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Bismarcks Sozialistengesetz

Zwei Attentate waren im Jahre 1878 für BISMARCK Anlass für das Sozialistengesetz, welches sich „gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ richtete. Demzufolge wurden alle sozialdemokratischen, sozialistischen und kommunistischen Vereine sowie ihre Versammlungen und Druckschriften verboten. Verstöße wurden mit Berufsverbot, dem Verlust der Freizügigkeit, Ausweisung oder Gefängnis geahndet.
Das Gesetz, welches bis 1890 in Kraft blieb verfehlte letzlich seine Absicht. Die deutsche Sozialdemokratie ging aus der Zeit des Sozialistengesetzes gestärkt hervor. Die Auswirkungen des Gesetzes behinderten jedoch noch lange die politische Einbeziehung der Sozialdemokratie in die bürgerliche Gesellschaft Deutschlands.

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Die Hintergründe des Gesetzes

Seit der Wirtschaftskrise von 1873, die das nach dem Deutsch-Französischen Krieg ausgebrochene „Gründerfieber“ abrupt abkühlte, erhielt die deutsche Sozialdemokratie einen starken Zulauf. Ursache dafür war auch die im Gefolge der Wirtschaftskrise eingetretene weitere Verschlechterung der ohnehin schon kritischen Lebensbedingungen der Bevölkerung, u. a. das Wohnungselend.
Beispielsweise lebten in den 70er Jahren des 19. Jh. in Berlin fast zwei Drittel der Bevölkerung, fast 600 000 Menschen, in einer, höchsten aber zwei beheizbaren Stuben. Durchschnittlich sieben Personen bewohnten dabei einen Raum. Weit mehr als 100 000 Berliner hausten in Kellerwohnungen. Von denen lag die Mehrzahl so tief, dass unter ihren Bewohnern die Tuberkulose eine Alltagskrankheit war. Wer die Miete nicht zahlen konnte, wurde rücksichtslos aus der Wohnung gejagt. Massenobdachlosigkeit und aus dem Boden schießende Barackensiedlungen am Stadtrand waren die Folge.

Der Zulauf für die Sozialdemokratie äußerte sich auch in steigenden Wahlerfolgen bei den Reichstagswahlen von 1874 und 1877. In diesen Wahlen errang die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP) eine deutlich wachsende Anzahl von Sitzen im Reichstag.
Das wachsende Gewicht der Sozialdemokraten im Reichstag beunruhigte die Reichsregierung und die bürgerlichen Parteien, insbesondere aber den Reichskanzler BISMARCK. Für BISMARCK waren alle Sozialdemokraten von Anfang an „Reichsfeinde“. Weil sie einen sozial-demokratischen Staat anstrebten, sah er in ihnen die einzige Kraft im Staate, die eine ernste Bedrohung für die Einheit des Reichs darstellte.
Insofern suchte er nach Anlässen, um gegen die deutsche Sozialdemokratie vorgehen zu können.

Die Anlässe

Als im Frühjahr 1878 zwei Attentate auf KAISER WILHELM I. verübt wurden, sah BISMARCK diese Anlässe gekommen.
Beide Anschläge auf den Kaiser, der nur unbedeutend verletzt wurde, schlugen zwar fehl. Die Attentäter standen nachweislich auch in keinerlei Beziehung zur Sozialdemokratie. Dennoch behauptete die Regierung einen Zusammenhang zwischen den Attentaten und angeblichen Umsturzplänen der Sozialdemokratie. BISMARCK schritt zur Tat.

  • OTTO VON BISMARCK

Das Sozialistengesetz

Am 21. Oktober 1878 wurde das Reichsgesetz „wider die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ (Text 1) erlassen. Im Paragrafen 1 des berüchtigten Sozialistengesetzes hieß es:

„Vereine, welche durch sozialdemokratische, sozialistische oder kommunistische Bestrebungen den Umsturz der bestehenden Staats- oder Gesellschaftsordnung bezwecken, sind zu verbieten. Dassebe gilt von Vereinen, in welchen sozialistische und kommunistische auf den Umsturz der bestehenden Staats- oder Gesellschaftsordnung gerichtete Bestrebungen in einer den öffentlichen Frieden, insbesondere die Eintracht der Bevölkerungsklassen gefährdenden Weise, zutage treten. Den Vereinen gleich stehen Verbindungen jeder Art.“

Auf der Grundlage dieses Gesetzes wurden sozialdemokratische und sozialistische Vereine verboten. Dazu gehörten auch Bildungs-, Gesangs- und Turnvereine, wenn an ihrer Spitze Sozialdemokraten standen. Ebenso verboten wurden Veranstaltungen und Versammlungen, ja sogar Festumzüge und Kinderfeste, wenn diese von Sozialdemokraten organisiert wurden.
Sozialistische Zeitungen mussten ihr Erscheinen einstellen, und Bücher sowie Schriften mit sozialistischen Inhalten fielen der strengen Pressezensur zum Opfer.
Personen, die im Sinne von Paragraf 1 die Ordnung gefährdeten, konnten in Gefängnissen eingekerkert oder auch ausgewiesen werden.
Mit dem Sozialistengesetz sollten sowohl die Parteiorganisation als auch die Gewerkschaften zerschlagen werden. Es wurde vom Reichstag auf Wunsch der Regierung zunächst auf zweieinhalb Jahre befristet, später aber regelmäßig bis 1890 verlängert.

Der Fall des Sozialistengesetzes

Trotz der umfangreichen Repressalien, trotz Verboten und Verhaftungen, trotz Gefängnisstrafen und Entzug der Aufenthaltsberechtigung in der Heimatstadt – die Organisationen der SAP und der Gewerkschaften waren durch das Gesetz nicht mehr zu zerstören.
Im Gegenteil: Die Partei und die Gewerkschaften organisierten sich mit viel Geschick im Untergrund. Darüber hinaus wurde die Solidarität der Arbeiter untereinander und mit den vom Sozialistengesetz Betroffenen geweckt. Das führte letztlich sogar zur Stärkung der Kampfkraft der Arbeiterbewegung.
So wuchs die Anzahl der Wähler der SAP von 1878 bis 1890 trotz aller Verfolgungen um mehr als das Dreifache. Nach den Reichstagswahlen von 1890 zog die Partei nunmehr mit 35 Abgeordneten in den Deutschen Reichstag ein und war damit viertstärkste Fraktion.
Damit erfüllte sich eine Prognose von AUGUST BEBEL, des Vorsitzenden der SAP, aus dem Jahre 1884:

„Sie wollten uns vernichten – das ist ihnen nicht gelungen, und es wird ihnen in aller Ewigkeit nicht gelingen. Ich bin überzeugt, dass die Sozialdemokratie nicht nur existiert, sondern blüht und gedeiht, wenn von dem System, das und heute hudelt (schlecht behandelt) und büttelt (polizeilich verfolgt), keine Spur mehr vorhanden ist.“

Ab 1890 wurde das Sozialistengesetz dann vom Reichstag nicht mehr verlängert. Es hatte sein Ziel, die Sozialdemokratie von der Arbeiterschaft zu entfremden nicht erreicht.
Andererseits hatte es die seinerzeit von LASSALLE angestrebte Versöhnung der Arbeiterschaft mit dem Staat verhindert und belastete damit das politische Leben in Deutschland bis weit nach seiner Aufhebung.

Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Bismarcks Sozialistengesetz." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/geschichte/artikel/bismarcks-sozialistengesetz (Abgerufen: 20. May 2025, 09:43 UTC)

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Mit der Niederlage in der Schlacht bei Sedan im September 1870 war auch das Ende der französischen Kaiserherrschaft besiegelt. Sedan war nicht nur ein militärisch bedeutsamer Sieg der Deutschen, sondern war vor allem von politischer Bedeutung. Zwei Tage nach der Kapitulation NAPOLEONS III. und der französischen Armee wurde in Paris die Republik ausgerufen. Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71 war für Preußen nach Sedan noch nicht gewonnen. BISMARCK fiel aber die politische Argumentation für die Fortführung des Krieges nach der Ausrufung der Republik wesentlich leichter. Er musste nun die Intervention anderer europäischer Mächte nicht mehr befürchten. Sedan wurde in den folgenden Jahrzehnten zum Symbol für den unversöhnlichen Gegensatz zwischen Deutschland und Frankreich. Sedan war für Frankreich eine nationale Schande, die getilgt werden musste. Für das deutsche Kaiserreich war Sedan Nährboden für ein übersteigertes Nationalbewusstsein, das seinen Ausdruck in jährlich wiederkehrenden sogenannten Sedanfeiern fand.

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