (auf den persönlichen Vorteil gerichtetes Verhalten) und vollständige Konkurrenz praktiziert.

Die klassische Theorie der Marktwirtschaft ist eng mit der Gesellschaftslehre des Liberalismus verbunden (Liberalismus ist eine Denkrichtung und Lebensform, die für Autonomie, Verantwortung und freie Entfaltung der Persönlichkeit eintritt).

WALTER EUCKEN arbeitete 1940 die Marktwirtschaft (und auch die Zentralverwaltungswirtschaft als das Gegenstück) zu Grundformen von Wirtschaftsordnungen heraus.

Marktwirtschaft

Wesentliches Merkmal der Marktwirtschaft ist das Privateigentum an Produktionsmitteln. Unternehmer, die Produktionsmittel bzw. Verfügungsrechte besitzen, nennt man auch „Kapitalisten“. Sie entscheiden über Art und Weise der Produktion. Die Einzelpläne regeln sich durch den Markt, der das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage darstellt.

Von der freien Marktwirtschaft zur sozialen Marktwirtschaft

Die Marktwirtschaft ist eine Wirtschaftsordnung. Oftmals wird sie auch mit anderen Begriffen bezeichnet, wie

  • Freie Wirtschaft,
  • Wettbewerbswirtschaft,
  • Verkehrswirtschaft,
  • Kapitalismus oder Geldwirtschaft.

Ihre wesentlichen Merkmale sind:

  • das Vorhandensein eines Marktes und des Wettbewerbs untereinander,
  • Privateigentum und
  • eine durch Geld gesteuerte Wirtschaft.

Marktwirtschaft ist eine Wirtschaftsordnung, in der Produktion und Verbrauch durch den auf dem Markt frei gebildeten Preis bestimmt werden.
Einzelne Wirtschaftssubjekte entscheiden über Leistungserstellung und Konsum.
Die Märkte sind die Koordinationszentralen, auf denen Angebot und Nachfrage aufeinander abgestimmt werden. Diese Form der Marktwirtschaft ist das Ideal des Liberalismus. In dieser freien Marktwirtschaft werden bei Ausgleich der Interessen und automatisch zustande kommender maximaler Güterversorgung staatliche Eingriffe überflüssig.
Jedoch führte die Einschränkung der Konkurrenz durch Kartelle und Bildung von Monopolen zu Krisen und einer unsozialen Machtverteilung. Bei grundsätzlicher Bejahung des Systems wurde die Forderung nach staatlichen Eingriffen immer stärker.
Es wurde die soziale Marktwirtschaft entwickelt. A. MÜLLER-ARMACK prägte die Bezeichnung für die besonders in der Bundesrepublik Deutschland angestrebte Wirtschaftsordnung.
Politische Durchsetzung erfuhr diese Form der Marktwirtschaft durch den Wirtschaftsminister LUDWIG ERHARD.

Soziale Marktwirtschaft bejaht das Recht auf Privateigentum, persönliche Verantwortung der Unternehmer und Risikobereitschaft als Grundvoraussetzungen freier Marktwirtschaft. Diese Grundvoraussetzungen werden aber gleichzeitig verknüpft mit einem System sozialen Schutzes. Dieser Schutz drückt sich aus in der institutionellen Sicherung des Wettbewerbs (Verhinderung des Machtmissbrauchs durch Kartelle und Monopole), Sicherung weitestgehender Vollbeschäftigung und Geldwertstabilität und soziale Einkommensumverteilungen.
Innerhalb des vom Staat gesetzten Rahmens soll aber grundsätzlich der Markt über Angebot und Nachfrage, wirtschaftliche Entwicklung und Veränderung entscheiden.

Soziale Marktwirtschaft

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges entstand das Leitbild der sozialen Marktwirtschaft. Ihre geistigen Väter, WALTER EUCKEN (17.01.1891–20.03.1950; Marktformenlehre) und ALFRED MÜLLER-ARMACK (28.06.1901–16.03.1978; Soziale Marktwirtschaft), vereinten darin die Vorstellungen des Neoliberalismus und der christlichen Soziallehre. Der Bundeswirtschaftsminister und spätere Bundeskanzler LUDWIG ERHARD (1897–1977) setzte diese Wirtschaftsordnung in der Bundesrepublik politisch durch.

Inhalt der sozialen Marktwirtschaft

Der Begriff „sozial“ steht dabei für soziale Gerechtigkeit und Sicherheit, „Marktwirtschaft“ beinhaltet die individuelle und wirtschaftliche Freiheit sowie die marktliche und dezentrale Koordinierung der Wirtschaftsaktivitäten. Dem Staat kommt innerhalb dieser Wirtschaftsordnung die Aufgabe zu, unerwünschte Auswirkungen der Marktwirtschaft zu verhindern oder zu mildern. Er soll die einzelnen Freiheitsrechte dort beschränken, wo sie die soziale Gerechtigkeit und Sicherheit gefährden. Der Staat nimmt z. B. auf die Verteilung von Einkommen und Vermögen Einfluss (Unterstützung von Kranken, Invaliden und sozial Schwachen), da die marktmäßige Verteilung nur diejenigen berücksichtigt, die aktiv am Wirtschaftsprozess teilnehmen. Der Grundgedanke der wirtschaftlichen Freiheit äußert sich in der sozialen Marktwirtschaft in vielerlei Hinsicht:

  • Nachfrager können frei entscheiden, welche Güter und Dienstleistungen sie konsumieren (Konsumfreiheit);
     
  • Eigentümer von Produktionsmitteln haben die freie Wahl, ob und wem sie ihre geistige und körperliche Arbeitskraft, Sachgüter und unternehmerischen Fähigkeiten zur Verfügung stellen (Gewerbefreiheit, Berufsfreiheit, Freiheit der Nutzung von Eigentum und Eigentumsrechten);
     
  • Produzenten haben die Freiheit zu entscheiden, welche Güter und Dienstleistungen sie in welchem Umfang produzieren und auf dem Markt anbieten (Produktionsfreiheit).

Konsumenten und Unternehmer unterliegen der Wettbewerbsfreiheit.

Preisbildung

Im Wettbewerb streben die Wirtschaftssubjekte nach einem bestimmten Ziel, wobei der höhere Zielerreichungsgrad des einen meistens einen geringeren Zielerreichungsgrad des anderen zur Folge hat. Der freie Wettbewerb gewährleistet eine Koordinierung der wirtschaftlichen Aktivitäten von Konsumenten und Produzenten. Dadurch kommt es zu einer Preisbildung auf dem Markt. Die Preise zeigen den Anbietern, in welchen Bereichen ihre Produktionsfaktoren am günstigsten eingesetzt werden, und die Nachfrager haben die Möglichkeit zu beurteilen, wie sie ihre Bedürfnisse am besten befriedigen können.

Wettbewerbsfunktionen

Damit der freie Leistungswettbewerb eine gute Marktversorgung gewährleistet, muss er mehrere Funktionen (Wettbewerbsfunktionen) erfüllen:

  • Steuerungsfunktion – Bereitstellung eines Angebotes an Gütern und Dienstleistungen durch die Unternehmen, welches den Konsumentenbedürfnissen entspricht;
     
  • Allokationsfunktion – Anwendung von Produktionsverfahren, die die größtmögliche Effizienz des Faktoreinsatzes sicherstellen;
     
  • Innovationsfunktion – Förderung und Realisierung des technischen und wissenschaftlichen Fortschritts um neue und kostengünstigere Produkte und Produktionsverfahren zu ermöglichen;
     
  • Anpassungsfunktion – flexible Anpassung der Produktion an sich fortwährend ändernde Wirtschaftsdaten;
     
  • Verteilungsfunktion – Gewährleistung einer leistungsgerechten Einkommensverteilung;
     
  • Kontrollfunktion – Kontrolle und Begrenzung wirtschaftlicher Macht.

Wettbewerbsordnung

Die Durchsetzung des Wettbewerbssystems der sozialen Marktwirtschaft erfordert eine zweckmäßige Wettbewerbsordnung. Dafür sprechen mehrere Gründe:

  • Der Wettbewerb stellt sich nicht auf allen Märkten von selbst ein, sondern ist an die Schaffung von strukturellen und institutionellen Voraussetzungen gebunden.
     
  • Der Wettbewerb muss inhaltlich begrenzt werden, da nicht jede Verhaltensweise und Form des Wettbewerbs zu wirtschaftlich effizienten Ergebnissen führt.
     
  • Der Wettbewerb muss geschützt werden. Zum einen vor Wirtschaftssubjekten, die dazu neigen, sich dem Wettbewerbsdruck zu entziehen, jedoch am gesamtwirtschaftlichen Erfolg beteiligt werden wollen (Trittbrettfahrer) und zum anderen vor einzelwirtschaftlichen Interessen, die das Ziel verfolgen, den Wettbewerb zu verfälschen oder zu beschränken.

Die Bekämpfung unlauterer Wettbewerbshandlungen und die Sicherung des freien Wettbewerbs gegen Beschränkungen zählen zu den wichtigen Aufgaben der Wettbewerbsordnung. Um diese zu erfüllen wurden zwei Gesetze erlassen.

Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG)

Dieses Gesetz von 1909 (spätere Änderung der Nebengesetze) soll den Wettbewerb gegen unlautere Wettbewerbsmethoden schützen. Dieser Schutz wird durch die Generalklausel des § 1 UWG („Wer ... Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen, kann auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden.“) und § 3 (Verbot irreführender Angaben) sichergestellt.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)

Das UWG wird durch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen von 1958 (mittlerweile sechs Novellierungen) ergänzt. Es soll die Wettbewerbsfreiheit unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten gegen eine „Vermachtung“ der Märkte schützen. Das GWB trifft wichtige Regelungen zum Kartellrecht, zur Missbrauchsaufsicht marktbeherrschender Unternehmen und zur Zusammenschlusskontrolle von Unternehmen.

Benachteiligte Unternehmen und Regionen

Es existieren aber auch Unternehmen, Wirtschaftszweige (z. B. Landwirtschaft und Bergbau) und Wirtschaftsregionen, die im Wettbewerb benachteiligt sind oder nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Hier kann der Staat Beihilfen (Subventionen) gewähren.
Beihilfen sind direkt oder indirekt staatliche Transferleistungen, die ohne adäquate Gegenleistung nach ausgewählten Kriterien direkt oder indirekt die Empfänger begünstigen und unmittelbare Kosten bzw. Einnahmeausfälle für die öffentlichen Haushalte bewirken. Die Beihilfen zielen in den meisten Fällen auf die wirtschaftliche Förderung bzw. Milderung der Schwierigkeiten ab. Auf den ersten Blick wird eine solche Art von Unterstützung von den Begünstigten als positiv empfunden. In Wirklichkeit werden auf diese Weise die notwendigen Umstrukturierungsmaßnahmen nur hinausgezögert.
Nicht geförderte Wettbewerber bewerten die staatlichen Beihilfen als Diskriminierung und fühlen sich im Wettbewerb benachteiligt.
Für die Überwachung der Beihilfen ist die Europäische Kommission (EK) allein zuständig. Sie prüft auch die geplanten Beihilfen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) und erlässt danach einen Zustimmungs- oder Unterlassungsbescheid.

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