NGOs als Akteure internationaler Politik

Es gibt derzeit ca. zehntausend international agierende NGOs, davon waren 2008 ungefähr 1 650 bei der UNO offiziell registriert.

INGOs lassen sich beispielsweise nach ihrer Herkunft, etwa in so genannte

  • „Nord-NGOs“ aus den Industriestaaten oder
  • „Süd-NGOs“ aus den Entwicklungsländern

unterscheiden. Einige INGOs verstehen sich mehr als politikferne Protestpartei, andere versuchen möglichst viel direkten Einfluss auf die konkrete Politikgestaltung zu nehmen. INGOs können von wenigen Experten zu einem bestimmten Themenfeld oder auch von einer Massenbewegung geprägt sein. Manche INGOs haben jahrzehntelange Tradition, wie die Naturschutzorganisation „World Wildlife Fund“ (WWF), andere entstehen kurzfristig auf Grund eines aktuellen politischen Themas.

Diese Unterscheidungen ließen sich fortsetzen.
NGOs beanspruchen generell für sich selbst die Aufgabe, Gemeinwohlinteressen in die internationale Politik zu bringen. Denn die internationale Politik wird, für den einzelnen Bürger schlecht durchschaubar, zum großen Teil von den Regierungen untereinander und hinter verschlossenen Türen ausgemacht. Es fehle der internationalen Politik somit an demokratischer Legitimation, wird von Seiten der NGOs argumentiert. Deswegen benötige die internationale Politik die Kontrolle durch Vertreter der Zivilgesellschaft, als welche sich die meisten NGOs sehen.
Kritiker des deutlich zunehmenden Einflusses von NGOs auf die internationale Politik merken hierzu an, dass NGOs erstens selber nicht demokratisch legitimiert seien, sondern oftmals eigene hierarchische und wenig transparente Strukturen ausbilden. Zweitens würden NGOs wie gewöhnliche Wirtschaftsverbände kein Gemeinwohlinteresse, sondern das Einzelinteresse bestimmter gesellschaftlicher Gruppen vertreten.

Strukturen von NGOs

Klassische NGOs sind meist auf private Initiative, aus dem Engagement gegen ein konkretes politisches Projekt, entstanden, haben sich dann jedoch im Gegensatz zur einfachen Bürgerinitiative weiterentwickelt, hin zu einer Organisation mit weiteren Betätigungsfeldern hinsichtlich der Inhalte oder des Wirkungskreises. Die konkrete Rechtsform einer NGO kann dabei sehr unterschiedlich sein (beispielsweise Verband, Verein, Gesellschaft, Stiftung etc.).
Wenigen NGOs gelingt es, wie der bekannten internationalen Umweltschutzorganisation Greenpeace, sich ausschließlich aus eigenen Spendenmitteln zu finanzieren. Oft werden sie, wie in Deutschland, vom Staat finanziell unterstützt. Sind NGOs zu fast 100 % staatlich finanziert, wird von Quasi Non-Governmental Organizations (QUANGOs) gesprochen.

Funktionen von NGOs als Akteur internationaler Politik

Erste der drei Hauptfunktionen von NGOs in der internationalen Politik ist die des so genannten „watchdogs“ (englisch für Wachhund). So verfolgen NGOs kritisch die Tätigkeiten der internationalen Akteure – Organisationen, außenpolitische Akteure oder transnationale Unternehmen – und berichten insbesondere über soziale oder ökologische Missstände.
Eine zweite, für den Erfolg einer NGO entscheidende Aufgabe ist es, Öffentlichkeit herzustellen. Die Fähigkeit hierzu hängt von mehreren Faktoren, wie

  • der Mitgliederzahl,
  • dem Grad der weltweiten Verbreitung,
  • der Finanzaustattung,
  • dem öffentlichen Interesse für bestimmte Themen usw.

ab. Zentral für die Öffentlichkeitswirkung von NGOs ist auch die Fähigkeit, große themenspezifische Bündnisse von NGOs untereinander, so genannte advocacy coalitions, aufzubauen.
In der internationalen Politik gefragt sind NGOs zum Dritten als Quelle von Informationen. Oft befinden sich in NGOs die Betroffenen bestimmter Politiken, die Politiker über die Auswirkungen bestimmter Projekte informieren können. Oder in den Reihen der NGOs organisieren sich Experten, beispielsweise zu Fragen der Agrarwirtschaft in bestimmten Weltregionen, deren Wissen den Regierenden sonst nicht zur Verfügung stände.

Einfluss von NGOs auf die internationale Politik

Wenn NGOs diese beschriebenen Funktionen erfüllen, können sie unter Umständen die Verhandlungsinhalte bei internationalen Konferenzen beeinflussen. So gelang es einem großen internationalen NGO-Bündnis bei der UNO-Umweltkonferenz 2002 im südafrikanischen Johannesburg, die Unterordnung des internationalen Umweltrechts unter das Regelwerk der Welthandelsorganisation WTO zu verhindern.
Mittlerweile haben NGOs in internationalen Organisationen oder bei Konferenzen und sonstigen internationalen Verhandlungen oftmals den Status als offiziell zur Teilnahme zugelassener Akteure, also eine Akkreditierung, erhalten. Diese kann Beobachter- und Rederechte beinhalten oder das Recht, in interne Verhandlungs- oder Verwaltungsdokumente einzusehen. Vertreter der NGOs sitzen auch in den nationalstaatlichen Delegationen bei internationalen Konferenzen. Insbesondere bei den Weltkonferenzen der UNO nehmen in dieser Form Tausende NGO-Vertreter aus aller Welt teil. Diese Teilnahmerechte sind allerdings bei den wichtigen Organisationen der internationalen Wirtschaftsbeziehungen (Weltbank, Weltwährungsfonds, Welthandelsorganisation) nicht sehr ausgeprägt.
Wichtig zu beachten ist bei der Bewertung dieser beschriebenen Entwicklungen, dass INGOs zwar Themen auf die Tagesordnung internationaler Politik bringen und so genannten informellen Einfluss (über Kontakte, Positionspapiere, Informationsweitergabe etc.) ausüben könnten, die formale Entscheidungskompetenz jedoch alleine bei den legitimen Vertretern der Staatsregierungen verbleibt.

Beispiele für NGOs als Akteure internationaler Politik

Der reale politische Einfluss von NGOs wird sehr unterschiedlich beurteilt. Einerseits warnen Vertreter von NGOs davor, sich zu sehr in die Nähe der Akteure und Strukturen internationaler Politik zu begeben. Sie befürchten dabei die Vereinnahmung durch die offizielle Politik und halten hingegen öffentlichkeitswirksamen Protest auf der Straße für erfolgversprechender.
Die Mitarbeit in den Strukturen und Prozessen internationaler Politik berge z. B. die Gefahr, Zeit und Arbeitskraft zu verschwenden und den Regierenden gleichzeitig als soziales oder ökologisches Feigenblatt zu dienen. Dieser Position schloss sich die globalisierungskritische Bewegung an, zu der beispielsweise die populäre Protestbewegung ATTAC gehört.

Das Beispiel TRANSPARENCY INTERNATIONAL (TI) steht für eine entgegen gesetzte Einschätzung der politischen Einflussmöglichkeiten für NGOs auf der Ebene internationaler Politik. Ihre Strategie ist die kritische, aber konstruktive Zusammenarbeit mit offiziellen politischen Akteuren auf allen Ebenen. Das Ziel von TI ist die globale Korruptionsbekämpfung. Hierzu erarbeitet TI Jahresberichte und entwickelt Bewertungskriterien für die Korruptionsanfälligkeit jedes Staates auf der Welt. Diese Informationsbereitstellung und Entwicklung von Beurteilungsmaßstäben ist als Dienstleistung für Politiker konzipiert, welche dazu animiert werden sollen, gegen die Korruption aktiv vorzugehen. Darüber hinaus informiert TI so die Weltöffentlichkeit wie auch die Entscheidungsträger über den Stand der Korruptionsentwicklung weltweit.

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