Thomas Mann

Lebensgeschichte und literarisches Schaffen

THOMAS MANN  wurde am 6. Juni 1875 als zweitältester Sohn des Kaufmanns und Konsuls THOMAS JOHANN HEINRICH MANN und seiner Frau JULIA, geb. DA SILVA BRUHNS, in Lübeck geboren. Sein vier Jahre älterer Bruder war HEINRICH, der heute ebenso bekannte Schriftsteller.
Nach dem Tod des Vaters im Jahre 1891 und der Auflösung des Geschäfts siedelte die Familie1892 nach München um. THOMAS MANN blieb allerdings noch einige Zeit in Lübeck, um die Obersekunda erfolgreich abzuschließen. Er war ein eher mittelmäßiger Schüler und im Verlauf seiner Schulzeit dreimal sitzengeblieben. Die ersten literarischen Versuche unternahm er noch in seiner Schulzeit. Er schrieb unter dem Pseudonym PAUL THOMAS Gedichte für die Schülerzeitschrift.

Nach der Schulzeit (1882–1889 Privatschule, 1889–1894 Gymnasium) folgte er 1894 seiner Mutter nach München und wohnte bei der Familie. Kurze Zeit arbeitete er als Volontär bei einer Feuerversicherungsgesellschaft, bevor er sich als Gasthörer an der Technischen Hochschule für den Vorlesungsbesuch verschiedener Fachrichtungen einschrieb. Besonders die Vorlesung zur mittelhochdeutschen Literatur bei Professor WILHELM HERTZ hatte es ihm angetan und brachte ihn auch schriftstellerisch weiter. In der Literaturzeitschrift „Gesellschaft“ erschien im Oktober 1894 seine Novelle „Gefallen“. Aufgrund des Erfolgs seiner ersten Veröffentlichung gab er seine Stellung bei der Versicherungsgesellschaft auf und beschloss, als freier Schriftsteller zu arbeiten. Allerdings fand sein Erstlingswerk „Gefallen“ in keinem seiner Sammelwerke Aufnahme. MANN selbst war zu kritisch und beurteilte dieses Werk in späteren Jahren als „nettes Gerümpel“.

HEINRICH MANN erkrankte an einer Lungenblutung. Dies zwang ihn zu verschiedenen Kuraufenthalten in Italien, der Schweiz, Frankreich und München. Trotz des sehr rastlosen Lebens standen die Brüder ständig in Briefkontakt. Im Oktober 1896 folgte THOMAS MANN seinem Bruder nach Italien, wo die erste Gemeinschaftsarbeit der Brüder, das „Bilderbuch für artige Kinder“, entstand. Als Konfirmationsgeschenk für ihre Schwester CLARA gedacht, ging es leider bei einer Beschlagnahmung durch die Nazis verloren.
Die in dieser Zeit entstandenen Erzählungen THOMAS MANNs wurden 1898 in der Novellensammlung „Der kleine Herr Friedemann“ veröffentlicht.
In den Jahren 1898 bis 1900 arbeitete er als Lektor und Korrektor bei der satirischen Zeitschrift „Simplizissimus“. In dieser Zeit knüpfte MANN intensive Kontakte zur Münchner Künstlerszene und setzte sich intensiv mit den Werken ARTHUR SCHOPENHAUERs und FRIEDRICH WILHELM NIETZSCHEs auseinander. Im „Simplizissimus“ erschienen u. a. zwei seiner Novellen: „Der Wille zum Glück“ (1896) und „Der Tod“ (1897).
Während einer Urlaubsreise nach Dänemark 1899 entstand die Novelle „Tonio Kröger“.

Zur Jahrhundertwende leistete MANN seinen Militärdienst, den er jedoch wegen Untauglichkeit vorzeitig beenden musste. Kurz danach erschien sein wohl bedeutsamstes Werk, der Familienroman „Buddenbrooks. Verfall einer Familie“ (1901) in zwei Bänden, der von der Kritik begeistert aufgenommen wurde. Dieses, teilweise autobiografische Züge tragende, Werk schildert den Niedergang einer Familie des Lübecker Großbürgertums vor dem Hintergrund einschneidender ökonomisch-gesellschaftlicher Veränderungen. Dasselbe Thema wird in der 1903 erschienenden Novellensammlung „Tristan“ behandelt.
Im Gegensatz zu seinem Bruder HEINRICH vermied THOMAS MANN gesellschaftskritische Aspekte; er zeigte vielmehr den Gegensatz zwischen Leben und Kunst.

1905 heiratete er KATIA PRINGSHEIM. Diese Verbindung mit der Tochter aus einem angesehenen jüdischen Elternhaus eröffnete MANN den Zugang zu den besten Kreisen der Stadt und ermöglichte ihm – auch durch finanzielle Unabhängigkeit – sich ganz seiner schriftstellerischen Tätigkeit zu widmen. Im Verlauf der Ehe wurden sechs Kinder geboren: ERIKA (1905), KLAUS (1906), GOLO (1909), MONIKA (1910), ELISABETH (1918) und MICHAEL (1919). Von seinen Kindern traten ERIKA und KLAUS in seine Fußstapfen und wurden ebenfalls Schriftsteller, GOLO machte sich als Historiker und Publizist einen Namen.

1912 erschien seine Erzählung „Der Tod in Venedig“. 1914 brach der Erste Weltkrieg aus, von MANN begrüßt und verteidigt. 1918 verfasste THOMAS MANN als Antwort auf die von seinem Bruder HEINRICH herausgegebene Antikriegsschrift „Zola“ sein Werk „Betrachtungen eines Unpolitischen“. Es kam zum Zerwürfnis der Brüder, nicht zuletzt wegen THOMAS MANNs Kriegsbegeisterung und Verteidigung des Kaisertums. Seine, in diesem Werk klar ersichtliche, nationalkonservative Haltung änderte sich erst, nachdem der Krieg verloren war. MANN wandelte sich zum Demokraten und warnte in der Zeit der Weimarer Republik nachdrücklich vor der drohenden Gefahr des Faschismus.

1922 erfolgte die Aussöhnung mit dem Bruder HEINRICH, als THOMAS MANN erstmals öffentlich als politischer Mahner und Befürworter der Weimarer Republik in seiner Rede „Von deutscher Republik“ auftrat. In diesem Prozess der geistigen und politischen Neuorientierung entstand „Der Zauberberg“ (1924), ein Roman, an dem er schon seit dem Jahr 1913 gearbeitet hatte und der in der Tradition des großen deutschen Bildungsromans steht.
1926 war MANN Gründungsmitglied der Sektion „Dichtkunst“ bei der Preußischen Akademie der Künste.
1929 wurde ihm der Literaturnobelpreis für seinen Roman „Buddenbrooks“ verliehen. 1930 erschien „Mario und der Zauberer“. Im selben Jahr hielt er in Berlin seine „Deutsche Ansprache – Ein Appell an die Vernunft“, wohl auch wegen des bedrohlichen Stimmenzuwachses, den die Nationalsozialisten in jener Zeit erreichten.

Von einer Reise durch Europa 1933 kehrte er nach Machtübernahme durch die Nationalsozialisten nicht mehr nach Deutschland zurück. Der erste Band des mehrteiligen Romanwerkes „Joseph und seine Brüder“ erschien in dieser Zeit.
Drei Jahre zog sich MANN politisch und auch schriftstellerisch zurück, bis im Jahre 1936 in der „Neuen Zürcher Zeitung“ ein Artikel erschien, in dem er seine öffentliche Absage an den Nationalsozialismus bekundete. MANN wurden die deutsche Staatsbürgerschaft und das Bonner Ehrendoktorat aberkannt, woraufhin er die tschechische Staatsbürgerschaft annahm. Bis zum Jahre 1938 hielt er sich vorwiegend in der Schweiz auf. Mit KURT FALKE gab er „Maß und Wert“ – eine konservative Zeitschrift deutscher Exilliteratur heraus. 1938 emigrierte er in die USA, um als Gastprofessor an einer Universität in Princeton (New Jersey) Vorlesungen zu halten. 1939 entstand der Roman „Lotte in Weimar“.

In den Jahren 1940 bis 1945 konnten ihn die Deutschen im Radio hören. Ungefähr 60 seiner Radioreden „Deutsche Hörer!“ wurden monatlich über den englischsprachigen Sender BBC (British Broadcasting Corporation) ausgestrahlt.
1941 zog MANN in die Nähe von Los Angeles und erhielt 1944 die amerikanische Staatsbürgerschaft. Er beteiligte sich auch am amerikanischen Wahlkampf um die Präsidentschaftskandidatur von FRANKLIN D. ROOSEVELT. Auch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verließ er Amerika nicht, um nach Deutschland zurückzukehren; vielmehr begründete er diese Entscheidung in einem offenen Brief „Warum ich nicht nach Deutschland zurückkehre“. 1947 erschien sein wichtigstes Alterswerk, der Roman „Doktor Faustus“, in dem er die Motive des Fauststoffes zu einer gesellschaftskritischen Parodie verarbeitete, die Kritik an der Faustideologie (Streben nach Allmacht) übt.

Erst im Jahre 1949 besuchte er das Nachkriegsdeutschland, da ihm der Goethe-Preis der Stadt Frankfurt am Main und Weimar verliehen wurde. Die Annahme des ostdeutschen Preises verschärfte den seit mehreren Jahren schwelenden Konflikt zwischen MANN und den eher konservativen Künstlerkreisen. Auch dies war für MANN ein Grund dafür, nicht in sein Heimatland zurückzukehren. Nach der Verleumdung eines kalifornischen Abgeordneten als „fellow traveller“ des Kommunismus kehrte er, 1952 nach zehnjährigem Aufenthalt, Amerika den Rücken und siedelte in die Nähe von Zürich um.

Kurz vor seinem Tod, im Jahre 1954, vollendete er den ersten Teil des Romans „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“, ein Schelmenroman, der leider ein Fragment geblieben ist. 1955 erhielt er den Orden pour le Mérite für Wissenschaft und Kunst. Im selben Jahr wurde er in Weimar mit dem „Doctor honoraris causa“, der Ehrendoktorwürde, geehrt und starb am 12. August in Zürich.

Nach seinem Tode wurden verschiedene seiner Romane verfilmt, so die „Buddenbrooks“ (1959 und 1973), „Tod in Venedig“ (1971) und „Mario und der Zauberer“ (1994). Im Jahre 2002 wurde im deutschen Fernsehen die Lebensgeschichte der „MANNs“ verfilmt und erreichte enorme Einschaltquoten.

Literarischer Stil

Der literarische Stil der Werke von MANN ist syntaktisch von hohem Anspruch und gekennzeichnet von Skepsis und Ironie. MANN benutzt häufig sogenannte Archaismen, veraltete, nicht mehr übliche Wörter oder Wendungen, die er ironisch einsetzt, als literarisches Stilmittel, um vergangene Zeiten sprachlich wieder aufleben zu lassen.

MANN führte mit seinem Werk erzähltechnisch die Tradition der großen Realisten des 19. Jahrhunderts zu einem abschließenden Höhepunkt. Neben LEW TOLSTOJ zählte besonders JOHANN WOLFGANG VON GOETHE zu seinen Vorbildern. MANN selbst gehörte zu den bedeutendsten deutschsprachigen Erzählern des 20. Jahrhunderts. Er nutzte seine schriftstellerischen Fähigkeiten, um Zeugnis abzulegen über die geistigen, kulturellen und gesellschaftlichen Strömungen der Epoche, in der er lebte. Wiederholt beschäftigte er sich mit der Polarität von Geist und Leben sowie von Künstler- und Bürgerexistenz.

Werke (Auswahl)

  • Gefallen (1894, Novelle)
  • Der Wille zum Glück (1896, Novelle)
  • Der Tod (1897, Novelle)
  • Der kleine Herr Friedemann (1898, Novellen)
  • Buddenbrooks (1901, Roman)
  • Tristan, Tonio Kröger und andere Novellen (1903)
  • Fiorenza (1906, Drama)
  • Königliche Hoheit (1909, Roman)
  • Der Tod in Venedig (1912, Novelle)
  • Betrachtungen eines Unpolitischen (1918, Essay)
  • Herr und Hund (1919, Novelle)
  • Goethe und Tolstoi. Von Deutscher Republik (1923, Essays)
  • Der Zauberberg (1913–1924, Roman)
  • Mario und der Zauberer (1930, Novelle)
  • Leiden und Größe Richard Wagners (1933, Essay)
  • Achtung Europa! (1938, Essay)
  • Lotte in Weimar (1939, Roman)
  • Die vertauschten Köpfe (1940, Legende)
  • Joseph und seine Brüder (1925–1943, Romantetralogie)
  • Das Gesetz (1944, Novelle)
  • Deutschland und die Deutschen (1945, Rede)
  • Doktor Faustus. Das Leben des deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn (1947, Roman)
  • Der Erwählte (1951, Roman)
  • Die Betrogene (1953, Erzählung)
  • Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (1954, Roman)
  • Versuch über Schiller (1955, Essay)

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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