Georg Ferdinand Ludwig Philipp Cantor

GEORG FERDINAND LUDWIG PHILIPP CANTOR wurde am 3. März 1845 in St. Petersburg geboren und besuchte dort auch die Schule. Sein Vater war Kaufmann und durch seine Geschäftstüchtigkeit wohlhabend geworden.
1856 übersiedelte die Familie nach Mainz, und GEORG CANTOR legte an der Höheren Gewerbeschule in Darmstadt sein Abitur ab. Besonderes Interesse zeigte er für das Fach Mathematik und erzielte hier hervorragende Leistungen. So gab der Vater nach anfänglichem Zögern seine Einwilligung zu einem Mathematikstudium, das der Sohn in Zürich begann und später in Berlin und Göttingen fortsetzte.
1867 promovierte CANTOR mit einer Arbeit über Zahlentheorie und erreichte 1868 den Abschluss als Lehrer für höhere Lehranstalten. Kurzzeitig unterrichtete er auch an einem Berliner Gymnasium, doch strebte er von vornherein eine Professur an einer Universität an. 1869 konnte er sich – wiederum mit einer Arbeit über Zahlentheorie – an der Universität Halle (Saale) habilitieren und wurde dort Privatdozent, später außerordentlicher Professor (Extraordinarius). 1879 berief man ihn zum Ordinarius für Mathematik.

CANTORS Beitrag zur Entwicklung der Mengenlehre

Die Beschäftigung mit trigonometrischen Reihen führte GEORG CANTOR zum Problem des Unendlichen.

1874 veröffentlichte er eine erste Abhandlung über die von ihm begründete Mengenlehre. Dabei schuf er die dazu gehörigen Begriffe (wie etwa Element, Teilmenge oder Mächtigkeit) und Symbole (wie etwa { } , und ). Für den Begriff Menge selbst entschied er sich in einer 1895 erschienenen Abhandlung für die folgende Erklärung:

Unter einer Menge verstehen wir jede Zusammenfassung M von bestimmten wohl unterschiedenen Objekten m unserer Anschauung oder unseres Denkens (...) zu einem Ganzen.

Da damit als Element von Mengen nicht nur Zahlen sondern auch andere Objekte (z.B. Punkte, Flächen und Mengen selbst) in Frage kamen, bildete die Mengenlehre gleichsam ein gemeinsames Dach über den verschiedenen mathematischen Teildisziplinen.

CANTOR legte auch Operationen mit Mengen fest (z.B. Vereinigung und Durchschnitt) und suchte nach Maßstäben für den Vergleich von Mengen.
Dafür schuf er den Begriff der Mächtigkeit. Bei endlichen Mengen bereitet dieser keine Schwierigkeiten: Von zwei solchen Mengen hat diejenige die größere Mächtigkeit, die mehr Elemente enthält, und Mengen mit gleich vielen Elementen sind gleichmächtig.

Unendliche Mengen, so legte CANTOR fest, sollten genau dann gleichmächtig sein, wenn es zwischen ihnen eine eindeutige Zuordnung der jeweiligen Elemente gibt. Das führte ihn zu überraschenden Folgerungen. Eine solche Zuordnung besteht – wie folgende Tabelle zeigt – beispielsweise zwischen der Menge der natürlichen Zahlen (ohne Null) und der Menge der positiven geraden Zahlen.

123456...
24681012...

Diese Mengen sind somit gleichmächtig, obwohl die eine Menge eine echte Teilmenge der anderen ist.

CANTOR nannte solche Mengen (also zur Menge der natürlichen Zahlen gleichmächtige Mengen) abzählbar unendlich. Er konnte nun zeigen, dass auch die echten Brüche zwischen 0 und 1 (einschließlich der Null) abzählbar sind (kürzbare Brüche wie z.B. 2 4 sind weggelassen):

0 1 2 1 3 2 3 1 4 3 4 1 5 2 5 3 5 ...
123456789...

Anschließend schuf CANTOR sein berühmtes Diagonalverfahren, mit dem er zeigte, dass auch alle positiven rationalen Zahlen abzählbar sind. Anderseits bewies er, dass die Menge der reellen Zahlen nicht abzählbar ist, und nannte deren Mächtigkeit Kontinuum. So schuf er gewissermaßen Stufen des Unendlichen.

Es stellte sich die Frage, ob noch weitere Stufen festzulegen wären. Da nämlich die Menge aller Teilmengen, die man aus einer Menge M bilden kann, eine höhere Mächtigkeit besitzt als die Menge M selbst, ergab sich erneut ein unendlicher Prozess.

Auch im geometrischen Bereich gab es verblüffende Resultate. So zeigte CANTOR zum Beispiel, dass die Menge aller Punkte einer Strecke A B ¯ gleichmächtig zur Menge der Punkte der Trägergeraden AB ist.

Zur Wertschätzung der wissenschaftlichen Leistungen CANTORS

GEORG CANTOR war von den Ergebnissen seines Denkens selbst überrascht:

Ich sehe es, aber ich glaube es nicht!

Das schrieb er 1877 seinem Freund RICHARD DEDEKIND (1831 bis 1916). So war es auch nicht verwunderlich, dass andere seiner Betrachtungsweise nicht immer folgen konnten und er von vielen Seiten angezweifelt wurde. Besonders der Berliner Mathematiker LEOPOLD KRONECKER (1823 bis 1891) griff ihn an und trug maßgeblich dazu bei, dass CANTORS Bestreben, eine Professur in Berlin zu erhalten, scheiterte.

So war CANTOR, da ihm in Halle gleichrangige Gesprächspartner fehlten, auf brieflichen Erfahrungsaustausch angewiesen, begegnete vielerorts Unverständnis und musste seine Forschungsergebnisse immer wieder verteidigen. Diese Isolation förderte die Labilität seines Nervensystems, und er erlitt 1884 einen Nervenzusammenbruch, dem nach Phasen der Besserung wieder Depressionen folgten.

Erst 1913 wurde er von seiner Lehrtätigkeit entlastet. Zu dieser Zeit hatten sich allerdings im In- und Ausland seine Gedanken bereits durchgesetzt und Anerkennung gefunden. Zu seinem 70. Geburtstag im Jahre 1915 versammelten sich ungeachtet des herrschenden Krieges viele Fachkollegen in Halle und würdigten sein Werk. Am 6. Januar 1918 starb GEORG CANTOR in Halle und wurde auch dort beigesetzt. Sein Wirken würdigte DAVID HILBERT (1862 bis 1943) mit folgendem Satz:

Aus dem Paradies, das Cantor uns geschaffen hat, soll uns niemand wieder vertreiben können.

Erwähnenswert ist noch, dass GEORG CANTOR neben mathematischen Schriften auch philosophische und literaturgeschichtliche Arbeiten veröffentlichte. Zudem war er 1890 Mitbegründer der „Deutschen Mathematikervereinigung“ (DMV) und zugleich deren erster Vorsitzender. An ihn erinnert heute eine Marmorbüste in der Hallenser Universität.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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