Bereits im Altertum konnten die Menschen Bewegungen der Himmelskörper, vor allem der Sonne, des Mondes und der Sterne, am Himmel beobachten. Sie sahen die Gestirne in östlicher Richtung auf- und in westlicher Richtung untergehen. Das führte zu der naheliegenden Vermutung, dass sich die Erde fest im Zentrum der Welt befindet und sich alle Himmelskörper um die Erde bewegen. Zugleich erkannte man in den Bewegungen der Himmelskörper eine Reihe von Regelhaftigkeiten und nutzte sie, um Termine für Saat und Ernte zu bestimmen. So konnte man durch die Beobachtung der Sterne im alten Ägypten schon den Beginn der Nilüberschwemmung voraussagen.
Im antiken Griechenland versuchten Gelehrte, die beobachteten Fakten und erkannten Regelmäßigkeiten zu einem Weltbild zu vereinen, bei dem man aus wenigen Grundsätzen alles andere ableiten konnte. Wesentlich dabei waren die Auffassungen über Bewegungen im Kosmos und auf der Erde:
All diese und weitere Erkenntnisse wurden im 2. Jh. n. Chr. von dem Astronomen und Mathematiker CLAUDIUS PTOLEMÄUS aus Alexandria in seinem Hauptwerk „Syntaxis mathematike“ (Mathematische Zusammenstellung), arabisch auch „Almagest“ genannt, zusammengefasst. Mit diesem Werk begründete er das geozentrische Weltbild. Danach befindet sich die Erde im Mittelpunkt der Welt, und alle anderen Himmelskörper, zu denen immer noch Sonne und Mond gehörten, bewegen sich auf Kreisbahnen um die Erde.
Dieses Weltbild war eine großartige Leistung der antiken Wissenschaft. Man konnte mit ihm nach einem mathematischen Modell des PTOLEMÄUS schon die Position von Planeten recht genau vorausberechnen. Das war für die Navigation auf dem Meer von großer Bedeutung. Außerdem stimmte das Weltbild aufgrund der Relativität der Bewegungen am Sternhimmel mit der Beobachtung überein.
Und es stimmte auch mit den physikalischen Auffassungen des berühmten ARISTOTELES überein, dass sich schwere Körper zur Weltmitte hin bewegen: Die Erde war für die Menschen damals der schwerste bekannte Körper, musste sich also in der Weltmitte befinden.
Das geozentrische Weltbild war jahrhundertelang bis weit ins Mittelalter hinein die vorherrschende Lehrmeinung. Und trotzdem war es falsch:
Zwar wurde das ptolemäische Weltbild immer mehr ausgebaut. Gleichzeitig nahm aber auch die Zahl der Zweifler an dem immer komplizierter werdenden Gebilde zu.
Einer der größten Zweifler war der Astronom und vielseitige Renaissance-Gelehrte NIKOLAUS KOPERNIKUS. Er versuchte, wieder die Übereinstimmung zwischen dem „Modell der Welt“ und der zu beobachtenden physikalischen Realität herzustellen. Seine entscheidenden neuen Ideen hatte KOPERNIKUS schon in seinem um 1510 erschienenen Werk „Commentariolus“ festgehalten. Sein Hauptwerk „Von den Umdrehungen der Himmelssphären“ erschien erst viele Jahre später 1543 in Nürnberg. Im „Commentariolus“ formulierte er u. a. folgende Thesen:
„Die Himmelsbewegungen haben verschiedene Mittelpunkte. Die Erde ist nicht Mittelpunkt der Welt. Der Mittelpunkt der Welt befindet sich in der Nähe der Sonne.“
Auf diese Weise rückte er die Sonne als Zentralstern in den Mittelpunkt des Planetensystems, um den sich alle Planeten auf Kreisbahnen bewegen. Zugleich machte er damit den Menschen zur Randfigur im Weltall.
KOPERNIKUS brauchte fast 30 Jahre, um das heliozentrische Weltbild zu begründen. Das Weltbild des KOPERNIKUS war zwar dem geozentrischen des PTOLEMÄUS überlegen. Es war aber auch mathematisch recht kompliziert, u. a. weil er noch von der falschen Voraussetzung ausging, dass sich die Planeten auf Kreisbahnen um die Sonne bewegen.
Der Fehler wurde erst ein Jahrhundert später durch den deutschen Astronomen JOHANNES KEPLER korrigiert, der die gesamte damalige Astronomie erneuerte. KEPLER konnte sich dabei auf die Beobachtungen des Planetensystems durch den dänischen Astronomen TYCHO BRAHE stützen und die wesentlich verbesserten Instrumente von BRAHE nutzen.
Nach dem Tod von KOPERNIKUS löste sein Werk einen heftigen Meinungsstreit aus, in dem es nicht nur um wissenschaftliche Ansichten ging.
Insbesondere die christliche Kirche bekämpfte das neue Weltbild heftig. Dabei war vor allem die Position, die Erde sei nur ein Planet unter anderen, Gegenstand von Angriffen, weil sie so gar nicht ins kirchliche Dogma passte. So formulierten 1616 die kirchlichen Würdenträger der katholischen Indexkommission:
„Zu behaupten, die Sonne stehe unbeweglich im Mittelpunkt der Welt, ist absurd, philosophisch falsch und außerdem ketzerisch, weil es ausdrücklich der Heiligen Schrift zuwider ist.“
Die Kirche bekämpfte aber nicht nur das heliozentrische Weltbild, sondern auch seine Verfechter.
Das vielleicht prominenteste Opfer war der Italiener GALILEO GALILEI, Mathematikprofessor, Physiker und Philosoph an der Universität Padua.
GALILEI war durch astronomische Beobachtungen zum glühenden Verfechter des heliozentrischen Weltbildes geworden: So entdeckte er mit selbst gebauten Fernrohren vier Jupitermonde, also Himmelskörper, die sich nicht um die Erde, sondern um einen anderen Himmelskörper bewegen. Er entdeckte auch die bergige Struktur der Mondoberfläche, die Saturnringe, die Sonnenflecken und nicht zuletzt die Lichtphasen der Venus, die nur mit dem Umlaufen dieses Planeten um die Sonne erklärbar waren.
Diese Entdeckungen stützten seine Überzeugung von der Richtigkeit des heliozentrischen Weltbildes. Deshalb setzte er sich 1613 erstmals auch schriftlich für das neue Weltbild ein. Folgerichtig geriet er als berühmter Gelehrter jedoch in Widerspruch zur katholischen Kirche und zu deren eindeutigem Bekenntnis zum geozentrischen Weltbild. 1616 wurde GALILEI erstmals von der Inquisition ermahnt, von der Verteidigung des heliozentrischen Weltbildes abzusehen.
Er beachtete in der Folgezeit diese Mahnung aber nicht und veröffentlichte weitere Schriften. Den besonderen Zorn der Kirche zog sich GALILEI auch dadurch zu, dass er die Arbeiten des Mönchs ORATIO GRASSI über drei 1618 beobachtete Meteoriten widerlegte. In einer Komödie karikierte er sogar Papst URBAN VIII. als wissenschaftlich ungebildeten „Simplicio“.
Im Jahre 1633 wurde GALILEI deshalb vor ein Inquisitionsgericht in Rom, das „Gericht des Heiligen Offiziums“, geladen. Nach vier Verhören und unter Androhung von Folter wurde er von den katholischen Richtern gezwungen, öffentlich seinen Lehren und damit dem heliozentrischen Weltbild abzuschwören. Seine Schwurformel endete mit dem Satz:
„Ich halte jene Meinung des Kopernikus nicht für wahr und habe sie niemals für wahr gehalten.“
Mit diesem Lippenbekenntnis widerruft der damals 69-Jährige seine wissenschaftliche Überzeugung, rettet aber sein Leben vor dem Scheiterhaufen. Beim Verlassen des Gerichts soll er gesagt haben:
„Und sie bewegt sich doch!“
Die Äußerung ist allerdings historisch nicht belegt. Sie entsprach wohl auch mehr seiner inneren Überzeugung. Obwohl GALILEI nach dem Prozess unter Hausarrest gestellt wurde, konnten Buchmanuskripte von ihm mit Hilfe von Freunden ins Ausland geschafft und dort veröffentlicht werden.
Nach GALILEI stützten wichtige Entdeckungen vieler Wissenschaftler am Sternenhimmel das heliozentrische Weltbild immer aufs Neue. So wurde es im Laufe der Jahrhunderte zur allgemein anerkannten wissenschaftlichen Tatsache.
Übrigens: GALILEI wurde 1992, also 359 Jahre nach seinem Prozess vor dem Tribunal der heiligen Inquisition, von der Kirche rehabilitiert.
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