Griechische Architektur
Mit der griechischen Architektur verbindet sich für den heutigen Betrachter meist die Tempelarchitektur. Diese strebte nach Vollkommenheit in Ordnung, Maß, Proportion, Gleichgewicht der einzelnen Elemente und allseitiger Ausstrahlung. Dabei entwickelten die Griechen drei architektonische Systeme, genannt Disziplinen oder Säulenordnungen: die dorischen, ionischen und korinthischen.
Neben dem Tempelbau erlangte vor allem seit etwa 450 v.Chr. der Städtebau eine zunehmende Bedeutung. Hierbei erfuhren öffentliche Gebäude in der griechischen Stadt hinsichtlich der architektonischen Gestaltung eine deutlich höhere Bedeutung als Gebäude privater Nutzung.
Die Säulenarchitektur als charakteristisches Element der öffentlichen Gebäude spiegelte die in der griechischen Gesellschaft der Antike angestrebte Transparenz öffentlicher und staatlicher Aspekte des gesellschaftlichen Lebens wider. Das gymnásion als Bildungsstätte, das Theater sowie das Stadion befanden sich in der griechischen Stadt der Antike meist nicht an zentralen Standorten. Sie lagen eher abgelegen, allerdings noch innerhalb der Stadtmauer.
Der Tempelbau
Die vornehmste Aufgabe der Architektur war der Tempelbau. Tempel bildeten den kultischen Mittelpunkt der Stadtstaaten und dienten als schützende architektonische Hülle für das Götterstandbild. Der eigentliche Götterkult war öffentlich und wurde an Altären zelebriert, die im Freien standen. Die frühesten Tempel aus Holz und luftgetrockneten Lehmziegeln stammen aus der Zeit um 800 v.Chr. Damit die empfindlichen Wände nicht der Witterung unmittelbar ausgesetzt waren, schützte man sie durch weit vorkragende abgestützte Dächer.
Spätestens im 7. Jh. v.Chr. entwickelte sich daraus der Säulenumgang – die Ringhalle (Peristase) – als Kunstform. Trotz Grundrissvariationen war auch die Cella – ein fensterloser Raum für das Kultbild – allen Tempeln gemeinsam. Zunehmend wurde Stein als Baumaterial benutzt – häufig war es Marmor – und farbig bemalt. In der Folgezeit konnte die Cella dreischiffig sein und eine offene Vorhalle im Osten (Pronaos) und eine offene Halle im Westen (Opisthodomus) erhalten. Unterschiede im Tempelbau ergaben sich aus veränderten Proportionen, Maßen, Größen, der Anwendung verschiedener Dekorationssysteme (Säulenordnungen) und der bauplastischen Ausstattung.
Eine Maßeinheit, die als Berechnungsgrundlage für alle anderen Maße diente, war oft der Durchmesser einer Säule an ihrer dünnsten Stelle. Die Säulenordnungen unterscheiden sich nicht nur durch die unterschiedlichen Kapitellformen, sondern auch durch das Verhältnis von Höhe, Durchmesser und Abstand der Säulen, durch Unterschiede der Proportionen und der Dekoration von Gesims und Gebälk.
- Die dorische Säulenordnung hat verhältnismäßig gedrungene Säulen, die ohne Fuß (Basis) auf dem Unterbau (Stylobat) stehen. Der Schaft zeigt meist 20 flache Furchen (Kanneluren) und verjüngt sich nach oben. Er endet mit einer oder mehreren Einkerbungen und trägt das dreigeteilte Kapitell.
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Walter-Maria Scheid - Walter-Maria Scheid, Berlin
- Die ionische Säulenordnung hat schlankere und weniger verjüngte Säulen mit 24 tieferen Kanneluren. Sie steht auf reich durchgebildeten Basen. Das Kapitell besteht aus einem als Eierstab gebildeten Echinus, darunter ein Perlstab (Astragal), darüber ein Polster (Pulvinum), das an den Seiten in großen Spiralen (Voluten) eingerollt ist.
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Walter-Maria Scheid - Walter-Maria Scheid, Berlin
- Die korinthische Säulenordnung mit hohen Säulen und reichem Blattkapitell ist eine Ableitung aus der attisch-ionischen Säulenordnung. Das Kapitell wird aus einem korbartigen Kern und Akanthusblättern gebildet.
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Walter-Maria Scheid - Walter-Maria Scheid, Berlin
Bauwerke
In archaischer Zeit entstanden monumentale, schlichte Tempel in dorischer Säulenordnung (Apollotempel in Korinth; Aphaiatempel auf Ägina). Ihre Giebel wurden mit plastischen Bildwerken, die Metopen (Zwischenfelder) zwischen den Triglyphen (Dreischlitze) des Architravs mit Reliefs geschmückt.
Die Architektur der klassischen Zeit verfeinerte die allmählich leichter und schlanker werdenden Formen der dorischen Tempel (Zeustempel in Olympia, Parthenon in Athen, Poseidontempel in Sunion). Tempel in ionischer Ordnung (Erechteion in Athen, Artemistempel in Ephesus, Niketempel in Athen) kommen in der klassischen Zeit hinzu. Im Verlauf des 4. Jh.s bis in die hellenistische Zeit werden zunehmend Tempel in korinthischer Ordnung (Side, Aphrodisias) gebaut.
Als Vollendung dorischer Baukunst gilt bis heute der Parthenon (447–438 v.Chr.; Grundriss 30,88 m x 69,50 m) auf der Akropolis in Athen aus der klassischen Periode. Der Säulenumgang besteht aus je 8 x 17 Säulen. An den Schmalseiten wird der Innenraum nochmals durch sechs Säulen vor der Vorhalle (Pronaos) und der hinteren Halle (Opisthodomos) gegliedert. Im Kernbau befindet sich die Cella, in der ehemals das Kultbild der Athena von Phidias (um 440 v.Chr.) stand, u-förmig umgeben von einem zweistöckig angeordneten Säulenumgang. Die 11 m hohe Statue der Athene war mit Goldplatten behängt, die ca. eine Tonne gewogen haben sollen. Das Gold war im Bedarfsfall abnehmbar und zu Finanzierungszwecken für die Staatskasse verwendbar.
Vollständig abgetrennt und nur von der Westseite zugänglich liegt das „Schatzhaus“ für die Weihegeschenke. Hier tragen vier zusätzliche ionische Säulen das Dach aus Marmorziegeln. Feine Korrekturen – winzige Abweichungen von den Horizontalen und Vertikalen – sollten die optische Wirkung des Tempels noch steigern. Kultgebäude wurden ab dem 4. Jh. v.Chr. häufig in Form des Rundbaus (griech. tholos) gebaut (Delphi, Epidaurus, Olympia).
Der Städtebau
Im Hellenismus verbreitete sich die griechische Baukunst bis in den Orient. Neue Aufgaben bot der Ausbau der unter den Diadochen gegründeten königlichen Residenzen (Pergamon, Alexandria, Antiochia).
Wichtige Bauaufgaben bildeten öffentliche Gebäude, Privathäuser und die Stadtplanung. In der archaischen und noch in der klassischen Periode passten sich die Städte meist den unregelmäßig topografischen Gegebenheiten an. Etwa ab 450 v.Chr. wurde vor allem bei neuen Städten in Kleinasien ein geometrischer Bebauungsplan benutzt. Diese Pläne gehen auf HIPPODAMOS VON MILET zurück. Alle Wohnhäuser in dessen regelmäßigem städtebaulichem Gitternetzplan waren typisiert, und einen Leerraum von 26 Blöcken sparte man für öffentliche Gebäude aus (Priene, Piräus).
Akropolis und Agora bildeten die beiden Zentren in der griechischen Stadt. Dafür begann man in der klassischen Periode Architekturkomplexe zu schaffen (Propyläen, Erechteion, Niketempel auf der Akropolis in Athen, Agora von Athen). Für kulturelle und sportliche Aktivitäten wurden öffentliche Bauten neben den Heiligtümern oder in den Städten errichtet: Theater, Gymnasien (Hallen zum Laufen), Palästren (Hallen zum Ringen und Boxen), Umkleide- und Waschräume. Die Stoa fungierte als Treffpunkt, Ladenstraße, Ausstellungs- und Schulungsraum.
Um übermäßige Terrassierungsarbeiten zu vermeiden, wurden Theater im Freien meist muschelförmig am Hang eines Hügels angelegt (Epidaurus, Pergamon). Eine Mauer, die später zu einem komplexen Gebäude ausgebaut wurde, schloss die Anlage ab (Aspendos). Im Hellenismus kommen außerdem Bibliotheken als städtische Bauwerke hinzu.
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