Charakteristik der Epik

Die Epik stellt bereits vergangene Ereignisse dar; die erlebten Abenteuer werden dabei überwiegend im Präteritum geschildert. Der Erzähler eines epischen Werkes erfüllt eine vermittelnde Funktion zwischen dem Erzähltem und dem Leser.

Die Handlung ist häufig

  • in eine Rahmenerzählung eingefügt (wie in THEODOR STORMs „Der Schimmelreiter“, siehe PDF) oder
  • als Tagebucheintrag oder
  • Brief (wie in JOHANN WOLFGANG VON GOETHEs „Die Leiden des jungen Werther“ (siehe PDF)

dargestellt.

Die Epik ist nicht durch Grenzen von Zeit und Raum eingeengt wie etwa die Dramatik.

Eine Geschichte kann

  • Zeit dehnend,
  • Zeit raffend oder
  • Zeit deckend

erzählt werden.

Zeit dehnend heißt, dass die Erzählzeit, die Zeit, in der man die Geschichte bzw. die dementsprechende Textpassage erzählen kann, die erzählte Zeit, die Zeitspanne, in der sich die Handlung abspielt, überschreitet. Dies kann z. B. in einer Beschreibung erfolgen.

Bei einer Zeit raffenden Erzählung, wie z. B. in einem Bericht, verhält es sich genau andersherum. Hier ist die Erzählzeit kleiner als die erzählte Zeit.

Gespräche oder direkte Rede dagegen werden Zeit deckend erzählt, was bedeutet, dass Erzählzeit und erzählte Zeit gleich groß sind. Dann ist die Handlung in einer genauso großen Zeitspanne passiert, in der sie auch erzählt werden kann bzw. erzählt wird.
Meist vermischt können auch andere Erzählweisen wie Rückblenden oder Prophezeiungen auftreten.

Die Entwicklung der Epik

Die Epik ist teilweise erst nach längerer mündlicher Überlieferung aufgeschrieben worden.
In der Regel ist sie allerdings als literarische Buchepik entstanden, die nach den verschiedensten Gesichtspunkten wie

  • Versepik oder
  • Erzählprosa,
  • ernste oder
  • komische Epik

gegliedert werden. Weiterhin lässt sie sich in Groß- und Kurzepik unterteilen. Die Großepik ist durch Ausführlichkeit, ausschmückende Darstellungen und eingeflochtene Episoden gekennzeichnet; diese Eigenschaft nennt man epische Breite. Zu dieser Form der Epik zählt man

  • das Versepos (wie in JOHANN WOLFGANG VON GOETHEs „Reineke Fuchs“, siehe PDF) sowie
  • den Roman (wie in E.T.A. HOFFMANNs „Die Elixiere des Teufels“).

Zu der Kurzepik dagegen gehören

  • die Novelle,
  • die Erzählung,
  • die Kurzgeschichte (engl.: short story),
  • die Anekdote und
  • die Fabel.


Bis zur Poetik des 18. und 19. Jahrhunderts war Epik nur eine Bezeichnung für die Kunst des Epos. Allerdings haben die zunehmende Differenzierung der epischen Dichtung im 19. Jahrhundert, sowie die Entwicklung der Prosa dazu geführt, dass man unter dem Begriff der Epik alle Genres der erzählenden Literatur versteht. Von der Dramatik und Lyrik lässt sie sich durch grundlegende Merkmale in

  • der Gestaltung,
  • der Kommunikation und
  • der Funktionsweise

unterscheiden.

Derartige Merkmale der Epik sind:

  • Das Erzählen hat die Funktion der Vermittlung zwischen dem Erzähler und dem Leser; das Geschehen wird stets aus der Sicht des Erzählers oder aber einer Figur erzählt (Erzählperspektive).
  • Es erfolgt ein Umgang mit dem Geschehen, welcher nicht an die Zeit (Erzählzeit) gebunden ist.
  • Die Darstellung des Geschehens geschieht in der Vergangenheit, welche meistens durch das Präteritum ausgedrückt wird.
  • Gesellschaftliche Zustände und Situationen, sowie individuelle Begebenheiten und Erlebnisse (stream of consciousness) werden körperhaft abgebildet.


Erste Formen der Epik waren unter anderem Aufschriften auf Gegenständen. Die sogenannten Epigramme erläuterten so den jeweiligen Gegenstand.
Im weiteren Verlauf entwickelte die Epik einen immer mehr poetischen Inhalt. Das faktisch reale Geschehen wurde nun in personifizierten Taten und Ereignissen abgebildet, was vor allem in

  • Märchen,
  • Sagen und
  • Legenden

umgesetzt wurde.

Bis Ende des 18. Jahrhunderts werden die Merkmale dieser Formen vom Epos dominiert, was sich erst in der Übergangsphase von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft änderte. In Europa löste diese Entwicklung den Übergang von der Vers-Epik zur Prosa-Epik und die Entstehung neuer Erzählformen aus. Die wohl Bedeutendste dieser neuer Formen war der Roman. Die Industrielle Revolution und die daraus resultierenden effektiveren Mechanismen zur Produktion und der anschließenden Verbreitung von Literatur förderten und beschleunigten die Herausbildung weiterer literarischer Formen wie

  • der Novelle (wie GOTTFRIED KELLERs „Kleider machen Leute“ (siehe PDF),
  • der Glosse und
  • der Kurzgeschichte.

Der Roman

Der Roman ist aus den unterschiedlichsten Traditionen als Fortsetzung der mittelalterlichen Romanzen entstanden. Die weitere Entwicklung führte zu einer zerstreuten Romanproduktion im 17. Jahrhundert.
Der Roman gewann im 17. Jahrhundert enorm an Kraft, sodass er sich zu einer kommerziellen Produktion wandelte. Im 18. Jahrhundert ist dann eine Romanproduktion entstanden, die nur als großer Umsatzbringer auf dem Markt fungiert und keinerlei Anspruch darauf erhebt, als Literatur betrachtet zu werden.
Erst gegen Mitte des 18. Jahrhunderts, als die Poesie zum Thema einer sich schnell ausbreitenden nationalen Debatte wurde, konnte sich der anspruchsvolle Roman entwickeln. Bereits seit langem boten sich Romane als Epen in Prosa an; kritische Beachtung erfuhr der Roman allerdings erst, als er als Gegenstück des modernen bürgerlichen Dramas auftrat. Die Literaturdiskussion analysierte ihn nun erstmalig auf

  • poetische,
  • literarische und
  • künstlerische

Qualitäten hin, die davor nur Dramen und Gedichten zugeschrieben wurden.
Aus dieser Entwicklung heraus wurde der Roman zu einem Mittel, in dem jegliche Diskussionen möglich waren. Weiterhin gelangte man zu dem Schluss, dass Fiktionen nicht belanglos sein müssen und sie eine weitaus größere Bedeutung haben können, als die ihnen der Autor bewusst beimisst.

Die Romandefinition selbst wurde im Verlauf ihrer Geschichte zum eigenen Diskussionsfeld. Diese Diskussion endete vorerst damit, dass sich der Roman vom abenteuerlichen Genre zu einem bedeutsamen Vertreter einer der wichtigsten literarischen Gattungen entwickelte.

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