Gustav Klimt – Der Zeichner
Nach dem Tode GUSTAV KLIMTs im Jahre 1918 geriet sein Werk zunehmend in Vergessenheit. Die Ära des Jugendstils fand bereits um 1915 ihr Ende, zu deren Hauptvertretern und Pionieren der eigenwillige Maler gezählt wird. In den kulturellen Zentren Europas bahnte sich der Expressionismus in Literatur, Musik, Theater, Tanz und in den bildenden Künsten seinen Weg. Erst in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts begann man sich wieder mit dem Werk GUSTAV KLIMTs zu beschäftigen, so auch intensiver mit dem zeichnerischen Nachlass.
GUSTAV KLIMTs umfangreiches Schaffen
Zeichnen war für KLIMT natürlich und wesentlich in der täglichen Suche nach Form und Inspiration. In seinen Ateliers fand man nach seinem Tode Stapel von Zeichnungen, größtenteils unsigniert. ALICE STROBL, Wiener Kunsthistorikerin, schätzt den derzeit bekannten Bestand auf fünf- bis sechstausend Blätter. Größere Sammlungen befinden sich heute in der Albertina Wien, im Historischen Museum der Stadt Wien, sowie in Sammlungen und Galerien in Linz, Graz und New York. Die Mehrheit der Arbeiten ist allerdings „verstreut“ im Privatbesitz und in öffentlichen Sammlungen in Europa, Asien und in den USA.
Der Wiener Jugendstil
Wie das malerische Werk GUSTAV KLIMTs sind auch die Zeichnungen im Gesamtrahmen des europäischen und des Wiener Jugendstils zu verstehen. In KLIMTs Arbeiten fließen Modisches und Bodenständiges, ein feiner und ausgeprägter Kunstverstand und Sinnlichkeit ein. Der Einfluss der englischen Präraffaeliten und der fernöstlichen, vor allem der japanischen Kunst ist wesentlich für die Entwicklung der europäischen Jugendstilbewegung und somit auch für GUSTAV KLIMT.
Drei Perioden in KLIMTs Schaffen
ALICE STROBL unterteilt das zeichnerische Werk KLIMTs in drei größere Perioden. Sie verlaufen zeitlich und inhaltlich parallel zur malerischen Entwicklung des Künstlers. Diese zeitliche Ordnung kann man als Orientierung verstehen; Überschneidungen gibt es, wie auch Vorgriffe, Rückbesinnungen und „Liegengebliebenes“.
- STROBL beginnt in ihrer Klassifizierung nach dem Frühwerk mit der Zeit um 1900 als erster Periode, charakterisiert sie mit dem gestalterischen Hauptgewicht auf der geschwungenen Linie. Ab 1906 konzentriert sich Klimt auf die Stilisierung von geometrischen Flächenkompositionen mit ornamentalen/dekorativen Zügen.
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Gustav Klimt - © 2003 The Yorck Project
- Nach 1910 erscheinen die Zeichnungen gelöster von geometrischen und „gezirkelten“ Kompositionen und dem unbedingten Willen zum Stil. Der Umgang mit der Linie wirkt gelockerter, auch suchender. KLIMT war zu diesem Zeitpunkt vertraut mit verschiedenen Arbeiten Henri MATISSE' und AUGUSTE RODINs sowie einer Vielzahl französischer Impressionisten. Auch in der Malerei zeigt sich eine deutliche Lockerung strenger Formen und Bildauffassungen. Das dekorative und ätherisch anmutende Gold wird in den Gemälden von impressionistischen, lebendigen Farbflächen verdrängt.
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Gustav Klimt - © 2003 The Yorck Project
- Private Themen, wie „Freundinnen“ (1916/17), „Baby“ (1917/18) oder die weitere Arbeit an Abfolgen von Damenbildnissen der Wiener Gesellschaft der Jahrhundertwende bilden den Schwerpunkt der letzten Schaffensjahre.
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Gustav Klimt - © 2003 The Yorck Project
KLIMT verzichtet in seiner Formensprache auf die mythischen und mystischen Bildelemente seiner frühen und mittleren Schaffenszeit. Sein malerisches und zeichnerisches Spätwerk wird getragen von einer leichten und hellen Farbigkeit. Trotz der künstlerischen Entwicklung KLIMTs zu einer gelösteren Form- und Farbauffassung in den letzten Schaffensjahren bleibt in seinen Zeichnungen die Linie Schwerpunkt der formalen Untersuchungen. Aber aus der klaren, konzentrierten, auch dekorativen und manchmal glatten Lineatur wird Beweglichkeit und Spiel; auch Zögern zerfasert die bis dahin sicheren Schwünge.
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Gustav Klimt - © 2003 The Yorck Project
Thema der Zeichnungen – Das Studium der Frau
Die Thematik der Zeichnungen variiert im Laufe der Arbeitsjahre nur geringfügig. Häufig entstehen Studien und Skizzen zu geplanten Gemälden oder Auftragsarbeiten wie z. B. die zahlreichen Zeichnungen und formalen Untersuchungen des menschlichen Körpers zu den Fakultätsbildern „Philosophie“ und „Medizin“ (1900/01–1907). Bereits hier setzt GUSTAV KLIMT einen inhaltlichen Schwerpunkt seiner künstlerischen Arbeit.
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Gustav Klimt - © 2003 The Yorck Project
Bis zu seinem Tod 1918 bleibt das Studium der Frau als soziales, psychologisches und physiologisches Wesen wichtigstes Thema. Ob als Mythos oder Allegorie (z. B. „Judith“ 1901 und 1909), ob als kostbares und kultiviertes Mitglied der Wiener Gesellschaft der Jahrhundertwende in den zahlreichen Damenbildnissen (z. B. „Bildnis Adele Bloch – Bauer“ 1907) oder als selbstbewusste femme fatale in den erotischen Zeichnungen ab 1907 bis 1916/17. Die zeichnerischen Untersuchungen des weiblichen Körpers erreichen mit den sich immer wiederholenden Aktstudien und erotischen Blättern eine große Meisterschaft, Konzentration und Dichte.
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Gustav Klimt - © 2003 The Yorck Project
Weniger bekannt sind die gezeichneten gebrauchsgrafischen und architektonischen Entwürfe KLIMTs. Verwiesen sei hier auf seine Mitarbeit in der Kunstzeitschrift „VER SACRUM“ der Wiener Sezession, sowie seine Beteiligung am Entwurf des Wiener Sezessionsgebäudes.
Im direkten und indirekten Zusammenhang stehen KLIMTs Arbeiten auch zur Entwicklung der Modezeichnung und Modegrafik, des Textil- und Musterentwurfs, sowie zu den Anfängen der Modefotografie. Hinweise geben zahlreiche Beispiele aus seinem Werk. Kleid und Verhüllung, modische Attribute, sowie textile Muster und Ornamente eröffneten dem Maler ein breites Spektrum zum Erleben und Experimentieren seiner dekorativen Lust. Verwiesen sei hier auf die zahlreiche Literatur (Hinweis: „KLIMT & Die Mode“ von CHRISTIAN BRANDSTÄTTER).
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