Historischer Hintergrund der Globalisierung

Vorläuferstufe der Globalisierung

Im Bericht der Enquete-Kommission 2002 „Globalisierung der Weltwirtschaft – Herausforderungen und Antworten“ an den Deutschen Bundestag wird der europazentrierte Welthandel als Vorläuferstufe der Globalisierung bezeichnet. Sein Ursprung reicht in die Jahrhunderte der europäischen Seefahrer, der großen Entdeckungen, der Eroberung der „neuen“ Welt und der Herausbildung von Kolonien im 17. Jh. zurück. Er bestand im Wesentlichen aus der Ausbeutung der Kolonien durch europäische Mächte und war damit zunächst sehr einseitig.

Erste Globalisierungsphase

Mit der Entstehung von Manufakturen und Industriebetrieben in Europa wurde der Austausch über die nationalen Grenzen hinweg intensiviert. Er führte zu vertiefter Arbeitsteilung, wodurch die Spezialisierung und damit die Effizienz der Produktion aller Handelspartner gesteigert werden konnte. Im ausgehenden 19. Jh. wurde der Welthandel vor allem durch den Export von Industriegütern aus Europa – später auch aus den USA – sowie durch den Import von „Kolonialwaren“ und Rohstoffen nach Europa und den USA bestimmt. Ebenso entwickelte sich ein ausgedehnter Handel innerhalb Europas und über den Nordatlantik hinweg.

In seinen Grundzügen wurde dieser Tatbestand bereits 1848 von KARL MARX und FRIEDRICH ENGELS im „Manifest der Kommunistischen Partei“ beschrieben:

„Das Bedürfnis nach einem stets ausgedehnteren Absatz für ihrer Produkte jagt die Bourgeoisie über die ganze Erdkugel. … Die uralten nationalen Technologien sind vernichtet worden und werden noch täglich vernichtet. Sie werden verdrängt durch neue Industrien, …die nicht mehr einheimische Rohstoffe, sondern den entlegensten Zonen angehörige Rohstoffe verarbeiten und deren Fabrikate nicht mehr nur im eigenen Lande selbst, sondern in allen Erdteilen zugleich verbraucht werden. … An die Stelle der alten lokalen und nationalen Selbstgenügsamkeit und Abgeschlossenheit tritt ein allseitiger Verkehr, eine allseitige Abhängigkeit der Nationen voneinander. Und wie in der materiellen, so auch in der geistigen Produktion“.

Die Herausbildung einer arbeitsteiligen Weltwirtschaft zu Beginn des industriellen Zeitalters kann als eine erste Globalisierungsphase angesehen werden. Im Gegensatz zur heutigen Entwicklung wurde dieser Prozess im Wesentlichen durch nationale Volkswirtschaften getragen. Die nationalen politischen Strukturen verfügten über ausreichende Instrumente, um die Rahmenbedingungen zu setzen und diesen Prozess aktiv zu gestalten. Allerdings waren noch nicht die technischen Voraussetzungen dafür gegeben, geographische und sozioökonomische Räume zu überwinden, wie das heute der Fall ist.

Herausbildung einer Weltwirtschaftsordnung

Nach den großen Einbrüchen des internationalen Handels in der Zeit der beiden Weltkriege sind die wirtschaftliche Verflechtung und der Ausbau des Außenhandels weltweit zu einem vorrangigen politischen Ziel geworden. Die USA wurden dabei zu einer treibenden Kraft für eine zunächst atlantische, später auch globale Wirtschaftsordnung.
Es waren vor allem folgende Initiativen und Schritte, die zur Herausbildung einer Weltwirtschaftsordnung führten:

  • 1944 wurden auf der Konferenz von Bretton Woods institutionelle Grundlagen einer künftigen internationalen Wirtschaftszusammenarbeit gelegt.
     
  • 1945 erfolgten – ausgehend von Bretton Woods – die Gründung der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF).
     
  • 1946 wurde die Charta von Havanna beschlossen. Sie war auf die Schaffung einer künftigen Weltwirtschaftsordnung gerichtet, deren Grundparameter Wohlstand, Frieden und Beschäftigung sein sollten.
     
  • 1947 wurde in Genf das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen GATT unterzeichnet. Gemäß diesem Abkommen ist es in den Folgejahren in acht „GATT-Runden“ gelungen, die Zölle der Mitgliedsstaaten entscheidend zu senken und Handelshemmnisse abzubauen.

    (Zunächst von 23 Staaten unterzeichnet, gehörten dem GATT zuletzt 124 Vollmitglieder und 16 De-facto-Mitglieder an. 1996 wurde das GATT durch die Welthandelsorganisation (WTO) abgelöst.)

Diese Schritte, verbunden mit politischer Unterstützung für den Außenhandel und realisiert unter technisch immer besseren Verkehrs- und Kommunikationsbedingungen, haben bewirkt, dass die wirtschaftliche Verflechtung der Staaten, Regionen und Erdteile immer enger wurde.

Neue Entwicklungsphase der Globalisierung

In den 1990er-Jahren haben sich einige längerfristige Trends herausgebildet, die zu einer sprunghaften Entwicklung von Handel und Wirtschaftswachstum in allen Regionen der Erde beigetragen haben. Dazu gehören:

  • der Abbau von Zöllen und weiteren Handelsbarrieren über die acht GATT-Runden;
  • die Bildung regionaler Wirtschaftsblöcke, wobei die EWG – EG – EU den Anfang bildete und für andere Regionen Vorbildfunktion ausübt;
  • die ständig abnehmenden Transportkosten, die vielfach durch die öffentliche Hand subventioniert wurden;
  • die äußerst schnelle Entwicklung und Verbilligung der Kommunikation sowie die verstärkte kommerzielle Nutzung des Internets.

Beschleunigt wurde dieser Prozess zudem durch den Zusammenbruch der Sowjetunion und des „COMECON“ („Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe“ der Ostblockstaaten) 1989/90. Durch die Aufhebung des Ost-West-Konflikts haben sich etwa 1,9 Mrd. Menschen der kapitalistischen Welt angeschlossen. Eine neue Dimension der Globalisierung ist in vollem Gange.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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